[012] An Wilhelmine v. Zenge, 16. August 1800
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[1] [BKA IV/1 160] [DKV IV 68] [SE:1993 II 515] [Heimböckel:1999 (Reclam) 70] [MA II 586] Berlin]Berlin, d.]den 16t Auguſt 1800. ]1800
Mein liebes, theures]teures Herzensminchen, ſei nicht böſe, daß Du ſo ſpät dieſen Brief erhältſt. Geſtern hielten mich viele Geſchäfte vom Schreiben ab — doch das iſt eine ſchlechte Entſchuldigung. Kein Geſchäft darf mich von der Erfüllung der Pflicht abhalten, meinem lieben, treuen Mädchen zur beſtim̄ten Zeit Nachricht von mir zu geben. Nun, verzeihe diesmal. Wenn ich jetzt dieſe Zeilen auf die Poſt gäbe, ſo fändeſt Du freilich bei Deiner Rückkehr von Tamſel einen Brief von mir vor; aber kann man 7 Zeilen ein einen einen einen Brief nennen? Laß mich alſo lieber noch ein Weilchen mit Vertrauen u.]und Innigkeit mit Dir plaudern.
Mit welchen Empfindungen ich Frankfurt verlaſſen habe — ach, liebes Mädchen, das kann ich Dir nicht beſchreiben, weil [MA II 587] Du mich doch nicht ganz verſtehen würdeſt. Als ich mich von Dir trennte trennte, ]trennte, legte ich mich noch ins Bett, u.]und lag da wohl noch 1 ½ Stunde, doch mit offnen Augen, ohne zu ſchlafen. Als ich im Halbdunkel des Morgens abfuhr, war mirs, als hörte ich ein Geräuſch an dem einen Fenſter Eures Saales. Mir fuhr ein ſchneller Gedanke durch die Seele, ob Du das wohl ſein könnteſt. Aber Du warſt es nicht, ob ich gleich eine brennende Sehnſucht hatte, Dich noch einmal zu ſehen. Der Wagen rollte weiter, indeſſen mein Auge im̄er noch mit rückwärtsgewandtem Körper an das geliebte Haus hieng.]hing. Mir traten Thränen]Tränen ins Auge, ich wünſchte herzlich zu weinen, aber ich bin ſchon zu lange davon entwöhnt.
Auf meiner ganzen Reiſe nach Berlin iſt der Gedanke an Dich nur ſelten, ſehr ſelten aus meiner Seele gewichen. Ich bin über[SE:1993 II 516] zeugt, daß wenn man die Augenblicke der Zer[DKV IV 69] ſtreuung zuſam̄enrechnen wollte, kaum eine kleine Viertelſtunde herauskom̄en würde. Nichts zerſtreute mich, nicht das wirklich [2] [BKA IV/1 163] romantiſche Steinhöffel (ein Gut des Hofmarſchalls Maſſow) ]Massow), wo gleichſam jeder Baum, jeder Zweig, ja ſelbſt jedes Blatt nach einer entworfenen Idee [Heimböckel:1999 (Reclam) 71] des Schönen gepflanzt, gebogen u.]und geordnet zu ſein ſcheint; nicht der emporſtrebende Rauch der Feuereſſen am Schloſſe, der mich an die Anſtalten erinnerte mit welchen man eine königliche Familie hier empfangen wollte; nicht der ganze königliche Troß, der, in eine Staubwolke gehüllt, vor mir dahin rollte; nicht die ſchöne, bereits fertige Chaußee]Chaussee von Friedrichsfelde nach Berlin, auf welcher ich jetzt nicht ohne Freude, aber, wenn ich ſie gebaut hätte, nicht ohne Stolz gefahren wäre; ſelbſt nicht die brennende Hitze des Tages, die mir auf den Scheiteln glühte, als ob ich unter der Linie wäre, u.]und die ſo ſehr ſie auch meinen Körper erſchlaffte, doch meinen Geiſt nicht in ſeiner liebſten Beſchäfftigung,]Beschäftigung, in der Erinnerung an Dich ſtören konnte.
