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Das Erdbeben in Chili.

Textwiedergabe  nach Erzählungen:1810.

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307Faksimile

Das Erdbeben in Chili.

In St. Jago, der Hauptſtadt des Koͤnig⸗
reichs
Chili, ſtand gerade in dem Augenblicke
der großen Erderſchuͤtterung vom Jahre 1647,
bei welcher viele tauſend Menſchen ihren Un⸗5
tergang
fanden, ein junger, auf ein Verbre⸗
chen
angeklagter Spanier, Namens Jero⸗
nimo
Rugera
, an einem Pfeiler des Ge⸗
faͤngniſſes
, in welches man ihn eingeſperrt
hatte, und wollte ſich erhenken.
Don Hen⸗10
rico
Aſteron
, einer der reichſten Edelleute
der Stadt, hatte ihn ungefaͤhr ein Jahr zu⸗
vor
aus ſeinem Hauſe, wo er als Lehrer an⸗
geſtellt
war, entfernt, weil er ſich mit Don⸗
na
Joſephe
, ſeiner einzigen Tochter, in 15
einem zaͤrtlichen Einverſtaͤndniß befunden hatte.
Eine geheime Beſtellung, die dem alten Don,
nachdem er die Tochter nachdruͤcklich gewarnt
U 2308Faksimilehatte, durch die haͤmiſche Aufmerkſamkeit ſei⸗
nes
ſtolzen Sohnes verrathen worden war, 20
entruͤſtete ihn dergeſtalt, daß er ſie in dem
Karmeliter-Kloſter unſrer lieben Frauen vom
Berge daſelbſt unterbrachte.
Durch einen
gluͤcklichen Zufall hatte Jeronimo hier die
Verbindung von neuem anzuknuͤpfen gewußt, 25
und in einer verſchwiegenen Nacht den Klo⸗
ſtergarten
zum Schauplatze ſeines vollen Gluͤk⸗
kes
gemacht.
Es war am Frohnleichnamsfeſte,
und die feierliche Prozeſſion der Nonnen,
welchen die Novizen folgten, nahm eben ih⸗30
ren
Anfang, als die ungluͤckliche Joſephe, bei
dem Anklange der Glocken, in Mutterwehen
auf den Stufen der Kathedrale niederſank.

Dieſer Vorfall machte außerordentliches Auf⸗
ſehn
; man brachte die junge Suͤnderin, ohne 35
Ruͤckſicht auf ihren Zuſtand, ſogleich in ein
Gefaͤngniß, und kaum war ſie aus den Wo⸗
chen
erſtanden, als ihr ſchon, auf Befehl des
Erzbischofs, der geſchaͤrfteſte Prozeß gemacht
ward.
Man ſprach in der Stadt mit einer 40
ſo großen Erbitterung von dieſem Skandal,
309Faksimileund die Zungen fielen ſo ſcharf uͤber das ganze
Kloſter her, in welchem er ſich zugetragen
hatte, daß weder die Fuͤrbitte der Familie Aſt⸗
eron
, noch auch ſogar der Wunſch der Aebtiſſin 45
ſelbſt, welche das junge Maͤdchen wegen ihres
ſonſt untadelhaften Betragens lieb gewonnen
hatte, die Strenge, mit welcher das kloͤſterliche
Geſetz ſie bedrohte, mildern konnte.
Alles, was
geſchehen konnte, war, daß der Feuertod, zu50
dem ſie verurtheilt wurde, zur großen Ent⸗
ruͤſtung
der Matronen und Jungfrauen von
St. Jago, durch einen Machtſpruch des Vi⸗
cekoͤnigs
, in eine Enthauptung verwandelt
ward.
Man vermiethete in den Straßen, 55
durch welche der Hinrichtungſzug gehen ſollte,
die Fenſter, man trug die Daͤcher der Haͤuſer
ab, und die frommen Toͤchter der Stadt lu⸗
den
ihre Freundinnen ein, um dem Schau⸗
ſpiele
, das der goͤttlichen Rache gegeben wur⸗60
de
, an ihrer ſchweſterlichen Seite beizuwoh⸗
nen
.
Jeronimo, der inzwiſchen auch in ein
Gefaͤngniß geſetzt worden war, wollte die
Beſinnung verlieren, als er dieſe ungeheure
310FaksimileWendung der Dinge erfuhr.
Vergebens ſann 65
er auf Rettung: uͤberall, wohin ihn auch der
Fittig der vermeſſenſten Gedanken trug, ſtieß
er auf Riegel und Mauern, und ein Verſuch,
die Gitterfenſter zu durchfeilen, zog ihm, da
er entdeckt ward, eine nur noch engere Ein⸗70
ſperrung
zu.
Er warf ſich vor dem Bildniſſe
der heiligen Mutter Gottes nieder, und be⸗
tete
mit unendlicher Inbrunſt zu ihr, als der
Einzigen, von der ihm jetzt noch Rettung kom⸗
men
koͤnnte.
Doch der gefuͤrchtete Tag er⸗75
ſchien
, und mit ihm in ſeiner Bruſt die Ue⸗
berzeugung
von der voͤlligen Hoffnungsloſig⸗
keit
ſeiner Lage.
Die Glocken, welche Joſe⸗
phen
zum Richtplatze begleiteten, ertoͤnten,
und Verzweiflung bemaͤchtigte ſich ſeiner Seele.
80
Das Leben ſchien ihm verhaßt, und er be⸗
ſchlo
ß, ſich durch einen Strick, den ihm der
Zufall gelaſſen hatte, den Tod zu geben.
Eben
ſtand er, wie ſchon geſagt, an einem Wand⸗
pfeiler
, und befeſtigte den Strick, der ihn 85
dieſer jammervollen Welt entreißen ſollte, an
eine Eiſenklammer, die an dem Geſimſe der⸗
311Faksimileſelben
eingefugt war; als ploͤtzlich der groͤßte
Theil der Stadt, mit einem Gekrache, als ob
das Firmament einſtuͤrzte, verſank, und alles, 90
was Leben athmete, unter ſeinen Truͤmmern
begrub.
Jeronimo Rugera war ſtarr vor
Entſetzen; und gleich als ob ſein ganzes Be⸗
wußtſeyn
zerſchmettert worden waͤre, hielt er
ſich jetzt an dem Pfeiler, an welchem er hatte 95
ſterben wollen, um nicht umzufallen.
Der
Boden wankte unter ſeinen Fuͤßen, alle Waͤnde
des Gefaͤngniſſes riſſen, der ganze Bau neigte
sich, nach der Straße zu einzuſtuͤrzen, und
nur der, ſeinem langſamen Fall begegnende, 100
Fall des gegenuͤberſtehendes gegenuͤberſtehenden Gebaͤudes verhin⸗
derte
, durch eine zufaͤllige Woͤlbung, die
gaͤnzliche Zubodenſtreckung desſelben.
Zitternd,
mit ſtraͤubenden Haaren, und Knieen, die un⸗
ter
ihm brechen wollten, glitt Jeronimo uͤber 105
den ſchiefgeſenkten Fußboden hinweg, der Oeff⸗
nung
zu, die der Zuſammenſchlag beider Haͤu⸗
ſer
in die vordere Wand des Gefaͤngniſſes ein⸗
geriſſen
hatte.
Kaum befand er ſich im Freien,
als die ganze, ſchon erſchuͤtterte Straße auf 110
312Faksimileeine zweite Bewegung der Erde voͤllig zuſam⸗
menfiel
.
Beſinnungslos, wie er ſich aus die⸗
ſem
allgemeinen Verderben retten wuͤrde, eilte
er, uͤber Schutt und Gebaͤlk hinweg, indeſſen
der Tod von allen Seiten Angriffe auf ihn 115
machte, nach einem der naͤchſten Thore der
Stadt.
Hier ſtuͤrzte noch ein Haus zuſam⸗
men
, und jagte ihn, die Truͤmmer weit um⸗
herſchleudernd
, in eine Nebenſtraße; hier leckte
die Flamme ſchon, in Dampfwolken blitzend, 120
aus allen Giebeln, und trieb ihn ſchreckenvoll
in eine andere; hier waͤlzte ſich, aus ſeinem
Geſtade gehoben, der Mapochofluß auf ihn
heran, und riß ihn bruͤllend in eine dritte.

