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Ode auf den Wiedereinzug des Koͤnigs im /Winter 1809./
H. v. K./
Literariſche Merkwuͤrdigkeiten. /
Wir erwarten in wenigen Tagen die Erſcheinung /der Lettres sur l’Allemagne von Madame Stael. Es / 30 ſind die Fruͤchte der Reiſen dieſer merkwuͤrdigen Frau,/ vielleicht auch der haͤuslichen Unterweiſung ihrer Freun/de, welche dieſe Syrene entfuͤhrt, und anſtaͤndigeren /Wirkungskreiſen abwendig gemacht hat. Da werden /wir Deutſche nun der großen Welt und den Franzo/ſen vorgeſtellt, vielleicht gar empfohlen werden; man /wird zeigen, wie wir den idéalisme repraͤſentirten, /waͤhrend Frankreich den réalisme; wir werden behan/delt werden, wie es einem jungen, geſunden, mitun/ter etwas ſchwaͤrmeriſchen, oder ſtoͤrrigen, oder ſtum/ 40 men, oder ungeſchickten Liebhaber gebuͤhrt, den eine /ſolche Dame in die Welt einzufuͤhren wuͤrdigt; kurz, /wie der Baͤr im Park der Madame Stael. Deutſch/land mit ſeinen Schickſalen eignet ſich unvergleichlich /fuͤr die douce melancolie ſeiner Beſchuͤtzerinn, und wenn /ſich die Empfindung auf Reiſen begiebt, ſo findet ſie /bei uns viel zu ſchaffen. Was waͤren wir Deutſche /auch, wenn es keinen Villers und keine Stael gaͤbe? — /Nur das Eine hoffen wir, daß diesmal endlich der /Geoffroy bekehrt werde, denn ſo lange wir den nicht / 50 haben, hat auch der Deutſche Geiſt den Rhein nicht /uͤberſchritten. /
Viel naͤher ſteht uns, da wir einmal von geiſt/reichen Frauen reden, die Schrift unſrer Landsmaͤn/nin, der Frau von Fouqué, „uͤber weibliche Bildung,“ /welche gleichfalls in dieſen Tagen erwartet wird. Ohne /jenen Empfindungsballaſt, der auf allen Muſeen und/ Landſtraßen Europas zuſammengeleſen, und ohne jenen /geſpraͤchigen, wolluͤſtigen, in ſeinem eignen Nebel /ſchwelgenden Truͤbſinn, wird hier eine deutſche Frau, / 60 mit ihrer eigenthuͤmlichen Klarheit und Innigkeit, uͤber /die Grenzen ihres Geſchlechts reden. /
Das groͤßte aber und theuerſte, was wir eben jetzt /aus Frauenhaͤnden erhalten, ſind die unvergleichlichen /21Denkwuͤrdigkeiten der Prinzeſſinn Friedrike von Bai/reuth. Was koͤnnte uns aufregen, erheben und ent/zuͤcken, wie eine Fuͤrſtinn unſers Hauſes, die, groß /und gut geworden, unter unnachlaſſenden Leiden, ihr /Leben mit dem eignen und voͤllig unabſichtlichen Tief/ſinn der Weiblichkeit erzaͤhlt? — Und iſt nicht dieſe / 70 Leidensſchoͤnheit das beſondere Erbtheil aller Frauen /unſers Fuͤrſtenhauſes? /
A. M./
Der Griffel Gottes./
