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Bemerkungen uͤber das erſte Fragment eines /Zuſchauers am Tage./
(M. ſ. das 29te Stuͤck des Abendblatts.)/
(Beſchluß.)/
Nicht beſtimmt genug druͤckt ſich der Verfaſſer uͤber /das aus, was er unter den einfachen Hebeln verſteht. /Zielt er damit auf die rohen phyſiſchen Triebe, welche /unkultivirte Voͤlker bewegen, ſo hat er allerdings im /gewiſſen Sinne recht, ſie einfach zu nennen, begreift er /hingegen darunter die Begriffe, welche zuweilen gebil/ 10 dete Nationen in Bewegung ſetzen, wie es wohl ei/gentlich ſeine Abſicht ſein durfte, ſo beweiſen ja eben /ihre gegenwaͤrtige Zerſetzung und Aufloͤſung den Man/gel der Einfachheit. Der einzig wahre, unvergaͤng/liche Hebel der Menſchheit iſt die Religion und zwar /die allgemeine tief empfundene und ewig gegruͤndete, /in welche verſchiedene Farben ſie ſich auch brechen /moͤge, wenn ſie das Licht der Welt erblickt. Fuͤr je/des andere Prinzip iſt die Erfuͤllung ſeiner ganzen /Forderung, mithin die Aufhebung deſſelben moͤglich, / 20 nur jenes uͤber Zeit und Raum erhabene giebt ein /lebendiges Streben, und unerſchuͤtterliche Streiter in /allen Gebieten. Nur von da aus duͤrfen wir mit Zu/verſicht die Wiedererſcheinung ſichtbarer Kraft erwar/ten, und die angeklagten Syſteme, weit entfernt ſorg/liche Bekuͤmmerniß zu erregen, ſind vielmehr eine /troͤſtliche und hoffnungsreiche Erſcheinung, in ſo fern /in allen eine tief religioͤſe Tendenz unverkennbar iſt. /Wer dies nicht zugeben wollte, dem ließe ſich faktiſch /erweiſen, daß der Gegenſtand ſeiner Beurtheilung ihm / 30 voͤllig fremd geblieben ſei./
Um uͤbrigens noch mit einigen Worten der Gleich/niſſe des Verfaſſers zu gedenken, ſo haben wir zuerſt, /bisher wirklich nie eine Klage uͤber das Ungluͤck ge/hoͤrt, ſich im Felde eines fein gerittenen Pferdes bedie/nen zu muͤſſen, vielmehr verdankten viele dieſer Eigen/ſchaft dort Sieg oder Rettung, wo andere aus dem /entgegengeſetzten Grunde erlagen. Eben ſo wenig ha/ben wir Pferde in eben dem Grade zur Reiſe und / 212Arbeit tauglich gefunden, als ſie ungeſchickt wa/ 40 ren. — So ſchadet auch gewiß die gruͤndliche Kennt/niß des organiſchen Zuſammenhangs des menſchlichen /Koͤrpers niemand, wenigſtens iſt es uns nie gelungen /Perſonen am aͤngſtlichen und beſorgten Gange anzu/ſehn, daß ſie eben Anatomie ſtudirten, und mehrere /nach dem von dem Herrn Verfaſſer gegebenen Fingerzeig, /ſeitdem von uns an dergleichen Perſonen gerichtete /Fragen ſind immer verneinend beantwortet worden, /ſo daß wir uns der Meinung faſt nicht erwehren koͤn/nen, daß wir ohne Anatomie doch mehr Hinkende / 50 ſehn wuͤrden./
