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Ueber die gegenwaͤrtige Lage von Großbrittanien.
Es gehoͤrt ein hoher Grad von
Verblendung dazu,
um die gegenwaͤrtig
verzweiflungsvolle Lage Englands
ablaͤugnen zu wollen. Schon vor einigen Tagen hatte
die Aufhebung der Blokade des Sundes gezeigt,
daß 5
bis zur kuͤnftigen Zuruͤcknahme der Kaiſerl.
Franzoͤſi⸗
ſchen Dekrete, von dem
Brittiſchen Handel in der Oſt⸗
ſee nun nicht weiter
die Rede ſein koͤnne. Die reich⸗
ſten Kauffahrtheyflotten kehren aus der
Oſtſee, zugleich
mit den Waarenvorraͤthen von Helgoland, unverrich⸗10
teter Sache zuruͤck. Alle diejenigen welche ſich bis jetzt
noch mit den vermeintlichen Entſchaͤdigungen
durch
den Spaniſch-Portugieſiſchen
Colonialhandel geſchmei⸗
chelt haben,
werden ſich wohl uͤberzeugen, daß Ameri⸗
ka ein
elendes Surrogat fuͤr Europa
ſei. Daß die er⸗15
ſten Jahre freien Verkehrs mit jenen Colonien nach
langer Sperrung derſelben, fuͤr England guͤnſtig aus⸗
fallen mußten, war
natuͤrlich:
liest ›natuͤrlich;‹
es waren Aequivalente
vorhanden,
Metalle, Vorraͤthe; alſo ein Handel moͤg⸗
lich. Indeß da keine Induſtrie
dieſe Vorraͤthe leben⸗20
dig erhalten oder
erſetzen kann; da dieſe Colonien nur
vermittelſt Aufwendung ihres Capitals einen momen⸗
tanen Handel treiben koͤnnen, ſo
mochten ſie bald in
der Lage des Knaben ſein,
der ſeinen Groſchen auf
dem Jahrmarkt nunmehr
ausgegeben hatte und ſich 25
mit dem Anſchaun
begnuͤgen
mußte. —
liest ›mußte —‹
Was kann denn
uͤberhaupt den Continent von Eu⸗
ropa im Welthandel
entbehrlich machen, was kann Eng⸗
land
entſchaͤdigen fuͤr ſeinen Verluſt? wenn zu allem
Handel nothwendig zwei
Perſonen gehoͤren, zwei
30
Handelsmaͤchte die in verſchiedenartiger
Induſtrie eini⸗
germaßen gleichen
Schritt halten muͤſſen?
Dazu nun die Krankheit
des Koͤnigs
und alle poli⸗
tiſchen Graͤuel in ihrem
Gefolge? —
Wird Lord Wel⸗
lesley dem
Stnrme
Sturme
trotzen, wie Pitt im Jahr 1790? — 35
Seine Talente glaͤnzen im Cabinett, am Hofe,
in den
diplomatiſchen Cirkeln; aber wird dort
die Frage von
der Regentſchaft entſchieden
werden? Wer wird dieſe
ſchreckliche Angelegenheit im Parliamente fuͤhren?
— Zwar iſt
diesmal kein Fox auf
der Straße von Tu⸗40
[ 44 ]
172rin nach London, und ſeit der Proſtitution
Burdetts
iſt von der Oppoſition des Poͤbels weniger zu
befuͤrch⸗
ten: aber leben denn
Lord Grey und Lord
Erskine
nicht mehr? Iſt
es zweifelhaft auf welcher Seite Lord
Grenville ſtehen wird?
uud
und
liest ›und‹
wenn auch der gottſelige 45
Lord Sidmouth mit ſeinem Bruder
Hely und allen
den Seinigen ſich fuͤrs erſte
noch nicht entſcheidet, ſo
iſt doch die
Coalition aller andern Oppoſitions⸗Par⸗
theien bei der Frage von der Regentſchaft diesmal un⸗
vermeidlich. Wo ſind die Lichter von England? wo iſt 50
die parliamentariſche Kraft, welche dem
bevorſtehenden
Sturme begegnen koͤnnte? Lord Liverpool, der lernbe⸗
gierige, dogmatiſche, und Herr Perceval werden das
Steuer
lenken, und der Marquis Wellesley wird das
Schiff
commandiren ſollen, vielleicht in demſelben Au⸗55
genblick, wo die Truͤmmer der Armee ſeines Bruders
in England ankommen werden.
