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Kunst-Ausstellung.
(Fortsetzung.)
Um nun von den übrigen ausgestellten Arbeiten
des Herrn W. Schadow zu reden, so bietet sich zu¬
förderst das Porträt Sr.
Durchl. des Fürsten Rad¬5
zivil dar, als welches das Auge und
mithin auch
das Urtheil gewissermaßen herauszufordern scheint.
Die vortheilhafte Pohlnische Tracht mit ihren kecken
Farben, die Orden, der kühne Ausdruck des männ¬
lich schönen Gesichtes, Alles dieses macht
Wirkung 10
und die Aehnlichkeit ist nicht zu verkennen. Nichts
desto weniger fehlt dem Bilde gerade das,
wodurch
es zum Porträt, zum Charakterbilde hätte werden
können, und diejenigen, welche gewohnt sind, die¬
sen geistreichen und liebenswürdigen Fürsten
als den 15
eifrigen Kenner und Beförderer der Künste und
Talente, als den zärtlichen Gemahl und Vater und
als die Zierde der
Gesellschaft zu betrachten und zu
bewundern, werden schwerlich in
diesem Bilde mehr
von Ihm wieder finden, als die äußere Aehnlich¬20
keit der Gesichtszüge.
Das Porträt soll aber, nach
dem, was vorhin
im Allgemeinen gesagt worden
ist, keinesweges irgend einen
willkührlichen, mögli¬
chen Moment des Lebens herausheben und festhal¬
ten dürfen, sondern vielmehr das ganze
vollständi¬25
ge Leben
selbst im bedeutenden Auszuge darstellen
wollen; und es wird daher in
demselben durchaus
keine Zufälligkeit des Beywesens gestattet, sondern
überall eine nothwendige Bezüglichkeit und Bedeu¬
[ 8 ]32tung auf das bestimmteste verlangt.
Wozu also, 30
könnte man bei diesem Bilde
fragen, der vom Winde
bewegte Mantel? Wozu
im Hintergrunde der un¬
natürlich geschwärzte und bewölkte Himmel? Soll
denn derselbe Zufall, dem unsere Zeit so leichtsin¬
niger Weise im Leben die Gewalt
eingeräumt hat, 35
auch im Reiche der Kunst frei schalten und walten
dürfen? Oder ist es etwa die Idee dieses Bildes,
den Fürsten
darzustellen, wie er in den Stürmen
und Ungewittern der letzten Zeit
den beiden, damals
mit einander entzweiten Mächten, seinem Vaterlande
40
und dem verschwägerten Königshause, zugleich be¬
harrlich treu und ergeben geblieben sey?
Dann
würde den Künstler der noch größere
Vorwurf tref¬
fen, daß er
nicht verstanden habe, dem Gesichte ei¬
nen ernsteren und tieferen Ausdruck zu geben, und 45
das
ebenfalls ausgestellte Porträt des Prinzen
von
Oranien von Herrn Erdmann
Hummel würde ihn
nicht wenig beschämen, wo dieser Prinz
gehüllt in
einen Mantel, worauf der schwarze Adler-Orden zu
sehen ist, kräftig, besonnen und gefaßt vor den
be¬50
bedeutungsvollen
be¬
deutungsvollen
Hintergrund des offenen Meeres
gestellt worden ist.
(Wird
fortgesetzt.)
Betrachtungen über den Weltlauf.
Es giebt Leute, die sich die Epochen, in
welcher
welchen
welcher [wird nicht emendiert in ›welchen‹]
welcher [wird nicht emendiert in ›welchen‹]
55
die Bildung einer Nation fortschreitet, in einer gar
wunderlichen Ordnung vorstellen. Sie bilden sich
ein,
daß ein Volk zuerst in thierischer Rohheit und
Wildheit daniederläge; daß man nach Verlauf ei¬
niger Zeit, das Bedürfniß einer
Sittenverbesserung 60
empfinden, und somit die Wissenschaft von der Tu¬
gend aufstellen müsse; daß man, um den Lehren
der¬
33selben Eingang zu verschaffen, daran denken würde, sie
in schönen Beispielen zu versinnlichen, und daß somit die
Aesthetik erfunden werden würde: daß man
nunmehr, 65
nach den Vorschriften derselben, schöne Versinnlichungen
verfertigen, und somit die Kunst
selbst ihren Ursprung
nehmen würde: und daß vermittelst der Kunst
endlich
das Volk auf die höchste Stufe menschlicher Cultur
hinaufgeführt werden würde.