Als ich hinein fuhr in das Thor, Thor ]Tor im Halbdunkel des Abends Abends, ]Abends, u.]und die hohen weiten Gebäude anfänglich nur zerſtreut u.]und einzeln umher lagen, dann im̄er dichter u.]und dichter, u.]und das Leben im̄er lebendiger, u.]und das Geräusch im̄er geräuſchvoller wurde, als ich nun endlich in die Mitte der ſtolzen Königsſtadt war, u.]und meine Seele ſich erweiterte um ſo viele zuſtrömende Erſcheinungen zu faſſen, da dachte ich: wo mag wohl das liebe [MA II 588] Dach liegen, das einſt mich u.]und mein Liebchen ſchützen wird? Hier an der ſtolzen Colonnade?]Kolonnade? dort in jenem verſteckten Winkel? oder hier an der offnen Spree? Werde ich einſt in jenem weitläufigen Gebäude mit vierfachen Reihen von [Heimböckel:1999 (Reclam) 72] Fenſtern mich verlieren, oder hier in dieſem kleinen engen Häuſchen mich im̄er wieder finden? Werde ich am Abend, nach vollbrachter Arbeit, hier durch dieſes kleine Gäßchen, mit Papieren unter dem Arm zu Fuß nach meiner Wohnung gehen, oder werde ich mit Vieren ſtolz durch dieſe prächtige Straße vor jenes hohe Portal rollen? Wird mein liebes Minchen, wenn ich ſtill in die Wohnung treten will, mir von oben herab [DKV IV 70] freundlich zuwinken, u.]und auf dieſer [3] [BKA IV/1 164] dunkeln Treppe mir entgegenkom̄en, um früher den Kuß der Liebe auf die durſtenden Lippen zu drücken, oder werde ich ſie [SE:1993 II 517] in dieſem weiten Pallaſt]Palast ſuchen und eine Reihe von Zimmern durchwandern müſſen, um ſie endlich auf dem gepolſterten Sopha]Sofa unter geſchmückten u.]und geſchminkten Weibern zu finden? Wird ſie hier in dieſem dunkeln Zimmer nur den dünnen Vorhang zu öffnen brauchen, um mir den Morgengruß zuzulächeln, oder wird ſie von dem weiteſten Flügel jenes Schloſſes her am Morgen einen Jäger zu mir ſchicken, um ſich zu erkundigen, wie der Herr Gemahl geſchlafen habe? — — Ach, liebes Minchen, nein, gewiß, gewiß wirſt Du das letzte nicht. Was auch die Sitte der Stadt für Opfer begehrt, die Sitte der Liebe wird Dir gewiß immer heiliger ſein, und ſo mag denn das Schickſal mich hinführen, wohin es will, hier in dieſes verſteckte Häuſchen oder dort in jenes prahlende Schloß, Eines]eines finde ich gewiß unter jedem Dache, Vertrauen u.]und Liebe.
Aber, unter uns geſagt, je öfter ich Berlin ſehe, je gewiſſer wird es mir, daß dieſe Stadt, ſo wie alle Reſidenzen u.]und Hauptſtädte kein eigentlich eigentlicher ]eigentlicher Aufenthalt für die Liebe iſt. Die Menſchen ſind hier zu zierlich, um wahr, zu gewitzigt, um offen zu ſein. Die Menge von Erſcheinungen ſtört das Herz in ſeinen Genüſſen, man gewöhnt ſich endlich in ein ſo vielfaches eitles Intereſſe einzugreifen, u.]und verliert am Ende ſein wahres aus den Augen.
