[012] An Wilhelmine v. Zenge, 16. August 1800
nach Handschrift.
Die textkritische Fassung Handschrift zeigt die diplomatische, nicht emendierte Wiedergabe der Handschrift. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.
In der Fassung Konstituierter Text ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Alle Emendationen sind ausgeführt und im Anhang einzeln verzeichnet. Ansonsten fusst die Fassung auf dem konstituierten Text der textkritischen Fassung der Handschrift.
In der Fassung Konstituierter Text ohne langes ſ ist das lange ſ durch s ersetzt. Ansonsten fusst die Fassung auf dem konstituierten Text der textkritischen Fassung der Handschrift.
[1]
[BKA IV/1 160]
[DKV IV 68]
[SE:1993 II 515]
[Heimböckel:1999 (Reclam) 70]
[MA II 586]
Berlin]Berlin,
d.]den
16t
Auguſt
1800. ]1800
Mein
liebes, theures]teures
Herzensminchen,
ſei
nicht
böſe,
daß
Du
ſo
ſpät
dieſen
Brief
erhältßſt.
Geſtern
hielten
mich
viele
Geſchäfte
vom
Schreiben
ab — doch
das
iſt
eine
ſchlechte
Entſchuldigung.
Kein
Geſchäft
darf
mich
von
der
5
Erfüllung
der
Pflicht
abhalten, meinem
lieben, treuen
Mäd⸗
chen
zur
beſtim̄ten
Zeit
Nachricht
von
mir
zu
geben.
Nun, ver⸗
zeihe
diesmal.
Wenn
ich
jetzt
dieſe
Zeilen
auf
die
Poſt
gäbe,
ſo
fändeſt
Du
freilich
bei
Deiner
Rückkehr
von
Tamſel
einen
Brief
von
mir
vor; aber
kann
man
7
Zeilen
ein
einen
einen
einen
Brief
10
nennen?
Laß
mich
alſo
lieber
noch
ein
Weilchen
mit
Ver⸗
trauen
u.]und
Innigkeit
mit
Dir
plaudern.
Mit
welchen
Empfindungen
ich
Frankfurt
verlaſſen
habe —
ach,
liebes
Mädchen,
das
kann
ich
Dir
nicht
beſchreiben, weil
[MA II 587]
Du
mich
doch
nicht
ganz
verſtehen
würdeſt.
Als
ich
mich
von
Dir
trennte
trennte,
]trennte,
15
legte
ich
mich
noch
ins
Bett, u.]und
lag
da
wohl
noch
1
½
Stunde, doch
mit
offnen
Augen, ohne
zu
ſchlafen.
Als
ich
im
Halbdunkel
des
Morgens
abfuhr, war
mirs, als
hörte
ich
ein
Geräuſch
an
dem
einen
Fenſter
des
Eures
Saales.
Mir
fuhr
ein
ſchneller
Gedanke
durch
die
Seele, ob
Du
das
ſwohl
ſein
könnteſt.
Aber
Du
warſt
es
20
nicht, ob
ich
gleich
eine
brennende
Sehnſucht
hatte, Dich
noch
ein⸗
mal
zu
ſehen.
Der
Wagen
rollte
weiter, indeſſen
mein
Auge
im̄er
noch
mit
rückwärtsgewandtem
Körper
an
das
geliebte
Haus
hieng.]hing.
Mir
traten
Thränen]Tränen
ins
Auge, ich
wünſchte
herzlich
zu
weinen, aber
ich
bin
ſchon
zu
lange
davon
ent⸗25
wöhnt.
Auf
meiner
ganzen
Reiſe
nach
Berlin
iſt
der
Gedanke
an
Dich
nur
ſelten, ſehr
ſelten
aus
meiner
Seele
gewichen.
Ich
bin
über[SE:1993 II 516] zeugt, daß
wenn
man
die
Augenblicke
der
Zer[DKV IV 69] ſtreu⸗
ung
zuſam̄enrechnen
wollte, kaum
eine
kleine
Viertelſtunde
30
herauskom̄en
würde.
