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Kunſt⸗Ausſtellung. /
(Fortſetzung.)/
Das Portraͤt ſoll uͤberhaupt den Menſchen dar/ſtellen, wo moͤglich, im vollſtaͤndigſten und gedraͤng/teſten Augenblicke ſeines Lebens; dergeſtalt, daß /nicht bloß der aͤußere Schein und Schatten ſeiner /Zuͤge aͤhnlich abgeſchrieben, ſondern ſein ganzes Inn/res gleichſam eroͤffnet und die daurende Grundrich/tung ſeines Weſens vernehmlich offenbart werde. /Ein Geſicht, welches von keinem Gedanken belebt / 10 wird, auf welchem ſich kein Charakter ausdruͤckt, /macht ſchon im Leben einen unangenehmen Eindruck; /aber auf der Leinwand eine ſolche Unbedeutenheit /dieſes bloße ſelbſtbewußte und ſelbſtgefaͤllige Vorzei/gen der eigenen Geſichtszuͤge fuͤr alle Ewigkeit feſt/gehalten zu ſehen, iſt wahrhaft widerlich. Wenn /wir uns das Portraͤt eines Verwandten, eines Freun/des, kurz eines werthen Gegenſtandes wuͤnſchen, ſo /moͤchten wir in dieſem Bilde gewiſſermaßen ihn /ſelbſt beſitzen, wie er leibte und lebte, wie er ſein / 20 konnte, wenn er am meiſten Er ſelbſt war. Wir /moͤchten die ganze Gutmuͤthigkeit oder die Ironie, /den Ernſt oder die Laune, die Kraft oder die Be/haglichkeit ſeines Weſens ausgedruͤckt ſehen; wir /moͤchten die ihm eigenthuͤmliche Sorgfalt oder Nach/laͤſſigkeit ſeines Anzuges nicht vermiſſen; ja wir /moͤchten um ihn her die ihm eigenſten und liebſten /Umgebungen und als Hintergrund ſogar den Ort /erblicken, wo er am aufgeregteſten, wo er am mei/28ſten Er ſelbſt ſein konnte. Wenn man ihn ſtatt / 30 deſſen uns nun zeigte in einer ihm ganz fremden /Tracht, wunderbar geſchminkt und mit einem un/verkennbar angenommenen, ihm ſelbſt nicht angehoͤ/renden Ausdrucke, oder gar ohne allen Ausdruck; /wuͤrden wir nicht glauben, er ſei gemacht worden /im Augenblicke, da er auf eine Buͤhne habe treten /wollen? wuͤrden wir nicht eine Mißempfindung ha/ben, daß unſer Verwandter oder Freund hier ſich /ſelbſt ſo entwendet erſcheine? Aus welchem anderen /Grunde werden wir von den Portraͤten altdeut/ 40 ſcher Meiſter ſo unwiderſtehlich angezogen, als weil /wir dort menſchliche Geſichter erblicken, die ſich /gleich uns kund geben, mit denen die Bekannt/ſchaft ſo leicht gemahlt iſt, die wir ſchon gekannt zu /haben glauben? Dieſe Maͤnner, die ſo rüſtig und /derb, oder ſo treu und ehrlich, oder ſo froh und /wohlgemuth, oder ſo fromm und gottesfürchtig aus/ſehen, und dieſe züchtigen, haͤuslichen, andaͤchtigen,/ reinlichen Frauen, alle mit ihren natuͤrlichen, unge/faͤrbten Geſichtern, erſcheinen ſie nicht wie alte, / 50 werthe Bekannte und Freunde? Und wenn wir /nun gar die Werke der großen Meiſter betrachten, /ihre Portraͤte der oͤffentlichen Perſonen und Cha/ractere ihrer Zeit: die Paͤpſte Leo X und Sixtus V /vom Rafaël und Velasquez, den Herzog Sforza vom /Leonardo da Vinci, Heinrich VIII vom Hollbein, /die vier Staatsmaͤnner des Rubens, die Stuarts /des VanDyck u. ſ. w. ſcheint es nicht, als wuͤrde /durch dieſe Bilder die Geſchichte und das Leben jener/ Maͤnner ſelbſt erſt erlaͤutert und vervollſtaͤndigt? / 60
