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Herausforderung Karls IX. Königs von
Schwe¬
den an Christian IV. König von
Dänemark.
Antwort.
(S. das vorig. Blatt.)
Christian IV. König von Dänemark an Karl IX.
5
König von Schweden.
Wir, Christian IV. König in
Dänemark und
Norwegen, lassen Dir Karl IX. König in
Schweden, wissen, daß uns Dein grober
und un¬
höflicher Brief, durch einen Trompeter
überliefert 10
worden ist. Wir hätten uns keines solchen Schreibens
von Dir versehen: aber wir merken, daß die
Hunds¬
tage noch nicht vorbei sind, und daß sie
noch mit al¬
ler Macht in Deinem Gehirn wirken. Wir haben da¬
her beschlossen, uns
nach dem alten Sprichwort zu 15
richten: wie man
in den Wald hineinschreit, so schallt
es wieder
heraus. Zur Antwort auf Deinen Brief
mag
dies dienen: was das Erste anbetrifft, da
Du schreibst,
daß wir nicht als ein
christlicher und ehrlicher König
gehandelt
hätten, indem wir den Stettiner Frieden 20
gebrochen, so sagst Du hierin nicht die Wahrheit,
sondern redest als Einer, der sich mit Schelten
ver¬
antworten will, weil er sich
nicht getrauet, sein Recht
mit dem Schwerdt
auszuführen.
Die äußerste Noth
hat
uns zu diesem Kriege gezwungen, welches wir vor 25
Gott am jüngsten Tage zu verantworten hoffen, wo
Du auch erscheinen wirst, um von allem
unschuldigen
Blut, das in diesem Kriege
vergossen worden, und
von den Grausamkeiten,
die Du gegen Deine Feinde
[ 29 ]
116 und gegen andere
Menschen verübt hast, Rechenschaft 30
zu geben.
Du schreibst ferner, daß wir die Stadt
Calmar überrumpelt und das Schloß nebst Oeland
und Borgholm durch Verrätherei eingenommen hät¬
ten Dies ist auch nicht wahr; denn wir haben das
Schloß mit Ehren eingenommen. Und Du solltest 35
Dich
schämen, so oft Du daran gedenkest, daß Du
solches nicht mit den nöthigen Dingen versehen, oder
entsetzt
hat,
hast,
sondern an dessen Statt vor Deiner Nase
hast wegnehmen lassen; und doch willst Du den Na¬
men eines guten Soldaten führen?40
Was den Zweikampf anlanget,
den Du uns an¬
trägst, so kommt uns solcher sehr
lächerlich vor, weil
wir wissen, daß du schon
von Gott genug gestraft bist *),
und daß es Dir
dienlicher sein würde, hinter einem
warmen Ofen
zu bleiben, als mit uns zu fechten. Du
45
bist vielmehr eines guten Arztes benöthigt,
der Dein
Gehirn zurechte bringen kann, als uns
in einem Zwei¬
kampf zu begegnen. Du solltest erst Dich schämen,
Du alter Narr, einen ehrliebenden König
anzugrei¬
fen. Du hast solches vielleicht von alten Weibern
ge¬50
lernt, welche gewohnt sind, den Mund zu
gebrauchen.
Laß das
Schreiben nur unterwegs, weil Du noch et¬
was anders thun
kannst! Ich hoffe, mit Gottes Hülfe,
daß Du
alle Deine Kräfte nöthig haben
wirst. In¬
dessen erinnern wir
Dich, daß Du unsern Herold und 55
die zwei
Trompeter loslassest, welche du wider Kriegs¬
gebrauch hast gefangen nehmen lassen, wodurch
Du
Deinen schwachen Verstand an den Tag legest.
Doch
magst Du auch
glauben, wenn Du ihnen den gering¬
sten Schaden
zufügst, daß Du dadurch Dänemark und 60
Norwegen
noch nicht gewonnen hast. Nimm Dich in
Acht, daß Du hierin nicht
anders thust, als Du sollst.
Dies ist unsere Antwort auf Deinen groben und
un¬
höflichen Brief. Gegeben auf unserm Schloß Cal¬
mar, den 14. August, 1611.65
*)
König Karl war einige Zeit zuvor vom Schlage gerührt
worden.
Fragmente aus den Papieren eines Zuschauers
am Tage.
I.70
Die Sündfluth
philosophischer und moralischer
Systeme hat
stark zum allgemeinen Verderben einge¬
wirkt. Je mehr man Prinzipien vervielfältigt, die
feinsten und tiefsten Falten der Seele zu
entwickeln
versucht hat, desto unwirksamer ist
die Kraft der ein¬75
fachen, aber großen und starken
Hebel menschlicher
Handlungen geworden.
