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  • [229] M. v. Kleist, 10.11.1811

[229] An Marie v. Kleist, d. 10. November 1811

(Textwiedergabe  nach Erstdruck.)

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[Lindau:1873] S. 71 [BKA IV/3 718] [DKV IV 508] [SE:1993 II 883] [Heimböckel:1999 (Reclam) 503] [MA II 991] d. D. [Berlin,] d. ][Berlin,] den 10t 10. ]10. Nov: Nov. Nov. ]Nov. 1811. ]1811

Deine Briefe haben mir das Hertz Herz Herz ]Herz zerſpalten, meine theuerſte]teuerste
Marie,
und wen wenn ]wenn es in meiner Macht geweſen wäre, ſo verſichre ich
Dich, ich würde den Entſchluß zu ſterben ſterben, ]sterben, den ich gefaßt habe habe, habe, ]habe, wieder
aufgegeben haben.
Aber ich ſchwöre Dir, es iſt mir ganz unmöglich 5
länger zu leben; meine Seele iſt ſo wund, daß mir, ich mögte]möchte faſt
ſagen, wen wenn ]wenn ich die Naſe aus dem Fenſter ſtecke, das Tageslicht wehe
thut,]tut, das mir darauf ſchimmert.
Das wird mancher für Krankheit
und überſpant überſpannt ]überspannt halten; nicht aber Du, die fähig iſt iſt, ]ist, die Welt auch aus
andern Standpuncten Standpunkten ]Standpunkten zu betrachten betrachten, als aus dem Deinigen.
Da⸗10
durch,
Dadurch ]Dadurch
daß ich mit Schönheit und Sitte, ſeit meiner frühſten früheſten Jugend
an, in [MA II 992] meinen Gedancken Gedanken Gedanken ]Gedanken und Schreibereien, unaufhörlichen Umgang
geflogen geflogen, gepflogen ]gepflogen bin ich ſo empfindlich geworden, daß mich die kleinſten An⸗
griffe
, denen das Gefühl jedes Menſchen nach dem Lauf der Dinge
hiniden hinieden ]hienieden ausgeſezt ausgeſetzt ausgeſetzt ]ausgesetzt iſt, doppelt und dreifach ſchmerzen.
15
[Absatz] So verſichre verſichere ich Dich, wolte wollte [Sperrdruck ›wollte ... empfunden habe;‹] wollte ]wollte ich doch lieber zehnmal den
Tod erleiden, als noch einmal wieder erleben, was ich das
leztemal letztemal ]letztemal in Frankfurt an der Mittagstafel zwiſchen mei⸗
nen
beiden Schweſtern, beſonders als die alte Wackern
darzukam dazukam, darzukam, darzukam, ]dazukam, empfunden habe; laß es Dir nur einmal gelegentlich 20
von Ulriken erzählen.
Ich habe meine Geſchwiſter immer, zum
Theil]Teil wegen ihrer gutgearteten Perſönlichkeiten, zum Theil]Teil wegen
der Freundſchafft, Freundſchaft, ]Freundschaft, die ſie für mich hatten, von Herzen lieb gehabt;
ſo wenig ich davon geſprochen habe, ſo gewiß iſt es, daß es einer
meiner herzlichſten und innigſten Wünſche war war, ]war, ihnen einmal, durch 25
meine [BKA IV/3 719] Arbeiten und Wercke, Werke, ]Werke, recht viel Freude und Ehre zu machen.

Nun iſt es zwar [Heimböckel:1999 (Reclam) 504] wahr, es war in den lezten letzten letzten letzten ]letzten Zeiten, von mancher
Seite her, gefährlich, ſich mit mir einzulaſſen, und ich klage ſie deſto
weniger an, ſich von mir zurückgezogen zu haben, je mehr ich die
Noth]Not des Ganzen bedencke, bedenke, ]bedenke, die zum Theil]Teil auch auf ihre ihren ihren ]ihren Schultern 30
ruhte; aber [Sperrdruck ›aber ... Vergangenheit. —‹] der Gedancke, Gedanke, Gedanke, ]Gedanke, das Ver[DKV IV 509] dienſt, das ich doch zulezt, zulezt zuletzt ]zuletzt
es ſey ſei ]sei nun groß [SE:1993 II 884] oder klein, habe, gar nicht anerkant anerkannt ]anerkannt zu
ſehn, und mich von ihnen als ein ganz nichtsnütziges nichtsnutziges ]nichtsnutziges
Glied der menſchlichen Geſellſchafft, Geſellſchaft, ]Gesellschaft, das keiner Theilna⸗
hme]Teilnahme
mehr werth]wert ſey ſei, ſei, ]sei, betrachtet zu ſehn, ſehen, iſt mir überaus 35
ſchmertzhaft, ſchmerzhaft, ]schmerzhaft, wahrhaftig wahrhaftig, ]wahrhaftig, es er raubt mir nicht nur die Freu⸗
den
Freuden, ]Freuden,
die ich von der Zukunft hoffte, ſondern es er vergiftet
mir auch die Vergangenheit. –

