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Ode auf den Wiedereinzug des Koͤnigs im
Winter 1809.
Durch ein Portal ſiegprangend eingefuͤhrt?
Du wendeſt Dich, begruͤßt vom Schall der Lieder,5
Und Deine ſchoͤne Bruſt, ſie ſcheint geruͤhrt.
Blick’ auf, o Herr! Du kehrſt als Sieger wieder,
Wie hoch auch immer Caͤſar triumphirt:
Ihm iſt die Schaar der Goͤtter zugefallen,
Jedoch den Menſchen haſt Du wohlgefallen.10
Dem Du, um nicht’gen Ruhms, Dich nicht geweiht.
Du haͤtteſt noch, in den Entſcheidungstagen,
Der hoͤchſten Friedensopfer keins geſcheut.
Die ſchoͤnſte Tugend, laß mich’s kuͤhn Dir ſagen,15
Hat mit dem Gluͤck des Krieges Dich entzweit:
Du brauchteſt Wahrheit weniger zu lieben,
Und Sieger waͤrſt Du, auf dem Schlachtfeld, blieben.
Die Huͤtten laß’ ein Raub der Flammen ſein!20
Du haſt die Bruſt geboten, ſie zu ſchirmen:
Dem Lethe wollen wir die Asche weihn.
Und muͤßt’ auch ſelbſt noch, auf der Hauptſtadt
Thuͤrmen,
Der Kampf ſich, fuͤr das heil’ge Recht, erneun:
Sie ſind gebaut, o Herr, wie hell ſie blinken,25
Fuͤr beſſ’re Guͤter in den Staub zu ſinken!
H. v. K.
Literariſche Merkwuͤrdigkeiten.
Wir erwarten in wenigen Tagen die Erſcheinung
der Lettres sur
l’Allemagne von Madame Stael. Es 30
ſind die Fruͤchte der
Reiſen dieſer merkwuͤrdigen Frau,
vielleicht auch der haͤuslichen Unterweiſung ihrer Freun⸗
de, welche dieſe Syrene entfuͤhrt, und
anſtaͤndigeren
Wirkungskreiſen abwendig gemacht hat. Da werden
wir Deutſche nun der großen Welt und den
Franzo⸗35
ſen vorgeſtellt,
vielleicht gar empfohlen werden; man
wird zeigen, wie wir den idéalisme repraͤſentirten,
waͤhrend Frankreich den réalisme; wir
werden behan⸗
delt
werden, wie es einem jungen, geſunden, mitun⸗
ter etwas ſchwaͤrmeriſchen, oder ſtoͤrrigen, oder ſtum⸗40
men, oder ungeſchickten
Liebhaber gebuͤhrt, den eine
ſolche Dame in die Welt einzufuͤhren
wuͤrdigt; kurz,
wie der Baͤr im Park der Madame Stael. Deutſch⸗
land mit ſeinen Schickſalen eignet
ſich unvergleichlich
fuͤr die douce melancolie ſeiner Beſchuͤtzerinn, und wenn 45
ſich die
Empfindung auf Reiſen begiebt, ſo findet ſie
bei uns viel zu ſchaffen.
Was waͤren wir Deutſche
auch, wenn es keinen Villers und keine Stael gaͤbe? —
Nur das Eine hoffen wir, daß diesmal endlich der
Geoffroy bekehrt werde, denn ſo lange wir den nicht 50
haben, hat auch der Deutſche Geiſt den Rhein nicht
uͤberſchritten.
Viel naͤher ſteht uns, da wir einmal von
geiſt⸗
reichen Frauen
reden, die Schrift unſrer Landsmaͤn⸗
nin, der Frau von Fouqué,
„uͤber weibliche Bildung,“ 55
welche gleichfalls in dieſen Tagen erwartet
wird. Ohne
jenen Empfindungsballaſt, der auf
allen Muſeen und
Landſtraßen Europas zuſammengeleſen, und ohne jenen
geſpraͤchigen, wolluͤſtigen, in ſeinem eignen Nebel
ſchwelgenden Truͤbſinn, wird hier eine deutſche Frau, 60
mit ihrer
eigenthuͤmlichen Klarheit und Innigkeit, uͤber
die Grenzen ihres
Geſchlechts reden.
