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Berliner Abendblätter.
27tes Blatt. Den 31ten October 1810.
Allerneuester Erziehungsplan.
(Fortsetzung.)
Aber das Gesetz, von dem wir sprechen, gilt nicht bloß von Meinungen und Begehrungen, sondern, auf weit allgemeinere Weise, auch von Gefühlen, Affecten, Eigenschaften und Charakteren.
Ein Portugiesischer [liest ›Portugiesischer‹] Schiffskapitain, der, auf dem Mittelländischen Meer, von drei Venetianischen Fahrzeugen angegriffen ward, befahl, entschlossen wie er war, in Gegenwart aller seiner Officiere und Soldaten, einem Feuerwerker, daß sobald irgend auf dem Verdeck ein Wort von Uebergabe laut werden würde, er, ohne weiteren Befehl, nach der Pulverkammer gehen, und das Schiff in die Luft sprengen mögte. Da man sich vergebens, bis gegen Abend, gegen die Uebermacht herumgeschlagen hatte, und allen Forderungen die die Ehre an die Equipage machen konnte, ein Genüge geschehen war: traten die Officiere in vollzähliger Versammlung den Capitain an, und forderten ihn auf, das Schiff zu übergeben. Der Capitain, ohne zu antworten, kehrte sich um, und fragte, wo der Feuerwerker sei; seine Absicht, wie er nachher versichert hat, war, ihm aufzugeben, auf der Stelle den Befehl, den er ihm ertheilt, zu vollstrecken. Als er aber den Mann schon, die brennende Lunte in der Hand, unter den Fässern, in Mitten der Pulverkammer fand: ergriff er ihn plötzlich, vor Schrecken bleich, bei der Brust, riß ihn, in Vergessenheit aller anderen Gefahr, aus der Kammer heraus, trat die Lunte, unter Flüchen und Schimpfwörtern, mit Füßen aus und warf sie in’s Meer. Den Officieren aber sagte er, daß sie die weiße Fahne aufstecken mögten, indem er sich übergeben wolle.
Ich selbst, um ein Beispiel aus meiner Erfahrung zu geben, lebte, vor einigen Jahren, aus gemeinschaftlicher Kasse, in einer kleinen Stadt am Rhein, mit einer Schwester. Das Mädchen war in der That bloß, was man, im gemeinen Leben, eine gute Wirthinn nennt; freigebig sogar in manchen Stücken; ich hatte es selbst erfahren. Doch weil ich locker und lose war, 108 und das Geld auf keine Weise achtete: so fieng sie an zu knickern und zu knausern; ja, ich bin überzeugt, daß sie geizig geworden wäre, und mir Rüben in den Caffe und Lichter in die Suppe gethan hätte. Aber das Schicksal wollte zu ihrem Glücke, daß wir uns trennten.
(Die Fortsetzung folgt.)
Noch ein Wort der Billigkeit über Christ. Jacob Kraus.
Mit dem Verfasser des der ersten Aufsatzes (S. 11 B.) ganz einig in seiner Charakterisirung von Kraus als Schriftsteller, müssen wir ihm doch darin widersprechen, wenn er von dessen Rufe als Schriftsteller einen imponirenden Einfluß auf angehende Staatswirthe befürchtet; ausser Königsberg wissen die meisten erst seit der Herausgabe seiner Schriften, also nach seinem Tode, von ihm und von seiner Lehre, ja es ist eine oft gehörte Bemerkung, daß sich Leser der Abendblätter beschwerten, warum sie so viel von dem einen Mann jezt noch hören sollten, dessen Schriften zu spät gekommen, nachdem die Theorie schon weiter vorgerückt, die praktischen Beobachtungen mannigfaltig berichtigt worden seien. In dieser Bemerkung liegt doch eine Unrichtigkeit, gelehrter Ruf und Anerkennung sind vom praktischen Einflusse sehr verschieden, ein Schüler in einem großen Geschäftskreise wirkt mehr als tausend Andersgesinnte, die in andern Beschäftigungen leben — und der Einfluß Krausens auf die Verwaltung unsres Staats in den letzteren Jahren wird dem Aufmerksamen nicht entgangen sein, man vergleiche unter andern seinen Aufsatz, wie die Kriegsschuld zu tilgen sei. Schon früher war aber sein Einfluß auf Königsberg sowohl durch die Jugend, die von ihm lernte, als auch durch die Geschäftsmänner, die seinen Rath mit seltenem und löblichen guten Willen anhörten und benutzten, sehr bedeutend und viel bedeutender als in dem zweiten Aufsatze (S. 19 Blatt) durchgeführt wird. Separationen und Dienstaufhebungen wurden viel früher schon von Friedrich II und beinahe in allen deutschen Staaten gefordert, ehe Kraus lehrte, doch verdient es Lob zu einem nützlichen Geschäfte mit erneuter Kraft anzuregen; sonderbar ist es aber, daß ein würdiger Geschäftsmann, den wir jedoch nicht zu nennen das Recht geben, uns versicherte 109 daß jenes Geschäft in Neuostpreussen, wovon der zweite Aufsatz ein burleskes Bild (wie jenes was der Bauer dem Maler Frank in dem bekannten Liede „Mein Herr Maler“ projektirt) ganz allein durch Hr. von Knoblauch, der mit Kraus in keiner Verbindung gestanden, zu Stande gebracht sei. Wir wünschten hierüber Auskunft, wollen dies auch gar nicht gesagt haben, um das verdiente Lob unseres Kraus zu mindern, denn ihn schmückt ein höheres Lob, in einem Volke, wie die Deutschen, wo das Wissen von dem Thun so ganz geschieden ist, durch eine lange Reihe von Jahren ein Beispiel gegeben zu haben, wie ein Lehrer und Gelehrter mit Geschäftsmännern zum allgemeinen Nutzen thätig verbunden, sich ihnen deutlich und nützlich machen könne. Wir können diese Vereinigung wohl ein Wunder nennen, denn sie fordert von beiden Seiten mehr Nachgiebigkeit und guten Willen als gewöhnlich gefunden wird, und gleichwie ein Wunder die Ausbreitung des christlichen Glaubens mehr gefördert hat, als die Lehren der Weisheit, die erst später darin erkannt worden, so sind auch wir unserm Kraus für diese Vereinigung viel eher eine Denksäule schuldig, als für Lehren, die ihm zum Theil nicht eigen, theils von andern schon berichtigt und erweitert worden.
