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Berliner Abendblätter.
5tes Blatt. Den 5ten October 1810.
Ode auf den Wiedereinzug des Koͤnigs im Winter 1809.
H. v. K.
Literariſche Merkwuͤrdigkeiten.
Wir erwarten in wenigen Tagen die Erſcheinung der Lettres sur l’Allemagne von Madame Stael. Es ſind die Fruͤchte der Reiſen dieſer merkwuͤrdigen Frau, vielleicht auch der haͤuslichen Unterweiſung ihrer Freunde, welche dieſe Syrene entfuͤhrt, und anſtaͤndigeren Wirkungskreiſen abwendig gemacht hat. Da werden wir Deutſche nun der großen Welt und den Franzoſen vorgeſtellt, vielleicht gar empfohlen werden; man wird zeigen, wie wir den idéalisme repraͤſentirten, waͤhrend Frankreich den réalisme; wir werden behandelt werden, wie es einem jungen, geſunden, mitunter etwas ſchwaͤrmeriſchen, oder ſtoͤrrigen, oder ſtummen, oder ungeſchickten Liebhaber gebuͤhrt, den eine ſolche Dame in die Welt einzufuͤhren wuͤrdigt; kurz, wie der Baͤr im Park der Madame Stael. Deutſchland mit ſeinen Schickſalen eignet ſich unvergleichlich fuͤr die douce melancolie ſeiner Beſchuͤtzerinn, und wenn ſich die Empfindung auf Reiſen begiebt, ſo findet ſie bei uns viel zu ſchaffen. Was waͤren wir Deutſche auch, wenn es keinen Villers und keine Stael gaͤbe? — Nur das Eine hoffen wir, daß diesmal endlich der Geoffroy bekehrt werde, denn ſo lange wir den nicht haben, hat auch der Deutſche Geiſt den Rhein nicht uͤberſchritten.
Viel naͤher ſteht uns, da wir einmal von geiſtreichen Frauen reden, die Schrift unſrer Landsmaͤnnin, der Frau von Fouqué, „uͤber weibliche Bildung,“ welche gleichfalls in dieſen Tagen erwartet wird. Ohne jenen Empfindungsballaſt, der auf allen Muſeen und Landſtraßen Europas zuſammengeleſen, und ohne jenen geſpraͤchigen, wolluͤſtigen, in ſeinem eignen Nebel ſchwelgenden Truͤbſinn, wird hier eine deutſche Frau, mit ihrer eigenthuͤmlichen Klarheit und Innigkeit, uͤber die Grenzen ihres Geſchlechts reden.
Das groͤßte aber und theuerſte, was wir eben jetzt aus Frauenhaͤnden erhalten, ſind die unvergleichlichen 21Denkwuͤrdigkeiten der Prinzeſſinn Friedrike von Baireuth. Was koͤnnte uns aufregen, erheben und entzuͤcken, wie eine Fuͤrſtinn unſers Hauſes, die, groß und gut geworden, unter unnachlaſſenden Leiden, ihr Leben mit dem eignen und voͤllig unabſichtlichen Tiefſinn der Weiblichkeit erzaͤhlt? — Und iſt nicht dieſe Leidensſchoͤnheit das beſondere Erbtheil aller Frauen unſers Fuͤrſtenhauſes?
A. M.
Der Griffel Gottes.
In Polen Pohlen war eine Graͤfinn von P...., eine bejahrte Dame, die ein ſehr boͤsartiges Leben fuͤhrte, und beſonders ihre Untergebenen, durch ihren Geiz und ihre Grauſamkeit, bis auf das Blut quaͤlte. Dieſe Dame, als ſie ſtarb, vermachte einem Kloſter, das ihr die Abſolution ertheilt hatte, ihr Vermoͤgen; wofuͤr ihr das Kloſter, auf dem Gottesacker, einen koſtbaren, aus Erz gegoſſenen, Leichenſtein ſetzen ließ, auf welchem dieſes Umſtandes, mit vielem Gepraͤnge, Erwaͤhnung geſchehen war. Tags darauf ſchlug der Blitz, das Erz ſchmelzend, uͤber den Leichenſtein ein, und ließ nichts, ließnichts, als eine Anzahl von Buchſtaben ſtehen, die, zuſammen geleſen, alſo lauteten: ſie iſt gerichtet! — Der Vorfall (die Schriftgelehrten moͤgen ihn erklaͤren) iſt gegruͤndet; der Leichenſtein exiſtirt noch, und es leben Maͤnner in dieſer Stadt, die ihn ſamt der beſagten Inſchrift geſehen.
Theater.
Geſtern zum Erſtenmale: Der Sohn durch’s Ungefaͤhr; Poſſe in zwei Akten.