Nichts
zerſtreute
mich, nicht
das
wirklich
[2]
[BKA IV/1 163]
romantiſche
Steinhöffel
(ein
Gut
des
Hofmarſchalls
Maſſow) ]Massow),
wo
gleichſam
jeder
Baum, jeder
Zweig, ja
ſelbſt
jedes
Blatt
nach
einer
entworfenen
Idee
[Heimböckel:1999 (Reclam) 71]
des
Schönen
gepflanzt, gebogen
u.]und
geordnet
zu
ſein
ſcheint; nicht
der
emporſtrebende
Rauch
35
der
Feuerreſſen
Feuereſſen
am
Schloſſe, der
mich
an
die
Anſtalten
erin⸗
nerte
mich
mit
welchen
man
eine
königliche
Familie
hier
empfangen
wollte; nicht
der
ganze
königliche
Troß, der, in
eine
Staubwolke
gehüllt, vor
mir
dahin
rollte;
nicht
die
ſchöne, bereits
fertige
Chaußee]Chaussee
von
Friedrichsfelde
nach
Berlin,
auf
welcher
ich
jetzt
40
nicht
ohne
Freude, aber, wenn
ich
ſie
gebaut
hätte, nicht
ohne
Stolz
gefahren
wäre; ſelbſt
nicht
die
brennende
Hitze
des
Tages, die
mir
auf
den
Scheiteln
glühte, als
ob
ich
unter
der
Linie
wäre, u.]und
die
ſo
ſehr
ſie
auch
meinen
Körper
erſchlaffte,
doch
meinen
Geiſt
nicht
in
ſeiner
liebſten
Beſchäfftigung,]Beschäftigung,
in
45
der
Erinnerung
an
Dich
ſtören
konnte.
Hier bin ich nun in
Berlin
liest »Berlin.«47a
Als
ich
hinein
fuhr
in
das
Thor,
Thor
]Tor
im
Halbdunkel
des
Abends
Abends,
]Abends,
u.]und
die
hohen
weiten
Gebäude
anfänglich
nur
zerſtreut
u.]und
einzeln
umher
lagen, dann
im̄er
dichter
u.]und
dichter, u.]und
das
Leben
im̄er
lebendiger, u.]und
das
Geräusch
im̄er
geräuſchvoller
wurde, als
ich
nun
endlich
in
die
Mitte
der
50
ſtolzen
Königsſtadt
war, u.]und
meine
Seele
ſich
erweiterte
um
ſo
viele
zuſtrömende
Erſcheinungen
zu
faſſen, da
dachte
ich:
wo
mag
wohl
das
liebe
[MA II 588]
Dach
liegen, das
einſt
mich
u.]und
mein
Liebchen
ſchützen
wird?
Hier
an
der
ſtolzen
Colonnade?]Kolonnade?
dort
in
jenem
verſteckten
Winkel? oder
hier
an
der
offnen
Spree?
Werde
ich
einſt
55
in
jenem
weitläufigen
Gebäude
mit
vierfachen
Reihen
von
[Heimböckel:1999 (Reclam) 72]
Fen⸗
ſtern
mich
verlieren, oder
hier
in
dieſem
kleinen
engen
Häuſchen
mich
im̄er
wieder
finden?
Werde
ich
hier
am
Abend, nach
vollbrachter
Arbeit, hier
durch
dieſes
kleine
Gäßchen, mit
Papieren
unter
dem
Arm
zu
Fuß
nach
meiner
Wohnung
gehen, oder
werde
ich
mit
60
Vieren
ſtolz
durch
dieſe
prächtige
Straße
vor
jenes
hohe
Portal
rollen?
Wird
mein
liebes
Minchen,
wenn
ich
ſtill
in
die
Wohnung
treten
will, mir
von
oben
herab
[DKV IV 70]
freundlich
zuwinken, u.]und
auf
dieſer
[3]
[BKA IV/1 164]
dunkeln
Treppe
mir
entgegenkom̄en, um
früher
den
Kuß
der
Liebe
auf
die
durſtenden
Lippen
zu
drücken?,
oder
werde
ich
ſie
[SE:1993 II 517]
in
dieſem
weiten
65
Pallaſt]Palast
ſuchen
und
eine
Reihe
von
Zimmern
durchwandern
müſſen, um
ſie
endlich
auf
dem
gepolſterten
Sopha]Sofa
unter
geſchmück⸗
ten
u.]und
geſchminkten
Weibern
zu
finden?