Rechnen wir zu allem
dieſen noch den bedeuten⸗
den Umſtand,
daß alle unterrichteten Perſonen in Eng⸗
land uͤber die Lage von Europa und die innere Ver⸗60
haͤltniße des Continents voͤllig im
Dunkeln
ſiud,
ſind,
daß
die Brittiſche Diplomatie, welche
niemals die glaͤn⸗
zende Seite von
England geweſen,
nunmehr gaͤnzlich
ausgeſtorben iſt, und daß der
Brittiſche Charakter durch
die Ereigniſſe der
letzten Jahre zu einer Erſtarrung 65
und
Einſeitigkeit verdammt worden, zu der er von je⸗
her ſich ſchon allzu ſehr hinneigte,
nnd
und
liest ›und‹
man wird ein⸗
ſehen, daß die
Criſen von 1790 und 1797, wie ſchauder⸗
haft ſie auch geweſen, doch mit der
heurigen
liest ›heutigen‹
nicht zu
vergleichen ſind.70
Fragmente.
1. Das Hauptproblem
des Financiers unſrer Zeit
iſt: die
Generalhypotheken wieder zu Ehren zu bringen.
Dieſes kann nur dadurch
geſchehen, daß der Staat con⸗
ſolidirt
und ſelbſtſtaͤndig gemacht werde. Dieſer Zweck 75
iſt nur durch ein feſtes
Regierungsſyſtem zu erreichen,
welches deſſen
innere Exiſtenz — die aͤußere iſt in einer
ſo
unruhigen Zeit, wie die jetzige, nicht in des Staats⸗
mannes Gewalt — fuͤr die Dauer
ſichert, Gluͤck und
Wohlſtand am allgemeinſten
verbreitet. Dieſe Auf⸗80
gabe iſt wiederum nur durch eine weiſe
und gerechte
Vertheilung der oͤffentlichen
Laſten auf alle Staͤnde zu
loͤſen. Diejenigen Staͤnde, welche hiebei zu
gluͤcklicher
Zeit beguͤnſtigt waren, werden auf
dieſe Beguͤnſtigung
zur Zeit der Noth und des
Ungluͤcks von ſelbſt verzich⸗85
ten.
Dann erſt wird ſich der in
jeden
emendiert in ›jedem‹
Menſchen lie⸗
173gende Keim des Gemeinſinns und der
Vaterlandsliebe
tuͤchtig entfalten, und, in ſo
fern aͤußere Sicherheit
nicht fehlt, der
natuͤrlich groͤßere Credit der General⸗
hypotheken wieder eintreten.90
2. Wenn doch dieſe
verfinſternden Apoſtel der
Knechtſchaft und des
Feudalismus aus der Schule Bur⸗
kes, dieſe Philoſophen
von keinem Ertrage, merken
moͤchten, wie
vergeblich ſie gegen den beſſeren Zeitgeiſt
ankaͤmpfen, wie eitel ihr Bemuͤhen iſt, die Zeiten vor 95
der Reformation zuruͤckzufuͤhren. Wenn ſie doch ein⸗
ſehen moͤgten, daß nur rohe, reale, zaͤhlbare und hand⸗
greifliche Beduͤrfniſſe ein Gegenſtand
der Staatswirth⸗
ſchaft ſein koͤnnen und
ſollen, und gerade aus dieſer
rohen Grundlage
das hoͤhere Leben
einer Nation her⸗100
vorgehen muß, ſo wie
aus dem Gewirre von Rollen
und Seilen hinter
den Couliſſen, der poetiſche Effect
auf der
Buͤhne hervorgeht; daß nur da die allgemein⸗
ſte Nationalitaͤt entſtehen kann, wo der
groͤßtmoͤglichſte
Theil der Nation durch
Wohlſtand und Eigenthum an 105
die Erhaltung des
Ganzen geknuͤpft iſt.α ω.