Hier lag ein Haufen Erſchlagener, hier aͤchzte 125
noch eine Stimme unter dem Schutte, hier
ſchrieen Leute von brennenden Daͤchern her⸗
ab
, hier kaͤmpften Menſchen und Thiere mit
den Wellen, hier war ein muthiger Retter
bemuͤht, zu helfen; hier ſtand ein Anderer, 130
bleich wie der Tod, und ſtreckte ſprachlos zit⸗
ternde
Haͤnde zum Himmel.
Als Jeronimo
das Thor erreicht, und einen Huͤgel jenſeits
313Faksimiledesſelben beſtiegen hatte, ſank er ohnmaͤchtig
auf demſelben nieder.
Er mochte wohl eine 135
Viertelſtunde in der tiefſten Bewußtloſigkeit
gelegen haben, als er endlich wieder erwachte,
und ſich, mit nach der Stadt gekehrtem Ruͤk⸗
ken
, halb auf dem Erdboden erhob.
Er be⸗
fuͤhlte
ſich Stirn und Bruſt, unwiſſend, was 140
er aus ſeinem Zuſtande machen ſollte, und
ein unſaͤgliches Wonnegefuͤhl ergriff ihn, als
ein Weſtwind, vom Meere her, ſein wieder⸗
kehrendes
Leben anwehte, und ſein Auge ſich
nach allen Richtungen uͤber die bluͤhende Ge⸗145
gend
von St. Jago hinwandte.
Nur die ver⸗
ſtoͤrten
Menſchenhaufen, die ſich uͤberall blik⸗
ken
ließen, beklemmten ſein Herz; er begriff
nicht, was ihn und ſie hiehergefuͤhrt haben
konnte, und erſt, da er ſich umkehrte, und 150
die Stadt hinter ſich verſunken ſah, erinnerte
er ſich des ſchrecklichen Augenblicks, den er er⸗
lebt
hatte.
Er ſenkte ſich ſo tief, daß ſeine
Stirn den Boden beruͤhrte, Gott fuͤr ſeine
wunderbare Errettung zu danken; und gleich, 155
als ob der eine entſetzliche Eindruck, der ſich
314Faksimileſeinem Gemuͤth eingepraͤgt hatte, alle fruͤhe⸗
ren
daraus verdraͤngt haͤtte, weinte er vor
Luſt, daß er ſich des lieblichen Lebens, voll
bunter Erſcheinungen, noch erfreue.
Drauf, 160
als er eines Ringes an ſeiner Hand gewahrte,
erinnerte er ſich ploͤtzlich auch Joſephens; und
mit ihr ſeines Gefaͤngniſſes, der Glocken, die
er dort gehoͤrt hatte, und des Augenblicks,
der dem Einſturze desſelben vorangegangen 165
war.
Tiefe Schwermuth erfuͤllte wieder ſeine
Bruſt; ſein Gebet fing ihn zu reuen an, und
fuͤrchterlich ſchien ihm das Weſen, das uͤber
den Wolken waltet.
Er miſchte ſich unter das
Volk, das uͤberall, mit Rettung des Eigen⸗170
thums
beſchaͤftigt, aus den Thoren ſtuͤrzte,
und wagte ſchuͤchtern nach der Tochter Aſte⸗
rons
, und ob die Hinrichtung an ihr vollzo⸗
gen
worden ſey, zu fragen; doch niemand
war, der ihm umſtaͤndliche Auskunft gab.
175
Eine Frau, die auf einem faſt zur Erde ge⸗
druͤckten
Nacken eine ungeheure Laſt von Ge⸗
raͤthſchaften
und zwei Kinder, an der Bruſt
haͤngend, trug, ſagte im Vorbeigehen, als ob
315Faksimileſie es ſelbſt angeſehen haͤtte: daß ſie enthaup⸗180
tet
worden ſey.
Jeronimo kehrte ſich um;
und da er, wenn er die Zeit berechnete,
ſelbſt an ihrer Vollendung nicht zweifeln konnte,
ſo ſetzte er ſich in einem einſamen Walde nie⸗
der
, und uͤberließ ſich ſeinem vollen Schmerz.
185
Er wuͤnſchte, daß die zerſtoͤrende Gewalt der
Natur von neuem uͤber ihn einbrechen moͤchte.

Er begriff nicht, warum er dem Tode, den
ſeine jammervolle Seele ſuchte, in jenen Au⸗
genblicken
, da er ihm freiwillig von allen 190
Seiten rettend erſchien, entflohen ſey.
Er
nahm ſich feſt vor, nicht zu wanken, wenn
auch jetzt die Eichen entwurzelt werden, und
ihre Wipfel uͤber ihn zuſammenſtuͤrzen ſollten.

Darauf nun, da er ſich ausgeweint hatte, 195
und ihm, mitten unter den heißeſten Thraͤ⸗
nen
, die Hoffnung wieder erſchienen war,
ſtand er auf, und durchſtreifte nach allen Rich⸗
tungen
das Feld.
Jeden Berggipfel, auf dem
ſich die Menſchen verſammelt hatten, beſuchte 200
er; auf allen Wegen, wo ſich der Strom der
Flucht noch bewegte, begegnete er ihnen; wo
316Faksimilenur irgend ein weibliches Gewand im Winde
flatterte, da trug ihn ſein zitternder Fuß hin:
doch keines deckte die geliebte Tochter Aſte⸗205
rons
.
Die Sonne neigte ſich, und mit ihr
ſeine Hoffnung ſchon wieder zum Untergange,
als er den Rand eines Felſens betrat, und
ſich ihm die Ausſicht in ein weites, nur von
wenig Menſchen beſuchtes Thal eroͤffnete.
Er 210
durchlief, unſchluͤſſig, was er thun ſollte, die
einzelnen Gruppen derſelben, und wollte ſich
ſchon wieder wenden, als er ploͤtzlich an einer
Quelle, die die Schlucht bewaͤſſerte, ein jun⸗
ges
Weib erblickte, beſchaͤftigt, ein Kind in 215
ſeinen Fluthen zu reinigen.
Und das Herz
huͤpfte ihm bei dieſem Anblick: Anblick; er ſprang voll
Ahndung uͤber die Geſteine herab, und rief:
O Mutter Gottes, du Heilige! und erkannte
Joſephen, als ſie ſich bei dem Geraͤuſche 220
ſchuͤchtern umſah.
Mit welcher Seligkeit um⸗
armten
ſie ſich, die Ungluͤcklichen, die ein
Wunder des Himmels gerettet hatte! Joſephe
war, auf ihrem Gang zum Tode, dem Richt⸗
platze
ſchon ganz nahe geweſen, als durch den 225
317Faksimilekrachenden Einſturz der Gebaͤude ploͤtzlich der
ganze Hinrichtungszug aus einander geſprengt
ward.
Ihre erſten entſetzensvollen Schritte tru⸗
gen
ſie hierauf dem naͤchſten Thore zu; doch die
Beſinnung kehrte ihr bald wieder, und ſie wandte 230
ſich, um nach dem Kloſter zu eilen, wo ihr
kleiner, huͤlfloſer Knabe zuruͤckgeblieben war.

