[006] An Ulrike v. Kleist, 12. Nov. 1799
Die textkritische Fassung Handschrift zeigt die diplomatische, nicht emendierte Wiedergabe der Handschrift. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.
In der Fassung Konstituierter Text ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Alle Emendationen sind ausgeführt und im Anhang einzeln verzeichnet. Ansonsten fusst die Fassung auf dem konstituierten Text der textkritischen Fassung der Handschrift.
In der Fassung Konstituierter Text ohne langes ſ ist das lange ſ durch s ersetzt. Ansonsten fusst die Fassung auf dem konstituierten Text der textkritischen Fassung der Handschrift.
[1]
[BKA IV/1 74]
[DKV IV 44]
[SE:1993 II 493]
[Heimböckel:1999 (Reclam) 44]
[MA II 564]
Frankfurt
a/d]a. d.
Oder
d. ]den
12t
]12.
OctobrNovmbr]November
99. ]1799
Ich
war
zuerſt
willends,]willens,
der
langen
Verſpä⸗
tung
dieſes
Briefes
eine
Rechtfertigung
voranzuſchicken; aber
es
fällt
mir
ein, 5
daß es
daß
daß [lt. Textkonst. emendiert]
daß [ohne
Kommentarhinweis]
daß [ohne Kommentarhinweis]
]daß
doch
eben
nicht
viele
Billigkeit
dazu
gehört, ſie
zu
entſchuldigen, [SE:1993 II 494]
wenn
man
mich
u.]und
die
Abſicht
meines
[Heimböckel:1999 (Reclam) 45]
Hierſeins
kennt.
Ich
habe
mir
ein
Ziel
geſteckt, das
die
ununter⸗
brochene
Anſtrengung
aller
meiner
Kräfte
10
u.]und
die
Anwendung
jeder
Minute
Zeit
erfor⸗
dert,
wenn
es
erreicht
werden
ſoll.
Ich
habe
beſonders
in
dieſem
meinem
zweiten
aka⸗
demiſchen
Curſus]Kursus
eine
[MA II 565]
Maſſe
von
Geſchäften
auf
mich
geladen, die
ich
nicht
anders
als
mit
15
dem
allermühſamſten
Fleiße
bearbeiten
kann; eine
Maſſe
von
Geſchäften, die
ſelbſt
nach
dem
Urtheile]Urteile
Hüllmanns
zu
ſchwer
für
mich
iſt, u.]und
von
der
ich
daher, wenn
ich
ſie
den⸗
noch
trage, mit
Recht
ſagen
kann, daß
ich
20
das
faſt
Unmögliche
möglich
gemacht
habe.
Unter
dieſen
Umſtänden
ſiehſt
Du
wohl
ein,
daß
es
bisher
nöthig]nötig
war, mich
oft
mit
einem
augenblicklichen
Andenken
an
Dich
zu
begnü⸗
gen,;
u.]und
daß
mir
ſelbſt
jetzt
die
Zeit
einer
25
ſchriftlichen
Unterhaltung
mit
Dir
noch
nicht
geworden
wären,
wenn
durch
den
Eintrit]Eintritt
der
Meſſe
die
akademiſchen
Vorleſungen
[2]
[BKA IV/1 77]
nicht
ausgeſetzt
worden
wären.
Dieſe
vierzehn
Tage
der
Ruhe, dieſen
Sonntag
für
30
meine
lange
geſchäftsvolle
Woche, benutze
ich,
um
mich
einmal
nach
Herzensluſt
zu
vergnü⸗
gen;
u.]und
dieſes
Vergnügen
ſoll
ein
Brief
an
Dich
ſein.
Wenn
man
ſich
ſo
lange
mit
ernſthaften
35
abſtrakten
Dingen
beſchäftigt
hat, wobei
der
Geiſt
zwar
ſeine
Nahrung
[DKV IV 45]
findet, aber
das
arme
Herz
leer
ausgehen
muß, dann
iſt
es
eine
wahre
Freude, ſich
einmal
ganz
ſeine
Ergießungen
zu
überlaſſen; ja
es
40
iſt
ſelbſt
nöthig,]nötig,
daß
man
es
zuweilen
in’s]ins
Leben
zurückrufe.