Carln ſprach ich gleich geſtern Morgen,]morgen, aß bei ihm zu Mittag, er bei mir zu Abend. Ich grüßte Kleiſten auf der Promenade, Parade, u.]und ward durch eine Einladung zu heute Abend geſtraft, denn dies [MA II 589] iſt wider meinen Plan. Mein erſter Gang war zu Struenſee, er war, was ich bloß fürchtete, nicht gewiß wußte, nicht zu Hauſe. Du brauchſt dies nicht zu verſchweigen. Struenſee komt kommt ]kommt d.]den 26t ]26. wieder u.]und dann werde ich ihn ſprechen. Das iſt gewiß. Du kannſt ſagen, daß ich ſo lange hier bleiben werde, welches jedoch nicht wahr iſt. Du wirſt die Wahrheit erfahren. — Mein zweiter Gang war zu Beneken, [4] [BKA IV/1 167] den ich aber heute wiederholen muß, weil er nicht [DKV IV 71] zu Hauſe war. — Mein dritter war in den Buchladen, wo ich Bücher u.]und Karten für Ulriken, den Wallenſtein von Schiller — du]Du freuſt Dich [Heimböckel:1999 (Reclam) 73] doch? — für Dich kaufte. Ließ]Lies ihn, liebes Mädchen, ich werde ihn auch leſen. So werden ſich unſre Seelen auch in dem dritten Gegenſtande zuſammentreffen. Laß ihn nach Deiner Willkühr]Willkür auf meine Koſten binden u.]und ſchreibe auf der innern]inneren [SE:1993 II 518] Seite des Bandes die bekannte Formel: H. v. K. an W. v. Z. Träume Dir ſo mit ſchönen Vorſtellungen die Zeit unſrer Trennung hinweg. Alles was Max Piccolomini ſagt, möge, wenn es einige Ähnlichkeit hat, für mich gelten, alles was Thekla ſagt, ſoll, wenn es einige Ähnlichkeit hat, für Dich gelten.
Geſtern Abend]abend gieng]ging ich in das berühmte Panorama der Stadt Rom. Es hat indeſſen, wie es ſcheint ſeinen Ruhm niemandem zu danken, als ſeiner Neuheit. Es iſt die erſte Ahndung eines Panoramas (Panorama iſt ein griechiſches Wort. Für Dich iſt es wohl weiter nichts, als ein unverſtändlich unverſtändlicher ]unverständlicher Klang. Indeſſen damit Du dir]Dir doch etwas dabei denken kannſt, ſo will [ich] ich [nicht ergänzt] ]ich es Dir, nach Maßgabe Deiner Begreifungskraft, erklären. Die erſte Hälfte des Wortes heißt ohngefähr ſo viel wie: von allen Seiten, ringsherum; die andere Hälfte heißt ohngefähr: ſehen, zuſehendes,]zu Sehendes, geſehenes.]Gesehenes. Daraus magſt Du Dir nun nach Deiner Willkühr]Willkür ein deutſches Hauptwort zuſammenſetzen.) Ich ſage, es iſt die erſte Ahndung eines Panoramas, u.]und ſelbſt die bloße Idee iſt einer weit größeren Vollkommenheit fähig. Denn da es nun doch einmal darauf ankommt, den Zuſchauer ganz in den Wahn zu ſetzen, er ſei in der offnen Natur, ſo daß er durch nichts an den Betrug erinnern erinnert ]erinnert wird, ſo müßten ganz andere Anſtalten getroffen werden. Keine Form des Gebäudes kann nach meiner Einſicht dieſen Zweck erfüllen, als allein die kugelrunde. Man müßte auf dem Gemälde ſelbſt ſtehen, u.]und nach allen Seiten zu keinen Punct]Punkt finden, der [MA II 590] nicht Gemälde wäre. Weil aber das Licht von oben hinein fallen u.]und folglich oben eine Öffnung ſein muß, ſo müßte um dieſe zu verdecken, [5] [BKA IV/1 168] etwa ein Baumſtamm aus der Mitte ſich erheben, der dick belaubte Zweige ausbreitet u.]und unter deſſen Schatten [DKV IV 72] man gleichſam [Heimböckel:1999 (Reclam) 74] ſtünde. Doch höre, wie das Alles]alles ausgeführt iſt. Zu mehrerer Verſtändlichkeit habe ich Dir den Plan beigelegt.