Sie fand das ganze Kloſter ſchon in Flam⸗
men
, und die Aebtiſſin, die ihr in jenen
Augenblicken, die ihre letzten ſeyn ſollten, 235
Sorge fuͤr den Saͤugling angelobt hatte,
ſchrie eben, vor den Pforten ſtehend, nach
Huͤlfe, um ihn zu retten.
Joſephe ſtuͤrzte ſich,
unerſchrocken durch den Dampf, der ihr ent⸗
gegenqualmte
, in das von allen Seiten ſchon 240
zuſammenfallende Gebaͤude, und gleich, als ob
alle Engel des Himmels ſie umſchirmten, trat
ſie mit ihm unbeſchaͤdigt wieder aus dem Por⸗
tal
hervor.
Sie wollte der Aebtiſſin, welche
die Haͤnde uͤber ihr Haupt zuſammenſchlug, 245
eben in die Arme ſinken, als dieſe, mit faſt
allen ihren Kloſterfrauen, von einem herab⸗
fallenden
Giebel des Hauſes, auf eine ſchmaͤh⸗
318Faksimileliche
Art erſchlagen ward.
Joſephe bebte bei
dieſem entſetzlichen Anblicke zuruͤck; ſie druͤckte 250
der Aebtiſſin fluͤchtig die Augen zu, und floh,
ganz von Schrecken erfuͤllt, den theuern Kna⸗
ben
, den ihr der Himmel wieder geſchenkt
hatte, dem Verderben zu entreißen.
Sie hatte
noch wenig Schritte gethan, als ihr auch 255
ſchon die Leiche des Erzbiſchofs begegnete, die
man ſo eben zerſchmettert aus dem Schutt
der Kathedrale hervorgezogen hatte.
Der Pal⸗
laſt
des Vicekoͤnigs war verſunken, der Ge⸗
richtshof
, in welchem ihr das Urtheil geſpro⸗260
chen
worden war, ſtand in Flammen, und
an die Stelle, wo ſich ihr vaͤterliches Haus
befunden hatte, war ein See getreten, und
kochte roͤthliche Daͤmpfe aus.
Joſephe raffte
alle ihre Kraͤfte zuſammen, ſich zu halten. 265
Sie ſchritt, den Jammer von ihrer Bruſt
entfernend, muthig mit ihrer Beute von
Straße zu Straße, und war ſchon dem Thore
nah, als ſie auch das Gefaͤngniß, in welchem
Jeronimo geſeufzt hatte, in Truͤmmern ſah.
270
Bei dieſem Anblicke wankte ſie, und wollte
319Faksimilebeſinnungslos an einer Ecke niederſinken; doch
in demſelben Augenblick jagte ſie der Sturz
eines Gebaͤudes hinter ihr, das die Erſchuͤtte⸗
rungen
ſchon ganz aufgeloͤſ’t hatten, durch 275
das Entſetzen geſtaͤrkt, wieder auf; ſie kuͤßte
das Kind, druͤckte ſich die Thraͤnen aus den
Augen, und erreichte, nicht mehr auf die
Graͤuel, die ſie umringten, achtend, das Thor.

Als ſie ſich im Freien ſahe, ſchloß ſie bald, 280
daß nicht jeder, der ein zertruͤmmertes Ge⸗
baͤude
bewohnt hatte, unter ihm nothwen⸗
dig
muͤſſe zerſchmettert worden ſeyn. An dem
naͤchſten Scheidewege ſtand ſie ſtill, und harrte,
ob nicht Einer, der ihr, nach dem kleinen Phi⸗285
lipp
, der liebſte auf der Welt war, noch er⸗
ſcheinen
wuͤrde. Sie ging, weil niemand kam,
und das Gewuͤhl der Menſchen anwuchs, wei⸗
ter
, und kehrte ſich wieder um, und harrte
wieder; und ſchlich, viel Thraͤnen vergießend, 290
in ein dunkles, von Pinien beſchattetes Thal,
um ſeiner Seele, die ſie entflohen glaubte,
nachzubeten; und fand ihn hier, dieſen Ge⸗
liebten
, im Thale, und Seligkeit, als ob es
320Faksimiledas Thal von Eden geweſen waͤre.
Dies Al⸗295
les
erzaͤhlte ſie jetzt voll Ruͤhrung dem Jeroni⸗
mo
, und reichte ihm, da ſie vollendet hatte, den
Knaben zum Kuͤſſen dar. —
Jeronimo nahm
ihn, und haͤtſchelte ihn in unſaͤglicher Vater⸗
freude
, und verſchloß ihm, da er das fremde 300
Antlitz anweinte, mit Liebkoſungen ohne Ende
den Mund.
Indeſſen war die ſchoͤnſte Nacht
herabgeſtiegen, voll wundermilden Duftes, ſo
ſilberglaͤnzend und ſtill, wie nur ein Dichter
davon traͤumen mag.
Ueberall, laͤngs der 305
Thalquelle, hatten ſich, im Schimmer des
Mondſcheins, Menſchen niedergelaſſen, und
bereiteten ſich ſanfte Lager von Moos und
Laub, um von einem ſo qualvollen Tage aus⸗
zuruhen
.
Und weil die Armen immer noch 310
jammerten; dieſer, daß er ſein Haus, jener,
daß er Weib und Kind, und der dritte, daß
er Alles verloren habe: ſo ſchlichen Jeronimo
und Joſephe in ein dichteres Gebuͤſch, um
durch das heimliche Gejauchz ihrer Seelen 315
niemand zu betruͤben.
Sie fanden einen pracht⸗
vollen
Granatapfelbaum, der ſeine Zweige,
voll 321Faksimilevoll duftender Fruͤchte, weit ausbreitete; und
die Nachtigall floͤtete im Wipfel ihr wolluͤſti⸗
ges
Lied.
Hier ließ ſich Jeronimo am Stamme 320
nieder, und Joſephe in ſeinem, Philipp in
Joſephens Schooß, ſaßen ſie, von ſeinem
Mantel bedeckt, und ruhten.
Der Baum⸗
ſchatten
zog, mit ſeinen verſtreuten Lichtern,
uͤber ſie hinweg, und der Mond erblaßte ſchon 325
wieder vor der Morgenroͤthe, ehe ſie ein⸗
ſchliefen
.
Denn Unendliches hatten ſie zu ⸗
ſchwatzen
vom Kloſtergarten und den Gefaͤng⸗
niſſen
, und was ſie um einander gelitten haͤt⸗
ten
; und waren ſehr geruͤhrt, wenn ſie dach⸗330
ten
, wie viel Elend uͤber die Welt kommen
mußte, damit ſie gluͤcklich wuͤrden!
Sie be⸗
ſchloſſen
, ſobald die Erderſchuͤtterungen aufge⸗
hoͤrt
haben wuͤrden, nach La Conception zu
gehen, wo Joſephe eine vertraute Freundin 335
hatte, ſich mit einem kleinen Vorſchuß, den
ſie von ihr zu erhalten hoffte, von dort nach
Spanien einzuſchiffen, wo Jeronimos muͤt⸗
terliche
Verwandten wohnten, und daſelbſt
Kleiſts Erzaͤhl. X322Faksimileihr gluͤckliches Leben zu beſchließen.
Hierauf, 340
unter vielen Kuͤſſen, ſchliefen ſie ein.