Die Allianz, die der König jezt jetzt jetzt ]jetzt mit den Franzoſen ſchließt, iſt
auch nicht eben gemacht gemacht, mich im Leben feſtzuhalten.
Mir waren 40
die Geſichter der Menſchen ſchon jezt jezt, jetzt, ]jetzt, wen wenn ]wenn ich ihnen begegnete begnete begegnete, ]begegnete, zuwieder, zuwider, ]zuwider,
nun würde mich gar, wen wenn ]wenn ſie mir auf der Straße begnegeten, begegneten, ]begegneten,
eine
körperliche Empfindung anwandeln, die ich hier nicht nennen mag.
Es iſt zwar wahr wahr, wahr, ]wahr, es fehlte fehlt mir ſowohl als ihnen an Kraft, die Zeit
wieder einzurücken; einzurenken; ich fühle aber zu wohl, daß der Wille, der in 45
meiner Bruſt lebt, etwas Anderes]anderes iſt, als der Wille derer, die dieſe
witzige Bemerkung machen: dergeſtalt, daß ich mit ihnen nichts mehr
zu ſchaffen haben mag.
Was [Sperrdruck ›Was soll ... kommen kan. —‹] ſoll man doch, wen wenn ]wenn der König
dieſe Allianz abſchließt, länger bey bey.[sic] bei ]bei ihn ihm ihm ]ihm machen?
Die
Zeit iſt ja [MA II 993] vor der Thür Thür, Thür, ]Tür, wo man wegen der Treue gegen 50
ihn, der Aufopferung und Standhaftigkeit und aller
andern bürgerlichen Tugenden, von ihn ihm ihm ]ihm ſelbſt gerichtet,
an den Galgen kommen kan. kann. – ]kann.

Rechne ][Den folgenden Text hat Sembdner an das Ende des vorherigen Brief gesetzt.] hinzu, hiezu, daß ich eine Freundin Freundinn gefunden habe,
deren [fehlt: ›deren Seele ... gefunden habe;‹] Seele wie ein junger Adler fliegt, wie ich noch55
in meinem Leben nichts ähnliches gefunden habe;
die meine Traurigkeit als eine höhere, feſtgewurzelte und unheilbare begreift,
und deshalb, obſchon ſie Mittel genug genung[sic] in Händen hätte mich hier zu
beglücken beglücken, mit mir ſterben will, will; ]will; die mir die unerhörte Luſt gewährt,
ſich ſich, ]sich, um dieſes Zweckes Willen,]willen, ſo leicht aus einer ganz wunſchloſen 60
Lage, wie ein Veilchen aus einer Wieſe Wieſe, ]Wiese, heraus herausheben heben [] zu laſſen; die
einen Vater, der [Heimböckel:1999 (Reclam) 505] ſie anbetet, einen Mann Mann, Mann, ]Mann, der großmüthig genug
war ſie mir abtreten zu wollen, ein Kind, ſo ſchön und ſchöner als
die Morgenſonne, nur um ]um meinetwillen verläßt: und Du wirſt begreiffen, begreifen, ]begreifen,
daß meine ganze jauchzende Sorge nur ſein kan, kann, ]kann, einen Abgrund tief 65
genug zu finden finden, ]finden, um mit ihr hinab zuſtürtzen. — hinabzuſtürtzen. hinab zu ſtürzen. — Adieu noch einmal! — einmal!

229
An Marie v. Kleist, d. 10. November 1811

Quellenangabe für Zitat:
https://kleist-digital.de/briefe/229 [ + Angabe von Zeile / Vers oder Seite ], 31.03.2023

Apparat

Zur Textkonstitution

Textwiedergabe nach: Lindau:1873, 71

Weitere Angaben zur Textkonstitution vgl. Editorial Brief v. 9. Nov. 1811.

Zur Datierung: Vgl. Editorial Brief v. 9. Nov. 1811.