Wird
ſie
hier
in
dieſem
dunkeln
Zimmer
nur
den
dünnen
Vorhang
zu
öffnen
brauchen, um
mir
den
Morgengruß
zuzulächeln, oder
wird
ſie
von
dem
weite⸗70
ſten
Flügel
jenes
Schloſſes
her
am
Morgen
einen
Jäger
zu
mir
ſchicken, um
ſich
zu
erkundigen, wie
der
Herr
Gemahl
geſchlafen
habe? — —
Ach,
liebes
Minchen,
nein, gewiß, gewiß
wirſt
Du
das
letzte
nicht.
Was
auch
die
Sitte
der
Stadt
für
Opfer
begehrt,
die
Sitte
der
Liebe
wird
Dir
gewiß
immer
heiliger
ſein, und
ſo
75
mag
denn
das
Schickſal
mich
hinführen, wohin
es
will, hier
in
dieſes
verſteckte
Häuſchen
oder
dort
in
jenes
prahlende
Schloß, Eines]eines
finde
ich
gewiß
unter
jedem
Dache,
Ver⸗
trauen
u.]und
Liebe.
Aber, unter
uns
geſagt, je
öfter
ich
Berlin
ſehe, je
gewiſſer
wird
80
es
mir, daß
dieſe
Stadt, ſo
wie
alle
Reſidenzen
u.]und
Hauptſtädte
kein
eigentlich
eigentlicher
]eigentlicher
Aufenthalt
für
die
Liebe
iſt.
Die
Menſchen
ſind
hier
zu
zierlich,
um
wahr, zu
gewitzigt, um
offen
zu
ſein.
Die
Menge
von
Erſcheinungen
ſtört
das
Herz
in
ſeinen
Genüſſen,
man
gewöhnt
ſich
endlich
in
ein
ſo
vielfaches
eitles
Intereſſe
85
einzugreifen, u.]und
verliert
am
Ende
ſein
wahres
aus
den
Augen.
Carln
ſprach
ich
gleich
geſtern
Morgen,]morgen,
aß
bei
ihm
zu
Mittag,
er
bei
mir
zu
Abend.
Ich
grüßte
Kleiſten
auf
der
Promenade,
Parade,
u.]und
ward
durch
eine
Einladung
zu
heute
Abend
geſtraft, denn
dies
[MA II 589]
iſt
wider
90
meinen
Plan.
Mein
erſter
Gang
war
zu
Struenſee,
er
war, was
ich
bloß
fürchtete, nicht
gewiß
wußte, nicht
zu
Hauſe.
Du
brauchſt
dies
nicht
zu
verſchweigen.
Struenſee
komt
kommt
]kommt
d.]den
26t
]26.
wieder
u.]und
dann
werde
ich
ihn
ſprechen.
Das
iſt
gewiß.
Du
kannſt
ſagen, daß
ich
ſo
lange
hier
bleiben
werde, welches
jedoch
nicht
wahr
iſt.
Du
wirſt
95
die
Wahrheit
erfahren.
— Mein
zweiter
Gang
war
zu
Beneken,
[4]
[BKA IV/1 167]
den
ich
aber
heute
wiederholen
muß, weil
er
nicht
[DKV IV 71]
zu
Hauſe
war. —
Mein
dritter
war
in
den
Buchladen, wo
ich
Bücher
u.]und
Karten
für
Ulriken,
den
Wallenſtein
von
Schiller
— du]Du
freuſt
Dich
[Heimböckel:1999 (Reclam) 73]
doch? — für
Dich
kaufte.
Ließ]Lies
ihn, liebes
Mädchen, ich
werde
ihn
auch
leſen.
So
100
werden
ſich
unſre
Seelen
auch
in
dem
dritten
Gegenſtande
zu⸗
ſammentreffen.
Laß
ihn
nach
Deiner
Willkühr]Willkür
auf
meine
Koſten
binden
u.]und
ſchreibe
auf
der
innern]inneren
[SE:1993 II 518]
Seite
des
Bandes
die
bekannte
Formel:
H. v. K.
an
W. v. Z.
Träume
Dir
ſo
mit
ſchönen
Vorſtellungen
die
Zeit
unſrer
Trennung
hinweg.
Alles
105
was
Max
Piccolomini
ſagt, möge, wenn
es
einige
Ähnlichkeit
hat, für
mich
gelten, alles
was
Thekla
ſagt, ſoll, wenn
es
eini⸗
ge
Ähnlichkeit
hat, für
Dich
gelten.