In Polen Pohlen war eine Graͤfinn von P...., eine be/jahrte Dame, die ein ſehr boͤsartiges Leben fuͤhrte, und /beſonders ihre Untergebenen, durch ihren Geiz und ihre /Grauſamkeit, bis auf das Blut quaͤlte. Dieſe Dame, /als ſie ſtarb, vermachte einem Kloſter, das ihr die Ab/ſolution ertheilt hatte, ihr Vermoͤgen; wofuͤr ihr das / 80 Kloſter, auf dem Gottesacker, einen koſtbaren, aus Erz /gegoſſenen, Leichenſtein ſetzen ließ, auf welchem dieſes /Umſtandes, mit vielem Gepraͤnge, Erwaͤhnung geſche/hen war. Tags darauf ſchlug der Blitz, das Erz /ſchmelzend, uͤber den Leichenſtein ein, und ließ nichts, ließnichts, /als eine Anzahl von Buchſtaben ſtehen, die, zuſammen /geleſen, alſo lauteten: ſie iſt gerichtet! — Der /Vorfall (die Schriftgelehrten moͤgen ihn erklaͤren) iſt /gegruͤndet; der Leichenſtein exiſtirt noch, und es leben /Maͤnner in dieſer Stadt, die ihn ſamt der beſagten / 90 Inſchrift geſehen./
Theater. /
Geſtern zum Erſtenmale: Der Sohn durch’s/ Ungefaͤhr; Poſſe in zwei Akten. /
„C’est „C’est [emendiert ohne Hinweis im Kommentar] un rien“ wuͤrden die Franzoſen von dieſer /Poſſe ſagen; und wir glauben ſogar, daß man dem /Stuͤckchen nicht zu viel thaͤte, wenn man die fremde /22Redensart woͤrtlich uͤberſetzte und (freilich etwas haͤr/ter) von ihm ſagte: Es iſt ein Nichts. Aber auch ein /ſolches Nichts, als voruͤbergehende Erſcheinung, darf, / 100 da wir nur eine Buͤhne haben, keinesweges verdraͤngt /von ihr werden, und das Publikum bleibt der Direk/tion fuͤr Kleinigkeiten der Art, ſollten ſie auch nur /wenige Male wiederholt werden, fuͤr jetzt noch immer /Dank ſchuldig. Wem mit Variationen auf das be/liebte „Rochus Pumpernickel“ mit etwas „Je toller je /beſſer“ vermiſcht, gedient iſt; der gehe und hoͤre und /ſehe den Sohn durch’s Ungefaͤhr mit ſeinen beiden /unuͤberſchwenglichen Redensarten, die durch das ganze /Stuͤck wie zwei gewaltige Grundtoͤne durchgehen, nehm/ 110 lich Nr. 1.: Stellen Sie ſich vor! und Nr. 2.:/ daran iſt gar nicht zu zweifeln! — — Die naͤ/here Beſchreibung des Stuͤcks; was Alles drin vor/kommt, wann der erſte Act aufhoͤrt und wann der zweite /anfaͤngt, wird wahrſcheinlich in den naͤchſten Blaͤttern /unſrer Zeitungen zu leſen ſeyn. Daran iſt gar nicht /zu zweifeln. Wir aber wollen von dieſer kleinen We/nigkeit nur noch ſagen, daß ſie mit mehr Praͤciſion und /ineinander greifender gegeben wurde, als manch vorzuͤg/liches Luſt⸗ oder Trauerſpiel auf unſrer Buͤhne. / 120
Stellen Sie ſich vor! Was die Schauſpieler im Ein/zelnen betrift, ſo zeigten ſich Herr Wurm und Herr Gern /d. S. als aͤchte Komiker; Herr Stich wird in ſeinem /Fache mit jedem Tage ſicherer und gewandter; Herr /Kaſelitz und Herr Labes ſpielten wie gewoͤhnlich, Herr /Berger lobenswerth⸗moderat. Mad. Fleck war recht /huͤbſch; auch Madame Vanini hat mitgeſpielt. /
++ /
Tagesbegebenheiten. /
Dem Bauer Muͤnchenhofe iſt ein neues Sieler/ 130 zeug vom Pferde geſtohlen, mit dem er eine Spruͤtze /zur Loͤſchung des Brandes in Lichtenberg fuͤhren wollte. /
Der Hausknecht Dieme, im Dienſt des Kaufmann/ Grebin, iſt wegen zu ſchnellen Fahrens auf der Straße /verhaftet. /