Das groͤßte aber und theuerſte, was wir eben
jetzt
aus Frauenhaͤnden erhalten, ſind die unvergleichlichen
21Denkwuͤrdigkeiten der
Prinzeſſinn Friedrike von Bai⸗65
reuth. Was koͤnnte uns aufregen, erheben und ent⸗
zuͤcken, wie eine Fuͤrſtinn unſers Hauſes, die, groß
und gut geworden, unter unnachlaſſenden Leiden, ihr
Leben mit dem eignen und voͤllig unabſichtlichen
Tief⸗
ſinn der
Weiblichkeit erzaͤhlt? — Und iſt nicht dieſe 70
Leidensſchoͤnheit das beſondere
Erbtheil aller Frauen
unſers Fuͤrſtenhauſes?
A. M.
Der Griffel
Gottes.
In
Polen
Pohlen
war eine Graͤfinn von P...., eine be⸗75
jahrte Dame, die ein ſehr boͤsartiges Leben fuͤhrte,
und
beſonders ihre Untergebenen, durch ihren Geiz und ihre
Grauſamkeit, bis auf das Blut quaͤlte. Dieſe
Dame,
als ſie ſtarb, vermachte einem Kloſter, das ihr die Ab⸗
ſolution ertheilt
hatte, ihr Vermoͤgen; wofuͤr ihr das 80
Kloſter, auf dem Gottesacker, einen koſtbaren, aus Erz
gegoſſenen,
Leichenſtein ſetzen ließ, auf welchem dieſes
Umſtandes, mit vielem
Gepraͤnge, Erwaͤhnung geſche⸗
hen war. Tags darauf ſchlug der Blitz, das Erz
ſchmelzend, uͤber den Leichenſtein ein, und
ließ nichts,
ließnichts,
85
als eine Anzahl von Buchſtaben ſtehen, die, zuſammen
geleſen, alſo lauteten: ſie iſt gerichtet! —
Der
Vorfall (die Schriftgelehrten moͤgen ihn
erklaͤren) iſt
gegruͤndet; der Leichenſtein exiſtirt noch, und es leben
Maͤnner in dieſer Stadt, die ihn ſamt der beſagten 90
Inſchrift geſehen.
Theater.
Geſtern zum Erſtenmale: Der Sohn durch’s
Ungefaͤhr; Poſſe in zwei Akten.
„Cest
„C’est
„C’est [emendiert ohne Hinweis im Kommentar]
un rien“ wuͤrden die Franzoſen von dieſer 95
Poſſe ſagen; und
wir glauben ſogar, daß man dem
Stuͤckchen nicht zu viel thaͤte, wenn man
die fremde
22Redensart
woͤrtlich uͤberſetzte und (freilich etwas haͤr⸗
ter) von ihm ſagte: Es iſt ein Nichts. Aber auch ein
ſolches Nichts, als voruͤbergehende
Erſcheinung, darf, 100
da wir nur eine Buͤhne haben, keinesweges verdraͤngt
von ihr werden, und das Publikum bleibt der Direk⸗
tion fuͤr Kleinigkeiten der Art, ſollten ſie
auch nur
wenige Male wiederholt werden, fuͤr jetzt noch immer
Dank ſchuldig. Wem mit Variationen auf das
be⸗105
liebte „Rochus Pumpernickel“ mit etwas „Je toller je
beſſer“ vermiſcht,
gedient iſt; der gehe und hoͤre und
ſehe den Sohn durch’s Ungefaͤhr mit ſeinen beiden
unuͤberſchwenglichen
Redensarten, die durch das ganze
Stuͤck wie zwei gewaltige Grundtoͤne
durchgehen, nehm⸗110
lich
Nr. 1.: Stellen Sie ſich vor! und Nr. 2.:
daran iſt gar nicht zu zweifeln!
— — Die naͤ⸗
here Beſchreibung des Stuͤcks; was Alles drin vor⸗
kommt, wann der erſte Act aufhoͤrt und wann
der zweite
anfaͤngt, wird
wahrſcheinlich in den naͤchſten Blaͤttern 115
unſrer Zeitungen zu leſen
ſeyn. Daran iſt gar
nicht
zu zweifeln. Wir aber wollen von
dieſer kleinen We⸗
nigkeit nur noch ſagen, daß ſie mit mehr Praͤciſion und
ineinander greifender gegeben wurde, als manch vorzuͤg⸗
liches Luſt⸗ oder Trauerſpiel auf unſrer Buͤhne.
120
Stellen
Sie ſich vor! Was die Schauſpieler im Ein⸗
zelnen betrift, ſo zeigten ſich Herr Wurm und Herr Gern
d. S. als aͤchte Komiker; Herr Stich wird in ſeinem
Fache mit jedem
Tage ſicherer und gewandter; Herr
Kaſelitz und Herr Labes ſpielten wie
gewoͤhnlich, Herr 125
Berger
lobenswerth⸗moderat. Mad. Fleck war recht
huͤbſch; auch Madame Vanini hat mitgeſpielt.