Allein halbwahre Kenntniß iſt hier allerdings eben /ſo ſchaͤdlich als bei dem erſten Beiſpiel Verzaͤrtelung, /jedoch beide, weit entfernt das gruͤndliche Studium /des innern Lebens zu charakteriſiren, ſtreiten vielmehr /unmittelbar dagegen, und wenn daher der Verfaſſer /die Halbheit und Weichlichkeit eines großen Theils /ſeiner Zeitgenoſſen bekaͤmpfen will, ſo ſtreiten wir fuͤr /ein und dieſelbe Sache. Nur iſt die Speculation da/von keineswegs der Grund, ſondern nur ein Gebiet / 60 worinnen dieſe Krankheit des Zeitalters eben ſo gut /erſcheinet als in jedem andern. Leider bleibt jetzt der /angehende Forſcher haͤufig auf der kaum begonnenen /Laufbahn ſtehn, und richtet den Blick nicht auf ſich, /um das Unendliche zu finden, ſondern um ſich als ſei/nen Goͤtzen anzubeten. Dem alſo verkehrten Blicke /verbirgt ſich der Geiſt des Lebens mit ſeiner ſchoͤnen /Zukunft, es erſcheint ihm nur die Nachahmung, ge/waltſam will er der neuen Zeit die Vergangenheit auf/draͤngen, das Mittelalter ſoll den Deutſchen durchaus / 70 wiederkehren, alles zehrt daran, bis ſein ſchoͤner ro/mantiſcher Geiſt unter ihren Haͤnden erliſcht und ſie /nur noch Aſche und Gebeine ans Licht bringen./
Wer hingegen voll Demuth ſein Ideal nie aus den /Augen verlor, wer ſich der Fuͤlle von Lebenskraft in /ſeiner Bruſt bewußt iſt, welche das Unendliche dem /Menſchen verlieh, der ſteht mit ſtolzer Zuverſicht auf /ewigem Boden, und weit entfernt an ein wirkliches /Verſchwinden des Lebens zu glauben, ſobald ſein ewi/ger Wechſel eine neue Geſtalt annimmt, verweiſ’t er / 80 ſeine Mitbruͤder nicht auf kalte Grundſaͤtze, ſondern /ruft ihnen vielmehr liebend zu: Trachtet am erſten /nach dem Reiche Gottes, ſo wird euch alles uͤbrige /von ſelbſt anheim fallen! —/
W./
Vermiſchte Nachrichten./
Ein bewundernswuͤrdiger Meiſter im Abrichten der /Thiere reiſet in dieſem Augenblick in Deutſchland um/her. Derſelbe zeigt drei Kanarienvoͤgel welche /durch ihre Gelehrſamkeit die Welt in Erſtaunen ſetzen: / 90 in Dresden, wo er ſich jetzt aufhaͤlt, wurden zwei Al/phabete großer auf Pappdeckel geklebter Buchſtaben /vor einem der jungen Gelehrten ausgebreitet, woraus /er zur Freude und Genugthuung aller Anweſenden je/des geforderte Wort deutſcher oder franzoͤſiſcher Spra/che zuſammenſetzte, auch ſogar bei dem geforderten /Namen Helene ſehr zierlich, wegen des dritten erman/gelnden e’s, ſeine Verlegenheit ausdruͤckte, ſich aber kurz /reſolvirte, das erſte e zuruͤcknahm und es am Ende /hinzufuͤgte. Was am meiſten die Anweſenden erfreute / 100 und das guͤnſtigſte Licht auf die Methode ſeines Brod/herrn warf, war das geſunde Anſehn des Scholaren, /und das aͤcht kindliche Betragen deſſelben außer den /Studierſtunden, wo er gleich dem ordinairſten und un/kultivirteſten Canarienvogel an Hanfkoͤrnern und Zuk/kerſtuͤckchen knuſperte oder daran den Schnabel wetzte. /Es iſt Hoffnung, daß der Meiſter in Kurzem auch nach /Berlin kommen, und dem Publiko die Reſultate ſeiner /naturhiſtoriſchen Bemuͤhungen vorlegen werde./