Bei
dem
ewigen
Beweiſen
u.]und
Folgern
verlernt
das
Herz
faſt
zu
fühlen; u.]und
doch
wohnt
das
Glück
nur
im
Herzen, nur
im
Gefühl, nicht
im
Kopfe, nicht
im
Ver⸗45
ſtande.
Das
Glück
kann
nicht, wie
ein
mathematiſcher
Lehrſatz
bewieſen
wer⸗
den,
es
muß
empfunden
werden, wenn
es
da
ſein
ſoll.
Daher
iſt
es
wohl
gut, es
zuweilen
durch
den
Genuß
ſinnlicher
Freuden
von
Neuem]neuem
50
zu
beleben; u.]und
man
müßte
wenigſtens
täglich
ein
gutes
Gedicht
leſen, ein
ſchönes
Gemälde
ſehen,
[?]
ein
ſanftes
Lied
hören
—
oder
ein
herzliches
Wort
mit
einem
Freun
Freunde
reden,
um
[Heimböckel:1999 (Reclam) 46]
auch
den
ſchönern, ich
mögte]möchte
ſagen
sagen,
sagen,
55
den
menſchlicheren
Theil]Teil
unſeres
Weſen
zu
bilden.
Dieſes
letzte
Vergnügen
habe
ich
ſeit
Dei⸗
ner
Abweſenheit
von
hier
gänzlich
ent⸗
behren
müſſen, u.]und
grade
dieſes
iſt
es,
deſſen
wel=
60
che
ich
am
meiſten
bedarf.
Vorſätze
u.]und
Ent⸗
ſchlüſſe
wie
die
meinigen
bedürfen
der
Aufmunterung
u.]und
der
Unterſtützung
mehr
als
[SE:1993 II 495]
andere
vielleicht, um
nicht
zu
ſinken.
Verſtan⸗
den
wenigſtens
mögte]möchte
ich
gern
zuweilen
ſein, 65
wenn
auch
nicht
aufgemuntert
u.]und
gelobt,
gelobt; [Graph uneindeutig]
von
einer
Seele
wenigſtens
mögte]möchte
ich
gern
zuweilen
verſtanden
werden, wenn
auch
alle
andern
mich
ver[MA II 566] kennen.
Wie
man
in
einem
heftigen
Streite
mit
vielen
Gegnern
70
ſich
umſieht, ob
nicht
Einer]einer
unter
allen
iſt, der
uns
Beifall
zulächelt, ſo
ſuche
ich
zuwei⸗
len
Dich; u.]und
wie
man
unter
fremden
Völ⸗
kern
freudig
einem
Landsmann
entgegen⸗
fliegt,
ſo
werde
ich
Dir, mein
liebes
Ulrikchen
75
entgegenkommen.
Nenne
es
immerhin
Schwäche
von
mir, daß
ich
mich
ſo
innig
hier
nach
Mit⸗
theilung]Mitteilung
ſehne, wo
ſie
mir
ſo
ganz
fehlt.
Große
Entwürfe
mit
ſchweren
Aufop⸗
ferungen
auszuführen, ohne
ſelbſt
auf
80
den
Lohn
verſtanden
zu
werden
Anſpruch
zu
machen, iſt
eine
Tugend, die
wir
wohl
bewundern, aber
nicht
verlangen
dürfen.
Selbſt
die
größten
Helden
der
Tugend, die
jede
andere
Belohnung
verachteten, rechne⸗85
ten
doch
auf
dieſen
Lohn; u.]und
wer
weiß, was
Sockrates
u.]und
Chr
[?]
iſtus
gethan]getan
haben
würden,
[4]
[BKA IV/1 81]
[DKV IV 46]
wenn
ſie
voraus
gewußt
hätten, daß
keiner
unter
ihren
Völkern
den
Sinn
ihres
Todes
verſtandenehen
hätte.
würde.
Willſt
90
Du
es
doch
eine
Schwäche
nennen, ſo
iſt
es
höchſtens
die
Schwäche
eines
Münzenſamm⸗
lers
z.
B.
der
zwar
hauptſächlich
für
ſich
u.]und
zu
ſeinem
Vergnügen, zu
ſeinem
Nutzen
ſammelte, u.]und
daher
auch
nicht
zürnt, wenn
95
die
Meiſten]meiſten
gleichgültig
bei
ſeiner
ſorgfäl⸗
tig
geordneten
Sammlung
vorübergehen, aber
eben
deswegen
um
ſo
viel
lieber
ein⸗
mal
einen
Freund
der
Kunſt
in
ſein
Cabinet]Kabinett
führt.