Nützlich war es auf dieses Letztere aufmerksam zu machen. Die Besorgniß des ersten Verfassers über einen Streit zwischen Administration und den Gerichtshöfen, der aus der einseitigen Anhängerei an ein System folgen könnte, ist von seinen beiden Gegnern nur mit Gegenversicherungen widerlegt worden, vielleicht giebt der erstere die Gründe seiner Besorgniß an, die Erfahrung spricht für ihn, denn gerade das Durchbrechen der Hindernisse was der Dritte rühmt, hat wohl schon manches der Art veranlaßt. Diesem Dritten (S. 24 Blatt) der Kraus gegen das Rubriciren und Numeriren in Schutz nimmt, müssen wir bitten, die encyclopädischen Bände von Kraus Schriften zu betrachten, wo dieses doch unmöglich von fremder Hand beigefügt sein kann. Ferner möchten wir fragen, wenn er von Kraus rühmt, daß er niemand geschätzt, der nicht etwas Mathematisches erfunden, warum Kraus selbst nichts erfunden habe, um sich zu schätzen; gegen das Mathematische in seinen staatswirthschaftlichen Aufsätzen ließe sich wohl manches sagen, so unbedeutend wenig Mathematik dazu gehört, es zu machen. Wir verkennen übri110gens die Billigkeit in den Gesinnungen dieses Dritten keinesweges, und stellen ihn vielmehr dem Zweiten als Muster vor, dem wir zugleich die Frage ans Herz legen möchten, was wohl Kraus, der jede wohlthuende Freiheit des Lebens und der Untersuchung, die England so hoch beglückt, auch bei uns zu fördern suchte, zu einem Vertheidiger gesagt haben mögte, der, an Gründen schwach, den Anders meinenden der Regierung als gefährlich darzustellen sucht? Wir wollen in seinem Namen antworten: Bessert euch selbst, ehe ihr Staaten verbessern wollt, werdet erst selbst frei, das heißt edel in Gedanken und Charakter, um zu wissen, was Freiheit eines Volkes sei, und wie sie zu erreichen.
L. A. v. A.
Nothwehr.
Wahrheit gegen den Feind? Vergieb mir! Ich lege zuweilen Seine Bind um den Hals, um in sein Lager zu gehn.
xp.
Miscellen.
Am 25. Nov. wird in England das 50jährige Regierungs-Jubiläum des Königs gefeiert werden. Der Erzbischof von Canterbury hat dazu ein besonderes Kirchengebet aufgesetzt. (Hamb. Z.)
In Frankfurt a. M., ist durch ein kais. Dekret vom 15ten Oct. der Sequester auf alle daselbst befindliche Englische oder Colonial, vom Englischen Handel herrührende, Waaren gelegt worden. Dem gemäß hat der Divisionsgeneral Friant sämmtliche Kaufleute aufgefordert, binnen 24 Stunden die benannten Waaren, bei Strafe der Confiscation anzugeben. (Hamb. Z.)
Aus London wird, über Frankreich, gemeldet, daß die Brittisch-Portugiesischen Truppen am 27. Septemb. am Ufer des Mondego, 1 Obristen, 3 Obristlieutenants, 7 Majors, 67 Officiers, und 1181 Mann an Todten, Verwundeten und Vermißten, eingebüßt haben. Von einem so bedeutenden Gefecht zuin dieser Zeit, fehlen die bestimmten, französischen Nachrichten.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Einem hiesigen Einwohner sind von einem verschlossenen Boden mehrere Kleidungsstücke gestohlen.
In einer Tabagie sind 20 Lehrbursche verhaftet.
In Heinersdorf sind drei Personen als Herumtreiber arretirt.
Auf dem neuen Markte ist eine durch Abnutzung zu klein gewordene halbe Metze zerschlagen.