Eine außerordentliche Erſcheinung anderer Art iſt / 110 bekanntlich, in Hinſicht der fruͤhen Entwickelung der /Talente, der junge Witte, von dem man ſchon oͤf/ters in den oͤffentlichen Blaͤttern geleſen hat. Der/ſelbe befindet ſich gegenwaͤrtig in Goͤttingen, wo er /unter der Leitung ſeines Vaters, des Hrn. Doctor /Karl Witte, ſeine wiſſenſchaftliche Bildung fortſetzt. /Von dieſem, dem Vater, wird (S. Hamb. Z. Nr. 188) /folgendes bekannt gemacht:/
Da ich ⁊c. jetzt mit den Meinigen in Goͤttingen /wohne, und ſich hier mit der reizenden Natur eine ſehr / 120 reinliche und geſunde Stadt, ſo wie die Gelegenheit, /in allem Unterricht erhalten zu koͤnnen, verbindet, /ſo bin ich von jetzt an bereit, den fruͤheren Wuͤnſchen /mehrerer Eltern und Vormuͤnder zu entſprechen und /einen oder zwei (jedoch nicht mehr!) Zoͤglinge zu /mir zu nehmen. Sie ſollen meine und meiner Gattin /Kinder und meines Sohnes Bruͤder ſein, weil ich /kein Inſtitut, ſondern eine Familien-Erziehung /beabſichtige. Natuͤrlich erwarte ich, daß die mir an/214zuvertrauenden Kinder bis jetzt noch phyſiſch, in/ 130 tellectuell und moraliſch vollkommen geſund /ſeyen, weshalb ich ſie gern ſo jung als die Eltern /ſich nur von ihnen trennen koͤnnen, (nach /dem Ideale: vom Arme der Mutter!) zu haben /wuͤnſche. Ich werde nicht mehr dafuͤr nehmen, als /in den beſſeren Inſtituten bezahlt wird, trotz dem, /daß man bei einer großen Anzahl eher etwas nachlaſ/ſen kann. Das Naͤhere daruͤber koͤnnen Eltern und /Vormuͤnder in poſtfreien Briefen mit mir verabreden. /Bei uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden erhalten die zwei / 140 zuerſt angetragnen Zoͤglinge den Vorzug./
NB. Wegen des Logis ⁊c. wuͤnſche ich ſehr bald, /wenigſtens noch vor Weihnachten, benachrichtiget /zu ſein. Redactionen politiſcher und gelehrter Zeitun/gen und Flugblaͤtter werden erſucht, dieſe Ankuͤndigung /wohlwollend mit aufzunehmen./
Goͤttingen, den 29ſten Oktober 1810./
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter./
London den 14ten Nov./
Lord Wellington war am 1ſten Nov. in ſeiner / 150 feſten Stellung noch nicht angegriffen. Auch hielt er /ſeinerſeits nicht fuͤr rathſam, den Feind anzugreifen. /Wenn ſich aber Maſſena entſchließt, unſre Linien anzu/greifen, welche von 500 Kan. gedeckt ſind, ſo hat die /ganze Armee die Hoffnung eines guten Erfolgs. (Mon.)/
Almeida den 30ten Oct./
Der General Drouet fuͤhrt das 9te Armeecorps, /zur Unterſtuͤtzung Maſſenas herbei. Die Tête davon /iſt ſchon zu Almeida angekommen, und wird den 4ten /und 5ten uͤber die Coa gehn. Man weiß noch nicht, / 160 ob er ſich mit ſeinem Corps, welches 30000 Mann ſtark /iſt, nach Oporto oder nach Coimbra wenden werde./
(L. d. B.)/
Aus Oeſtreich, d. 10. Nov./
So eben bekoͤmmt man die zuverlaͤſſige Nachricht, /daß der ehemalige Koͤnig von Holland eilends nach /Paris zuruͤckberufen worden ſei. (Frkf. St. Riſtr.)/
Erſte literariſche Beilage /zu den /Berliner Abendblaͤttern./ 170