Am Eingange wird man höflichſt erſucht, ſich einzubilden, man ſtünde auf den Ruinen des Kaiſerpallaſtes.]Kaiserpalastes. Das kann aber wirklich, wenn man durch einen dunkeln Gang hinaufgeſtiegen iſt bis in die Mitte, nicht ohne große Gefälligkeit geſchehen. Man ſteht nämlich auf tüchtigen Fichtenbrettern, welche wie bekannt, mit dem carariſchen]carrarischen Marmor nicht eben viele Ähnlichkeit haben. Aus der Mitte erhebt ſich ein vierkantiger Pfal,]Pfahl, der eine [SE:1993 II 519] glatte hölzerne Decke trägt, um die obere Öffnung zu verdecken. Was das eigentlich vorſtellen ſoll, ſieht man gar nicht ein; und um die Täuſchung vollends mit dem Dolche der Wirklichkeit niederzubohren, hangen an jeder Seite des Pfahles vier niedliche Spiegel, die das Bild des Gemäldes auf eine widerliche künſtliche Art zurückwerfen. Der Raum für die Zuſchauer iſt durch eine hölzerne Schranke begrenzt, die ganz an die Barrieren der Luftſpringer oder Kunſtreiter erinnert. Drüber hin ſieht man zunächſt weiß u.]und roth]rot marmorirte]marmorierte Leinwand in geſtaltloſen Formen aufgehängt u.]und geſtützt, u.]und und vertieft u.]und gehoben, was denn, wie Du Dir leicht denken kannſt, nichts weniger als die durch den Zahn der Zeit zerknirſchten Trümmer des Kaiſerpallaſtes]Kaiserpalastes vorſtellen ſoll. Nächſt dieſem Vordergrunde, folgt eine ohngefähr 3 Fuß hohe im Kreiſe ſenkrecht umhergeſtellte Tapete, mit Blättern, Geſteinen, u.]und Trümmern bemahlt,]bemalt, welches gleichſam den Mittelgrund, wie auf unſern Theatern, andeutet. Denke Dir dann im Hintergrunde, das eigentliche Gemälde, an einer ſenkrechten runden Wand, denke Dir einen inwendig bemalten runden Thurm,]Turm, u.]und du Du ]Du haſt die ganze Vorſtellung des berühmten Panoramas.
Der Gegenſtand des Gemäldes iſt intereſſant, denn es iſt Rom. Aber auch dieſer iſt zuweilen ſchlecht ausgeführt. Die Natur ſelbſt, bilde ich mir ein, hat es wenigſtens gewiß beſſer gemacht. [6] [BKA IV/1 171] Das iſt eine Fülle von Gegenſtänden, ein Reichthum]Reichtum [MA II 591] von Schönheiten u.]und Partien, deren jede ein[Heimböckel:1999 (Reclam) 75] zeln [DKV IV 73] einen Ort intereſſant machen würde. Da ſind Thäler,]Täler, Hügel, Alleen, heilige Haine, Grabmäler, Villen, Ruinen, Bäder, Waſſerleitungen, ]Wasserleitungen (nur kein Waſſer ſelbſt) ]selbst), Capellen,]Kapellen, Kirchen, Pyramiden, Triumpfbögen,]Triumphbögen, der große ungeheure Circus]Zirkus u.]und das prächtige Rom. Das letzte beſonders thut]tut ſein Möglichſtes]möglichstes zum Betrug. Der Künſtler hat grade den Moment des Sonnenunterganges gut getroffen, ohne die Sonne ſelbſt zu zeigen, die ein Felſen (Numro I)]1) verbirgt. Dabei hat er Rom, mit ſeinen Zinnen u.]und Kuppeln ſo geſchickt zwiſchen der Sonne