Geſtern
Abend]abend
gieng]ging
ich
in
das
berühmte
Panorama
der
Stadt
Rom.
Es
hat
indeſſen, wie
es
ſcheint
ſeinen
Ruhm
110
niemandem
zu
danken, als
ſeiner
Neuheit.
Es
iſt
die
erſte
Ahndung
eines
Panoramas
(Panorama
iſt
ein
griechiſches
Wort.
Für
Dich
iſt
es
wohl
weiter
nichts, als
ein
unverſtändlich
unverſtändlicher
]unverständlicher
Klang.
Indeſſen
damit
Du
dir]Dir
doch
etwas
dabei
denken
kannſt, ſo
will
[ich]
ich
[nicht ergänzt]
]ich
es
Dir, nach
Maßgabe
Deiner
Begreifungskraft, erklären.
Die
115
erſte
Hälfte
des
Wortes
heißt
ohngefähr
ſo
viel
wie:
von
allen
Seiten, ringsherum;
die
andere
Hälfte
heißt
ohngefähr:
ſehen,
zuſehendes,]zu Sehendes,
geſehenes.]Gesehenes.
Daraus
magſt
Du
Dir
nun
nach
Deiner
Willkühr]Willkür
ein
deutſches
Hauptwort
zuſammenſetzen.)
Ich
ſage,
es
iſt
die
erſte
Ahndung
eines
Panoramas, u.]und
ſelbſt
die
bloße
120
Idee
iſt
einer
weit
größeren
Vollkommenheit
fähig.
Denn
da
es
nun
doch
einmal
darauf
ankommt, den
Zuſchauer
ganz
in
den
Wahn
zu
ſetzen, er
ſei
in
der
offnen
Natur, ſo
daß
er
durch
nichts
an
den
Betrug
erinnern
erinnert
]erinnert
wird, ſo
müßten
ganz
andere
Anſtalten
getroffen
werden.
Keine
Form
des
Gebäudes
kann
125
nach
meiner
Einſicht
dieſen
Zweck
erfüllen, als
allein
die
kugelrunde.
Man
müßte
auf
dem
Gemälde
ſelbſt
ſtehen,
u.]und
nach
allen
Seiten
zu
keinen
Punct]Punkt
finden, der
[MA II 590]
nicht
Gemälde
wäre.
Weil
aber
das
Licht
von
oben
hinein
fallen
u.]und
folglich
oben
eine
Öffnung
ſein
muß, ſo
müßte
um
dieſe
zu
verdecken,130
[5]
[BKA IV/1 168]
etwa
ein
Baumſtamm
aus
der
Mitte
ſich
erheben, der
dick
be⸗
laubte
Zweige
ausbreitet
u.]und
unter
deſſen
Schatten
[DKV IV 72]
man
gleich⸗
ſam
[Heimböckel:1999 (Reclam) 74]
ſtünde.
Doch
höre, wie
das
Alles]alles
ausgeführt
iſt.
Zu
mehrerer
Verſtändlichkeit
habe
ich
Dir
den
Plan
beigelegt.
Am
Eingange
wird
man
höflichſt
erſucht, ſich
einzubilden,135
man
ſtünde
auf
den
Ruinen
des
Kaiſerpallaſtes.]Kaiserpalastes.
Das
kann
aber
wirklich, wenn
man
durch
einen
dunkeln
Gang
hinaufgeſtiegen
iſt
bis
in
die
Mitte, nicht
ohne
große
Gefälligkeit
geſchehen.
Man
ſteht
nämlich
auf
tüchtigen
Fichtenbrettern, welche
wie
bekannt,
mit
dem
carariſchen]carrarischen
Marmor
nicht
eben
viele
Ähnlichkeit
haben.140
Aus
der
Mitte
erhebt
ſich
ein
vierkantiger
Pfal,]Pfahl,
der
eine
[SE:1993 II 519]
glatte
hölzerne
Decke
trägt, um
die
obere
Öffnung
zu
verdecken.
Was
das
eigentlich
vorſtellen
ſoll, ſieht
man
gar
nicht
ein; und
um
die
Täuſchung
vollends
mit
dem
Dolche
der
Wirklichkeit
nie⸗
derzubohren, hangen
an
jeder
Seite
des
Pfahles
vier
nied⸗145
liche
Spiegel, die
das
Bild
des
Gemäldes
auf
eine
widerliche
künſtliche
Art
zurückwerfen.