Verhoͤr der Graͤfinn Piper.
Gehalten vor einem Kriegsgericht in der
Feſtung Waxholm
den 3ten Auguſt 1810.
Frage 1. Da das Verhoͤr und die
Unterſuchuugen,
Unterſuchuungen,
welche 110
Statt haben werden, im Verfolg
auf das eigne Begehren der Fr.
Graͤfinn von
Piper, Statt finden, ſo iſt vorauszuſetzen, daß dieſelbe
von dem Verdacht, der auf ſie gefallen iſt,
Kenntniß habe. Dem⸗
nach bin ich
beauftragt, die Fr. Graͤfinn zu fragen, was ſie dar⸗
auf zu entgegnen hat, und ob ſie
eroͤffnen kann, aus welcher Quelle 115
ein
Verdacht dieſer Art, ſeinen Urſprung nehmen mag?
Antwort.
Ich habe nichts zu ſagen,außer
dies, daß die
Geruͤchte, in Bezug auf mich,
gaͤnzlich ohne Grund ſind.
Fr. 2. Kennt die Fr. Graͤfinn die
Urſachen, die zu dem Ver⸗
dacht gegen
Sr Ex. den Hrn.
Reichsmarſchall Veranlaſſung gege⸗120
ben haben?
Antw.
Dieſer Verdacht iſt auf gleiche
Weiſe, voͤllig nichtig
und grundlos.
Fr. 3. Weiß die Fr. Gr. irgend etwas das
uͤber die traurige
Veranlaſſung, die dieſen
gerichtlichen Unterſuchungen zum Grunde 125
liegt,
Licht verbreiten mag?
Antw.
Nicht das mindeſte.
Fr. 4. Wann hat die Fr. Gr. die Ehre
gehabt, Sr. Koͤnigl.
Hoheit den Kronprinzen zum
Erſtenmale zu ſehn?
Antw.
An der Abendtafel Ihrer Maj. der
Koͤniginn, ohn⸗130
gefaͤhr
14 Tage nach der Ankunft Sr. Hoheit in Stockholm.
Fr. 5. War Sr. Ex. der Hr.
Reichsmarſchall gegenwaͤrtig
bei dieſer
Gelegenheit?
Antw.
Ja.
Fr. 6. Hat Sr. Hoheit der Kronprinz
jemals in dem Hauſe 135
Ferſen, oder abgeſondert
bei Sr. Ex. dem Hrn. Reichsm. einen Be⸗
ſuch abgeſtattet?
Antw.
Niemals.
Fr. 7. Wann und wo hat die Fr. Gr. ſeit
jenem Abendeſſen
die Ehre gehabt, Sr. Koͤnigl.
Hoheit wieder zu ſehen?
Antw.
Ebenfalls wieder nur bei einigen
Abendeſſen an Ih⸗140
rer Maj. der
Koͤniginn, Tafel.
Fr. 8. Hatte Sr. Hoheit vielleicht bei
ſolchen Gelegenheiten,
die Gewohnheit ſich an
die Tafel, und die Fr. Gr. die Ehre, ſich an
die Seite deſſelben zu ſetzen?
Antw.
Sr. Hoheit ſetzten ſich niemals bei
Gelegenheiten 145
dieſer Art zur Tafel nieder; ſie
zogen ſich ohne Ausnahme jedesmal
ſobald
gedeckt war, in Ihre Behauſung zuruͤck.
Fr. 9. Ohne Zweifel haben ſich
Hoͤchſtdieſelben bei Einer die⸗
ſer
Gelegenheiten, mit der Fr. Gr. unterhalten, und das Geſpraͤch
wird ſich vielleicht in die Laͤnge gezogen
haben?150
Antw.
Einmal, als ich die Ehre hatte, Sr.
Hoheit vorgeſtellt
zu werden, ohngefaͤhr 14
Tage nach ihrer Ankunft in Stockholm.
Die
Unterhaltung dauerte ohngefaͤhr zwei Minuten.