Diesen Leuten dient zur 70
Nachricht, daß
Alles, wenigstens bei den Griechen und
Römern, in ganz umgekehrter
Ordnung erfolgt ist.
Diese Völker machten
mit der heroischen Epoche,
welches ohne Zweifel die höchste ist, die erschwungen
werden kann, den Anfang; als sie in keiner mensch¬75
lichen und bürgerlichen Tugend mehr Helden
hatten,
dichteten sie
welche;
welche:
als sie keine mehr dichten konn¬
ten, erfanden sie dafür die Regeln; als sie sich in
den Regeln
verwirrten, abstrahirten sie die Welt¬
weisheit selbst; und
als sie damit fertig waren, wur¬80
den sie schlecht.
z.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Am 3. d. M. hat sich in Charlottenburg ein frem¬
der Hund mit einem Stricke um den Hals
eingefun¬85
den, und ist
nachdem er sich mit mehrern Hunden ge¬
bissen hatte, und aus mehrern Häusern verjagt war,
auf den Hof des Herrn Geh. Commerz.
Rath Pauli
gerathen. Daselbst
wurde er von sämmtlichen Hunden
angefallen, und weil er sich mit ihnen
herumbiß, so hielt 90
man
ihm
ihn
für toll, erschoß ihn, und alle Paulische, von
ihm gebissene
Hunde, und begrub sie ehrlich. Dieses
Faktum
hat zu dem Gerücht Anlaß gegeben, daß in
Charlottenburg ein toller Hund
Menschen und Vieh
gebissen habe. Menschen
sind gar nicht gebissen, das 95
Vieh aber, das er biß, ist theils getödtet
und
begra¬
beu,
begra¬
ben,
theils in Observation gesetzt. Zudem da er sich
gutwillig aus mehreren Häusern verjagen ließ, ist nur
34zu wahrscheinlich, daß der Hund gar nicht
toll ge¬
wesen. 100
Auf dem Abendmarkt sind 4 fremde nicht
richtige
Maaße zerschlagen, und einem Butterhändler, we¬
gen ungetreuen Abwägens, 50½ ℔.
Butter confiscirt
worden.
Am 7. des Abends ist der vierjährige Sohn des105
Seidenwürkers Albrecht
unter den Frankfurter Linden
von einem Bauer übergefahren worden. Weil der
Bauer nur im Schritt fuhr, gleich still hielt und das
Pferd über ihn wegsprang, ist er bloß am Kopf vom
Rade
ein wenig gestreift und außer aller Gefahr. 110
Stadt-Gerücht.
Die berüchtigte Louise, von der Mordbrenner-
Bande, soll vorgestern
unerkannt auf dem Posthause ge¬
wesen sein, und daselbst nach Briefen gefragt haben.
Es ist nicht unmöglich, daß dieselbe sich noch in diesem 115
Augenblick in der Stadt befindet.
Interessante Schriften, welche in der
Buch¬
handlung von J. E. Hitzig zu haben sind.
Wilhelm Kuhns Handbuch der
deutschen Sprache, mit
Aufgaben zur häuslichen
Beschäftigung. Zum beson¬120
dern Gebrauch für Töchter- und
Elementarschulen
entworfen.
Karl
Heinrich Sintenis
Ciceronische Anthologie, oder
Sammlung
interessanter Stellen aus den Schriften
des
Cicero. Zwei Theile. 1 thl. 18 gr.125
Druckfehler.
7tes Blatt. Seite 28. Zeile 16 von oben: lies
gemahlt
statt gemacht.