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Polizeiliche
Tages⸗Mittheilungen.
Vorgeſtern Abend iſt eine unbekannte
Mannsperſon
von 30–40 Jahren an einem Baum im Thiergarten
erhenkt gefunden worden.
Geſtern Nachmittag gegen 2 Uhr
brach in der 5
Farbeküche eines hieſigen Kattun⸗Fabrikanten
in der
Köpenickerſtraße Feuer aus, welches jedoch ohne
Lärm⸗
ſchlagen durch die Train⸗Magazin⸗Spritze,
weche
welche
ein
Viktualienhändler mit ſeinen Pferden
herbeigeholt
hatte, ſchleunigſt gelöſcht wurde. Die fehlerhafte Ein⸗10
richtung des Rauchfanggewölbes hat, nach Ausweis
der
vorgenommenen Unterſuchung, der Flamme den
Durchgang
geſtattet.
Ein hieſiges Dienſtmädchen hat
ſich geſtern Abend
um 8½ Uhr mit einer Flinte
erſchoſſen. Früherhin hat 15
daſſelbe einen Anfall von
Wahnſinn gehabt, und ihre
Herrſchaft ließ ſie durch
einen hieſigen Arzt kuriren.
Sie war indeß nicht ganz wieder hergeſtellt und des⸗
halb vor 8 Tagen aus dem Dienſte entlaſſen
worden.
Geſtern kam ſie in die Wohnung
ihrer Herrſchaft 20
zurück, um die Wäſche an ihre
Nachfolgerinn im
Dienſte zu übergeben, und bei dieſer
Gelegenheit
verſchaffte ſie ſich das benöthigte Pulver
⁊c. aus ei⸗
nem verſchloſſenen Behältniß. Die
Kugel iſt durchs
Herz aufwärts und durch die Decke des
Zimmers ge⸗25
gangen. Sie hinterläßt noch einiges Vermögen, und
ſoll mit
einem hieſigen wohlhabenden Schuhmacher⸗
meiſter
verlobt ſein.
An dem Fußſteige, welcher von
der Invaliden⸗
nach der Gartenſtraße führt, iſt
ein im Invaliden⸗30
50 Hauſe wohnender Invalide in der
vorigen Nacht an
einem Weidenbaum erhenkt gefunden
worden.
Bülletin der
öffentlichen Blätter.
Genua,
den 25. December.
In der Weihnachtsnacht um 1½ Uhr
ſpürte man 35
zu Genua einen leichten Erdſtoß, der 8 bis 10
Se⸗
kunden dauerte. Die Glocken läuteten, die
Meubeln
wankten hin und her, und einige alte Häuſer
beka⸗
men Riſſe. Zu Verona war der Erdſtoß heftiger, und
dauerte von
Norden gegen Süden 10 Sekunden. Ein 40
Donnern in der Atmosphäre ging vorher und ein
Haus fiel ein.
Wien,
den 2. Jan.
Wie man vernimmt, wird in kurzer
Zeit Se.
Kaiſerl. Hoh. der Kronprinz mündig erklärt
werden, 45
und dann ſeinen eigenen Hofſtaat führen. Man will
neuerdings wiſſen, daß
für dieſen Fall der jetzige
Oberſtkanzler, Graf Ugarte,
die Würde eines Oberſt⸗
hofmeiſters des
Kronprinzen erhalten, und der jetzige
Hofkammerpräſident, Graf v. Wallis, an die Stelle 50
des
Grafen Ugarte treten werde.
Vermiſchte
Nachrichten.
Seit einiger Zeit befindet ſich
der Preußiſche Ge⸗
heime⸗Rath Beyme in Wien, wo er
auch dieſen Win⸗
ter zu bleiben gedenkt.55
Der Pariſer Moniteur hat jetzt
bloß die Ueber⸗
ſchrift: le Moniteur universel, der Ausdruck: Gazette
nationale iſt ſeit dem 1.
Jannar
Januar
weggelaſſen.
Herr Diwawe, Ruſſiſcher
Geſandſchafts⸗Secretair,
iſt als Courier von Petersburg
durch Metz nach Paris 60
paſſirt.
Zur
Beantwortung: der literäriſchen
Bemerkung in No. 63. der
Abendblätter.
Der Vorwurf des Eigennutzes,
welcher in jener 65
Bemerkung dem Verfaſſer der Grundſätze
des ratio⸗
nellen Ackerbaues, Herrn Staatsrath
Thaer, gemacht
wird, trifft nicht dieſen ſondern allein
den Verleger
des Werks, da das Honorar des Verfaſſers um
nichts
wäre gekürzt worden, wenn der Verleger auch hätte
70
einen ganzen Band Kupfer liefern müſſen.
