[027] An Wilhelmine v. Zenge, 13. November 1800
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[1] Berlin, d.]den 13t ]13. Novmbr, ]November 1800. ]1800 /
Liebe Wilhelmine, o Dein Brief hat mir eine ganz außer/ordentliche Freude gewährt. Dich so anzuschmiegen an meine / Wünsche, so innig einzugreifen in mein Interesse — o es soll / Dir gewiß einst belohnt werden! Grade auf diesem Lebens/wege, wo Du Alles]alles fahren läßt, was doch sonst die Weiber reizt,/ Ehre, Reichthum,]Reichtum, Wohlleben, grade auf diesem Wege wirst Du um / so gewisser etwas Anderes]anderes finden, das doch mehr werth]wert ist als / das Alles]alles — Liebe. Denn wo es noch andere Genüsse giebt,]gibt, da / theilt]teilt sich das Herz, aber wo es nichts giebt]gibt als Liebe, da öffnet / 10 sich ihr das ganze Wesen, da umfaßt es ihr ganzes Glück, da werden / alle ihre unendlichen Genüsse erschöpft — ja, gewiß, Wilhelmine, / Du sollst einst glücklich sein. /
Aber laß uns nicht bloß frohen Träumereien folgen — Es ist / wahr, wenn ich mir das freundliche Thal]Tal denke, das einst unsre / Hütte umgrenzen wird, u.]und mich in dieser Hütte u.]und Dich u.]und die / Wissenschaften, u.]und weiter nichts — o dann sind mir alle Ehren/stellen u.]und alle Reichthümer]Reichtümer verächtlich, dann ist es mir, als könnte / mich nichts glücklich machen, als die Erfüllung dieses Wunsches, u.]und als müßte / ich unverzüglich an seine Erreichung schreiten — — Aber die / 20 Vernunft muß doch auch mitsprechen, u.]und wir wollen einmal / hören, was sie sagt. Wir wollen einmal recht vernünftig / diesen ganzen Schrit]Schritt prüfen. /
Ich will kein Amt nehmen. Warum will ich es nicht? — O wie / viele Antworten liegen mir auf der Seele! Ich kann nicht ein/greifen in ein Interesse, das ich mit meiner Vernunft nicht prüfen / darf. Ich soll thun]tun was der Staat von mir verlangt, u.]und doch soll ich nicht / untersuchen, ob das, was er von mir verlangt, gut ist. Zu seinen unbekann/ten Zwecken soll ich ein bloßes Werkzeug sein — ich kann es nicht. Ein / eigner Zweck steht mir vor Augen, nach ihm würde ich handeln müssen, / 30 u.]und wenn der Staat es anders will, dem Staate nicht gehorchen / dürfen. Meinen Stolz würde ich darin suchen, die Aussprüche meiner / Vernunft geltend zu machen gegen den Willen meiner Obern — nein,/ Wilhelmine, es geht nicht, ich passe mich für kein Amt. Ich bin auch wirklich / zu ungeschickt, um es zu führen. Ordnung, Genauigkeit, Geduld, Un/verdrossenheit, das sind Eigenschaften die bei einem Amte unent/behrlich sind, u.]und die mir doch ganz fehlen. Ich arbeite nur für meine / Bildung gern u.]und da bin ich unüberwindlich geduldig u.]und unverdrossen./ [2] Aber für die Amtsbesoldung Listen zu schreiben u.]und Rechnungen zu füh/ren — ach, ich würde eilen, eilen, daß sie nur fertig würden]würden, u.]und zu / 40 mei nengeliebten Wissenschaften zurückkehren. Ich würde die Zeit / meinem Amte stehlen, um sie meiner Bildung zu widmen — nein,/ Wilhelmine, es geht nicht, es geht nicht. Ja ich bin selbst zu ungeschickt / mir ein Amt zu erwerben. Denn zufrieden mir wirklich Kenntnisse / zu erwerben, bekümmert es mich wenig, ob Andere]andere sie in mir wahr/nehmen. Sie zur Schau aufstellen, oder zum Kauf ausbieten, wäre / mir ganz unmöglich — und würde man denjenigen wohl begünstigen,/ der den Stolz hat, jede Gunst zu entbehren, u.]und der durch keine andere / Fürsprache steigen will, als durch die Fürsprache