Als ſie erwachten, ſtand die Sonne ſchon
hoch am Himmel, und ſie bemerkten in ihrer
Naͤhe mehrere Familien, beſchaͤftigt, ſich am
Feuer ein kleines Morgenbrod zu bereiten.
345
Jeronimo dachte eben auch, wie er Nahrung
fuͤr die Seinigen herbeiſchaffen ſollte, als ein
junger wohlgekleideter Mann, mit einem Kinde
auf dem Arm, zu Joſephen trat, und ſie mit
Beſcheidenheit fragte: ob ſie dieſem armen 350
Wurme, deſſen Mutter dort unter den Baͤu⸗
men
beſchaͤdigt liege, nicht auf kurze Zeit ihre
Bruſt reichen wolle?
Joſephe war ein wenig
verwirrt, als ſie in ihm einen Bekannten er⸗
blickte
; doch da er, indem er ihre Verwir⸗355
rung
falſch deutete, fortfuhr: es iſt nur auf
wenige Augenblicke, Donna Joſephe, und die⸗
ſes
Kind hat, ſeit jener Stunde, die uns alle
ungluͤcklich gemacht hat, nichts genoſſen; ſo
ſagte ſie: „ich ſchwieg — aus einem andern 360
Grunde, Don Fernando; in dieſen ſchreckli⸗
chen
Zeiten weigert ſich niemand, von dem,
323Faksimilewas er beſitzen mag, mitzutheilen:“ und nahm
den kleinen Fremdling, indem ſie ihr eigenes
Kind dem Vater gab, und legte ihn an ihre 365
Bruſt.
Don Fernando war ſehr dankbar fuͤr
dieſe Guͤte, und fragte: ob ſie ſich nicht mit
ihm zu jener Geſellſchaft verfuͤgen wollten,
wo eben jetzt beim Feuer ein kleines Fruͤhſtuͤck
bereitet werde?
Joſephe antwortete, daß ſie 370
dies Anerbieten mit Vergnuͤgen annehmen
wuͤrde, und folgte ihm, da auch Jeronimo
nichts einzuwenden hatte, zu ſeiner Familie,
wo ſie auf das innigſte und zaͤrtlichſte von
Don Fernandos beiden Schwaͤgerinnen, die 375
ſie als ſehr wuͤrdige junge Damen kannte,
empfangen ward.
Donna Elvire, Don Fer⸗
nandos
Gemahlin, welche ſchwer an den Fuͤ⸗
ßen
verwundet auf der Erde lag, zog Joſe⸗
phen
, da ſie ihren abgehaͤrmten Knaben an 380
der Bruſt derſelben ſah, mit vieler Freund⸗
lichkeit
zu ſich nieder.
Auch Don Pedro, ſein
Schwiegervater, der an der Schulter verwun⸗
det
war, nickte ihr liebreich mit dem Haupte
zu. —
In Jeronimos und Joſephens Bruſt 385
X 2 324Faksimileregten ſich Gedanken von ſeltſamer Art.
Wenn
ſie ſich mit ſo vieler Vertraulichkeit und Guͤte
behandelt ſahen, ſo wußten ſie nicht, was ſie
von der Vergangenheit denken ſollten, vom
Richtplatze, von dem Gefaͤngniſſe, und der 390
Glocke; und ob ſie bloß davon getraͤumt haͤt⸗
ten
?
Es war, als ob die Gemuͤther, ſeit
dem fuͤrchterlichen Schlage, der ſie durch⸗
droͤhnt
hatte, alle verſoͤhnt waͤren.
Sie konnten
in der Erinnerung gar nicht weiter, als bis auf 395
ihn, zuruͤckgehen.
Nur Donna Eliſabeth, welche
bei einer Freundinn, auf das Schauſpiel des ge⸗
ſtrigen
Morgens, eingeladen worden war, die
Einladung aber nicht angenommen hatte, ruhte
zuweilen mit traͤumeriſchem Blicke auf Joſe⸗400
phen
; doch der Bericht, der uͤber irgend ein
neues graͤßliches Ungluͤck erſtattet ward, riß
ihre, der Gegenwart kaum entflohene Seele
ſchon wieder in dieſelbe zuruͤck.
Man erzaͤhl⸗
te
, wie die Stadt gleich nach der erſten 405
Haupterſchuͤtterung von Weibern ganz voll
geweſen, die vor den Augen aller Maͤnner
niedergekommen ſeyen; wie die Moͤnche dar⸗
325Faksimilein,
mit dem Kruzifix in der Hand, umher⸗
gelaufen
waͤren, und geſchrieen haͤtten: das 410
Ende der Welt ſey da! wie man einer Wa⸗
che
, die auf Befehl des Vicekoͤnigs verlang⸗
te
, eine Kirche zu raͤumen, geantwortet haͤtte:
es gaͤbe keinen Vicekoͤnig von Chili mehr!
wie der Vicekoͤnig in den ſchrecklichſten Au⸗415
genblicken
haͤtte muͤſſen Galgen aufrichten laſ⸗
ſen
, um der Dieberei Einhalt zu thnn; thun; thun [nicht als Emendation vermerkt] und
wie ein Unſchuldiger, der ſich von hinten
durch ein brennendes Haus gerettet, von dem
Beſitzer aus Uebereilung ergriffen, und ſo⸗420
gleich
auch aufgeknuͤpft worden waͤre.
Donna
Elvire, bei deren Verletzungen Joſephe viel
beſchaͤftigt war, hatte in einem Augenblick,
da gerade die Erzaͤhlungen ſich am lebhafte⸗
ſten
kreuzten, Gelegenheit genommen, ſie zu 425
fragen: wie es denn ihr an dieſem fuͤrchterli⸗
chen
Tag ergangen ſey?
Und da Joſephe
ihr, mit beklemmtem Herzen, einige Haupt⸗
zuͤge
davon angab, ſo ward ihr die Wolluſt,
Thraͤnen in die Augen dieſer Dame treten zu 430
ſehen; Donna Elvire ergriff ihre Hand, und
326Faksimiledruͤckte ſie, und winkte ihr, zu ſchweigen.
Joſephe duͤnkte ſich unter den Seligen.
Ein
Gefuͤhl, das ſie nicht unterdruͤcken konnte,
nannte den verfloßnen Tag, ſo viel Elend er 435
auch uͤber die Welt gebracht hatte, eine Wohl⸗
that
, wie der Himmel noch keine uͤber ſie ver⸗
haͤngt
hatte.
Und in der That ſchien, mit⸗
ten
in dieſen graͤßlichen Augenblicken, in wel⸗
chen
alle irdiſchen Guͤter der Menſchen zu 440
Grunde gingen, und die ganze Natur ver⸗
ſchuͤttet
zu werden drohte, der menſchliche
Geiſt ſelbſt, wie eine ſchoͤne Blume, aufzu⸗
gehn
.
Auf den Feldern, ſo weit das Auge
reichte, ſah man Menſchen von allen Staͤn⸗445
den
durcheinander liegen, Fuͤrſten und Bett⸗
ler
, Matronen und Baͤuerinnen, Staatsbe⸗
amte
und Tageloͤhner, Kloſterherren und
Kloſterfrauen: einander bemitleiden, ſich wech⸗
ſelſeitig
Huͤlfe reichen, von dem, was ſie zur 450
Erhaltung ihres Lebens gerettet haben moch⸗
ten
, freudig mittheilen, als ob das allgemeine
Ungluͤck Alles, was ihm entronnen war, zu
einer Familie gemacht haͤtte.
Statt der
327Faksimilenichtsſagenden Unterhaltungen, zu welchen 455
ſonſt die Welt an den Theetiſchen den Stoff
hergegeben hatte, erzaͤhlte man jetzt Beiſpiele
von ungeheuern Thaten: Menſchen, die man
ſonſt in der Geſellſchaft wenig geachtet hatte,
hatten Roͤmergroͤße gezeigt; Beiſpiele zu Hau⸗460
fen
von Unerſchrockenheit, von freudiger Ver⸗
achtung
der Gefahr, von Selbſtverlaͤugnung
und der goͤttlichen Aufopferung, von unge⸗
ſaͤumter
Wegwerfung des Lebens, als ob es,
dem nichtswuͤrdigſten Gute gleich, auf dem 465
naͤchſten Schritte ſchon wiedergefunden wuͤrde.

