[126] An Ulrike v. Kleist, d. 5. Januar 1808
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Dreßden, d. 5t Jan. 1808.
Es ſind nun ſchon wieder nahe an drei Monaten, meine theuerſte Ulrike, daß ich keine Zeile von deiner Hand geſehen habe. Dieſes Wormlage liegt in einem ſolchen Winkel der Erde, daß die Poſt es gar nicht kennt, und der Eine ſagt, die Briefe giengen über Berlin, der Andere, über Cottbus. Ich ſchicke dir alſo dieſen Boten, als eine Art von Execution, die nicht eher von dir gehe, als bis du dich zu einer Antwort entſchloſſen haſt. Setze dich ſogleich hin, mein liebſtes Mädchen, und ſchreibe mir, warum das Geld, das du mir zu Weihnachten verſprochen haſt, ausgeblieben iſt? Jeder Grund iſt zu verſchmerzen, nur nicht der, daß du mir böſe biſt. Wenn du es nicht auftreiben kannſt, [Heimböckel:1999 (Reclam) 415] was ſehr wohl möglich iſt, ſo muß ich dies wenigſtens wiſſen, damit irgend ein andrer Rath geſchafft [MA II 895] werden kann. Denn unſere litte [2] [BKA IV/3 129] rariſche Unternehmung, die den beßten Fortgang verſpricht, iſt in vollem Laufe, Dreßden allein bringt 50 Subſcribenten auf, woraus du das Reſultat des Ganzen berechnen magſt, wenn du auch nur annimſt, daß von den übrigen Städten in Deutſchland, jede 1 nimt. Die Horen ſetzten 3000 Exemplare ab; und ſchwerlich konnte man ſich, bei ihrer Erſcheinung, lebhafter dafür intereſſiren, als für den Phöbus. Durch alle drei Hauptgeſandten dieſer Reſidenz (den franz. öſtr. und ruſſiſchen, welcher letztere ſogar (Gr. Kanikow) Aufſätze hergiebt) circuliren circulieren cirkuliren cirkuliren Subſcriptionsliſten, und wir werden das erſte Heft auf Velin durch ſie an alle Fürſten Deutſchlands ſenden. Es kömt Alles darauf an, daß wir die Unternehmung, in den drei erſten Monaten, aus eigner Caſſe beſtreiten können, um nachher in jeder Rückſicht völlig gedeckt zu ſein. Schreibe mir alſo [3] [BKA IV/3 130] unverzüglich, ob du mir mit einem Vorſchuß zu Hülfe kommen kannſt, oder nicht; und wenn es bloß daran liegt, daß du das Ganze, das du verſprachſt, nicht auftreiben kannſt, ſo ſchicke den Theil, den du vorräthig hatteſt, [DKV IV 406] und zwar gleich, durch meinen Boten, welches ein, zum Poſtamt gehöriger, Portechaiſen-Träger, und völlig ſicher. Ich ſchicke dir eine Handvoll Anzeigen, damit du auch, oder wer es ſei, eine Subſcription, wo ſich die Gelegenheit findet, veranlaſſen kannſt. Julchen kann Eine oder zwei an Martini nach Frankfurt ſchicken, wo ja auch Leſegeſellſchaften ſein müſſen. Adieu, grüße Alles, [SE:1993 II 805] und ſchreibe mir, was du willſt, nur nicht, daß du Du mir nicht mehr ſo gut biſt, als ſonſt —
Dein Heinrich. (Pirnſche Vorſtadt, Rammſche Gaſſe N. 123.)
N. S. Der Bote iſt bezahlt.