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    Bülletin der öffentlichen Blätter. [11.01.1811]
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  • 1811. No. 9. Berlin, den 11ten Januar 1811.
1811. No. 9. Berlin, den 11ten Januar 1811.

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33

1811. No. 9.

Berliner Abendblaͤtter.

Berlin, den 11ten Januar 1811.

Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.

London, den 22. December.

Unſere Blaͤtter enthalten jetzt den Bericht uͤber
die am 14. dieſes ſtattgehabte Abhoͤrung des Doctor
Willis in Betreff des Geſundheitszuſtandes des Koͤ⸗5
nigs.
Die Meinung dieſes Arztes iſt, daß die gegen⸗
waͤrtige Krankheit des Koͤnigs ganz dieſelbe ſei, als
vor zwei und zwanzig Jahren und daß er nicht an
der Moͤglichkeit zweifele, Se. Majeſtaͤt koͤnne wieder
hergeſtellt werden.
Er gab ferner die Krankheit des 10
Koͤnigs fuͤr eine Sinneszerruͤttung an, mit der Hinzu⸗
fuͤgung, daß dieſe vom Wahnſinn verſchieden ſei, und
auf die Frage, worin dieſer Unterſchied beſtaͤnde, ſagte
Doctor Willis Folgendes:

„Der Ausſchuß kann leicht einſehen, wie ſchwer 15
es iſt, genaue Definitionen uͤber Sachen zu geben,
wozu man nicht vorbereitet iſt.
Ich werde mich da⸗
her begnuͤgen, die beiden verſchiedenen Zuſtaͤnde zu
beſchreiben.
Das Derangement des Koͤnigs naͤhert
ſich mehr dem Delirio als dem Wahnſinn.
Jedesmal, 20
wenn der Koͤnig einen gewiſſen Grad von Reiz er⸗
haͤlt, ſo verfaͤllt er insgemein in ein Delirium.
Im
Delirio beſchaͤftigt ſich der Geiſt thaͤtig mit vergan⸗
genen Eindruͤcken, mit vorhergegangenen Scenen und
Gegenſtaͤnden.
Der Kranke gleicht jemanden, der im 25
Schlafe redet.
Es zeigt ſich auch zugleich eine be⸗
traͤchtliche Stoͤrung in den animaliſchen Funktionen
uͤberhaupt, eine große Unruhe, ein großer Mangel an
Schlaf, und der Kranke iſt ſich der Gegenſtaͤnde um
ſich her gar nicht bewußt.
Bei dem Wahnſinn hin⸗30
gegen giebt es, dem Anſchein nach, wenig oder gar
keine Stoͤrung in den animaliſchen Funktionen; der
Geiſt iſt fixirt, mit einer herrſchenden Idee beſchaͤf⸗
tigt, an welcher er, ohnerachtet ſeiner offenbaren
34 Falſchheit, hartnaͤckig haͤngt, und das Individuum 35
handelt fortdauernd nach dieſem falſchen Eindruck.
Indem ich den Wahnſinn und das Delirium als zwei
verſchiedene Extreme betrachte, ſo ſtelle ich die Gei⸗
ſteszerruͤttung in einen gewiſſen Punkt zwiſchen beide.
Die Krankheit Sr. Majeſtaͤt hat uͤberhaupt mehr den 40
Charakter des Deliriums als des Wahnſinns.