Indeſſen darf es auch nicht uͤberſehen werden, /daß die Portraͤtmahler unſerer Zeit eine ſchwierigere /Aufgabe haben, wie jene aͤlteren. Das durchgaͤn/gige Streben unſerer Zeitgenoſſen nach einer aͤu/29ßern allgemeinen Politur, nach einem convenzionel/len Scheinleben verhindert das Heraustreten und /alſo auch das Auffaſſen entſchiedener Eigenthümlich/keiten, und daher iſt es zu begreifen, warum ſinni/ge und beſcheidene Kuͤnſtler, die ihre Kunſt und ihre /Zeit kennen, mit Recht zu einer bedeutſamen, man / 70 moͤchte ſagen, ſymboliſirenden Einkleidung und Ab/faſſung ihrer Portraͤte ihre Zuflucht haben nehmen /muͤſſen. /
(Wird fortgeſetzt.) /
Ueber die wiſſenſchaftlichen Deputationen. /
Eine charakteriſtiſche Eigenheit der neuen Preu/ßiſchen Staatsorganiſation ſind die mancherley Canaͤle /welche man den Wiſſenſchaften eroͤfnet hat, um auf /die Adminiſtration einzuwirken, um, wie durch eine /Art von Infuſion alle Zweige der Verwaltung zu durch/ 80 dringen. Die Urheber der neuen Inſtitutionen haben /richtig erkannt daß unter den letzten Weltbewegungen /das Licht der Wiſſenſchaften zu maͤchtig geworden iſt, /um es von der Regierung der Voͤlker auszuſchließen. /
Um den Staat durch die Wiſſenſchaften zu ver/edlen, ſeine Wirkſamkeit zu verſichern, ſeinen Lauf zu /beſchleunigen giebt es zwei Mittel, ein direktes, durch /Deputationen, d. h. durch gelehrte Korporationen/ welche den einzelnen Verwaltungszweigen zu Rath, /Huͤlfe und Bericht angehaͤngt ſind. Das Reich der / 90 Wiſſenſchaften ſendet Deputirten, um in allen einzel/nen Faͤllen die gerade benoͤthigte Portion Wiſſenſchaft /der adminiſtrativen Behoͤrde zuzumeſſen. /
Der indirekte Weg wäre, den Geiſt der leben/digen Wiſſenſchaft den Staatsbeamten von vorn her/ein durch eine verbeſſerte politiſche Erziehung ſo mit/zutheilen, daß das Reich der Wiſſenſchaften den Staat/ durchdraͤnge und daß es weiter keiner Deputirten von /auſſenher beduͤrfte./
30Es ſcheint eine beſſere Manier, durch weiſe natur/ 100 gemäße Pflege, den Baum die angemeßne Nahrung /durch ſeine Wurzel ſanft und allmaͤhlig aus der Erde /ſaugen laſſen, als durch kuͤnſtliche, chemiſche Bereitung/ ihm in jedem beduͤrftigen Augenblick ſeine Nahrungs/ſäfte durch aͤußere Infuſion zuzufuͤhren. /
Man wuͤrde dieſe einfachen Bemerkungen ſehr miß/verſtehn, wenn man ſie ohne Vorſicht auf die bey uns /bereits eingerichteten wiſſenſchaftlichen Deputationen /beziehen wollte, welche aus Gelehrten gebildet ſind, /auf deren Beſitz die Nation mit Recht ſtolz iſt. Es / 110 bedarf ihrer vielleicht einſtweilen, weil eine verbeſſerte /politiſche Erziehung doch erſt der folgenden Generation /zu Gute kommen koͤnnte. Indeß kann ihr hoͤchſter /Zweck nur der ſein, im Laufe der Zeit ſich ſelbſt un/nöthig zu machen. /
Immer iſt die Frage von der Capitulation oder /der Vereinigung der Wiſſenſchaften und des praktiſchen /Lebens eine der wichtigſten die jetzt zur Beantwortung /vorliegen. Der groͤßte Staatsmann empfindet den /hemmenden Einfluß der Syſteme und Prinzipien, wel/ 120 che die letzte Zeit ausgegohren, und die nun in einer /verfuͤhreriſchen Reife daſtehn und trotzen, ohne daß ſie /gerade durch Gewalt oder bloße Klugheit zu beſeiti/gen wären. /
Je mehr es der beſondre Ruhm unſerer Zeit iſt, /daß die Wiſſenſchaften maͤchtig geworden ſind, um ſo /mehr iſt es, erſtes unter allen Problemen des Staats/manns ſie zu baͤndigen, das heißt, da er ſie braucht /und ſie ſich nicht mehr unterdruͤcken laſſen, ſie zu re/gieren./ 130
Polizei⸗Ereigniß. /
Vom 7. October. /