Denn
meine
Abſichten
100
u.]und
meine
Entſchlüſſe
ſind
ſolche
Schau⸗
münzen,
die
aus
dem
Gebrauche
gekommen
ſind
u.]und
nicht
mehr
gelten; daher
zeige
ich
ſie
gern
zuweilen
einem
Freunde
V[...?]
Ken[Heimböckel:1999 (Reclam) 47] ner
der
Kunſt,
um
damit
er
ſie
prüfe
u.]und
mich
über⸗105
zeuge,
ob, was
ich
ſo
emſig
u.]und
eifrig
ſammle
u.]und
aufbewahre, auch
wohl
ächte]echte
Stücke
ſind, oder
nicht.
—
Ich
überleſe
jetzt
den
eben
vorangegang⸗
nen
Punct,]Punkt,
u.]und
finde, daß
er
mir
misfal⸗110
len]mißfallen
würde, wenn
ich
ihn, ſo
wie
Du
hier,
aus
dem
Munde
eines
jungen
Menſchen
hörte.
Denn
mit
Recht
kann
man
ein
Mistrauen]Mißtrauen
in
ſolche
Vorſätze
ſetzen,
die
unter
ſo
vielen
Menſchen
keinen
115
[5]
[BKA IV/1 82]
finden, der
ſie
verſtünde
u.]und
billigte.
Aber
doch
iſt
es
mit
den
meinigen
ſo; ver⸗
ſtanden
werden
ſie
nicht, das
iſt
gewiß,
u.]und
daher, denke
ich, werden
ſie
nicht
gebilligt.
Weſſen
Schuld
es
iſt, daß
ſie
nicht
verſtanden
120
werden
—
[SE:1993 II 496]
das
getraue
ich
mich
wenigſtens
nicht
zu
meinem
Nachtheil]Nachteil
zu
entſcheiden.
Wenn
ein
Türke
u.]und
ein
Franzoſe
zuſammen⸗
kommen,
ſo
haben
ſie
wenigſtens
gleiche
Ver⸗
pflichtung,
die
Sprache
des
Andern]andern
zu
lernen, 125
um
ſich
verſtändlich
[MA II 567]
zu
machen.
Tauſend
Bande
knüpfen
die
Menſchen
aneinander,
gleiche
Meinungen,
Ggleiches
Gleiches
Gleiches
Intereſſe, gleiche
Wünſche, Hoffnungen
u.]und
Ausſichten; —
alle
dieſe
Bande
knüpfen
mich
nicht
an
ſie, und
130
dieſes
mag
ein
Hauptgrund
ſein, warum
wir
uns
nicht
verſtehen.
Mein
Intereſſe
beſonders
iſt
mit
dem
ihrigen
ſo
fremd, und
ungleichartig, daß
ſie
—
gleichſam
wie
aus
den
Wolken
fallen, wenn
ſie
etwas
davon
135
ahnden.
Auch
haben
mich
einige
mislun⸗
gene]mißlungene
Verſuche, es
ihnen
näher
vor
die
Augen,
näher
an’s]ans
Herz
zu
rücken, für
immer
da⸗
von
zurückgeſchreckt; u.]und
ich
[DKV IV 47]
werde
mich
dazu
bequemen
müſſen, es
immer
tief
140
in
das
Innerſte
meines
Herzens
zu
verſchließen.
Was
ich
mit
dieſem
Intereſſe
im
Buſen,
[6]
[BKA IV/1 85]
mit
dieſem
heiligen, mir
ſelbſt
von
der
Religion, von
meiner
Religion
gegebnen
145
Intereſſe
im
engen
Buſen, für
eine
Rolle
unter
den
Menſchen
ſpiele, denen
ich
von
dem, was
meine
ganze
Seele
erfüllt,
nichts
merken
laſſen
darf, —
das
weißt
Du
zwar
nach
dem
äußern
Anſchein, 150
aber
ſchwerlich
weißt
Du, was
oft
dabei
im
Innern
mit
mir
vorgeht.
Es
ergreift
mich
zuweilen
plötzlich
eine
Ängſtlichkeit,
eine
Beklommenheit, die
ich
[Heimböckel:1999 (Reclam) 48]
zwar
aus
allen
Kräften
zu
unterdrücken
mich
be⸗155
ſtrebe,
die
mich
aber
dennoch
ſchon
mehr
als
einmal
in
die
lächerlichſten
Situa⸗
tionen
geſetzt
hat.