u.]und dem Zuſchauer ſituirt,]situiert, daß der melancholiſche dunkle Azurſchleier des Abends, der über die große Antike liegt, und aus welchem nur hin u.]und wieder mit heller Purpurröthe]Purpurröte die erleuchteten Spitzen hervorblitzen, ſeine volle Wirkung thut.]tut. Aber kein kühler Weſtwind wehte über die Ruinen, auf welchen wir [SE:1993 II 520] ſtanden, es war erſtickend heiß in dieſer Nähe von Rom, u.]und ich eilte daher wieder nach Berlin, welche Reiſe diesmal nicht beſchwerlich u.]und langwierig war. —
So]Soeben eben][] trit]tritt ein bewaffneter Diener der Policei]Polizei zu mir herein, u.]und fragt mich, ob ich, der ehemalige Lieut. v. K., mich durch Documente]Dokumente legitimiren]legitimieren könne. Gott ſei Dank, dachte ich, daß Du]du nicht ein franzöſiſcher oder pohlniſcher]polnischer Emigrirter]Emigrierter biſt, ſonſt würde man Dich]dich wohl höflichſt unverrichteter Sache wieder zum Thore]Tore hinaus begleiten. Wer weiß ob er nicht dennoch nach Frankfurt ſchreibt, um ſich näher nach mir zu erkundigen. Denn der ſeltſame militairiſch-akademiſche]militärisch-akademische Zwitter ſchien ihm doch immer noch ein Anomalon (Ausnahme von der Regel) in dem Bezirk ſeiner Praxis zu ſein. —
So]Soeben eben][] komme ich von Beneken zurück u.]und bringe meiner Schweſter Wilhelmine gute Nachrichten. Gieb]Gib ihr einliegenden Zettel. — Zu welchen Abſcheulichkeiten ſinkt der Menſch hinab, wenn er nichts als ſeinen eignen Vortheil]Vorteil im Auge hat. Pfui! Lieber alles verlieren, als durch ſolche Mittel gewinnen. Mein armes Minchen hatte auch ein beſſeres Schickſal verdient. Das ſind die Folgen eines einzig einzigen einzigen ]einzigen [Heimböckel:1999 (Reclam) 76] [7] [BKA IV/1 172] unſeeligen]unseligen Entſchluſſes! — Werden wir wohl noch einmal uns [DKV IV 74] ſcheiden? Statt dieſer zärtlichen Briefe gerichtliche Klagen und Vorwürfe aufſchreiben? In dieſen wohlwollenden Herzen einſt Haß u.]und Rache nähren? Mit dieſen getreuen Kräften einſt wechſelſeitig [MA II 592] uns in Schande u.]und Elend ſtürzen? — Werden wir uns ſcheiden? — Wir nicht, mein liebes Mädchen. Aber Einer]einer wird uns freilich ſcheiden, Einer,]einer, der auch ſchwarz ausſehen ſoll, wie man ſagt, ob er gleich kein Prieſter iſt. Doch der ſcheidet immer nur die Körper.
Als ich von Beneken zurück kam, begegnete ich Neddermann, zierlich geputzt, in Schuhen, triefend von Schweiß. Wo kommen Sie her, mein Freund? — Aus dem Examen. —
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Ich eile zum Schluſſe. Ließ]Lies die Inſtruction]Instruktion oft durch. Es wäre am beßten]besten wenn Du ſie auswendig könnteſt. Du wirſt ſie brauchen. Ich vertraue Dir ganz, u.]und darum ſollſt Du mehr von mir erfahren als irgend einer.