seiner eignen / Verdienste? — Aber das Entscheidendste ist dieses, daß selbst ein / 50 Amt, u.]und wäre es eine Ministerstelle, mich nicht glücklich machen / kann. Mich nicht, Wilhelmine — denn Eines]eines ist gewiß, ich bin ein/mal in meinem Hause glücklich, oder niemals, nicht auf Bällen,/ nicht im Opernhause, nicht in Gesellschaften, u.]und wären es die Gesellschaften / der Fürsten, ja wäre es auch die Gesellschaft unsres eignen Königs — /— u.]und wollte ich darum Mi nister werden, um häußliches]häusliches Glück zu / genießen? Wollte ich darum mich in eine Hauptstadt begraben u.]und / mich in ein Chaos von verwickelten Verhältnissen stürzen, um / still u.]und ruhig bei meiner Frau zu leben? Wollte ich mir darum / Ehrenstellen erwerben u.]und mich darum mit Ordensbändern behängen,/ 60 um Staat zu machen damit vor meinem Weibe u.]und meinen Kindern? / Ich will von der Freiheit nicht reden, weil Du mir schon einmal / Einwürfe dagegen gemacht hast, ob Du zwar wohl gleich, wie / alle Weiber, das nicht recht verstehen magst; aber Liebe u.]und Bildung / sind zwei unerlaßliche Bedingungen meines künftigen Glückes — /— u.]und was könnte mir in einem Amte davon zu] Theil]zuteil werden, als / höchstens ein karger, sparsamer Theil]Teil von beiden? Wollte ich an die / Wissenschaften gehen, so brächte mir der Secretair]Sekretär einen Stoß / voll Akten, u.]und wollte ich einen großen Gedanken verfolgen, so mel/dete mir der Kammerdiener, daß das Vorzimmer voll Fremden stehe. / 70 Wollte ich den Abend bei meinem Weibe zubringen, so ließe mich der / König zu sich rufen]rufen, u.]und um mir auch die Nächte zu rauben, müßte ich / in die Provinzen reisen u.]und die Fabriken zählen. O wie würde ich den / Orden u.]und die Reichthümer]Reichtümer u.]und den ganzen Bettel der großen Welt verwün/schen, wie würde ich bitterlich weinen, meine Bestimmung so / unwiderbringlich]unwiederbringlich verfehlt zu haben, wie würde ich mir mit / heißer Sehnsucht trocknes Brod]Brot wünschen u.]und mit ihm Liebe, Bildung / u.]und Freiheit — Nein, Wil helmine, ich darf kein Amt wählen, weil / ich das ganze Glück, das es gewähren kann, verachte. /
[3]Aber darf ich mich auch jedem Amte entziehen? — Ach, Wilhelmine, / 80 diese spitzfündige Frage haben mir schon so viele Menschen aufge/worfen. Man müsse seinen Mitbürgern nützlich sein, sagen sie,/ u.]und darin haben sie Recht]recht — und darum müsse man ein Amt nehmen,/ setzen sie hinzu, aber darin haben sie Unrecht.]unrecht. Kann man denn nicht / Gutes wirken, wenn man auch nicht eben dafür besoldet wird? / O ich darf nur an Brokes denken —! Wie vieles Gute, Vortreffliche,/ thut täglich dieser herrliche Mensch. — Und dann, wenn ich einmal / auf Kosten der Bescheidenheit die Wahrheit reden will — habe ich nicht / auch während meiner Anwesenheit in Frankfurt unter unsern / Familien manches Gute gestiftet —? Durch untadelhaften Lebens/ 90 wandel den Glauben an die Tugend bei Andern]andern stärken, durch weise Freu/den sie zur Nachahmung reizen, immer dem Nächsten, der es bedarf,/ helfen mit Wohlwollen u.]und Güte — ist das nicht auch Gutes wirken? Dich, / mein geliebtes Mädchen, ausbilden, ist das nicht etwas Vortreffliches? / Und dann, mich selbst auf eine Stufe näher der Gottheit zu / stellen — — o laß laß, [Graph uneindeutig] mich, laß mich! Das Ziel ist gewiß hoch / genug u.]und erhaben, da giebt]gibt es gewiß Stoff genug zum Handeln — /— und wenn ich auch auf dieser Erde nirgends meinen Platz finden / sollte, so finde ich vielleicht auf einem andern Sterne einen um / so bessern. / 100