Die
einzige
Geſellſchaft, die
ich
täglich
ſehe, iſt
Zengen’s,]Zengens,
u.]und
ich
würde
um
dieſer
160
peinlichen
Verlegenheit
willen, auch
dieſe
Geſellſchaft
ſchon
aufgegeben
haben, wenn
ich
mir
nicht
vorgenommen
hätte,
dies
mich
durchaus
von
dieſem
unangenehmen
Gefühl
zu
entwöhnen.
Denn
auf
meinem
165
Lebenswege
werden
mir
Menſchen
aller
Art
begegnen, u.]und
jeden
muß
ich
zu
nutzen
verſtehen.
Dazu
kommt, daß
es
mir
auch
zuweilen
gelingt, recht
froh
in
dieſer
Geſellſchaft
zu
ſein; denn
ſie
170
beſteht
aus
lauter
guten
Menſchen,
u./
[7]
[BKA IV/1 86]
u.]und
es
herrſcht
darin
viele
Eintracht,
u.
und [in Errata-Verz. korr. in ›u‹]
]und
das
Äußerſte
von
Zwangloſigkeit.
Die
älteſte
Zengen,
Minette,
hat
ſogar
einen
feineren
Sinn, der
für
ſchöne⸗175
re
Eindrücke
zuweilen
empfänglich
iſt;
wenigſtens
bin
ich
zufrieden, wenn
ſie
mich
zuweilen
mit
Intereſſe
anhört,
ob
ich
gleich
nicht
viel
von
ihr
wieder
er⸗
fahre.
Aber
von
allem
dieſen
iſt
nichts, 180
wenn
der
ganze
[SE:1993 II 497]
Haufen
beiſammen
iſt.
Ein
Geſpräch
kann
man
ihr
ſich
durchkreut⸗
zendes]durchkreuzendes
Geſchwätz
nicht
nennen.
Wenn
ein
Geſpräch
geführt
werden
ſoll, ſo
muß
man
[MA II 568]
bei
dem
Gegenſtande
desſelben
ver⸗185
weilen,
denn
nur
dadurch
gewinnt
es
Interreſſe;]Interesse;
man
muß
ihn
von
allen
ſeinen
Seiten
betrachten, denn
nur
dadurch
wird
es
mannichfaltig]mannigfaltig
u.]und
anziehend.
Aber
hier
—
doch
Du
kennſt
das.
Ich
wollte
Dir
190
nur
zeigen, daß
das
Intereſſe, das
mir
die
Seele
erfüllt, ſchlecht
mit
dem
Geiſte
harmonirt,]harmoniert,
der
in
dieſer
Geſell[DKV IV 48] ſchaft
weht; u.]und
daß
die
Beklommenheit, die
mich
zuweilen
ergreift, hieraus
ſehr
gut
195
erklärt
werden
kann.
Ich
ſage
mir
zwar
häufig
zu
meinem
Troſte, daß
es
nicht
die
Bildung
für
die
Geſellſchaft
iſt, die
mein
Zweck
iſt,
[8]
[BKA IV/1 89]
daß
dieſe
Bildung, u.]und
mein
Zweck, zwei
200
ganze
verſchiedne
Ziele
ſind, zu
denen
zwei
ganz
verſchiedne
Wege
nach
ganz
verſchiednen
Richtungen
führen
—
denn
wenn
man
z.
B.
durch
häufigen
Umgang,
vieles
Plaudern, durch
Dreiſtigkeit
205
u.]und
Oberflächlichkeit
zu
dem
einen
Ziele
[Heimböckel:1999 (Reclam) 49]
kommt, ſo
erreicht
man
dagegen
nur
durch
Einſamkeit, Denken, Behutſamkeit
u.]und
Gründlichkeit
das
andere
& ]uſw.
Das alles ſage
Auch
ſoll
mein
Betragen
jetzt
nicht
gefallen, das
Ziel, 210
das
ich
im
Sinne
habe, ſoll
für
thörigt]töricht
gehalten
werden, man
ſoll
mich
auf
der
Straße, die
ich
wandle]wandle,
auslachen, wie
man
den
Coluombus
auslachte,
weil
er
Oſtindien
in
Weſten
ſuchte.
