Alle Textversionen sind inhaltlich identisch und folgen dem angegebenen Textzeugen.
Die
Fassung Erstdruck/Textzeuge zeigt die zeichengenaue Wiedergabe des Textzeugen. Nur offensichtliche Fehler sind emendiert. Alle Emendationen sind im Apparat verzeichnet. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.
In der Textversion ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Ansonsten folgt sie der angegebenen Textquelle.
In der Textversion ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ sind zusätzlich das lange ſ und historische Umlautformen der heutigen Orthographie angepasst.
Berliner Abendblätter.
9tes Blatt. Den 10ten October 1810.
Kunst-Ausstellung.
(Fortsetzung.)
Und derselbe Mangel an Gedanke und Absicht ist auch den beiden anderen Porträten dieses Mahlers vorzuwerfen.
Was aber die Behandlung und Ausführung des Einzelnen betrifft, so ist darin zwar ein Bestreben nach Wirkung und ein Talent der Nachahmung auffallend zu bemerken, aber auch eine Neigung zur Manier schwerlich zu verkennen. Denn unmöglich können diese dunkelbraunen Schatten, diese hochroth lackirten Lippen, diese unnatürlich erhitzte Farbe der Gesichter, welche ihnen ein schnupfichtes Ansehn zu geben scheint, der Natur selbst abgesehen sein, und es würde vielleicht nicht schwer werden, die verschiedenen Niederländischen Meister zu nennen, welche dem jungen Mahler bald hier, bald dort vorgeschwebt haben müssen.
Aufs auffallendste und wohlthätigste contrastirt mit diesen Bildern ein dicht daneben hängendes Doppelporträt, von dem, leider! zu früh verstorbenen jungen Künstler, Herrn Johann Carl Andreas Ludwig. Dasselbe stellt die Köpfe seiner Eltern vor, und ist mit solcher Treue, Wahrheit und Ausführlichkeit gemahlt, so sinnig, einfach und natürlich entworfen und so geistreich und fleißig ausgeführt, daß nicht genug zu seinem Lobe gesagt werden kann. Nur äußerst wenig fehlt diesem Bilde, nur ein geringer Zusatz von Leben, wir möch-36ten sagen, nur der äußere Schein und Glanz des Lebens, um den bessern Bildern Deutscher Meister an die Seite gesetzt zu werden.
Und somit können wir nunmehr eine ganze Masse anderer Porträte, womit die Ausstellung überfüllt ist, auch die des Herrn Gerhard von Kügelgen in Dresden, dreist übergehen *). Für ihr Verdienst und ihre Fehler haben wir in dem bereits Gesagten einen Maaßstab anzugeben versucht, und ohne deshalb die nicht genannten geradezu verwerfen zu wollen, möchten wir nur für die wohlgefälligen und empfundenen Sepia-Bilderchen des Herrn Heusinger, für das gelungene Porträt eines alten Mannes vom Herrn Director Frisch und etwa noch für das Bild einer ältlichen Frau vom Herrn Ternite eine günstige Meinung zu erwecken wünschen.
Dagegen wenden wir uns nunmehr zu dem Besten, was die Ausstellung zeigt, zu der Reihe von Porträten, womit Herr Friedrich Büry die Sääle der Akademie wahrhaft geschmückt hat.
(Wird fortgesetzt.)
Muthwille des Himmels.
Eine Anekdote.
Der in Frankfurt an der Oder, wo er ein Infanterie-Regiment besaß, verstorbene General Dieringshofen, ein Mann von strengem und rechtschaffenem Charakter, aber dabei von manchen Eigenthümlichkeiten und Wunderlichkeiten, äußerte, als er, in spätem Alter, an einer langwierigen Krankheit, auf den Tod *) Anmerk. des Herausgeb. Des Raums wegen. Wir werden im Feld der historischen Mahlerei auf ihn zurückkommen. H. v. K. 37 darniederlag, seinen Widerwillen, unter die Hände der Leichenwäscherinnen zu fallen. Er befahl bestimmt, daß niemand, ohne Ausnahme, seinen Leib berühren solle; daß er ganz und gar in dem Zustand, in welchem er sterben würde, mit Nachtmütze, Hosen und Schlafrock, wie er sie trage, in den Sarg gelegt und begraben sein wolle; und bat den damaligen Feldprediger seines Regiments, Herrn P..., welcher der Freund seines Hauses war, die Sorge für die Vollstreckung dieses seines letzten Willens zu übernehmen. Der Feldprediger P... versprach es ihm: er verpflichtete sich, um jedem Zufall vorzubeugen, bis zu seiner Bestattung, von dem Augenblick an, da er verschieden sein würde, nicht von seiner Seite zu weichen. Darauf nach Verlauf mehrerer Wochen, Wochen kömmt, bei der ersten Frühe des Tages, der Kammerdiener in das Haus des Feldpredigers, der noch schläft, und meldet ihm, daß der General um die Stunde der Mitternacht schon, sanft und ruhig, wie es vorauszusehen war, gestorben sei. Der Feldprediger P... zieht sich, seinem Versprechen getreu, sogleich so gleich an, und begiebt sich in die Wohnung des Generals. Was aber findet er? — Die Leiche des Generals schon eingeseift auf einem Schemel sitzen: der Kammerdiener, der von dem Befehl nichts gewußt, hatte einen Barbier herbeigerufen, um ihn ihm [emendiert ohne Hinweis im Kommentar] vorläufig zum Behuf einer schicklichen Ausstellung, den Bart abzunehmen. Was sollte der Feldprediger unter so wunderlichen Umständen machen? Er schalt den Kammerdiener aus, daß er ihn nicht früher herbei gerufen hatte; schickte den Barbier, der den Herrn bei der Nase gefaßt hielt, hinweg, und ließ ihn, weil doch nichts anders übrig blieb, eingeseift und mit halbem Bart, wie er ihn vorfand, in den Sarg legen und begraben.
Anzeige.
Der uns von unbekannter Hand eingesandte Aufsatz über die Proklamation der Universität, kann, aus bewegenden Gründen, in unser Blatt nicht aufgenommen werden, und liegt zum Wiederabholen bereit.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Einem Schlächtermeister ist eine durch Beihängen eines eisernen Hakens unrichtig gemachte Waage in Beschlag genommen.
Gestern Abend hat sich ein Mann in seiner Wohnung aus noch unbekannter Ursach erhenkt.
Interessante Schriften, welche in der Buchhandlung von J. E. Hitzig zu haben sind.
J. Gründler Gedanken über eine Grundreform der Protestantischen Kirchen- und Schulverfassung im Allgemeinen, besonders aber in der Preußischen Monarchie. 14 gr.
Karl Friedrich Burdach Physiologie. 2 thl. 18 gr.
C. G. Heinrich Handbuch der Sächsischen Geschichte. 1 thl. 8 gr.
Druckfehler.
In dem gestrigen Abendblatte ist aus einem Versehen die Rubrik: Polizeiliche Tages-Mittheilungen über dem Artikel vom tollen Hunde in Charlottenburg gedruckt, anstatt nach diesem Artikel zu folgen; der Artikel ist keine Tages-Mittheilung und seine Fassung beruht bloß auf der Redaction.