Aber kann ich jedes Amt ausschlagen? das heißt, ist es möglich? — Ach,/ Wilhelmine, wie gehe ich mit klopfendem Herzen an die Beantwortung / dieser Frage! Weißt Du wohl noch am letzten Abend den Erfolg unsrer / Berechnung — ? Berechnungen? ]Berechnungen? — Aber ich glaube doch immer noch — ich habe doch noch nicht / alle Hoffnung verloren — — Sieh, Mädchen, ich will Dir sagen, wie / ich zuerst auf den Gedanken kam, daß es wohl möglich sein müsse. / Ich dachte, Du lebst in Frankfurt, ich in Berlin, warum könnten wir / denn nicht, ohne mehr zu verlangen, zusammen leben? Aber das Herkommen / will, daß wir ein Haus bilden sollen]sollen, u.]und unsere Geburt, daß wir mit / Anstand leben sollen — o über die unglückseeligen]unglückseligen Vorurtheile!]Vorurteile! Wie viele / 110 Menschen genießen mit Wenigem,]wenigem, vielleicht mit einem Paar]paar Hundert]hundert / Thalern]Talern das Glück der Liebe — u.]und wir sollten es entbehren, weil wir / von Adel sind? Da dachte ich, weg mit allen Vorurtheilen,]Vorurteilen, weg mit dem / Adel, weg mit dem Stande — gute Menschen wollen wir sein u.]und uns / mit der Freude begnügen, die die Natur uns schenkt. Lieben wollen wir / uns, u.]und bilden]bilden, u.]und dazu gehört nicht viel Geld — aber doch etwas, doch / etwas — u.]und ist das, was wir haben, wohl hinreichend? Ja, das ist / eben die große Frage. O wenn ich warten wollte, bis ich mir etwas / erwerben kann, oder will, o dann bedürften wir weiter nichts als / [4] Geduld, denn das ist mir in der Folge gewiß. — Laß mich ganz / 120 aufrichtig sein, liebes Mädchen. Ich will von mir mit Dir reden, als / spräche ich mit mir selbst. Gesetzt Du fändest die Rede eitel, was / schadet es? Du bist nichts anders als ich, u.]und vor Dir will ich nicht besser / erscheinen, als vor mir selbst, auch Schwächen will ich vor Dir nicht / verstecken. Also aufrichtig u.]und ohne allen Rückhalt. /
Ich bilde mir ein, daß ich Fähigkeiten habe, seltnere Fähigkeiten,/ meine ich — Ich glaube es, weil mir keine Wissenschaft zu schwer / wird; weil ich rasch darin vorrücke, weil ich manches schon aus eigener / Erfindung hinzugethan]hinzugetan habe — u.]und am Ende glaube ich es auch darum,/ weil alle Leute es mir sagen. Also kurz, ich glaube es. Da stünde / 130 mir nun für die Zukunft das ganze schriftstellerische Fach offen. / Darin fühle ich, daß ich sehr gern arbeiten würde. — O da ist die / Aussicht auf Erwerb äußerst vielseitig. Ich könnte nach Paris / gehen u.]und die neueste Philosophie in dieses neugierige Land verpflanzen / — doch das siehst Du Alles]alles so vollständig nicht ein, als ich. Da müß/test Du schon meiner bloßen Versicherung glauben]glauben, u.]und ich versichere / Dir hiermit, daß wenn Du mir nur ein Paar]paar Jahre, höchstens / sechs, Spielraum giebst,]gibst, ich dann gewiß Gelegenheit finden / werde, mir Geld zu erwerben. /
Aber so lange sollen wir noch getrennt sein —? Liebe Wilhelmine, / 140 ich will auch hierin ganz aufrichtig sein. Ich fühle, daß es mir noth/wendig]notwendig ist, bald ein Weib zu haben. Dir selbst wird meine Ungeduld / nicht entgangen sein — ich muß diese unruhigen Wünsche, die mich un/aufhörlich wie Schuldner mahnen, zu befriedigen suchen. Sie stören / mich in meinen Beschäfftigungen]Beschäftigungen — auch damit ich moralisch gut bleibe,/ ist es nöthig]nötig — Sei aber ganz ruhig, ich bleibe es gewiß. Nur kämpfen / möchte ich nicht gern. Man muß sich die Tugend so leicht machen / als möglich. Wenn ich nur erst ein Weib habe, so werde ich meinem / Ziele ganz ruhig u.]und ganz sicher entgegen gehen — aber bis dahin —/ — o werde bald, bald, mein Weib. / 150