Der
Raum
für
die
Zuſchauer
iſt
durch
eine
hölzerne
Schranke
begrenzt, die
ganz
an
die
Barrie⸗
ren
der
Luftſpringer
oder
Kunſtreiter
erinnert.
Drüber
hin
ſieht
man
zunächſt
weiß
u.]und
roth]rot
marmorirte]marmorierte
Leinwand
in
geſtalt⸗150
loſen
Formen
aufgehängt
u.]und
geſtützt, u.]und
und
vertieft
u.]und
gehoben,
was
denn, wie
Du
Dir
leicht
denken
kannſt, nichts
weniger
als
die
durch
den
Zahn
der
Zeit
zerknirſchten
Trümmer
des
Kaiſerpallaſtes]Kaiserpalastes
vorſtellen
ſoll.
Nächſt
dieſem
Vordergrunde, folgt
eine
ohngefähr
3
Fuß
hohe
im
Kreiſe
ſenkrecht
umhergeſtellte
Ta⸗155
pete, mit
Blättern, Geſteinen, u.]und
Trümmern
bemahlt,]bemalt,
welches
gleich⸗
ſam
den
Mittelgrund, wie
auf
unſern
Theatern, andeutet.
Denke
Dir
dann
im
Hintergrunde, das
eigentliche
Gemälde, an
einer
ſenkrechten
runden
Wand, denke
Dir
einen
inwendig
bemalten
runden
Thurm,]Turm,
u.]und
du
Du
]Du
haſt
die
ganze
Vorſtellung
des
berühmten
Panoramas.
160
Der
Gegenſtand
des
Gemäldes
iſt
intereſſant, denn
es
iſt
Rom.
Aber
auch
dieſer
iſt
zuweilen
ſchlecht
ausgeführt.
Die
Natur
ſelbſt,
bilde
ich
mir
ein, hat
es
wenigſtens
gewiß
beſſer
gemacht.
[6]
[BKA IV/1 171]
Das
iſt
eine
Fülle
von
Gegenſtänden, ein
Reichthum]Reichtum
[MA II 591]
von
Schön⸗
heiten
u.]und
Partien, deren
jede
ein[Heimböckel:1999 (Reclam) 75] zeln
[DKV IV 73]
einen
Ort
intereſſant
165
machen
würde.
Da
ſind
Thäler,]Täler,
Hügel, Alleen, heilige
Haine,
Grabmäler, Villen, Ruinen, Bäder, Waſſerleitungen, ]Wasserleitungen
(nur
kein
Waſſer
ſelbſt) ]selbst),
Capellen,]Kapellen,
Kirchen, Pyramiden, Triumpf⸗
bögen,]Triumphbögen,
der
große
ungeheure
Circus]Zirkus
u.]und
das
prächtige
Rom.
Das
letzte
beſonders
thut]tut
ſein
Möglichſtes]möglichstes
zum
Betrug.
Der
Künſtler
170
hat
grade
den
Moment
des
Sonnenunterganges
gut
getroffen, ohne
die
Sonne
ſelbſt
zu
zeigen, die
ein
Felſen (Numro
I)]1)
verbirgt.
Dabei
hat
er
Rom,
mit
ſeinen
Zinnen
u.]und
Kuppeln
ſo
geſchickt
zwiſchen
der
Sonne
u.]und
dem
Zuſchauer
ſituirt,]situiert,
daß
der
melancholiſche
dunkle
Azurſchleier
des
Abends, der
über
die
große
Antike
liegt, und
175
aus
welchem
nur
hin
u.]und
wieder
mit
heller
Purpurröthe]Purpurröte
die
erleuch⸗
teten
Spitzen
hervorblitzen, ſeine
volle
Wirkung
thut.]tut.
Aber
kein
kühler
Weſtwind
wehte
über
die
Ruinen, auf
welchen
wir
[SE:1993 II 520]
ſtanden,
es
war
erſtickend
heiß
in
dieſer
Nähe
von
Rom,
u.]und
ich
eilte
daher
wieder
nach
Berlin,
welche
Reiſe
diesmal
nicht
180
beſchwerlich
u.]und
langwierig
war. —
So]Soeben
eben][]
trit]tritt
ein
bewaffneter
Diener
der
Policei]Polizei
zu
mir
herein, u.]und
fragt
mich, ob
ich, der
ehemalige
Lieut.
v.