Fr. 10. Was war der Gegenſtand der
Unterhaltung? War
er von der Art, daß er Streit und Empfindlichkeit, auf einer
oder 155
der andern Seite, veranlaßte?
Antw.
Keinesweges.
Sr. Hoheit hatten bloß die Gnade
mir zu ſagen, daß ſie mich im Theater, hinter
dem Gitter einer Loge
geſehen, und daß ſie von
meinem krankhaften Zuſtand, der mich ver⸗
hinderte, den Hof⸗Feſten beizuwohnen, unterrichtet
waͤren.160
Fr.
11.
liest keinen Punkt
Hat die Fr. Gr. niemals irgend eine
Abneigung ge⸗
gen Sr. Hoheit empfunden,
und war dieſelbe in ſeiner Perſon, in
ſeinen
Eigenſchaften, oder ſonſt in irgend etwas, das ihn perſoͤnlich
angeht, gegruͤndet?
Antw.
Niemals.165
Fr. 12. Hat die Fr. Gr. niemals ein
Gefuͤhl dieſer Art bei
Sr. Ex. dem Hrn.
Reichsmarſchall, bemerkt?
Antw.
Niemals.
Fr. 13. Hat jemals ein Vorfall ſtatt
gefunden, von welchem,
nach der Einſicht der
Fr. Gr. vielleicht das Publikum einen Grund 170
hat hernehmen koͤnnen, zu glauben, das zwiſchen Sr. Hoheit und
der Fr. Gr. oder Sr. Ex. dem Hrn. Reichsm.
ein Mißverſtaͤndniß
vorhanden geweſen?
Antw.
Keinesweges.
Fr. 14. Hat die Fr. Gr. oder der Hr.
Reichsm. je, durch eine
Aeußerung dem Publiko
Veranlaſſung gegeben, zu glauben, daß 175
dieſelben die Hochachtung und das Wohlwollen,
daß
das
Sr. Hoheit ſich
im
ganzen
ganzen-
Lande erworben hatten, nicht theilten.
Antw.
Niemals! Keine Aeußerungen ſind
uͤber unſere Lip⸗
pen gekommen, als
ſolche, die mit der allgemeinen Meinung uͤber
ſeine hoͤchſte Perſon uͤbereinſtimmten.180
Fr. 15. Gab es vielleicht Zuſammenkuͤnfte,
die das Publikum
glauben machen konnten, daß
eine Verſchwoͤrung gegen das Leben
Sr. Hoheit
im Werke ſei?
Antw.
Davon weiß ich nichts.
Fr. 16. Hat die Fr. Gr. Kenntniß genommen
von dem, im 185
Publiko verbreiteten Geruͤcht, daß
ein Anſchlag, Sr.
Koͤnigl.
liest ohne Punkt
Ho⸗
heit Gift, in Kaffe,
Paſteten, in der Suppe, oder im Thee, beizu⸗
bringen, entworfen worden ſei?
Antw.
Davon bin ich, durch das Geſpraͤch
der Stadt unter⸗
richtet worden.190
Fr. 17. Bei der entſetzlichen Behandlung,
die Sr. Ex. dem
Hrn. Reichsm. widerfahren iſt,
kann es der Fr. Gr. nicht verſchwie⸗
gen geblieben ſein, welche Meinung uͤber den ploͤtzlichen Tod
Sr.
Koͤnigl. Hoheit, im Publiko im Umlauf iſt.
Die Fr. Gr. weiß beſ⸗
ſer, als ich es ausdruͤcken kann, daß
vor den Augen Gottes auch die 195
geheimſten Dinge
entfaltet ſind. Ich bin beauftragt,
dieſelbe zu be⸗
ſchwoͤren, bei Gott und
ihrem Gewiſſen anzugeben, ob ſie von ir⸗
gend einem, ſei es auch noch ſo geringen, Umſtand Kenntniß hat,
der Licht uͤber den unbegreiflichen Tod
Sr. Koͤnigl. Hoheit werfen
kann.200
Antw.
Ich kann nichts angeben, was
daruͤber Licht verbrei
ten kann, denn ich bin,
wie ſchon geſagt, ohne alle Kenntniß uͤber
deſſen Urſach.