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Allerneuester Erziehungsplan *)./
(Fortsetzung, s. 25, 26, und 27tes Blatt.)/
Wer dies Gesetz recht begreift, dem wird die Er/scheinung gar nicht mehr fremd sein, die den Philo/sophen so viel zu schaffen giebt: die Erscheinung, daß /große Männer, in der Regel, immer von unbedeuten/den und obscuren Eltern abstammen, und eben so wie/der Kinder groß ziehen, die in jeder Rücksicht unter/geordnet und geringartig sind. Und in der That, man /kann das Experiment, wie die moralische Atmosphäre, / 10 in dieser Hinsicht, wirkt, alle Tage anstellen. Man /bringe nur einmal Alles, was, in einer Stadt, an /Philosophen, Schöngeistern, Dichtern und Künstlern, /vorhanden ist, in einen Saal zusammen: so werden /einige, aus ihrer Mitte, auf der Stelle dumm wer/den; wobei wir uns, mit völliger Sicherheit, auf die /Erfahrung eines jeden berufen, der einem solchen Thee /oder Punsch einmal beigewohnt hat./
Wie vielen Einschränkungen ist der Satz unter/worfen: daß schlechte Gesellschaften gute Sitten ver/ 20 derben; da doch schon Männer, wie Basedow und /Campe, die doch sonst, in ihrem Erziehungs-Hand/werk, wenig gegensätzisch verfuhren, angerathen haben, /jungen Leuten zuweilen den Anblick böser Beispiele zu /verschaffen, um sie von dem Laster abzuschrecken. Und /wahrlich, wenn man die gute Gesellschaft, mit der /schlechten, in Hinsicht auf das Vermögen, die Sitte /zu entwickeln, vergleicht, so weiß man nicht, für welche /man sich entscheiden soll, da, in der guten, die Sitte /nur nachgeahmt werden kann, in der schlechten hinge/ 30 gen, durch eine eigenthümliche Kraft des Herzens er/funden werden muß. Ein Taugenichts mag, in tau/send Fällen, ein junges Gemüth, durch sein Beispiel, /verführen, sich auf Seiten des Lasters hinüber zu stel/*) Wir bitten unsre Leser gar sehr, sich die Mühe, die Aufsätze im /25, 26 und 27ten Abendblatt noch einmal zu überlesen, nicht /verdrießen zu lassen. Die Nachlässigkeit eines Boten, der ein /Blatt abhanden kommen ließ, hat uns an die ununterbrochene /Mittheilung dieses Aufsatzes verhindert. (Die Redaction.)/ 136len; tausend andere Fälle aber giebt es, wo es, in / 40 natürlicher Reaction, das Polar-Verhältniß gegen /dasselbe annimmt, und dem Laster, zum Kampf gerü/stet, gegenüber tritt. Ja, wenn man, auf irgend ei/nem Platze der Welt, etwa einer wüsten Insel, Alles, /was die Erde an Bösewichtern hat, zusammenbrächte: /so würde sich nur ein Thor darüber wundern können, /wenn er, in kurzer Zeit, alle, auch die erhabensten /und göttlichsten, Tugenden unter ihnen anträfe./
Wer dies für paradox halten könnte, der besuche /nur einmal ein Zuchthaus oder eine Festung. In den / 50 von Frevlern aller Art, oft bis zum Sticken angefüll/ten Kasematten, werden, weil keine Strafe mehr, oder /doch nur sehr unvollkommen, bis hierher dringt, Ruch/losigkeiten, die kein Name nennt, verübt. Demnach /würde, in solcher Anarchie, Mord und Todtschlag und /zuletzt der Untergang Aller die unvermeidliche Folge /sein, wenn nicht auf der Stelle, aus ihrer Mitte, /welche aufträten, die auf Recht und Sitte halten. /Ja, oft setzt sie der Commendant selbst ein; und /Menschen, die vorher aufsätzig waren, gegen alle gött/ 60 liche und menschliche Ordnung, werden hier, in er/staunungswürdiger Wendung der Dinge, wieder die /öffentlichen, geheiligten Handhaber derselben, wahre /Staatsdiener der guten Sache, bekleidet mit der /Macht, ihr Gesetz aufrecht zu halten./
Daher kann die Welt mit Recht auf die Entwikkelung [liest ›Entwik-kelung‹] der Verbrecher-Kolonie in Botany-Bay auf/merksam sein. Was aus solchem, dem Boden eines /Staats abgeschlämmten Gesindel werden kann, liegt /bereits in den nordamerikanischen Freistaaten vor / 70 Augen; und um uns auf den Gipfel unsrer metaphy/sischen Ansicht zu schwingen, erinnern wir den Leser /bloß an den Ursprung, die Geschichte, an die Entwik/kelung und Größe von Rom./
(Beschluß folgt.)/
Welche Bücher soll man öfter lesen?/