K., mich
durch
Documente]Dokumente
legitimiren]legitimieren
könne.
Gott
ſei
Dank, dachte
ich, daß
Du]du
nicht
ein
franzöſiſcher
oder
pohlniſcher]polnischer
Emigrirter]Emigrierter
biſt, ſonſt
würde
185
man
Dich]dich
wohl
höflichſt
unverrichteter
Sache
wieder
zum
Thore]Tore
hinaus
begleiten.
Wer
weiß
ob
er
nicht
dennoch
nach
Frankfurt
ſchreibt, um
ſich
näher
nach
mir
zu
erkundigen.
Denn
der
ſeltſame
militairiſch-akademiſche]militärisch-akademische
Zwitter
ſchien
ihm
doch
immer
noch
ein
Anomalon (Ausnahme
von
der
Regel) in
dem
Bezirk
ſeiner
190
Praxis
zu
ſein. —
So]Soeben
eben][]
komme
ich
von
Beneken
zurück
u.]und
bringe
meiner
Schweſter
Wilhelmine
gute
Nachrichten.
Gieb]Gib
ihr
einliegenden
Zettel. —
Zu
welchen
Abſcheulichkeiten
ſinkt
der
Menſch
hinab, wenn
er
nichts
als
ſeinen
eignen
Vortheil]Vorteil
im
Auge
hat.
Pfui!
Lieber
alles
verlieren,195
als
durch
ſolche
Mittel
gewinnen.
Mein
armes
Minchen
hatte
auch
ein
beſſeres
Schickſal
verdient.
Das
ſind
die
Folgen
eines
einzig
einzigen
einzigen
]einzigen
[Heimböckel:1999 (Reclam) 76]
[7]
[BKA IV/1 172]
unſeeligen]unseligen
Entſchluſſes! —
Werden
wir
wohl
noch
einmal
uns
[DKV IV 74]
ſcheiden?
Statt
dieſer
zärtlichen
Briefe
gerichtliche
Klagen
und
Vorwürfe
aufſchreiben?
In
dieſen
wohlwollenden
Herzen
einſt
Haß
200
u.]und
Rache
nähren?
Mit
dieſen
getreuen
Kräften
einſt
wechſelſeitig
[MA II 592]
uns
in
Schande
u.]und
Elend
ſtürzen? —
Werden
wir
uns
ſcheiden? —
Wir
nicht,
mein
liebes
Mädchen.
Aber
Einer]einer
wird
uns
freilich
ſcheiden,
Einer,]einer,
der
auch
ſchwarz
ausſehen
ſoll, wie
man
ſagt, ob
er
gleich
kein
Prieſter
iſt.
Doch
der
ſcheidet
immer
nur
die
Körper.
205
Als
ich
von
Beneken
zurück
kam, begegnete
ich
Neddermann,
zierlich
geputzt, in
Schuhen, triefend
von
Schweiß.
Wo
kommen
Sie
her, mein
Freund? —
Aus
dem
Examen. —
_____
Ich
eile
zum
Schluſſe.
Ließ]Lies
die
Inſtruction]Instruktion
oft
durch.
Es
wäre
am
beßten]besten
wenn
Du
ſie
auswendig
könnteſt.
Du
wirſt
210
ſie
brauchen.
Ich
vertraue
Dir
ganz,
u.]und
darum
ſollſt
Du
mehr
von
mir
erfahren
als
irgend
einer.
Mein
Plan
hat
eine
Änderung
erlitten, oder
beſſer, die
Mittel
[SE:1993 II 521]
dazu; denn
der
Zweck
ſteht
feſt.
Ich
fühle
mich
zu
ſchwach,
ſchwach
schwach
]schwach
ganz
allein
zu
handeln, wo
etwas
ſo
Wichtiges
aufs
Spiel
ſteht.
Ich
215
ſuche
mir
daher
jetzt, ehe
ich
handle, einen
weiſen,
ältern
Freund
auf, den
ich
Dir
nennen
werde, ſo]sobald
bald][]
ich
ihn
gefunden
habe.
Hier
iſt
er
nicht, u.]und
in
der
Gegend
auch
nicht.