Also ich wünsche es mit meiner ganzen Seele u.]und entsage dem ganzen / prächtigen Bettel von Adel u.]und Stand u.]und Ehre u.]und Reichthum,]Reichtum, wenn / ich nur Liebe bei Dir finde. Wenn es nur möglich ist, daß wir so / ohne Mangel beieinander leben können etwa sechs Jahre / lang, nämlich bis so lange, wo ich mir etwas zu erwerben hoffe,/ o dann bin ich glücklich. /
Aber ist dies möglich —? O du gutes, treffliches Mädchen! Ist es mög/lich, so ist es nur durch Dich möglich. Hätte mich mein Schicksaal]Schicksal zu einem / andern Mädchen geführt, das nicht so anspruchslos u.]und genügsam wäre,/ wie Du, ja dann müßte ich diesen innigsten Wunsch unfehlbar unter/ 160 [gestr.] [gestr.] [5] unterdrücken. Aber auch Du willst nichts, als Liebe u.]und Bildung — o beides / sollst Du von mir erhalten, von dem ersten mehr selbst als Du fordern / wirst, von dem andern so viel ich geben kann, aber beides mit Freuden. / Ich erwarte mit Sehnsucht Deine Berechnung. Du kannst das Alles]alles / besser prüfen als ich. Aber laß Dich nicht verführen von Deiner Liebe. / Sei karg gegen mich, aber nicht gegen Dich. Nein, ich schwöre Dir, ich / will Dich mit dieser scheinbaren Selbstverleugnung nicht an Edelmuth]Edelmut / übertreffen. Setze also nicht vergeblich Edelmuth]Edelmut an Edelmuth,]Edelmut, das würde / unser beiderseitiges Interesse verwirren. Laß uns wahr sein, ohne / geschraubte Tugend. Wenn ich weniger verlange, als Du, so ist das / 170 keine Selbstverleugnung, die mir ein Opfer kostet. Ich fühle, daß / ich wirklich wenig bedarf, u.]und mit wahrer Freude würde ich selbst manches / entbehren, um Dich damit froher zu machen. Das ist mein Ernst, Wilhel/mine, also laß mir diese Freude. Überfluß wirst Du nicht verlangen, aber / an dem Nothwendigen,]Notwendigen, darf es Dir niemals fehlen, o niemals, denn / das würde mich selbst unglücklich machen. Also sei nicht karg gegen Dich / in der Berechnung. Fordere lieber mehr als Du brauchst, als weniger. / Es steht ja doch immer in der Folge bei Dir, mir zufließen zu lassen,/ was Du übrig hast, u.]und dann werde ich es gewiß immer gern von Dir / annehmen. Ist es unter diesen Bedingungen nicht möglich, daß / 180 wir uns bald vereinigen — nicht möglich, nun denn, so müssen / wir auf günstigere Zeiten hoffen — aber dann ist die Aussicht / dunkel, o sehr dunkel — u.]und das Schrecklichste wäre mir, Dich betro/gen zu haben, Dich, die mich so innig liebte — o weg mit dem ab/scheulichen Gedanken. /
Indessen ich weiß doch noch ein Mittel, selbst wenn unser Ver/mögen Deiner Berechnung nicht entspräche. Es ist dieses, mir durch / Unterricht wenigstens jährlich ein Paar]paar Hundert]hundert Thaler]Taler zu erwerben. / Lächle nicht u.]und bemühe Dich nur ja, alle Vorurtheile]Vorurteile zu bekämpfen. / Ich bin sehr fest entschlossen, den ganzen Adel von mir abzuwerfen. / 190 Viele Männer haben geringfügig angefangen u.]und königlich ihre / Laufbahn beschlossen. Shakespeare war ein Pferdejunge u.]und jetzt / ist er die Bewunderung der Nachwelt. Wenn Dir auch die eine / Art von Ehre entgeht, so wird Dir doch vielleicht einst eine / andere zu] Theil]zuteil werden, die höher ist — Wilhelmine, warte zehen zehn ]zehn / Jahre u.]und Du wirst mich nicht ohne Stolz umarmen. /