Ein Arbeitsmann, deſſen Name noch nicht angezeigt /iſt, wurde geſtern in der Koͤnigsſtraße vom Kutſcher des /Profeſſor Grapengießer uͤbergefahren. Jedoch ſoll die /Verwundung nicht lebensgefaͤhrlich ſein. /
Extrablatt /
zum 7ten Berliner Abendblatt./
Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen, /
Etwas uͤber den Delinquenten Schwarz / 140 und die Mordbrenner⸗Bande. /
Die Verhaftung des in den Zeitungen vom 6. d. M. /ſignaliſirten Delinquenten Schwarz (derſelbe unge/nannte Vagabonde, von dem im 1ſten Stuͤck dieſer /Blaͤtter die Rede war) iſt einem ſehr unbedeutend /ſcheinenden Zufall zu verdanken./
Nachdem er ſich bei dem Brande in Schoͤnberg/ die Taſchen mit geſtohlnem Gute gefuͤllt gefuͤllte gefuͤllte hatte, ging /er ſorglos, eine Pfeife in der Hand haltend, durch /das Potsdamſche Thor in die Stadt hinein. Zufaͤllig / 150 war ein Soldat auf der Wache, welcher bei dem Kruͤ/ger La Val in Steglitz gearbeitet hatte, und die Pfeife /des Schwarz als ein Eigenthum des La Val erkannte. /
Dieſer Umſtand gab Veranlaſſung, den Schwarz/ anzuhalten, naͤher zu examiniren, und nach Schoͤnberg /zum Verhoͤr zuruͤckzufuͤhren, wo ſich denn mehrere, /dem ⁊c. La Val und dem Schulzen Willmann in Schön/berg gehoͤrige, Sachen bei ihm fanden. /
Bei dieſem erſten Verhoͤre in Schoͤnberg ſtanden, /wie ſich nachher ergeben hat, mehrere ſeiner Spieß/ 160 geſellen vor dem Fenſter, und gaben ihm Winke und /verabredete Zeichen, wie er ſich zu benehmen habe. /Dieſes Verhoͤr wurde waͤhrend des erſten Tumults/ gehalten, wie der Brand noch nicht einmal völlig /geloͤſcht war, und niemand konnte damals ſchon ahn/den, mit welchem gefaͤhrlichen Verbrecher man zu /thun habe. /
NNDaß er zu einer voͤllig organiſirten Raͤuberbande /gehoͤrt, geht aus den bekannt gemachten Steckbriefen /hervor. Dieſe Bande iſt in der Chur⸗ und Uckermark / 170 verbreitet, treibt ihr ſchaͤndliches Gewerbe ſyſtematiſch, /und bedient ſich der Brandſtiftung als Mittel zum /Stehlen, wenn andre Wege zu ſchwierig und gefahr/voll ſcheinen. Dem Schwarz ſelbſt war beſonders die /Rolle zugetheilt, ſich einige Tage vorher in dem zum /Abbrennen beſtimmten Hauſe einzuquartieren und die/ Gelegenheit zu erforſchen. Dann gab er ſeinen Hel/fershelfern die noͤthigen Nachrichten, verabredete Zeit /und Ort, ſetzte die Bewohner, ſobald der Brand ſich /zeigte, durch lautes Geſchrei in Verwirrung, und be/ 180 nutzte dieſe, unter dem Vorwande, huͤlfreiche Hand zu /leiſten, um Alles ihm Anſtaͤndige uͤber die Seite zu /ſchaffen. Dieſe Rolle hat er in Steglitz und in Schön/berg mit Erfolg geſpielt./
Daß dieſe Bande auch die gewaltſamſten Mittel /nicht ſcheut, um ihre Zwecke zu erreichen, haben die /ungluͤcklichen Erfahrungen der letzten Zeit gelehrt. /Aber es ſtehen ihr auch alle Arten des raffinirteſten /Betruges zu Gebote, und das macht ſie um ſo gefaͤhr/licher. Schon aus den Steckbriefen ergiebt ſich, daß / 190 jedes Mitglied unter mannichfachen Geſtalten und Ver/kleidungen auftritt, mehrere Nahmen fuͤhrt, und jede /Rolle, welche die Umſtaͤnde fordern, zu ſpielen vorbe/reitet iſt. Auch auf Verfaͤlſchungen von Päſſen, Do/cumenten und Handſchriften ſind ſie eingerichtet, und /der sub 2 im Steckbrief bezeichnete Grabowsky ver/ſteht die Kunſt, Petſchafte zu verfertigen und nach/zuſtechen. /
(Kuͤnftig werden wir ein Mehreres von dieſer Rotte /mitzutheilen Gelegenheit haben.)/ 200