Mein Plan hat eine Änderung erlitten, oder beſſer, die Mittel [SE:1993 II 521] dazu; denn der Zweck ſteht feſt. Ich fühle mich zu ſchwach, ſchwach schwach ]schwach ganz allein zu handeln, wo etwas ſo Wichtiges aufs Spiel ſteht. Ich ſuche mir daher jetzt, ehe ich handle, einen weiſen, ältern Freund auf, den ich Dir nennen werde, ſo]sobald bald][] ich ihn gefunden habe. Hier iſt er nicht, u.]und in der Gegend auch nicht. Aber er iſt —— ſoll ich Dir den Ort nennen? Ja, das will ich thun!]tun! Ulrike ſoll immer nur erfahren, wo ich bin, Du aber, mein geliebtes Mädchen, wo ich ſein werde. Alſo kurz: Morgen geht es nach — — — — Paſewalk. Paſewalk? Ja, Paſewalk, Paſewalk. Was in aller Welt willſt du denn dort? — Ja, mein Kind, ſo fragt man die Bauern aus! Begnüge Dich mit rathen,]raten, bis es für Dich ein Glück ſein wird, zu wiſſen. In 5 oder höchſtens 7 Tagen bin ich wieder hier, u.]und beſorge meine Geſchäfte bei Struenſee. Dann iſt die Reiſe noch nicht zu Ende — du]Du [Heimböckel:1999 (Reclam) 77] erſchrickſt doch nicht? Ließ]Lies du]Du nur fleißig zur Beruhigung meine Briefe durch, wie ich deine]Deine Aufſätze. Und ſchreibe mir nicht [8] [BKA IV/1 175] anders, als bis ich Dir genau andeute, wohin? Auch mußt Du immer auf Deine Briefe ſchreiben: ſelbſt abzuholen. Morgen denke ich hier einen Brief von Dir zu finden. Jetzt aber mußt du]Du gleich [DKV IV 75] wieder ſchreiben, u.]und zwar ſo, daß der Brief den 22t ]22. ſpäteſtens in Berlin eintrifft. Sei klug u.]und verſchwiegen. Restés fidèle.
Dein Freund H. K.
N. S. Carl kommt mir nicht von der Seite u.]und zerbricht ſich den Kopf, was ich vorhabe. Ich werde ihm das Verſprechen abneh[MA II 593] men, nicht zu erforſchen, was ich will. Unter dieſer Bedingung will ich ihm verſprechen, daß er immer von Dir erfahren ſoll, wo ich bin. Das kannſt Du ihm ihn dann ſchreiben, doch weiter nichts. Du kannſt auch ſagen, daß ich in Berlin bei Carln wohne. Sollte er auf Urlaub nach Fr. kommen, ſo bin ich ausgezogen, nach Potsdam gegangen, wie ihr]Ihr wollt, nur immer ihr]Ihr beide einſtimmig. Wenn Carl nur ſieht, daß Du Alles]alles weißt, ſo wird er ][] [] nicht erſtaunen u.]und ſich verwundern, welches ich in alle Fälle gern vermeiden möchte. Hilf mir meinen Plan ſo ausführen, liebes Mädchen, Dein Glück iſt ſo gut dabei intereſſirt,]interessiert, ja vielleicht mehr noch, als das meinige. Das Alles]alles wirſt Du einſt beſſer verſtehen. Lebe wohl. Predige nur in allen Deinen Briefen Carln Verſchwiegenheit vor. Er ſoll gegen niemanden viel von mir [SE:1993 II 522] ſprechen, u.]und dringt einer auf ihn ein, antworten, er wiſſe von nichts. Adieu. Adieu. In 3 Tagen folgt ein zweiter Brief.
(Nimm immer die Karte von Deutſchland zur Hand u.]und ſiehe zu, wo der Ort liegt, in welchem ich mich befinde)
— Der][keine neue Zeile] Erſte,]erste, dem Du das Gedicht von Schiller leihſt, muß Ulrike ſein.
