[139] An Ulrike v. Kleist, August 1808
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Ich hätte dich ſo gern dieſen Sommer einmal geſehen, um dir über ſo manche Dinge Auskunft zu geben und abzufordern, die ſich in Briefen nicht anders, als auf eine unvollkommene Art, abthun laſſen. Doch mancherlei Urſachen, die gleichfalls zu weitläufig ſind, um aus einander geſetzt zu werden, verhindern mich, bis noch auf dieſe Stunde, Dreßden zu verlaſſen. Der Phöbus hat ſich, trotz des gänzlich danieder liegenden Buchhandels, noch bis jetzt erhalten; doch was jetzt, wenn der Krieg ausbricht, daraus werden ſoll, weiß ich nicht. Es würde mir leicht ſein, dich zu überzeugen, wie gut meine Lage wäre, und wie hoffnungsreich die Ausſichten Ausſichten, die ſich mir in die Zukunft eröffnen: wenn dieſe [2] [BKA IV/3 217] verderbliche Zeit nicht den Erfolg aller ruhigen Bemühungen zerſtörte. Gleichwohl iſt die Bedingung, unter der ich hier lebe; lebe, noch erträglich, und ich fürchte ſehr, daß es euch Allen nicht beſſer geht. Ich habe jetzt wieder ein Stück, durch den hieſigen Maître de plaisir, Grf. Vizthum, [keine Antiqua-Auszeichnung] [keine Antiqua-Auszeichnung] an die Sächſiſche Hauptbühne verkauft, und denke dies, wenn mich der Krieg nicht ſtört, auch nach Wien zu thun; doch nach Berlin geht es nicht, weil dort nur Überſetzungen kleiner franzöſiſcher Stücke gegeben werden; und in [MA II 909] Caſſel iſt gar das deutſche Theater ganz abgeſchafft und ein franzöſiſches an die Stelle geſetzt worden. So wird es wohl, wenn Gott nicht [DKV IV 421] hilft, überall werden. Wer weiß, ob jemand noch, nach hundert Jahren, in dieſer Gegend deutſch ſpricht. Ich bitte dich, nicht böſe zu werden, wenn ich dir [Heimböckel:1999 (Reclam) 428] vor der Hand die Intereſſen der 500 rh Rth. nicht aus [3] [BKA IV/3 218] zahlen kann, ich verſichre dich, daß es ganz unmöglich iſt, indem die meiſten Buchhändler bis auf Oſtern 1809 unſre Schuldner ſind. Die eigentliche Abſicht dieſes Briefes iſt, beſtimmt zu erfahren, wo du biſt, und dich zu fragen, ob du wohl einen reitenden Boten, den ich von hier aus nach Wormlage abfertigen würde, von dort aus weiter nach Fürſtenwalde beſorgen kannſt? Man wünſcht jemanden, der in der Mark wohnt (es iſt der G. P.) ſchnell von der Entbindung einer Dame, die in Töplitz iſt, zu benachrichtigen. Schreibe mir nur beſtimmt: ja, weiter brauch’ ich nichts; ich überlaſſe es dir, ob du den Boten, den du in Wormlage aufbringſt, wegen etwa allzu großer Weite, erſt nach Gulben ſchicken, und dort einen [SE:1993 II 816] neuen beitreiben laſſen — oder jenen gleich nach Fürſtenwalde abgehen laſſen willſt. Schnelligkeit wird ſehr gewünſcht. Auch mir antworte ſogleich auf dieſen Punct. Vielleicht [4] [BKA IV/3 221] komme ich in etwa drei Wochen ſelbſt zu euch, ſehe, was ihr macht, und berichtige meine, oder vielmehr die Schuld eines Freundes. Lebe inzwiſchen wohl, ſchreibe mir, was unſre theuerſte Tante macht, und die übrigen, und zweifle nie an der unauslöſchlichen Liebe deines HvK. H. v. K.