In der Sitzung des Parlaments am 20. dieſes er⸗
klaͤrte ſich nun der Kanzler der Schatzkammer naͤher
uͤber ſeinen Plan zu einer Regentſchaft.
„Dieſem
Plan zufolge, ſagte er unter andern, muß der Prinz 45
von Wallis die Stelle als Regent uͤbernehmen.
Alle
Regierungs⸗Gewalt iſt ihm zu uͤbertragen.
Die Koͤ⸗
niginn uͤbernimmt die Sorge und Aufſicht uͤber die
Perſon des Koͤnigs.
Die Praͤrogative der Krone
muͤſſen beſonders beſchraͤnkt werden, da der Koͤnig 50
bald wieder beſſer werden kann.
Dr. Willis hat er⸗
klaͤrt, daß man bei Krankheiten, wie diejenige, von
welcher Se. Majeſtaͤt heimgeſucht iſt, nur erſt, wenn
ſie ein oder anderthalb Jahre gedauert hat, die Hoff⸗
nung der Geneſung aufgeben koͤnne.
Die vornehmſten, 55
auf ein Jahr zu beſtimmenden, Einſchraͤnkungen der
Macht des Regenten ſind nach meiner Meinung: daß
er keine Pairs ernennen kann; alle Aemter und Pen⸗
ſionen, die er ertheilt, dauern nur waͤhrend der Zeit
der Regentſchaft, wenn ſie in der Folge nicht vom 60
Koͤnige beſtaͤtigt werden.
Die Koͤniginn ernennt zu
Stellen des Koͤnigl. Hausſtaats.
Die Authoritaͤt des
Koͤnigs muß ungeſchmaͤlert erhalten werden.
Keiner
verehrt mehr als ich (ſagte Herr Perceval) die Tu⸗
genden der erlauchten Perſon, welcher die Regent⸗65
ſchaft uͤbertragen werden ſoll; ich kann aber denen
nicht beipflichten, die ſich bei dieſer Gelegenheit auf
die Tugenden des Regenten beziehen.
Bei der Be⸗
ſtimmung der Funktionen einer Stelle, iſt es eine ge⸗
faͤhrliche Sache, ſich auf die Tugenden deſſen zu be⸗70
ziehen, der ſie bekleiden ſoll.“

Der erſte Beſchluß ward einſtimmig angenom⸗
men.
Gegen den zweiten erhob ſich Sir Francis
Burdett mit vieler Heftigkeit und ſagte unter andern:
„Wie falſch iſt die Anfuͤhrung, als wenn das jetzige 75
Parlament eine freie und voͤllige Repraͤſentation der
35 Nation waͤre! Das Parlament iſt verdorben und
ſtrebt nach willkuͤhrlicher Herrſchaft.
Wie ſchlecht iſt
ſein Verfahren bei Gelegenheit der Unterſuchung der
Expedition von Walchern geweſen!
Wir haben ein 80
ſogenanntes Langes⸗Parlament, ein Rump⸗Parla⸗
ment ⁊c. gehabt.
Zweifelsohne wird das jetzige Par⸗
lament in einigen Jahren den Beinamen liest »Beiname« des Walcher⸗
ſchen Parlaments bekommen.
Man (Man lachte.) Der Prinz
von Wallis muß als Regent unumſchraͤnkte Vollmacht 85
haben und die Regentſchaft muß permanent ſeyn, da
an die voͤllige Geneſung des Koͤnigs nicht zu denken
iſt.
Ich proteſtire gegen die zweite und dritte Reſo⸗
lution.“
Die zweite ward aber dennoch angenommen.

Herr Ponſonby verlangte, der Prinz von Wallis 90
moͤchte ganz einfach erſucht werden: die Koͤnigl. Funk⸗
tionen waͤhrend der Krankheit Sr. Majeſtaͤt, unter
der Form und mit dem Titel eines Regenten des ver⸗
einigten Reichs, auszuuͤben.

Fuͤr dieſes Amendement waren 157 Stimmen, ge⸗95
gen daſſelbe 260, folglich ward es mit einer Majori⸗
taͤt von 112 Stimmen verworſen, verworfen, und ſo ging auch
der dritte Beſchluß durch.