Nur
dann
215
erſt
bewunderte
man
ihn, als
er
noch
mehr
gefunden
hatte, als
er
ſuchte
—
&]uſw.
Das
alles
ſage
ich
mir
zu
meinem
Troſte.
Aber
dennoch
mögte]möchte
ich
mich
gern
von
dieſer
Beklom⸗
menheit
entwöhnen, um
ſo
viel
mehr, da
220
ich
mit
Verdruß
bemerke, daß
ſie
mich
immer
öfter
u.]und
öfter
ergreift.
Aber
ich
fürchte, daß
es
mir
in
der
Folge
wie
den
meiſten
Gelehrten
von
Profeſſion
gehen
wird; ſie
werden
in
ihrem
äußern
Weſen
225
rauh,
rêche,
wie
der
Franzoſe
ſagt, und
für
das
geſellige
Leben
untauglich.
Ich
finde
[9]
[BKA IV/1 90]
das
aus
vielen
Gründen
ſehr
natürlich.
Sie
haben
ein
höheres
Interreſſe
Interesse
Interesse
]Interesse
lieb
gewonnen,
u.]und
können
ſich
nicht
mehr
an
dem
gemeinen
230
Intereſſe
erwärmen.
Wenn
ein
Anderer
]anderer
z.
B.
ein
Buch, ein
Gedicht, einen
Roman
gele⸗
ſen
habten,
das
einen
ſtarken
Eindruck
auf
ihn
machte
u.]und
ihm
dieſe
Seele
füllte, wenn
er
nun
mit
dieſem
Eindruck
die
in
eine
Geſell⸗235
ſchaft
tritt, ]tritt,
er
ſei
nun
froh
oder
ſchwer⸗
müthig]ſchwermütig
geſtimmt, er
kann
ſich
mittheilen,]mitteilen,
u.]und
man
verſteht
ihn.
Aber
wenn
ich
einen
mathematiſchen
Lehr[SE:1993 II 498] ſatz
ergründet
habe, deſſen
Erhabenheit
u.]und
Größe
mir
auch
die
Seele
240
füllte, wemnn
darf
ich
nun
mit
dieſem
Eindruck
in
eine
Geſellſchaft
trete, wem
darf
ich
mich
[MA II 569]
mittheilen,]mitteilen,
wer
verſteht
mich?
Nicht
einmal
ahnden
darf
ich
laſſen, was
mich
zur
Bewunderung
hinriß, nicht
einen
von
allen
245
Gedan[DKV IV 49] ken
darf
ich
mittheilen,]mitteilen,
die
mir
die
Seele
füllen.
—
Und
ſo
muß
man
denn
freilich
zuweilen
leer
u.]und
gedankenloos]gedankenlos
er⸗
ſcheinen,
ob
man
es
gleich
wohl
nicht
iſt.
Der
größte
Irrthum]Irrtum
iſt
dann
wohl
noch
250
der, wenn
man
glaubt, ein
Gelehrter
ſchweige
aus
Stolz, etwa, weil
er
die
Geſellſchaft
nicht
der
Mittheilung]Mitteilung
ſeiner
Weisheit
für
werth]wert
achtet.
Ich
wollte
ſchwören
daß
es
meiſtens
grade
das
Ge[Heimböckel:1999 (Reclam) 50] gentheil]Gegenteil
255
iſt, u.]und
daß
es
vielleicht
grade
der
äußerſte
[10]
[BKA IV/1 93]
Grad
von
Beſcheidenheit
iſt, der
ihm
Still⸗
ſchweigen
auferlegt.
Ich
rede
hier
beſonders
von
großen
Gelehrten, die
ihr
Lob
in
allen
Zeitſchriften
leſen.
Man
beſucht
ſie
häufig
260
um
den
Giganten
doch
einmal
in
der
Nähe
zu
betrachten; man
erwartet,
von
ihnen, das
wiſſen
ſie
ſelbſt, lauter
Sentenzen, man
glaubt, daß
ſie
wie
in
ihren
Büchern
reden
hören
werden.