Ja, da nicht Einer war, fuͤr den nicht an
dieſem Tage etwas Ruͤhrendes geſchehen waͤ⸗
re
, oder der nicht ſelbſt etwas Großmuͤthiges
gethan haͤtte, ſo war der Schmerz in jeder 470
Menſchenbruſt mit ſo viel ſuͤßer Luſt ver⸗
miſcht
, daß ſich, wie ſie meinte, gar nicht
angeben ließ, ob die Summe des allgemeinen
Wohlſeyns nicht von der einen Seite um
eben ſo viel gewachſen war, als ſie von der 475
anderen abgenommen hatte.
Jeronimo nahm
Joſephen, nachdem ſich beide in dieſen Be⸗
328Faksimiletrachtungen
ſtillſchweigend erſchoͤpft hatten,
beim Arm, und fuͤhrte ſie mit unausſprech⸗
licher
Heiterkeit unter den ſchattigen Lau⸗480
ben
des Granatwaldes auf und nieder.
Er
ſagte ihr, daß er, bei dieſer Stimmung
der Gemuͤther und dem Umſturz aller Ver⸗
haͤltniſſe
, ſeinen Entſchluß, ſich nach Europa
einzuſchiffen, aufgebe; daß er vor dem Vice⸗485
koͤnig
, der ſich ſeiner Sache immer guͤnſtig
gezeigt, falls er noch am Leben ſey, einen
Fußfall wagen wuͤrde; und daß er Hoffnung
habe, (wobei er ihr einen Kuß aufdruͤckte),
mit ihr in Chili zuruͤckzubleiben.
Joſephe ant⸗490
wortete
, daß aͤhnliche Gedanken in ihr aufge⸗
ſtiegen
waͤren; daß auch ſie nicht mehr, falls
ihr Vater nur noch am Leben ſey, ihn zu ver⸗
ſoͤhnen
zweifle; daß ſie aber ſtatt des Fußfal⸗
les
lieber nach La Conception zu gehen, und 495
von dort aus ſchriftlich das Verſoͤhnungsge⸗
ſchaͤft
mit dem Vicekoͤnig zu betreiben rathe,
wo man auf jeden Fall in der Naͤhe des
Hafens waͤre, und fuͤr den beſten, wenn das
Geſchaͤft die erwuͤnſchte Wendung naͤhme, ja 500
329Faksimileleicht wieder nach St. Jago zuruͤckkehren
koͤnnte.
Nach einer kurzen Ueberlegung gab
Jeronimo der Klugheit dieſer Maßregel ſei⸗
nen
Beifall, fuͤhrte ſie noch ein wenig, die
heitern Momente der Zukunft uͤberfliegend, in 505
den Gaͤngen umher, und kehrte mit ihr zur
Geſellſchaft zuruͤck.