„C’est „C’est [emendiert ohne Hinweis im Kommentar] un rien“ wuͤrden die Franzoſen von dieſer Poſſe ſagen; und wir glauben ſogar, daß man dem Stuͤckchen nicht zu viel thaͤte, wenn man die fremde 22Redensart woͤrtlich uͤberſetzte und (freilich etwas haͤrter) von ihm ſagte: Es iſt ein Nichts. Aber auch ein ſolches Nichts, als voruͤbergehende Erſcheinung, darf, da wir nur eine Buͤhne haben, keinesweges verdraͤngt von ihr werden, und das Publikum bleibt der Direktion fuͤr Kleinigkeiten der Art, ſollten ſie auch nur wenige Male wiederholt werden, fuͤr jetzt noch immer Dank ſchuldig. Wem mit Variationen auf das beliebte „Rochus Pumpernickel“ mit etwas „Je toller je beſſer“ vermiſcht, gedient iſt; der gehe und hoͤre und ſehe den Sohn durch’s Ungefaͤhr mit ſeinen beiden unuͤberſchwenglichen Redensarten, die durch das ganze Stuͤck wie zwei gewaltige Grundtoͤne durchgehen, nehmlich Nr. 1.: Stellen Sie ſich vor! und Nr. 2.: daran iſt gar nicht zu zweifeln! — — Die naͤhere Beſchreibung des Stuͤcks; was Alles drin vorkommt, wann der erſte Act aufhoͤrt und wann der zweite anfaͤngt, wird wahrſcheinlich in den naͤchſten Blaͤttern unſrer Zeitungen zu leſen ſeyn. Daran iſt gar nicht zu zweifeln. Wir aber wollen von dieſer kleinen Wenigkeit nur noch ſagen, daß ſie mit mehr Praͤciſion und ineinander greifender gegeben wurde, als manch vorzuͤgliches Luſt⸗ oder Trauerſpiel auf unſrer Buͤhne.
Stellen Sie ſich vor! Was die Schauſpieler im Einzelnen betrift, ſo zeigten ſich Herr Wurm und Herr Gern d. S. als aͤchte Komiker; Herr Stich wird in ſeinem Fache mit jedem Tage ſicherer und gewandter; Herr Kaſelitz und Herr Labes ſpielten wie gewoͤhnlich, Herr Berger lobenswerth⸗moderat. Mad. Fleck war recht huͤbſch; auch Madame Vanini hat mitgeſpielt.
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Tagesbegebenheiten.
Dem Bauer Muͤnchenhofe iſt ein neues Sielerzeug vom Pferde geſtohlen, mit dem er eine Spruͤtze zur Loͤſchung des Brandes in Lichtenberg fuͤhren wollte.
Der Hausknecht Dieme, im Dienſt des Kaufmann Grebin, iſt wegen zu ſchnellen Fahrens auf der Straße verhaftet.
Beim Nachmeſſen eines halben Haufens Torf, den der Schullehrer Kruͤger gekauft hatte, fehlten 12 Kiepen, daher die Schiffer, welche das Meſſen verrichtet haben, zur Unterſuchung gezogen ſind.
An das Publikum. Publicum. Publicum.
Um alle uns bis jetzt bekannt gewordene Wuͤnſche des Publikums in Hinſicht der Austheilung der Berliner Abendblaͤtter zu befriedigen, ſind folgende Veranſtaltungen getroffen worden.
1) Da man das bisherige Lokal, bei dem außerordentlichen Andrange von Menſchen, zu enge befunden; ſo werden, von Montag den 8. d. an, die gedachten Abendblaͤtter nicht mehr hinter der Katholiſchen Kirche Nr. 3; ſondern in der Leihbibliothek des Herrn Kralowsky in der Jaͤgerſtraße Nr. 25 Parterre, Parterre ausgegeben werden. Die Stunde, in der dies geſchieht, bleibt fuͤr die neuen Blaͤtter eines jeden Tages, wie bisher, die von 5 bis 6 Uhr; dagegen ſind die vom vorigen Tage ebendaſelbſt, (naͤmlich bei Hrn. Hrn Hrn Kralowsky) von Morgens 8 bis Mittags 12 Uhr, und von Nachmittags 2 bis Abends 6 Uhr zu haben; ſo wie auch in dieſer ganzen Zeit Abonnements angenommen werden.
2) Wer die Abendblaͤtter jeden Abend ins Haus geſchickt verlangt, kann ſich, er moͤge abonnirt haben wo er wolle, unter Vorzeigung ſeiner Abonnements⸗Quittung, an Herrn Buchalsky in der Fiſcher⸗StraßeNr. 13. wenden, welcher vierteljaͤhrlich nicht mehr als 4 gGr. Bringegeld nimmt.
3) Derjenige Theil des Publikums, der der Poſt nahe wohnt, kann die Abendblaͤtter auch von da jeden Abend abholen laſſen, wenn er deshalb mit NNEinem der Herrn Hof⸗Poſt⸗Secretaire Verabredungen trifft.
4) Es werden in den naͤchſten Tagen, auch fuͤr die entfernteren Gegenden der Stadt, Orte angezeigt werden, wo deren Einwohner ſich abonniren und jeden Abend die Blaͤtter erhalten koͤnnen.
5) Auswaͤrtige Abonnenten duͤrfen ſich nur an die Poſtaͤmter ihres Wohnorts addreſſiren, da das hieſige Hof⸗Poſtamt die Guͤte gehabt hat, an ſaͤmtliche Poſtaͤmter in den Koͤnigl. Staaten Frei⸗Exemplare des erſten Blattes, mit der Aufforderung, Abonnenten zu ſammeln, zu uͤberſenden.
Uebrigens wird nur auf den Schluß des vierten Blattes (vom 4ten October) verwieſen, um das Publikum zu uͤberzeugen, daß bloß das, was dieſes Blatt aus Berlin meldet, das Neueſte und das Wahrhafteſte ſei.
Nachſchrift. Auf viele deßfalſige Anfragen wird endlich auch bemerkt, daß es ſich von ſelbſt selbst [emendiert ohne Hinweis im Kommentar] verſtehe: daß jeder der jetzt noch, oder auch ſpaͤter, mit 18 Gr. fuͤr das 1ſte Vierteljahr abonnirt, alle Stuͤcke des Blattes, vom 1ſten October an, die bisher ausgegeben worden, nachgeliefert erhaͤlt.
Berlin, den 5ten October 1810.
Die Redaction der Abendblaͤtter.