Intereſſante neue Schriften aus allen Faͤchern, /welche bei J. E. Hitzig, hinter der katho/liſchen Kirche Nr. 3. zu haben ſind./
Karl Friedrich Burdach, Phyſiologie. 8. 2 thl. 18 gr./
J. F. Facius, Aleßio. Ein Roman. 22 gr./
W. D. Fuhrmann, Handbuch der classischen Li/teratur. Zum Gebrauch der Schullehrer und aller /Freunde der classischen Literatur. Vierter und letz/ter Band. Auch mit dem Titel: Handbuch der clas/sischen Literatur der Römer. Zweiter Band. 8. / 180 3 thl. 12 gr./
J. Gruͤndler Gedanken uͤber eine Grundreform der /Proteſtantiſchen Kirchen- und Schulverfaſſung im /Allgemeinen, beſonders aber in der Preußiſchen /Monarchie. 8. 14 gr./
C. G. Heinrich Handbuch der Saͤchſiſchen Ge/ſchichte. 8. 1 thl. 8 gr./
Wilhelm Kuhns Handbuch der deutſchen Sprache, mit /Aufgaben zur haͤuslichen Beſchaͤftigung. Zum beſon/dern Gebrauch fuͤr Toͤchter- und Elementarſchulen / 190 entworfen. 8. 14 gr./
J. F. E. Loz, Ideen uͤber oͤffentliche Arbeitshaͤuſer /und ihre zweckmaͤßige Organiſation. 8. 1 thl. 16 gr./
Dr. Martin Luthers kleiner Katechismus nach dem /Beduͤrfniß unſerer Zeiten. 8. 6 gr./
J. C. F. Meiſter, Ueber den Eid nach reinen Ver/nunftbegriffen. Eine von den hohen Curatoren des /Stolpeſchen Legats auf der weltberuͤhmten Univer/ſitaͤt Leyden gekroͤnte Preisſchrift, nach dem lateini/ſchen Originale in freier deutſcher Bearbeitung fuͤr das / 200 liebe deutſche Vaterland. 4. 18 gr./
214cDeſſelben Vorerkenntniſſe und Inſtitutionen des po/ſitiven Privatrechts. 8. 1 thl. 21 gr./
Deſſelben, Ueber mehrere ſchwierige Stellen im /Perſius und Horaz. 8. 8 gr./
Friedrich Rochlitz, Denkmale gluͤcklicher Stunden. /Erſter Theil. Mit Kupfern. 8. 2 thl./
Sapphus Lesbiae Carmina et fragmenta. Recensuit, /Commentario illustravit, Schemata musica adjecit et /Indices confecit Henr. Frid. Magnus Volger, Pae/ 210 dagogii Regii Ilfeldensis Collaborator. 8. 1 thl./
Karl Heinrich Sintenis Ciceroniſche Anthologie, oder /Sammlung intereſſanter Stellen aus den Schriften /des Cicero. Zwei Theile. 8. 1 thl. 18 gr./
von Woltmann Geiſt der neuen Preußiſchen Staats/organiſation. 8. broch. 20 gr./
Muſikalien./
Es kann doch ſchon immer ſo bleiben, als Ant/wort auf das Lied: Es kann ſchon nicht immer /ſo bleiben; in Muſik geſetzt von C. F. H. Schmidt./ 220 4 Gr./
Auch ſind daſelbſt alle Taſchenbuͤcher fuͤr 1811, /worunter ſich beſonders das Taſchenbuch fuͤr den/kende Frauen à 12gr., zu einem Weihnachts Geſchenk /fuͤr Damen empfiehlt und die Neuigkeiten von der /Leipziger Michaelmeſſe in allen Faͤchern zu finden. /Katalogen, wiſſenſchaftlich geordnet, werden in einigen /Tagen an Buͤcherliebhaber gratis ausgegeben werden./
Neues hoͤchſt wichtiges Journal./
Vaterlaͤndiſches Muſeum. 1s–6s Heft oder / 230 July – Dezember 1810. 8. Geheftet in ſaubere /von Runge gezeichnete, und von Gubitz in Holz ge/ſchnittene, Umſchlaͤge. Hamburg bei Perthes, und /fuͤr Berlin zu haben bei Hitzig. 3 thl. 8 gr./