Inzwiſchen war der Nachmittag herange⸗
kommen
, und die Gemuͤther der herumſchwaͤr⸗
menden
Fluͤchtlinge hatten ſich, da die Erd⸗510
ſtoͤße
nachließen, nur kaum wieder ein wenig
beruhigt, als ſich ſchon die Nachricht verbrei⸗
tete
, daß in der Dominikanerkirche, der ein⸗
zigen
, welche das Erdbeben verſchont hatte,
eine feierliche Meſſe von dem Praͤlaten des 515
Kloſters ſelbſt geleſen werden wuͤrde, den
Himmel um Verhuͤtung ferneren Ungluͤcks
anzuflehen. Das Volk brach ſchon aus allen
Gegenden auf, und eilte in Stroͤmen zur
Stadt.
In Don Fernandos Geſellſchaft ward 520
die Frage aufgeworfen, ob man nicht auch an
dieſer Feierlichkeit Theil nehmen, und ſich dem
allgemeinen Zuge anſchließen ſolle? Donna
330FaksimileEliſabeth erinnerte, mit einiger Beklemmung,
was fuͤr ein Unheil geſtern in der Kirche vor⸗525
gefallen
ſey; daß ſolche Dankfeſte ja wieder⸗
holt
werden wuͤrden, und daß man ſich der
Empfindung alsdann, weil die Gefahr ſchon
mehr voruͤber waͤre, mit deſto groͤßerer Heiter⸗
keit
und Ruhe uͤberlaſſen koͤnnte.
Joſephe aͤu⸗530
ßerte
, indem ſie mit einiger Begeiſterung ſo⸗
gleich
aufſtand, daß ſie den Drang, ihr Ant⸗
litz
vor dem Schoͤpfer in den Staub zu le⸗
gen
, niemals lebhafter empfunden habe, als
eben jetzt, wo er ſeine unbegreifliche und er⸗535
habene
Macht ſo entwickle.
Donna Elvire
erklaͤrte ſich mit Lebhaftigkeit fuͤr Joſephens
Meinung.
Sie beſtand darauf, daß man die
Meſſe hoͤren ſollte, und rief Don Fernando
auf, die Geſellſchaft zu fuͤhren, worauf ſich 540
Alles, Donna Eliſabeth auch, von den Sitzen
erhob.
Da man jedoch letztere, mit heftig ar⸗
beitender
Bruſt, die kleinen Anſtalten zum
Aufbruche zaudernd betreiben ſah, und ſie,
auf die Frage: was ihr fehle? antwortete: 545
ſie wiſſe nicht, welch eine ungluͤckliche Ahn⸗
331Faksimiledung
in ihr ſey? ſo beruhigte ſie Donna El⸗
vire
, und foderte ſie auf, bei ihr und ihrem
kranken Vater zuruͤckzubleiben.
Joſephe ſagte:
ſo werden ſie mir wohl, Donna Eliſabeth, 550
dieſen kleinen Liebling abnehmen, der ſich ſchon
wieder, wie Sie ſehen, bei mir eingefunden
hat. Sehr gern, antwortete Donna Eliſa⸗
beth
, und machte Anſtalten ihn zu ergreifen;
doch da dieſer uͤber das Unrecht, das ihm ge⸗555
ſchah
, klaͤglich ſchrie, und auf keine Art dar⸗
ein
willigte, ſo ſagte Joſephe laͤchelnd, daß ſie
ihn nur behalten wolle, und kuͤßte ihn wieder
ſtill.
Hierauf bot Don Fernando, dem die
ganze Wuͤrdigkeit und Anmuth ihres Betra⸗560
gens
ſehr gefiel, ihr den Arm; Jeronimo,
welcher den kleinen Philipp trug, fuͤhrte Donna
Conſtanzen; die uͤbrigen Mitglieder, die ſich
bei der Geſellſchaft eingefunden hatten, folg⸗
ten
; und in dieſer Ordnung ging der Zug 565
nach der Stadt.
Sie waren kaum funfzig
Schritte gegangen, als man Donna Eliſabeth
welche inzwiſchen heftig und heimlich mit
Donna Elvire geſprochen hatte: Don Fer⸗
332Faksimilenando!
rufen hoͤrte, und dem Zuge mit unru⸗570
higen
Tritten nacheilen ſah.
Don Fernando
hielt, und kehrte ſich um; harrte ihrer, ohne
Joſephen loszulaſſen, und fragte, da ſie, gleich
als ob ſie auf ſein Entgegenkommen wartete,
in einiger Ferne ſtehen blieb: was ſie wolle?
575
Donna Eliſabeth naͤherte ſich ihm hierauf, ob⸗
ſchon
, wie es ſchien, mit Widerwillen, und
raunte ihm, doch ſo, daß Joſephe es nicht
hoͤren konnte, einige Worte ins Ohr. Ohr:
Nun?
fragte Don Fernando: und das Ungluͤck, das 580
daraus entſtehen kann?
Donna Eliſabeth fuhr
fort, ihn ihm mit verſtoͤrtem Geſicht ins Ohr zu
ziſcheln.
Don Fernando ſtieg eine Roͤthe des
Unwillens ins Geſicht; er antwortete: es waͤre
gut!
Donna Elvire moͤchte ſich beruhigen; 585
und fuͤhrte ſeine Dame weiter. —
Als ſie in
der Kirche der Dominikaner ankamen, ließ
ſich die Orgel ſchon mit muſikaliſcher Pracht
hoͤren, und eine unermeßliche Menſchenmenge
wogte darin.
Das Gedraͤnge erſtreckte ſich 590
bis weit vor den Portalen auf den Vorplatz
der Kirche hinaus, und an den Waͤnden hoch,
333Faksimilein den Rahmen der Gemaͤhlde, hingen Kna⸗
ben
, und hielten mit erwartungsvollen Blik⸗
ken
ihre Muͤtzen in der Hand.
Von allen595
Kronleuchtern ſtrahlte es herab, die Pfeiler
warfen, bei der einbrechenden Daͤmmerung,
geheimnißvolle Schatten, die große von ge⸗
faͤrbtem
Glas gearbeitete Roſe in der Kirche
aͤußerſtem Hintergrunde gluͤhte, wie die Abend⸗600
ſonne
ſelbſt, die ſie erleuchtete, und Stille
herrſchte, da die Orgel jetzt ſchwieg, in der
ganzen Verſammlung, als haͤtte keiner einen
Laut in der Bruſt.
Niemals ſchlug aus ei⸗
nem
chriſtlichen Dom eine ſolche Flamme der 605
Inbruſt Inbrunſt gen Himmel, wie heute aus dem
Dominikanerdom zu St. Jago; und keine
menſchliche Bruſt gab waͤrmere Glut dazu
her, als Jeronimos und Joſephens!
Die
Feierlichkeit fing mit einer Predigt an, die 610
der aͤlteſten Chorherren Einer, mit dem Feſt⸗
ſchmuck
angethan, von der Kanzel hielt.
Er
begann gleich mit Lob, Preis und Dank, ſeine
zitternden, vom Chorhemde weit umfloſſenen
Haͤnde hoch gen Himmel erhebend, daß noch 615
334FaksimileMenſchen ſeyen, auf dieſem, in Truͤmmer zer⸗
fallenden
Theile der Welt, faͤhig, zu Gott em⸗
por
zu ſtammeln.
Er ſchilderte, was auf den
Wink des Allmaͤchtigen geſchehen war; das
Weltgericht kann nicht entſetzlicher ſeyn; und 620
als er das geſtrige Erdbeben gleichwohl, auf
einen Riß, den der Dom erhalten hatte, hin⸗
zeigend
, einen bloßen Vorboten davon nann⸗
te
, lief ein Schauder uͤber die ganze Ver⸗
ſammlung
.
Hierauf kam er, im Fluße prie⸗625
ſterlicher
Beredtſamkeit, auf das Sittenver⸗
derbni
ß der Stadt; Graͤuel, wie Sodom und
Gomorrha ſie nicht ſahen, ſtraft’ er an ihr;
und nur der unendlichen Langmuth Gottes
ſchrieb er es zu, daß ſie noch nicht gaͤnzlich 630
vom Erdboden vertilgt worden ſey.
Aber wie
dem Dolche gleich fuhr es durch die von die⸗
ſer
Predigt ſchon ganz zerriſſenen Herzen un⸗
ſerer
beiden Ungluͤcklichen, als der Chorherr
bei dieſer Gelegenheit umſtaͤndlich des Fre⸗635
vels
erwaͤhnte, der in dem Kloſtergarten der
Karmeliterinnen veruͤbt worden war; die [Bartl:2013] lieſt vor dem ›die‹ einen Punkt: ›war; .die‹. Wohl eher ein Artefakt, das im Exemplar der BSB erſcheint, in anderen Drucken aber nicht.
Schonung, die er bei der Welt gefunden hat⸗
te,335Faksimilete,
gottlos nannte, und in einer von Ver⸗
wuͤnſchnngen wuͤnſchungen wuͤnſchungen [nicht als Emendation vermerkt] Verwuͤnſchungen
erfuͤllten Seitenwendung, die See⸗640
len
der Thaͤter, woͤrtlich genannt, allen Fuͤr⸗
ſten
der Hoͤlle uͤbergab! Donna Conſtanze
rief, indem ſie an Jeronimos Armen zuckte:
Don Fernando!
Doch dieſer antwortete ſo
nachdruͤcklich und doch ſo heimlich, wie ſich 645
beides verbinden ließ: „Sie ſchweigen, Don⸗
na
, Sie ruͤhren auch den Augapfel nicht, und
thun, als ob Sie in eine Ohnmacht ver⸗
ſaͤnken
; worauf wir die Kirche verlaſſen.“

Doch, ehe Donna Conſtanze dieſe ſinnreiche 650
zur Rettung erfundene Maßregel noch aus⸗
gefuͤhrt
hatte, rief ſchon eine Stimme, des
Chorherrn Predigt laut unterbrechend, aus:
Weichet fern hinweg, ihr Buͤrger von St.
Jago, hier ſtehen dieſe gottloſen Menſchen!
655
Und als eine andere Stimme ſchreckenvoll,
indeſſen ſich ein weiter Kreis des Entſetzens
um ſie bildete, fragte: wo? hier! verſetzte
ein Dritter, und zog, heiliger Ruchloſig⸗
keit
voll, Joſephen bei den Haaren nieder, 660
daß ſie mit Don Fernandos Sohne zu Boden
Kleiſts Erzaͤhl. Y336Faksimilegetaumelt waͤre, wenn dieſer ſie nicht gehalten
haͤtte.
Seyd ihr wahnſinnig? rief der Juͤng⸗
ling
, und ſchlug den Arm um Joſephen: „ich
bin Don Fernando Ormez, Sohn des Com⸗665
mendanten
der Stadt, den ihr alle kennt.“

Don Fernando Ormez? rief, dicht vor ihn
hingeſtellt, ein Schuhflicker, der fuͤr Joſephen
gearbeitet hatte, und dieſe wenigſtens ſo ge⸗
nau
kannte, als ihre kleinen Fuͤße.
Wer iſt 670
der Vater zu dieſem Kinde? wandte er ſich
mit frechem Trotz zur Tochter Aſterons.