Eine zu allgemein
verbreitete, und doch oft nur
trügliche oder
halbwahre, Kenntniß der Anatomie des
menschlichen Körpers, erzeugt eine Menge
ängstlicher, 80
eingebildeter Kranken, aus denen
wirkliche werden. —
Ein zu fein zugerittenes, zu zärtlich gewartetes Schul¬
pferd, ist für die wesentlichern
Bedürfnisse der Reise,
des Feldzuges oder der
Arbeit untauglich.
So mit dem Menschen im
Moralischen.85
Kehrt zu den einfachen
Grundgesetzen zurück. Ihr
habt sie
in den zehn Geboten.
Aber in
Allen.
II.
Wenn — drei sehr denkbare,
natürliche, und, so
wie die Sachen lagen und
liegen, nicht ungerechte 90
Fälle, — Voltaire sehr
früh in die Bastille gesetzt und
darin
vergessen, Roußeau von Frau von Warens in
einem
Narrenhospitale versorgt; und Basedow von
seinen Gläubigern, bevor und so, daß sein Elementar-
Werk nicht hätte an Tageslicht kommen
können, im 95
Schuldthurme festgehalten worden
wären, so sähe es
höchstwahrscheinlich in
Frankreich, Deutschland und
dem übrigen Europa
ganz anders, und besser, aus.
Ist je in Anschlag gebracht,
wie viel von Base¬
dow’s Effect (wovon das ganze
übrige neuere Erzie¬100
hungswesen in Deutschland wie
die Progreßion be¬
trachtet werden kann,) auf
Rechnung der Kupfer
118
des Elementarwerks zu setzen sei? Ohne
sie wäre die
Einwirkung auf die großen und
kleinen Kinder wahr¬
scheinlich um 99/100 Theile
schwächer gewesen.105
Miscellen.
Nach einem kaiserl.
Dekret vom 19. Oct. zu Fontainebleau
sollen alle von Englischen
Fabriken herrührende Waaren, die sich in
Frankreich, Holland, im
Großherzogthum Berg, in den Hanseestädten,
den Königreichen Italien,
Neapel, Spanien, in den illyrischen Pro¬110
vinzen, im Warschauischen kurz überhaupt im Bereich
(a
(à
[BKA liest ›à‹]
la portée)
der Französischen Truppen liegen, saisirt und
verbrannt werden.
Eine englische Fregatte
hat bei Rodi, im Neapolitanischen
einen Versuch gemacht zu landen;
jedoch ist die Mannschaft von den
herbeigeeilten Truppen genöthigt
worden, sich wieder einzuschiffen.115
Die Französischen Blätter
enthalten jetzt Nachrichten über die
am 27. Sept. am Ufer des Mondego
über die Englischen Truppen
erfochtenen Vortheile.
Die Fabrikation des
Zuckers aus Weintrauben in Rom ver¬
spricht die glücklichsten Erfolge. Der Präfekt
von Rom läßt in sei¬120
nen eignen Pallast diesen Zucker fabriciren.
Alle Portugiesischen
Truppen die in Paris in Garnison lagen
sind den 22ten von dort
aufgebrochen. Sie haben die Straße nach
Orleans genommen.
Man versichert, daß Hr.
Canova im Begriff sei, nach Paris 125
zu kommen.
Die Ausstellung der Werke
lebender Künstler wird wie ge¬
wöhnlich wieder mit dem 1sten November in Paris ihren Anfang
nehmen.
Bei dem Fest vom 21ten
Oktober zu Fontainebleau ist die 130
officielle Anzeige von der
glücklichen Schwangerschaft Ih. Maj.
der Kaiserinn erfolgt.
Nach französischen
Blättern soll der spanische Krieg den Eng¬
ländern jährlich 400000 Guineen kosten.
Das Todtengericht,
welches über den verstorbenen Abraham 135
Goldschmid gehalten ward, hat
den Ausspruch gethan: „nicht bei
Sinnen, als er sich selbst tödtete.“
Hierdurch bekommt die Fami¬
lie ein Recht zum ehrlichen Begräbniß.
Polizeiliche
Tages-Mittheilungen.
Einem Bäcker ist für 1
Thl. 4 Gr. verbackenes Brod zer¬140
schnitten.
Einem Viehmäster ist eine
unrichtige Metze in Beschlag ge¬
nommen.
Ein Lehrling ist wegen
intendirten Selbstmordes verhaftet.