„Es giebt Werke, die so behaglich und erwär/mend in unser Dasein eingreifen, wie es z. B. meh/reren Leuten mit dem Leben des Benvenuto Cellini /geht, daß man fast unwillkührlich zu ihnen hingezogen / 80 wird, und sie mit einem unbeschreiblichen Wohlgefal/len lies’t und wieder lies’t. Man thut wohl daran, /und den Büchern gereicht es zur schönsten Empfeh/137lung, daß sie zum Wiederlesen keiner Empfehlung be/dürfen. Es giebt aber hingegen auch Werke, die uns /zusammenschüttern, daß wir erschrecken, von den sanf/testen Kissen unsrer Lieblingsneigungen auffahren, und /mit heilsamem Entsetzen unsrer eignen Verderbtheit /inne werden. Solche Bücher ehren wir, sie befördern /auch wackere Entschlüsse in uns, aber kaum haben / 90 wir uns wieder ein wenig auf die Kissen niedergelassen, /so scheuen wir den ernstlichen Warner, machen ihm /höfliche Verbeugungen aus der Ferne, und wagen /uns nicht so leichtlich wieder hin. Trete aber doch /um Gotteswillen, seiner trägen Verderbtheit zum /Trotze, Jedermann, der es ehrlich mit sich meint, /aber und abermals hinzu, und erkenne eben diese Scheu /als Kriterium der Heilsamkeit des Genesungsmittels. /Man kann wohl annehmen, daß sich viele Leser hier/bei an Fichtesche Werke z. B. an die Anweisung zu / 100 einem gottseligen Leben, erinnert fühlen werden.“/
d. l. M. F./
Oeffentliche Danksagung./
(An den Kritiker im 216ten Stück des Freimüthigen, /die Recension der Oper Achilles betreffend.)/
Der Mondkaiser, in dem bekannten Lustspiel dieses /Namens, läßt sich von einem Tänzer seine Kunst zei/gen. Er ist, nachdem sich sein Herz daran ergötzt und /belustigt hat, gewillt, dem Tänzer eine ihm angemes/sene Belohnung zukommen zu lassen, und beschließt / 110 demnach demselben 1500 Paar Schuhe zu verabreichen. /Was sollen wir mit dem Recensenten im Freimüthi/gen angeben, der, im 216ten Stück desselben, das /Kunststück macht, die Stimme des Abendblatts, mit /päbstlicher Unfehlbarkeit, ohne Darlegung der Gründe /zu Boden zu schmettern? — Wir wünschen ihm, auf /gut mondkaiserliche Weise, eine ähnliche Anzahl von — /Ohren; ein Geschenk über dessen Bedeutung wir uns /hoffentlich nicht näher zu erklären brauchen, und das /derselbe à deux mains gebrauchen kann./ 120
v. M./
Miscellen./
Der heutige Moniteur enthält folgendes Schreiben aus Lon/don vom 9 Okt./
„Das von dem Kaiser angenommene System war das sicherste /Mittel, die Engländer zu besiegen. Es erstickt sie in ihren Reichthü/mern; es ist die Ursache der Bankerotte. Die Ostindische Compag/nie sollte im letzten Monat März von dem Gouverneur die Summa /von 200000 Pf. St. entlehnen. Ehe man sie bewilligte, stellte man /eine Untersuchung der vorräthigen Waaren an, und fand für 42 / 130 Mill. Pf. St. (mehr als 1000 Mill. Franken). Die öffentlichen /Fonds sinken und werden noch tiefer sinken, wenn die Armee von /Portugal geschlagen wird, woran kein Mensch zweifelt. Der Selbst/mord Goldsmids, des reichsten Banquiers von London, hat keinen /andern Grund, als den Diskredit der Fonds. Es wird nächstens in /diesem Lande eine Revolution ausbrechen; man sehnt sich von al/len Seiten danach./
Wie man vernimmt, sind einige Portugiesische Truppen auf /dem Zuge der franz. Armee nach Coimbra, bei Lafons zerstreut /worden, und haben zum Theil die Waffen niedergelegt, zum Theil / 140 sind sie zu den Engländern gestoßen, und setzen mit diesen vereint /den Rückzug fort. — Übrigens fahren die franz. Heere fort, in /Portugal Fortschritte zu machen. Tralos Montes und die Provinz /zwischen dem Minho und Duero sind größtentheils erobert, so daß /nunmehr das nördliche Portugal in Kurzem unterworfen sein wird. /Auch das Armeekorps des Gen. Reynier hat Fortschritte in Portu/gal gemacht und marschirt, stets in ununterbrochener Verbindung /mit der Hauptarmee, gegen Lissabon. — Die Belagerung von Ca/dix soll nun ernstlich beginnen. (L. d. B.)/
Das zu Amsterdam publicirte Kaiserl. Franz. Dekret wegen / 150 Verbrennung der marchandises angloises provenant de fa/brique angloise wird gegenwärtig auf der ganzen Douanen-/Linie in Ausführung gebracht: am 5 November hat diese Procedur /auch in [ohne Sperrung] Hamburg ihren Anfang genommen./
Im Großherzogthum Baden so wie im Großherzogthum /Frankfurt hören alle bisher bestandenen politischen Zeitungen auf /und es tritt an ihre Stelle ein einziges, vom Ministerium der aus/wärtigen Verhältnisse besorgtes, Blatt./
Vorgestern hat der Gr. Gottorp auf einer Engl. Kriegsscha/luppe von 20 Kanonen, seine Reise nach London angetreten. Ein / 160 Parlamentair hat ihn an Bord dieser Schaluppe gebracht. (L. d. B.)/
Polizeiliche Tages-Mittheilungen./
Einem Uhrmacher sind 4 Taschenuhren und ein Rock gestohlen./
Einem Bäcker ist bei Revision der Backwaaren, für einige /Groschen verbackenes Brod zerschnitten./