Don Fernando erblaßte bey dieſer Frage. Er
ſah bald den Jeronimo ſchuͤchtern an, bald
uͤberflog er die Verſammlung, ob nicht Einer 675
ſey, der ihn kenne?
Joſephe rief, von entſetz⸗
lichen
Verhaͤltniſſen gedraͤngt: dies iſt nicht
mein Kind, Meiſter Pedrillo, wie er glaubt;
indem ſie, in unendlicher Angſt der Seele,
auf Don Fernando blickte: dieſer junge Herr 680
iſt Don Fernando Ormez, Sohn des Com⸗
mendanten
der Stadt, den ihr Alle kennt!

Der Schuſter fragte: wer von euch, ihr Buͤr⸗
ger
, kennt dieſen jungen Mann?
Und meh
337Faksimilerere
der Umſtehenden wiederholten: wer kennt 685
den Jeronimo Rugera?
Der trete vor! Nun
traf es ſich, daß in demſelben Augenblicke
der kleine Juan, durch den Tumult erſchreckt,
von Joſephens Bruſt weg Don Fernando in
die Arme ſtrebte.
Hierauf: Er iſt der Va⸗690
ter
! ſchrie eine Stimme; und und: [emendiert] und: [emendiert] und: [emendiert] und: [emendiert]
er iſt Jeroni⸗
mo
Rugera; Rugera! [emendiert] Rugera! [emendiert] Rugera! [emendiert] Rugera! [emendiert] eine andere; und: ſie ſind die
gotteslaͤſterlichen Menſchen! eine dritte; und:
ſteinigt ſie! ſteinigt ſie! die ganze im Tempel
Jeſu verſammelte Chriſtenheit! Drauf jetzt 695
Jeronimo: Halt! Ihr Unmenſchlichen!
Wenn
ihr den Jeronimo Rugera ſucht: hier iſt er!

Befreit jenen Mann, welcher unſchuldig iſt!
— Der wuͤthende Haufen, durch die Aeuße⸗
rung
Jeronimo’s verwirrt, ſtutzte; mehrere 700
Haͤnde ließen Don Fernando los; und da in
demſelben Augenblick ein Marine-Offizier von
bedeutendem Rang herbeieilte, und, indem er
ſich durch den Tumult draͤngte, fragte: Don
Fernando Ormez!
Was iſt euch widerfah⸗705
ren
? ſo antworte antwortete dieſer, nun voͤllig befreit,
mit wahrer heldenmuͤthiger Beſonnenheit:
Y 2338Faksimile„Ja, ſehen Sie, Don Alonzo, die Mord⸗
knechte
!
Ich waͤre verloren geweſen, wenn
dieſer wuͤrdige Mann ſich nicht, die raſende 710
Menge zu beruhigen, fuͤr Jeronimo Rugera
ausgegeben haͤtte.
Verhaften Sie ihn, wenn
Sie die Guͤte haben wollen, nebſt dieſer jun⸗
gen
Dame, zu ihrer beiderſeigen beiderſeitigen Sicherheit;
und dieſen Nichtswuͤrdigen, indem er Meiſter 715
Pedrillo ergriff, der den ganzen Aufruhr an⸗
gezettelt
hat!“
Der Schuſter rief: Don Alon⸗
zo
Onoreja, ich frage euch auf euer Gewiſſen,
iſt dieſes Maͤdchen nicht Joſephe Aſteron?

Da nun Don Alonzo, welcher Joſephen ſehr 720
genau kannte, mit der Antwort zauderte,
und mehrere Stimmen, dadurch von neuem
zur Wuth entflammt, riefen: ſie iſts, ſie iſts!
und: bringt ſie zu Tode! ſo ſetzte Joſephe
den kleinen Philipp, den Jeronimo bisher ge⸗725
tragen
hatte, ſammt dem kleinen Juan, auf
Don Fernandos Arm, und ſprach: gehn Sie,
Don Fernaudo, Fernando, Fernando, [nicht als Emendation vermerkt] retten Sie ihre beiden Kin⸗
der
, und uͤberlaſſeu uͤberlaſſen uͤberlassen [nicht als Emendation vermerkt] Sie uns unſerm Schick⸗
ſale
!
Don Fernando nahm die beiden Kinder 730
339Faksimile uud und und [nicht als Emendation vermerkt] ſagte: er wolle eher umkommen, als zu⸗
geben
, daß ſeiner Geſellſchaft etwas zu Leide
geſchehe.
Er bot Joſephen, nachdem er ſich
den Degen des Marine-Offiziers ausgebeten
hatte, den Arm, und forderte das hintere 735
Paar auf, ihm zu folgen.
Sie kamen auch
wirklich, indem man ihnen, bei ſolchen An⸗
ſtalten
, mit hinlaͤnglicher Ehrerbietigkeit Platz
machte, aus der Kirche heraus, und glaubten
ſich gerettet.
Doch kaum waren ſie auf den 740
von Menſchen gleichfalls erfuͤllten Vorplatz
derſelben getreten, als eine Stimme aus dem
raſenden Haufen, der ſie verfolgt hatte, rief:
dies iſt Jeronimo Rugera, ihr Buͤrger, denn
ich bin ſein eigner Vater! und ihn an Don⸗745
na
Conſtanzens Seite mit einem ungeheuren
Keulenſchlage zu Boden ſtreckte.
Jeſus Ma⸗
ria
! rief Donna Conſtanze, und floh zu ih⸗
rem
Schwager; doch: Kloſtermetze! erſcholl
es ſchon, mit einem zweiten Keulenſchlage, 750
von einer andern Seite, der ſie leblos neben
Jeronimo niederwarf.
Ungeheuer! rief ein
Unbekannter: dies war Donna Conſtanze
340FaksimileXares!
Warum belogen ſie uns! antwortete
der Schuſter; ſucht die rechte auf, und bringt 755
ſie um!
Don Fernando, als er Conſtanzens
Leichnam erblickte, gluͤhte vor Zorn; er zog
und ſchwang das Schwerdt, und hieb, daß er
ihn geſpalten haͤtte, den fanatiſchen Mord⸗
knecht
, der dieſe Graͤuel veranlaßte, wenn 760
derſelbe nicht, durch eine Wendung, dem wuͤ⸗
thenden
Schlag entwichen waͤre.
Doch da er
die Menge, die auf ihn eindrang, nicht uͤber⸗
waͤltigen
konnte: leben Sie wohl, Don
Fernando mit den Kindern! rief Joſephe — 765
und: hier mordet mich, ihr blutduͤrſtenden
Tieger! und ſtuͤrzte ſich freiwillig unter ſie,
um dem Kampf ein Ende zu machen.
Mei⸗
ſter
Pedrillo ſchlug ſie mit der Keule nieder.