++
Tagesbegebenheiten.
Dem Bauer Muͤnchenhofe iſt ein neues Sieler⸗130
zeug vom Pferde geſtohlen, mit dem er eine Spruͤtze
zur
Loͤſchung des Brandes in Lichtenberg
fuͤhren wollte.
Der Hausknecht
Dieme, im Dienſt des Kaufmann
Grebin, iſt wegen zu
ſchnellen Fahrens auf der Straße
verhaftet. 135
Beim Nachmeſſen
eines halben Haufens Torf, den
der Schullehrer Kruͤger gekauft hatte, fehlten 12 Kie⸗
pen, daher die Schiffer, welche das Meſſen verrichtet
haben, zur Unterſuchung gezogen ſind.
An das
Publikum.
Publicum.
Publicum.
140
Um alle
uns bis jetzt bekannt gewordene Wuͤnſche des
Publikums in Hinſicht der
Austheilung der Berliner
Abendblaͤtter zu befriedigen, ſind folgende
Veran⸗
ſtaltungen getroffen worden.
1) Da man das bisherige Lokal, bei dem außeror⸗145
dentlichen Andrange von Menſchen, zu enge befun⸗
den; ſo werden, von Montag den 8. d. an, die
gedachten Abendblaͤtter
nicht mehr hinter der
Katholiſchen Kirche Nr.
3; ſondern in der
Leihbibliothek des Herrn Kralowsky in 150
der Jaͤgerſtraße Nr. 25
Parterre,
Parterre
ausge⸗
geben werden. Die Stunde, in der dies geſchieht,
bleibt fuͤr die neuen
Blaͤtter eines jeden Tages,
wie bisher, die von 5 bis 6 Uhr; dagegen ſind
die vom vorigen Tage ebendaſelbſt, (naͤmlich bei 155
Hrn.
Hrn
Hrn
Kralowsky) von Morgens 8 bis Mittags
12 Uhr, und von
Nachmittags 2 bis Abends
6 Uhr zu haben; ſo wie auch in dieſer ganzen
Zeit Abonnements angenommen werden.
2) Wer die Abendblaͤtter jeden
Abend ins Haus ge⸗160
ſchickt
verlangt, kann ſich, er moͤge abonnirt ha⸗
ben wo er wolle, unter Vorzeigung ſeiner Abon⸗
nements⸗Quittung, an Herrn Buchalsky in
der Fiſcher⸗StraßeNr. 13. wenden, welcher
vierteljaͤhrlich
nicht mehr als 4 gGr. Bringegeld 165
nimmt.
3) Derjenige Theil des
Publikums, der der Poſt
nahe wohnt, kann die Abendblaͤtter
auch von da
jeden Abend abholen laſſen, wenn er deshalb mit
NNEinem der Herrn
Hof⸗Poſt⸗Secretaire Verabre⸗170
dungen trifft.
4) Es werden in den naͤchſten
Tagen, auch fuͤr die
entfernteren Gegenden der Stadt, Orte angezeigt
werden, wo deren Einwohner ſich abonniren und
jeden
Abend die Blaͤtter erhalten koͤnnen. 175
5) Auswaͤrtige Abonnenten
duͤrfen ſich nur an die
Poſtaͤmter ihres Wohnorts addreſſiren, da das hieſige
Hof⸗Poſtamt die Guͤte gehabt
hat, an ſaͤmtliche
Poſtaͤmter in den Koͤnigl. Staaten Frei⸗Exem⸗
plare des erſten
Blattes, mit der Aufforderung, 180
Abonnenten zu ſammeln, zu uͤberſenden.
Uebrigens wird nur auf den Schluß des vierten
Blattes (vom 4ten
October) verwieſen, um das Pu⸗
blikum zu uͤberzeugen, daß bloß das, was
dieſes
Blatt aus Berlin
meldet, das Neueſte und 185
das Wahrhafteſte ſei.
Nachſchrift.
Auf viele deßfalſige Anfragen
wird endlich auch bemerkt, daß es ſich von
ſeblſt
ſelbſt
selbst [emendiert ohne Hinweis im Kommentar]
verſtehe:
daß jeder der jetzt noch, oder auch ſpaͤter,
190
mit 18 Gr. fuͤr das 1ſte Vierteljahr abonnirt,
alle Stuͤcke des Blattes, vom 1ſten Octo⸗
ber an, die bisher ausgegeben worden, nachgelie⸗
fert erhaͤlt.
Berlin, den
5ten October 1810. 195
Die Redaction der
Abendblaͤtter.