Angaben zur Überlieferung und Provenienz
Siehe:
[BKA] IV/3 717
[DKV] 1077

Erstdruck
[Lindau:1873] 71

Editorische Anmerkungen

  • 42 begnegeten, Falsche Schreibung in Erstdruck von Minde-Pouet bestätigt.
 Erwähnte Personen
  • []Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (2)
  • []Keber, Carl Adolph (1)
  • []Kleist, Marie von (1)
  • []Kleist, Ulrike von (1)
  • []Vogel, Friedrich Ludwig (1)
  • []Vogel, Henriette (1)
  • []Wackern, Frau (1)
  • [»]Alle Personen anzeigen +/–
 Erwähnte Orte
  • []Frankfurth a Oder (1)
 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

[Lindau:1873] [43 Abw.]
  • 1d. ] D.
  • 110t ] 10.
  • 1Nov: ] Nov.
  • 2Hertz ] Herz
  • 4habe ] habe,
  • 10Standpuncten ] Standpunkten
  • 10betrachten ] betrachten,
  • 11frühſten ] früheſten
  • 12Gedancken ] Gedanken
  • 13geflogen ] geflogen,
  • 15ausgeſezt ] ausgeſetzt
  • 16 ] [Absatz]
  • 16verſichre ] verſichere
  • 16wolte ] wollte [Sperrdruck ›wollte ... empfunden habe;‹]
  • 23Freundſchafft, ] Freundſchaft,
  • 30ihre ] ihren
  • 31aber ] [Sperrdruck ›aber ... Vergangenheit. —‹]
  • 31zulezt, ] zulezt
  • 34Geſellſchafft, ] Geſellſchaft,
  • 35ſey ] ſei,
  • 35ſehn, ] ſehen,
  • 36es ] er
  • 37es ] er
  • 39jezt ] jetzt
  • 40gemacht ] gemacht,
  • 41jezt ] jezt,
  • 41begegnete ] begnete
  • 44wahr ] wahr,
  • 44fehlte ] fehlt
  • 45einzurücken; ] einzurenken;
  • 48Was ] [Sperrdruck ›Was soll ... kommen kan. —‹]
  • 49bey ] bey.[sic]
  • 49ihn ] ihm
  • 50Thür ] Thür,
  • 52ihn ] ihm
  • 54hinzu, ] hiezu,
  • 55deren ] [fehlt: ›deren Seele ... gefunden habe;‹]
  • 58genug ] genung[sic]
  • 61heraus ] herausheben
  • 61heben ] []
  • 62Mann ] Mann,
  • 66hinab zuſtürtzen. — ] hinabzuſtürtzen.
  • 66einmal! — ] einmal!
[MP:1936] [56 Abw.]
  • 1d. ] [Berlin,] d.
  • 1Nov: ] Nov.
  • 2Hertz ] Herz
  • 3wen ] wenn
  • 4ſterben ] ſterben,
  • 4habe ] habe,
  • 7wen ] wenn
  • 9überſpant ] überſpannt
  • 9iſt ] iſt,
  • 11Da/ 10 durch, ] Dadurch
  • 12Gedancken ] Gedanken
  • 13geflogen ] gepflogen
  • 15hiniden ] hinieden
  • 15ausgeſezt ] ausgeſetzt
  • 16wolte ] wollte
  • 18leztemal ] letztemal
  • 20darzukam ] dazukam,
  • 25war ] war,
  • 26Wercke, ] Werke,
  • 27lezten ] letzten
  • 30bedencke, ] bedenke,
  • 30ihre ] ihren
  • 31Gedancke, ] Gedanke,
  • 31zulezt, ] zuletzt
  • 32ſey ] ſei
  • 32anerkant ] anerkannt
  • 33nichtsnütziges ] nichtsnutziges
  • 35ſey ] ſei,
  • 36ſchmertzhaft, ] ſchmerzhaft,
  • 36wahrhaftig ] wahrhaftig,
  • 37Freu/den ] Freuden,
  • 39jezt ] jetzt
  • 41jezt ] jetzt,
  • 41wen ] wenn
  • 41begegnete ] begegnete,
  • 41zuwieder, ] zuwider,
  • 42wen ] wenn
  • 42begnegeten, ] begegneten,
  • 44wahr ] wahr,
  • 48wen ] wenn
  • 49bey ] bei
  • 49ihn ] ihm
  • 50Thür ] Thür,
  • 52ihn ] ihm
  • 53kan. ] kann. –
  • 54Freundin ] Freundinn
  • 58beglücken ] beglücken,
  • 59will, ] will;
  • 60ſich ] ſich,
  • 61Wieſe ] Wieſe,
  • 62Mann ] Mann,
  • 64nur ] um
  • 64begreiffen, ] begreifen,
  • 65kan, ] kann,
  • 66finden ] finden,
  • 66hinab zuſtürtzen. — ] hinab zu ſtürzen. —
[BKA:1989] [2 Abw.]
  • 20darzukam ] darzukam,
  • 27lezten ] letzten
[MA:2010] [3 Abw.]
  • 20darzukam ] darzukam,
  • 27lezten ] letzten
  • 31Gedancke, ] Gedanke,
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