Sie
reden
aber
nur
wenige
265
gemeine
Dinge, man
verläßt
ſie
mit
dem
Verdacht, daß
ſie
aus
Stolz
geſchwiegen
haben, ob
ſie
zwar
gleich
nur
aus
Beſchei⸗
denheit
ſchwiegen, weil
ſie
nicht
immer
in
den
erwarteten
Sentenzen
reden
konnten, 270
u.]und
doch
nicht
gern, die
gute
Meinung, die
man
von
ihnen
hatte, zerſtören
wollten.
In
ſolchen
Lagen
hat
man
die
gelehrteſten
Männer
oft
in
der
größten
Verlegenheit
geſehen.
Unſern
geſcheuter
Profeſſor
275
Wünſch,
der
gewiß
hier
in
Frankfurt
oben]obenan
an][]
ſteht
u.]und
Alle]alle
überſieht, würde
doch
gewiß, des
bin
ich
überzeugt, durch
die
abgeſchmack⸗
teſten
Neckereien
des
albernſten
Mädchens
in
die
größte
Verlegenheit
geſetzt
werden
280
können.
Du
weißt, wie
es
Rouſſeau
mit
dem
Könige
von
Frankreich
gieng;]ging;
u.]und
man
braucht
daher,
weder
dumm
noch
feig
zu
ſein,
um
vor
einem
Könige
zu
zittern.
Ein
franzöſiſcher
Officier,]Offizier,
der, als
Ludwig
285
der 14t
[11]
[BKA IV/1 94]
der
14t
]14.
ihn
heran rief,
heranrief,
heranrief,
heranrief,
heranrief,
]heranrief,
ſich
zitternd
ſeinem
Könige
näherte, u.]und
von
ihm
mit
kalter
königlicher
Überlegenheit
gefragt
wurde, warum
er
ſo
zittere? hatte
den⸗
noch
die
Freimüthigkeit]Freimütigkeit
zu
antworten: 290
Sire, ce
n’est
pas
devant
vos
enne⸗
mis,
que
je
tremble
ainsi.
./.
[DKV IV 50]
Meine
Briefe
werden
lang, mein
liebes
Ulrikchen;
u.]und
was
[SE:1993 II 499]
das
Schlimmſte
iſt, ich
rede
immer
von
mir.
Verzeihe
mir
dieſe
295
kleine
menſchliche
Schwachheit.
Vieles
verſchweige
ich
noch, [MA II 570]
das
ich
bis
zu
Deiner
Rückkunft
aufbewahre.
Ob
Dich
Neuig⸗
keiten
mehr
intereſſirt]interessiert
hätten, als
der
Inhalt
dieſes
Briefes?
—
Wer
weiß.
Aber
300
auf
alle
Fälle
[Heimböckel:1999 (Reclam) 51]
gab
es
keine
Neuigkeiten,
außer
die
alte
Leÿer,]Leier,
daß
die
Meſſe
ſchlecht
ſei.
Die
Kleiſt
aus
Schernwitz
Schernewitz
Schernewitz [Scherwitz?]
Schernewitz
]Schernewitz
war
hier, u.]und
hat
mir
gut
gefallen.
Sie
will
künftiges
Jahr
nach
Flinzberg
ins
305
Bad
reiſen, u.]und
wünſchte
eine
Reiſebeglei⸗
terinn]Reisebegleiterin
—
wen
habe
ich
ihr
wohl
vorge⸗
ſchlagen?
Sie
hat
mich
mir
alſo
förmlich
auf⸗
getragen,
Dich
dazu
dieſer
Reiſe
ein⸗
zuladen.
310
Bis
dahin
denke
ich
wirſt
Du
doch
noch
[12]
[BKA IV/1 97]
einmal
nach
Frankfurt
kommen?
Was
in
aller
Welt
machſt
du
denn
in
Werben?
Niemand
von
uns, ich
ſelbſt
nicht, kann
begreifen, was
dir
Dir
Dir
Dir
Dir
]Dir
den
Aufenthalt
dort
315
auf
viele
Monate
ſo
angenehm
machen
kann.
Wenn
es
kein
Geheimniß]Geheimnis
iſt, ſo
ſchreibe
es
mir.
Grüße
Schönfeld
u.]und
Frau,
Oncel
Onkel
Onkel
Onkel
Onkel
]Onkel
u.]und
Tante
Pannwitz,
kurz
alles
was
Pannwitz
heißt, auch
Caroline.
Iſt
ſie
noch
böſe?
320
—
Adieu.
Dein
treuer
Bruder
Heinrich.
