[002] An Ulrike von Kleist, v. 25.02.1795
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[1]
[BKA IV/1 26]
[DKV IV 16]
[SE:1993 II 470]
[Heimböckel:1999 (Reclam) 17]
[MA II 540]
Eſchborn]Eschborn,
d.
]den
25
t
]25.
Febr.
95
]1795
Ein
Geſchenck]Geschenk
mit
ſo
außerordentlichen
Aufopferungen
von
Seiten
der
Geberinn
verknüpft, als
Deine
für
mich
geſtrickte
Weſte]Weste,
macht
natürlich
auf
das
Herz
des
Empfängers
einen
außerordentlichen
5
Eindruck.
Du
ſchlägſt
jede
Schlittenfarth]Schlittenfahrt,
jede
Masquerade]Maskerade,
jeden
Ball]Ball
jede
Comoedie]Komödie
[DKV IV 17]
aus, um, wie
Du
ſagſt, Zeit
zu
gewinnen, für
Dei⸗
nen
Bruder
zu
arbeiten; Du
zwingſt
Dir
eine
Gleichgültigkeit
gegen
die
für
Dich
ſonſt
ſo
reizbaren
Freuden
der
Stadt
ab, um
Dir
das
einfachere
Vergnügen
zu
gewähren, Deinen
Bruder
Dich
zu
verbinden.
10
Erlaube
mir
daß
ich
hierinn]hierin
ſehr
viel
finde; mehr, — als
gewöhnlich
der⸗
gleichen
Geſchenke
an
wahren
inneren
Werth]Wert
in
ſich
enthalten.
Gewöhnlich
denkt
ſich
der
Geber
ſo
wenig
bey]bei
der
Gabe, als
der
Empfänger
bey]bei
dem
Dancke]Danke;
gewöhnlich
vernichtet
die
Art
zu
geben, was
die
Gabe
ſelbſt
viel⸗
leicht
gut
gemacht
haben
würde.
Aber
Dein
Geſchenck]Geschenk
heiſcht
einen
ganz
15
eignen
Danck]Dank.
Irre
ich
nicht, ſo
hältſt
Du
den
Danck]Dank
für
überflüßig]überflüssig,
für
gleichgültig, oder
eigentlich
für
geſchmacklos.
Auch
haſt
Du
in
gewiſſer
Rück⸗
ſicht
recht, wenn
Du
von
jener
Empfindung
ſprichſt, die
in
dem
Munde
einer
gewiſſen
Art
von
Menſchen, weiter
nichts
als
der
Klang
einer
hohlen
Schelle
iſt.
Was
mich
dahin
leitet
Dir
zu
dancken]danken,
iſt
aber
eine
ſehr
natürliche
Empfin⸗20
dung,
iſt
blos]bloß
Folge
Deines
glücklich
gewählten
Geſchenks.
Es
flößt
mir
die
wärmſte
Erkenntlichkeit
gegen
eine
Schweſter
ein, die
mitten
in
dem
rau⸗
ſchenden
Gewühl
der
Stadt, für
deren
Freuden
ſie
ſonſt
ein
ſo
fühlbares
Herz
hatte, an
die
Bedürfniſſe
eines
weit
entfernten
Bruders
denkt, nach
ei⸗
nem
25
[2]
[BKA IV/1 29]
jahrelangen
Schweigen
an
ihn
ſchreibt, und
mit
der
Arbeit
ihrer
ge⸗
ſchickten
Hand, den
Beweis
ihrer
Zuneigung
ihm
giebt]gibt.
Du
ſiehſt
wenig⸗
ſtens,
liebe
Ullrique,
daß
ich
den
Werth]Wert
Deines
Geſchenkes
zu
ſchätzen
weiß,
und
[Heimböckel:1999 (Reclam) 18]
ich
wünſche
mir
Glück, wenn
ich
Dich
davon
überzeugt
habe. —
Guſtchens
Brief, und
der
Brief
von
der
Tante
Maſſow
und
der
Nogier
ha⸗30
ben
mir
ein
gleich
lebhaftes
Vergnügen
gemacht.
Sie
beweiſen
mir
alle
eine
gleiche
Theilnahme]Teilnahme
an
meine
Lage, und
ich
muß
meine
Erkenntlichkeit
theilen]teilen.