Darauf ganz mit ihrem Blute beſpruͤtzt: 770
ſchickt ihr den Baſtard zur Hoͤlle nach! rief
er, und drang, mit noch ungeſaͤttigter Mord⸗
luſt
, von neuem vor.
Don Fernando, dieſer
goͤttliche Held, ſtand jetzt, den Ruͤcken an die
Kirche gelehnt; in der Linken hielt er die 775
Kinder, in der Rechten das Schwerdt.
Mit
341Faksimilejedem Hiebe wetterſtrahlte er Einen zu Bo⸗
den
; ein Loͤwe wehrt ſich nicht beſſer.
Sie⸗
ben
Bluthunde lagen todt vor ihm, der Fuͤrſt
der ſataniſchen Rotte ſelbſt war verwundet.
780
Doch Meiſter Pedrillo ruhte nicht eher, als
bis er der Kinder Eines bei den Beinen von
ſeiner Bruſt geriſſen, und, hochher im Kreiſe
geſchwungen, an eines Kirchpfeilers Ecke zer⸗
ſchmettert
hatte.
Hierauf ward es ſtill, und Al⸗785
les
entfernte ſich.
Don Fernando, als er ſeinen
kleinen Juan vor ſich liegen ſah, mit aus
dem Hirne vorquellenden Mark, hob, voll
namenloſen Schmerzes, ſeine Augen gen
Himmel.
Der Marine-Offizier fand ſich wie⸗790
der
bei ihm ein, ſuchte ihn zu troͤſten, und
verſicherte ihn, daß ſeine Unthaͤtigkeit bei die⸗
ſem
Ungluͤck, obſchon durch mehrere Umſtaͤnde
gerechtfertigt, ihn reue; doch Don Fernando
ſagte, daß ihm nichts vorzuwerfen ſey, und 795
bat ihn nur, die Leichname jetzt fortſchaffen
zu helfen.
Man trug ſie alle, bei der Fin⸗
ſterni
ß der einbrechenden Nacht, in Don
Alonzos Wohnung, wohin Don Fernando
342Faksimile hnen, ihnen, viel uͤber das Antlitz des kleinen Phi⸗800
lipp
weinend, folgte.
Er uͤbernachtete auch
bei Don Alonzo, und ſaͤumte lange, unter
falſchen Vorſpiegelungen, ſeine Gemahlin von
dem ganzen Umfang des Ungluͤcks zu unter⸗
richten
; einmal, weil ſie krank war, und dann, 805
weil er auch nicht wußte, wie ſie ſein Ver⸗
halten
bei dieſer Begebenheit beurtheilen wuͤr⸗
de
; doch kurze Zeit nachher, durch einen Be⸗
ſuch
zufaͤllig von Allem, was geſchehen war,
benachrichtigt, weinte dieſe treffliche Dame im 810
Stillen ihren muͤtterlichen Schmerz aus, und
fiel ihm mit dem Reſt einer erglaͤnzenden
Thraͤne eines Morgens um den Hals und
kuͤßte ihn.
Don Fernando und Donna El⸗
vire
nahmen hierauf den kleinen Fremdling 815
zum Pflegeſohn an; und wenn Don Fer⸗
nando
Philippen mit Juan verglich, und wie
er beide erworben hatte, ſo war es ihm faſt,
als muͤßt er ſich freuen.

https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00013537/images/index.html?fip=193.174.98.30&seite=314

Das Erdbeben in Chili.

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/erzaehlungen/erdbeben, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 19.05.2025

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  • Emendationen
  • Kollation Editionen
  • Stellenkommentar

Apparat

Erstdruck: [D1] Kleist Heinrich von : Jeronimo und Josephe. Eine Scene aus dem Erdbeben zu Chili, vom Jahr 1647. In: Morgenblatt für gebildete Stände. [10.–15.9.1807, Nr. 217–221] Tübingen: Cotta, 1807.

Textwiedergabe nach: [D2] Kleist, Heinrich von: Das Erdbeben in Chili. In: Kleist, Heinrich von: Erzählungen. Berlin: Realschulbuchhandlung, 1810, S. 307–342.

Zugrunde gelegte Exemplare: BSB. Bayerische StaatsBibliothek. Sigle: Rar. 4347-1.
Exemplar aus Privatbesitz.

 Emendationen (insges. 11)
  • 101gegenuͤberſtehendesgegenuͤberſtehenden
  • 417thnn;thun;
  • 582ihnihm
  • 606InbruſtInbrunſt
  • 640wuͤnſchnngenwuͤnſchungen
  • 706antworteantwortete
  • 714beiderſeigenbeiderſeitigen
  • 728Fernaudo,Fernando,
  • 729uͤberlaſſeuuͤberlaſſen
  • 731uudund
  • 800hnen,ihnen,
Pagina Kleist-Ausgaben
  • [BKA] II/3 7–43
  • [MA] II 148–163
  • [DKV] III 188–221 [Paralleldruck m. Fassung aus ›Morgenblatt für gebildete Stände‹]
  • [SE:1993] II 144–159
  • [Bartl:2013 (Reclam)] 170–187
 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

In die Kollation einbezogene Kleist-Ausgaben

[BKA][MA][DKV][Bartl:2013 (Reclam)]

[DKV:1990] [3 Abw.]
  • 217Anblick: ] Anblick;
  • 691und ] und: [emendiert]
  • 692Rugera; ] Rugera! [emendiert]
[BKA:1989] [2 Abw.]
  • 691und ] und: [emendiert]
  • 692Rugera; ] Rugera! [emendiert]
[Recl;Bartl:2013] [7 Abw.]
  • 417thnn; ] thun [nicht als Emendation vermerkt]
  • 579Ohr. ] Ohr:
  • 637die ] [Bartl:2013] lieſt vor dem ›die‹ einen Punkt: ›war; .die‹. Wohl eher ein Artefakt, das im Exemplar der BSB erſcheint, in anderen Drucken aber nicht.
  • 640wuͤnſchnngen ] wuͤnſchungen [nicht als Emendation vermerkt]
  • 728Fernaudo, ] Fernando, [nicht als Emendation vermerkt]
  • 729uͤberlaſſeu ] uͤberlassen [nicht als Emendation vermerkt]
  • 731uud ] und [nicht als Emendation vermerkt]
[MA:2010] [2 Abw.]
  • 691und ] und: [emendiert]
  • 692Rugera; ] Rugera! [emendiert]
[SE:1993] [2 Abw.]
  • 691und ] und: [emendiert]
  • 692Rugera; ] Rugera! [emendiert]
Stellenkommentar

49Alles, wasIm Erstdruck fehlt vor ›was‹ der Wortzwischenraum.

684mehEin Trennzeichen hinter der Silbe ›meh‹ ist nicht klar erkennbar, möglicherweise über dem ›h‹ gedruckt.

691 und In vorliegenden Editionen wird die Sequenz ›und er iſt Jeronimo Rugera;‹ überwiegend geändert in ›und: er iſt Jeronimo Rugera!‹. So in [SE:1993], [DKV], [BKA] und [MA]. [Recl;Bartl:2013] emendiert nicht. Die rhetorisch-typographisch bedingte, angleichende Emendation ist sehr wohl begründbar, würde in der Logik aber an anderen Stellen im Korpus etliche aͤhnlich gelagerte Emendationen nach sich ziehen. Aus diesem Grund wird der Erstdruck hier nicht emendiert.

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