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Kunst-Ausstellung.
(Fortsetzung.)
Und derselbe Mangel an Gedanke und Absicht ist
auch den beiden
anderen Porträten dieses Mahlers
vorzuwerfen. 5
Was aber die Behandlung und Ausführung
des Einzelnen betrifft, so ist darin zwar ein Bestre¬
ben nach Wirkung und ein Talent der
Nachahmung
auffallend zu bemerken, aber auch eine Neigung
zur Manier schwerlich zu verkennen. Denn
unmög¬10
lich können diese
dunkelbraunen Schatten, diese
hochroth lackirten Lippen, diese
unnatürlich erhitzte
Farbe der Gesichter, welche ihnen ein
schnupfichtes
Ansehn zu geben scheint, der Natur selbst abgesehen
sein, und es würde vielleicht nicht schwer werden, 15
die
verschiedenen Niederländischen Meister zu nen¬
nen, welche dem jungen Mahler bald hier, bald dort
vorgeschwebt haben müssen.
Aufs auffallendste und wohlthätigste
contra¬
stirt mit
diesen Bildern ein dicht daneben hän¬20
gendes Doppelporträt, von dem, leider! zu früh
verstorbenen jungen Künstler, Herrn Johann Carl
Andreas Ludwig.
Dasselbe stellt die Köpfe sei¬
ner Eltern vor, und ist mit solcher Treue, Wahr¬
heit und Ausführlichkeit
gemahlt, so sinnig, einfach 25
und natürlich entworfen und so geistreich
und flei¬
ßig ausgeführt,
daß nicht genug zu seinem Lobe ge¬
sagt werden kann. Nur äußerst wenig fehlt diesem
Bilde, nur ein geringer Zusatz von Leben, wir möch-
[ 9 ]36ten sagen, nur der äußere Schein und Glanz des 30
Lebens, um den bessern
Bildern Deutscher Meister
an die Seite gesetzt zu werden.
Und somit können wir nunmehr eine ganze
Masse anderer Porträte, womit die Ausstellung
überfüllt
ist, auch die des Herrn Gerhard von in
Dresden, dreist übergehen *). Für ihr
Verdienst und ihre Fehler haben wir in dem
bereits
Gesagten einen Maaßstab anzugeben versucht, und
ohne deshalb die nicht genannten geradezu ver¬
werfen zu wollen, möchten wir nur für die
wohl¬40
gefälligen
und empfundenen Sepia-Bilderchen des
Herrn Heusinger, für das gelungene Porträt eines
alten Mannes vom Herrn Director Frisch und
etwa noch für das Bild einer ältlichen Frau
vom
Herrn Ternite eine
günstige Meinung zu erwecken 45
wünschen.
Dagegen wenden wir uns nunmehr zu dem
Besten, was die Ausstellung zeigt, zu der Reihe von
Porträten, womit Herr Friedrich Büry die
Sääle der Akademie wahrhaft
geschmückt hat. 50
(Wird
fortgesetzt.)
Muthwille
des Himmels.
Eine
Anekdote.
Der in Frankfurt an der Oder, wo er ein Infan¬
terie-Regiment besaß, verstorbene General
ein Mann von strengem und rechtschaffenem
Charakter, aber dabei von manchen Eigenthümlichkei¬
ten und Wunderlichkeiten,
äußerte, als er, in spätem
Alter, an einer langwierigen Krankheit, auf
den Tod
*) Anmerk. des Herausgeb. Des Raums wegen. Wir
60
werden im Feld der historischen Mahlerei auf ihn zurückkom¬
men.
37 darniederlag, seinen Widerwillen, unter die Hände der
Leichenwäscherinnen zu fallen. Er befahl bestimmt,
daß niemand, ohne Ausnahme, seinen Leib berühren 65
solle;
daß er ganz und gar in dem Zustand, in wel¬
chem er sterben würde, mit Nachtmütze, Hosen und
Schlafrock, wie er sie trage, in den Sarg gelegt und
begraben sein wolle; und bat den damaligen Feldpre¬
diger seines Regiments, Herrn P..., welcher der
70
Freund seines Hauses war, die Sorge für die Voll¬
streckung dieses seines letzten Willens
zu übernehmen.
Der Feldprediger P...
versprach es ihm: er verpflich¬
tete sich, um jedem Zufall vorzubeugen, bis zu seiner
Bestattung, von dem Augenblick an, da er verschieden 75
sein würde, nicht von seiner Seite zu weichen. Dar¬
auf nach Verlauf mehrerer
Wochen,
Wochen
kömmt, bei der
ersten Frühe des Tages, der Kammerdiener in das
Haus des Feldpredigers, der noch schläft, und meldet
ihm, daß der General um die Stunde der Mitter¬80
nacht schon, sanft und ruhig, wie es vorauszusehen
war, gestorben sei. Der Feldprediger P... zieht
sich,
seinem Versprechen getreu,
sogleich
so gleich
an, und begiebt
sich in die Wohnung des
Generals. Was aber findet
er? — Die Leiche des Generals schon eingeseift auf 85
einem
Schemel sitzen: der Kammerdiener, der von dem
Befehl nichts gewußt,
hatte einen Barbier herbeige¬
rufen, um
ihn
ihm [emendiert ohne Hinweis im Kommentar]
vorläufig zum Behuf einer schicklichen
Ausstellung, den Bart
abzunehmen. Was sollte der
Feldprediger
unter so wunderlichen Umständen ma¬90
chen? Er schalt den Kammerdiener aus, daß er ihn
nicht früher herbei gerufen hatte; schickte den Bar¬
bier, der den Herrn bei der Nase gefaßt
hielt, hinweg,
und ließ ihn, weil doch nichts anders übrig blieb,
ein¬
geseift und mit
halbem Bart, wie er ihn vorfand, in95
den Sarg legen und begraben.
Anzeige.
Der uns von unbekannter Hand eingesandte
Auf¬
satz über die
Proklamation der Universität, kann, aus
bewegenden Gründen, in unser
Blatt nicht aufgenom¬100
men werden, und liegt zum Wiederabholen bereit.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Einem Schlächtermeister ist eine durch Beihängen
eines eisernen Hakens unrichtig gemachte Waage in
Beschlag genommen. 105
Gestern Abend hat sich ein Mann in seiner
Woh¬
nung aus noch
unbekannter Ursach erhenkt.
Interessante Schriften, welche in der Buch¬
handlung von J. E. Hitzig zu haben sind.
J. Gründler Gedanken über eine Grundreform der 110
Protestantischen Kirchen- und Schulverfassung im
Allgemeinen,
besonders aber in der Preußischen
Monarchie. 14 gr.
Karl Friedrich Burdach Physiologie. 2 thl. 18 gr.
C. G. Heinrich Handbuch der Sächsischen Ge¬115
schichte. 1 thl. 8
gr.
Druckfehler.
In dem gestrigen Abendblatte ist aus einem
Versehen die Rubrik: Polizeiliche Tages-Mitthei¬
lungen über dem Artikel vom tollen Hunde in 120
Charlottenburg
gedruckt, anstatt nach diesem Arti¬
kel zu folgen; der Artikel ist
keine Tages-Mitthei¬
lung und seine Fassung beruht bloß auf der Re¬
daction.