Der
Brief
von
der
[MA II 541]
gnädigen
Tante
enthält
die
Verwunderung
daß
ich
das
Geld
[SE:1993 II 471]
durch
den
Kaufmann
Meÿer
Meyer
]Meyer
noch
nicht
erhalten
habe; auch
mir
iſt
der
Vorfall
unbegreiflich, und
ich
würde
den
Rath]Rat
der
Tante,
an
ihn
zu
ſchreiben, gern
befol⸗35
gen,
wenn
ich
nur
den
Ort
ſeines
Auffenthaltes]Aufenthaltes
[DKV IV 18]
wüßte.
Das
Paket, worinn]worin
die
Strümpfe
von
der
Nogier,
und
noch
andere
Wäſche
war, nebst
die
Briefe
vom
21t
]21.
Decbr:
]Dezbr.
1794,
habe
ich
durch
die
Poſt
erhalten; um
ſo
mehr
iſt
es
mir
unerklärbar, warum
der
Kaufmann
Meÿer
Meyer
]Meyer
nicht
zugleich
das
Geld
abgeſchickt
hat.
Ich
verliere
dabey]dabei
zwar
nichts, denn
der
Cap:
]Cap.
v]v.
Franckenberg
iſt
ſo
gnädig
mir
meine
Zulage,40
ſelbſt
in
ſeiner
Abweſenheit
auſzahlen
zu
laßen]lassen;
allein
ich
fürchte
für
eine
Verwirrung
mit
den
Geldern.
Doch
wird
ſich
das
alles
wohl
mit
der
nächſten
Meſſe
heben.
—
Die
Nähe
unſerer
Abreiſe
nach
Weſtphalen]Westfalen
hindert
mich
daran, die
Briefe
von
der
Tante
und
der
Nogier
zu
beantworten; einige
nicht
unwichtige
Geſchäff⸗45
te]Geschäfte
Geſchaf
erhalten
mich
dieſe
kurze
Zeit
über, ſo
ziemlich
in
Bewegung.
Da⸗
gegen
wird
die
erſte
Zeit
der
Ruhe, die
wir
in
Weſtphalen]Westfalen
genießen, mir
Gelegenheit
geben,
meine
Pflicht
zu
beobachten.
Ich
hoffe
auch
von
da
aus
zu⸗
gleich
die
Nachricht
von
meinem
Avancement
abſchicken
zu
können; der
Marſch
hat
eine
Aenderung]Änderung
darin
gemacht, ſonſt
wäre
ich
vielleicht
jezt]jetzt
ſchon
Officier]Offizier.
Es
50
[3]
[BKA IV/1 30]
macht
mir
indeßen]indeſſen
eine
herzliche
Freude, zu
hören, daß
Leopold
ſchon
ſo
früh
zum
Officier]Offizier
reift.
Der
Stand, in
den
er
bisher
gelebt
hat, führt
ſo
manches
Unan⸗
genehme,
ſo
manche
Unbequemlichkeit
mit
ſich, die
ſein
junges
Alter, vielleicht
zu
ſehr
angreifen
würden.
Auch
hat
ihm
dieer
Feldzug
gegen
die
Pohlen]Polen
genug
mit
Erfahrungen
[Heimböckel:1999 (Reclam) 19]
bereichert
um
einige
Anſprüche
auf
dieſe
Stelle
machen
zu
können.
55
Gebe
uns
der
Himmel
nur
Frieden, um
die
Zeit, die
wir
hier
ſo
unmoraliſch
tödten]töten,
mit
menſchenfreundlicheren
Thaten]Taten
bezahlen
zu
können! —
Und
nun
nur
noch
ein
Paar]paar
Worte: Ein]ein
Auftrag, mich
der
gnädigen
Tante]Tante,
der
Fr:
]Fr.
und
Frl:
]Frl.
vGloger,
v Gloger,
v Gloger,
v Gloger,
]v. Gloger,
dem
Protzenſchen
Hauſe, der
Bonne,
Martinin,
Guſtchen,
mit
deren
Brief
ich
für
dies⸗
mal
nicht
ganz
zufrieden
bin, und
allen
meinen
Geſchwiſtern
zu
empfehlen: Die]die
Bit⸗60
te,
mein
jetziges
Schreiben
bald
zu
beantworten, und: die
Verſicherung, meiner
unveränderlichen
unveränderlichen,
herzlichen
Freundſchaft.
Heinrich
Heinrich.
Heinrich.
Heinrich.
]Heinrich.