N. S.
Hier
kommen
noch
einige
Supple⸗
mente,
die
ich
dir
Dir
Dir
]Dir
zur
M
Bekanntmachung
an
Pannwitz,
den
das
intereſſiren]interessieren
wird, 325
mittheile]mitteile.
Schätzel
hat
das
3t
]3.
Batl.
bekommen
aber
ausgeſchlagen
u.]und
verlangt
Penſion.
Gaudi]Gaudy
iſt
Major
geworden
u.]und
hat
Schätzels
Compagnie]Kompanie.
Welchen
Eindruck
Eindruk
Eindruk
dies
gemacht
hat, u.]und
in
welchem
Tone
die
Grumbkow
330
ſpricht, kannſt
Du
Dir
denken.
Daß
Das [emendiert]
]Das
ſon⸗
derbarſte]Sonderbarste
hierbei
iſt,
das
daß [emendiert]
]daß
Gen:]Gen.
Kleiſt
an
Hagen
geſchrieben
hat, es
thäte]täte
ihm
dieſer
Einſchub, von
dem
er
auf
ſein
Ehrenwort
nichts
wüßte, ſehr
leid;.
335
Wir
wollen
nicht
glauben, daß
hier
eine
Falſchheit
zum
Grunde
liege,
liegt,
ob
ich
Dir
zwar
gleich
in
der
folgenden
Neuig⸗
[13]
[BKA IV/1 98] keit
ein
Beiſpiel
von
einer
unerhörten
unerhörten,
]unerhörten,
unmenſchlichen
Falſchheit
geben
werde.
340
Der
Kaufmann
Scholz
iſt
ſeines
Arreſts
entlaſſen, ſtatt
ſeiner
ſitzt
ſeine
Frau
—
warum? das
haſt
Du
ſchon
zu
Anfange
der
ganzen
Geſchichte
[DKV IV 51]
vorausgeſehen.
Die
Sache
iſt
keinem
345
Zweifel
mehr
unterworfen.
Sie
hat
ſich
ſelbſt
verrathen]verraten.
Ein
Fragment
aus
einem
Briefe
von
ihrem
Manne,
worin
ſie
das
Wort
Geld
in
Gift
um⸗
gefälſcht
hat, um
den
Verdacht
gegen
ihn
350
[Heimböckel:1999 (Reclam) 52]
zu
verſtärken, hat
ſie
verrathen]verraten.
Einige
Zeugen, ein
Student
u.]und
2]zwei
Mädchen, die
ſie
bewegt
hatte, einen
fal[SE:1993 II 500] ſchen
Eid
für
ihren
Betrug
zu
ſchwören, haben
ſie
verrathen]verraten.
Sie
ſelbſt
hat
es
[MA II 571]
ſchon
eingeſtanden, 355
daß
ſie
einen
Betrug
geſpielt
habe. —
Iſt
es
wohl
glaublich, daß
dies
ein
Weib
ſei? —
—
Zweite
Nachſchrift.
Ich
liefre
Dir
noch
ein
Supplement
zum
360
Supplement.
Schätzel
iſt
Gen:]Gen.
Major
geworden, erhält
8s
Rth.
Penſion
u.]und
bleibt
nun
in
Frankfurt.
Noch
eine
Hauptnachricht, die
Dich
[14]
[BKA IV/1 101]
vielleicht
bewegen
wird, ſogleich
nach
365
Frankfurt
zu
kommen.
Zengen’s]Zengens
u.]und
un⸗
ſre
Familie
nebſt
viele
vielen
andere
andern
Damen
Frankfurt’s]Frankfurts
nehmen
ein
Collegium]Kollegium
über
Experimental-Phÿſik]Experimentalphysik
bei
Wünſch.
Nehmen, ſagte
ich?
Das
klingt
ja
370
beinah, als
wäre
von
Medicin]Medizin
die
Rede.
So
übel
ſchmeckt
es
indeſſen
nicht.
Es
iſt
eine
Brunnen-cur]Brunnenkur
zum
Nutzen
u.]und
Vergnügen.
Du
wirſt
ſie
nicht
verſchmähen.
Willſt
du
die
Vor⸗375
leſung
von
Anfang
an
beiwohnen,
ſo
mußt
Du
auf
irgend
eine
Art
ſuchen, ſogleich
nach
Frkft.
Frkft
Frkft
zu
kommen.
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