Dem Unterrichteten leuchtet die
Unſtatthaftigkeit
der Beſchuldigung leicht ein, allein
für Minderunter⸗
richtete hält der Verleger für
nöthig zu erinnern, daß
die Zumuthung wol alle Gränzen
der Beſcheidenheit 75
überſchreitet, da nemlich jener
Bemerker für ſeinen
Ducaten nicht nur einen Quartband
von 38 Bogen
Text und 13 Kupfertafeln fordert, ſondern
auch aus⸗
ſerdem noch ein anderes Werk, welches
für ſich 9 Rthl.
koſtet, und ſeit 6 Jahren das
unbeſtreitbare Eigen⸗80
thum eines andern Verlegers
iſt.
Warum geht aber der Urheber
dieſer Beſchuldi⸗
gung — der mit Criſpin wohlfeile
Schuhe aus unbe⸗
zahltem Leder verfertigt — nicht
weiter, und fordert
auch die übrigen Werke des
Verfaſſers in den Kauf? 85
In wiefern übrigens jene
Bemerkung literäriſch
genannt werden kann, leuchtet
nicht wohl ein; merkan⸗
tiliſch iſt ſie
unſtreitig.
Fragment über
Erziehung.
Knaben ſollen öffentlich erzogen
werden. Nach⸗90
dem
ſie der unmittelbaren mütterlichen Pflege und
Sorge, und
des erſten Unterrichts nicht mehr bedür⸗
fen,
ſollen ſie gleich gewöhnt werden, unter ihres
Gleichen
mit Ordnung und gegenſeitiger Anerkennung
in
gemeinſchaftlichem Beſtreben kriegeriſch gerüſtet 95
und
friedlich geſinnt leben zu müſſen. Auf dieſe Weiſe
nur
erhalten ſie Gemeinſinn und Eigenthümlichkeit zu⸗
gleich. Auch ſind ſie dereinſt für ein
öffentliches ge⸗
meinſames Leben beſtimmt und
können nicht früh ge⸗
nug dazu vorbereitet
werden.100
Mädchen dagegen ſollen im Hauſe
erzogen wer⸗
den. Ihre Beſtimmung iſt eine häusliche, ihr gan⸗
zes
künftiges Leben hat eine fortdauernde Beziehung
auf die
Männer, und zu dieſer Beſtimmung müſſen
ſie von Jugend
auf angeleitet werden. Nur ein Mäd⸗105
chen, welches mit der Mutter für Vater und
Bruder
fortdauernd ſich beſchäftigt und geſorgt hat,
das ſchon
gewohnt iſt, von ihnen geliebt, geneckt und
beſchützt
zu werden, und ſie wieder zu lieben, zu
necken und zu
ehren, die in alle Geheimniſſe eines
unbefangenen 110
Verkehrs mit Männern ſchon geweiht iſt,
nur ein ſol⸗
ches wird eine gute, tüchtige,
ordentliche und züchtige
Hausfrau werden, die für Mann
und Söhne zu ſor⸗
gen und von ihnen geachtet zu
werden verſteht, die
ihre Würde behauptet, und ihre
Abhängigkeit empfin⸗115
det, und die endlich wieder
Töchter bildet, die ihr
gleichen.
Daher wird die Klage über
Frauen, die in all⸗
gemeinen Anſtalten erzogen
worden, ſo häufig gehört;
und daher ſind Frauen aus
einem Hauſe, worin es 120
viele Söhne gab, in der Regel die
beſten, gewandte⸗
ſten, ordentlichſten und
klügſten.
lb.
Anekdote.
Auf dem Theater zu * * wurde der
Zinngießer 125
ganz ſchlecht gegeben, ſo daß beim Vortreten
des anon⸗
cirenden Schauſpielers ein allgemeines
Pfeifen ertönte.
Als dieſes ſich in etwas gelegt hatte, zählte der
nicht
außer Faſſung gebrachte Schauſpieler eins, zwei,
drei
bis zwanzig, und kündigte dann mit größter Ruhe
130
die nächſte Vorſtellung an. Das Publikum freute ſich
über
dieſe Geiſtesgegenwart ſo ſehr, daß dieſer Schau⸗
ſpieler nun der Liebling des Publikums iſt. Bekannt⸗
lich iſt in dieſem Stücke das
Zählen als ein Mittel
gegen den Zorn angegeben.135