Aber
er
iſt —
— ſoll
ich
Dir
den
Ort
nennen?
Ja, das
will
ich
thun!]tun!
Ulrike
ſoll
immer
nur
erfahren, wo
ich
bin,
Du
aber, mein
geliebtes
220
Mädchen,
wo
ich
ſein
werde.
Alſo
kurz: Morgen
geht
es
nach
—
—
—
—
Paſewalk.
Paſewalk?
Ja,
Paſewalk,
Paſewalk.
Was
in
aller
Welt
willſt
du
denn
dort? —
Ja, mein
Kind, ſo
fragt
man
die
Bauern
aus!
Begnüge
Dich
mit
rathen,]raten,
bis
es
für
Dich
ein
Glück
ſein
wird, zu
wiſſen.
225
In
5
oder
höchſtens
7
Tagen
bin
ich
wieder
hier, u.]und
beſorge
meine
Geſchäfte
bei
Struenſee.
Dann
iſt
die
Reiſe
noch
nicht
zu
Ende
— du]Du
[Heimböckel:1999 (Reclam) 77]
erſchrickſt
doch
nicht?
Ließ]Lies
du]Du
nur
fleißig
zur
Beruhigung
meine
Briefe
durch, wie
ich
deine]Deine
Aufſätze.
Und
ſchreibe
mir
nicht
[8]
[BKA IV/1 175]
anders, als
bis
ich
Dir
genau
andeute, wohin?
Auch
mußt
230
Du
immer
auf
Deine
Briefe
ſchreiben:
ſelbſt
abzuholen.
Morgen
denke
ich
hier
einen
Brief
von
Dir
zu
finden.
Jetzt
aber
mußt
du]Du
gleich
[DKV IV 75]
wieder
ſchreiben, u.]und
zwar
ſo, daß
der
Brief
den
22t
]22.
ſpäteſtens
in
Berlin
eintrifft.
Sei
klug
u.]und
verſchwiegen.
Restés
fidèle.
Dein
Freund
H. K.
235
N.
S.
Carl
kommt
mir
nicht
von
der
Seite
u.]und
zerbricht
ſich
den
Kopf, was
ich
vorhabe.
Ich
werde
ihm
das
Verſprechen
abneh[MA II 593] men,
nicht
zu
erforſchen, was
ich
will.
Unter
dieſer
Bedingung
will
ich
ihm
verſprechen, daß
er
immer
von
Dir
erfahren
ſoll, wo
ich
bin.
Das
kannſt
Du
ihm
ihn
dann
ſchreiben, doch
weiter
nichts.
Du
kannſt
240
auch
ſagen, daß
ich
in
Berlin
bei
Carln
wohne.
Sollte
er
auf
Urlaub
nach
Fr.
kommen, ſo
bin
ich
ausgezogen, nach
Potsdam
ge⸗
gangen, wie
ihr]Ihr
wollt, nur
immer
ihr]Ihr
beide
einſtimmig.
Wenn
Carl
nur
ſieht, daß
Du
Alles]alles
weißt, ſo
wird
er
][]
[]
nicht
erſtaunen
u.]und
ſich
verwundern, welches
ich
in
alle
Fälle
gern
vermeiden
245
möchte.
Hilf
mir
meinen
Plan
ſo
ausführen,
liebes
Mädchen,
Dein
Glück
iſt
ſo
gut
dabei
intereſſirt,]interessiert,
ja
vielleicht
mehr
noch,
als
das
meinige.
Das
Alles]alles
wirſt
Du
einſt
beſſer
ver⸗
ſtehen.
Lebe
wohl.
Predige
nur
in
allen
Deinen
Briefen
Carln
Verſchwiegenheit
vor.
Er
ſoll
gegen
niemanden
viel
250
von
mir
[SE:1993 II 522]
ſprechen, u.]und
dringt
einer
auf
ihn
ein, antworten,
er
wiſſe
von
nichts.
Adieu.
Adieu.
In
3
Tagen
folgt
ein
zweiter
Brief.
(Nimm
immer
die
Karte
von
Deutſchland
zur
Hand
u.]und
ſiehe
zu, wo
der
Ort
liegt, in
welchem
ich
mich
befinde)
255
— Der][keine neue Zeile]
Erſte,]erste,
dem
Du
das
Gedicht
von
Schiller
leihſt, muß
Ulrike
ſein.