Mein Plan in diesem Falle wäre dieser. Wir hielten uns irgend/wo in Frankreich auf, etwa in dem südlichen Theile,]Teile, in der französi/schen Schweiz, in dem schönsten Erdstriche von Europa — und zwar / aus diesem Grunde, um Unterricht dort in der deutschen Sprache / 200 [6] zu geben. Du weißt, wie überhäuft mit Stunden hier bei uns / die Emigrirten]Emigrierten sind; das möchte in Frankreich noch mehr der Fall sein,/ weil es da weniger Deutsche giebt,]gibt, u.]und doch von der Academie]Akademie / u.]und von allen französischen Gelehrten unaufhörlich die Erlernung der / deutschen Sprache anempfohlen wird, weil man wohl einsieht, daß / jetzt von keinem Volke der Erde mehr zu lernen ist, als von den Deut/schen. Dieser Aufenthalt in Frankreich wäre mir aus 3 Gründen / lieb. Erstlich, weil es mir in dieser Entfernung leicht werden / würde, ganz nach meiner Neigung zu leben, ohne die Rathschläge]Ratschläge / guter Freunde zu hören, die mich u.]und was ich eigentlich begehre, ganz u.]und gar nicht / 210 verstehen; zweitens, weil ich so ein Paar]paar Jahre lang ganz unbe/kannt leben könnte u.]und ganz vergessen werden würde, welches ich recht / eigentlich wünsche; u.]und drittens, welches der Hauptgrund ist, weil / ich mir da recht die französische Sprache aneignen könnte, welches / zu der entworfnen Verpflanzung der neuesten Philosophie in dieses / Land, wo man von ihr noch gar nichts weiß, nothwendig]notwendig ist. — Schrei/be mir unverhohlen Deine Meinung über dieses. — Aber daß ja / niemand etwas von diesem Plane erfährt. Wenn Du nicht mein / künftiges Weib wärest, so hätte ihn vor der Ausführung kein / Mensch von mir erfahren. — Lerne nur auf jeden Fall recht / 220 fleißig die französische Sprache. — Wie Vater zur Einwilligung / zu bringen ist, davon ein andermal. — Ist das Alles]alles nicht ausführ/bar, so bleibt uns, bis zum Tode, Eins]eins gewiß, nämlich meine / Liebe Dir, u.]und Deine Liebe mir. Ich wenigstens gebe nie einem / andern Mädchen meine Hand, als Dir. /
Und nun muß ich schließen. Ich kann jetzt nicht mehr so lange Briefe / schreiben, als auf der Reise, denn jetzt muß ich für Dich u.]und mich arbeiten. / Und doch habe ich Dir noch so vieles zu sagen, z. B. über Deine Bildung. / O wenn ich bei Dir wäre, so wäre das Alles]alles weit kürzer abgemacht. / Ich wollte Dir bei meiner Anwesenheit in Frankfurt vorschlagen,/ 230 ob Du Dir nicht ein Tagebuch halten wolltest, nämlich ob du nicht alle / Abend aufschreiben wolltest, was Du am Tage sahst, dachtest, fühltest &]etc. / Denke einmal darüber nach, ob das nicht gut wäre. Wir werden uns / in diesem unruhigen Leben so selten unsrer bewußt — die Gedanken / u.]und die Empfindungen verhallen wie ein Flötenton im Orkane — so manche / Erfahrung geht ungenutzt verloren — das Alles]alles kann ein Tagebuch / verhüten. Auch lernen wir dadurch Freude aus uns selbst entwickeln,/ u.]und das möchte wohl gut sein für Dich, da Du von außen, außer von mir,/ wenige Freude empfangen wirst. Das könntest Du mir dann von Zeit zu Zeit mit/theilen]mitteilen — aber Du müßtest Dich darum nicht weniger strenge prüfen — ich werde nicht / 240 hart sein — denke an Deine Verzeihung meines Fehltritts. — Ich werde Dir auch in meinen Briefen / alles mittheilen,]mitteilen, was mir begegnet. — Adieu. Ich küsse Dein Bild. H. K. /