Beim Nachmeſſen eines halben Haufens Torf, den /der Schullehrer Kruͤger gekauft hatte, fehlten 12 Kie/pen, daher die Schiffer, welche das Meſſen verrichtet /haben, zur Unterſuchung gezogen ſind. /
An das Publikum. Publicum. Publicum. / 140
Um alle uns bis jetzt bekannt gewordene Wuͤnſche des /Publikums in Hinſicht der Austheilung der Berliner /Abendblaͤtter zu befriedigen, ſind folgende Veran/ſtaltungen getroffen worden. /
1) Da man das bisherige Lokal, bei dem außeror/dentlichen Andrange von Menſchen, zu enge befun/den; ſo werden, von Montag den 8. d. an, die /gedachten Abendblaͤtter nicht mehr hinter der /Katholiſchen Kirche Nr. 3; ſondern in der /Leihbibliothek des Herrn Kralowsky in / 150 der Jaͤgerſtraße Nr. 25 Parterre, Parterre ausge/geben werden. Die Stunde, in der dies geſchieht, /bleibt fuͤr die neuen Blaͤtter eines jeden Tages, /wie bisher, die von 5 bis 6 Uhr; dagegen ſind /die vom vorigen Tage ebendaſelbſt, (naͤmlich bei / Hrn. Hrn Hrn Kralowsky) von Morgens 8 bis Mittags /12 Uhr, und von Nachmittags 2 bis Abends /6 Uhr zu haben; ſo wie auch in dieſer ganzen /Zeit Abonnements angenommen werden. /
2) Wer die Abendblaͤtter jeden Abend ins Haus ge/ 160 ſchickt verlangt, kann ſich, er moͤge abonnirt ha/ben wo er wolle, unter Vorzeigung ſeiner Abon/nements⸗Quittung, an Herrn Buchalsky in /der Fiſcher⸗StraßeNr. 13. wenden, welcher /vierteljaͤhrlich nicht mehr als 4 gGr. Bringegeld /nimmt. /
3) Derjenige Theil des Publikums, der der Poſt /nahe wohnt, kann die Abendblaͤtter auch von da /jeden Abend abholen laſſen, wenn er deshalb mit /NNEinem der Herrn Hof⸗Poſt⸗Secretaire Verabre/ 170 dungen trifft. /
4) Es werden in den naͤchſten Tagen, auch fuͤr die /entfernteren Gegenden der Stadt, Orte angezeigt /werden, wo deren Einwohner ſich abonniren und /jeden Abend die Blaͤtter erhalten koͤnnen. /
5) Auswaͤrtige Abonnenten duͤrfen ſich nur an die /Poſtaͤmter ihres Wohnorts addreſſiren, da das hieſige /Hof⸗Poſtamt die Guͤte gehabt hat, an ſaͤmtliche /Poſtaͤmter in den Koͤnigl. Staaten Frei⸗Exem/plare des erſten Blattes, mit der Aufforderung, / 180 Abonnenten zu ſammeln, zu uͤberſenden. /
Uebrigens wird nur auf den Schluß des vierten /Blattes (vom 4ten October) verwieſen, um das Pu/blikum zu uͤberzeugen, daß bloß das, was dieſes /Blatt aus Berlin meldet, das Neueſte und /das Wahrhafteſte ſei. /
Nachſchrift. Auf viele deßfalſige Anfragen /wird endlich auch bemerkt, daß es ſich von ſelbſt selbst [emendiert ohne Hinweis im Kommentar] / verſtehe: /daß jeder der jetzt noch, oder auch ſpaͤter, / 190 mit 18 Gr. fuͤr das 1ſte Vierteljahr abonnirt, /alle Stuͤcke des Blattes, vom 1ſten Octo/ber an, die bisher ausgegeben worden, nachgelie/fert erhaͤlt. /
Berlin, den 5ten October 1810. /
Die Redaction der Abendblaͤtter. /