Der Prinz von Wallis hat allen Gliedern der
verſchtedeneu verſchiedenen Zweige ſeiner erhabenen Familie den 100
ihm eingeſandten Plan zur Regentſchaft mitgetheilt.
Demzufolge haben alle Prinzen des Koͤnigl. Hauſes,
ſieben an der Zahl, eine Erklaͤrung, in Proteſtations⸗
form erlaſſen, die im Weſentlichen alſo lautet:

„Daß, da ſie von Sr. Koͤnigl. Hoheit, dem Prin⸗105
zen von Wallis, erfahren haben, es ſei ein Project
vorhanden, die Koͤnigl. Gewalt durch eine, mittelſt
gewiſſer Modifikationen und Beſchraͤnkungen limitir⸗
te, Regentſchaft zu erſetzen, ſo glaubten ſie es ihrer
Pflicht gemaͤß, zu erklaͤren, daß die einſtimmige Mei⸗110
nung aller Prinzen der Koͤnigl. Familie dahin gehe,
daß ſie die Beſchaffenheit des vorgeſchlagenen Plans
nicht ohne Beſorgniſſe anſehen koͤnnten, da eine auf
dieſe Weiſe beſchraͤnkte Regentſchaft den aus der
Koͤnigl. Gewalt entſpringenden Vorrechten zuwider 115
ſei, ſowohl in Hinſicht der Sicherheit und des Vor⸗
theils des Volks, als der Macht und Wuͤrde der Kro⸗
ne, und daß demzufolge ſie auf das feierlichſte gegen
36 dieſe, den Grundſaͤtzen, die ihre Familie anf auf den
Thron gebracht haͤtten, zuwiderlaufenden Beſchraͤn⸗120
kungen proteſtiren muͤßten.

Dieſen Brief beantwortete der Kanzler der
Schatzkammer am 20. folgendermaßen:

„Daß er dieſe Angelegenheit den Miniſtern Sr.
Majeſtaͤt zur Unterſuchung vorgelegt habe; daß, ob⸗125
gleich es ihm ungemein leid waͤre, daß die bei den
traurigen Krankheits⸗Umſtaͤnden Sr. Majeſtaͤt ange⸗
nommenen Maaßregeln nicht das Gluͤck haͤtten, von
den erhabenen Perſonen, aus denen die maͤnnlichen
Zweige der Koͤnigl. Familie beſtehen, gebilligt zu 130
werden, ſie doch nicht umhin koͤnnten, ſolche als die
einzigen geſetzlichen und conſtitutionellen zu betrachten,
und die alleinigen, die durch fruͤhere Beiſpiele ge⸗
rechtfertigt werden koͤnnten; daß man im Jahre 1788
eben ſo verfahren habe, um welche Zeit eben dieſer 135
Plan nicht allein nach langen und peinlichen Discus⸗
ſionen
von den beiden Haͤuſern angenommen worden,
ſondern ſich auch des allgemeinen Beifalls der Na⸗
tion in England zu erfreuen gehabt habe, und daß
ſie ſich endlich gluͤcklich fuͤhlten, indem ſie bedaͤchten, 140
daß, als der Koͤnig wieder hergeſtellt worden, die bei
dieſer Gelegenheit genommenen Maaßregeln nicht al⸗
lein die ſchmeichelhafteſte Billigung Sr. Majeſtaͤt er⸗
halten, ſondern daß auch der Koͤnig geruht habe, in
dieſer Hinſicht ſeine beſondre Dankbarkeit zu bezeugen.“ 145

Unſere Truppen unter den Befehlen des Lord
Wellington in Portugal betrugen im November zu⸗
ſammen nicht 25000 Mann, worunter 2670 Mann Ca⸗
vallerie.
An Generals waren daſelbſt 5 General⸗
Lieutenants, 16 General⸗Majors und 6 Brigadier⸗Ge⸗150
nerals.

Die Morning Chronicle vom 22 ſagt, daß ein in
12 Tagen von Liſſabon gekommenes Schiff die Nach⸗
richt mitgebracht habe, Maſſena habe Villa Nova wie⸗
der beſetzt und Lord Wellington ſei nach ſeiner alten 155
Poſition zu Torres Vedras zuruͤckgekehrt.
(L. d. B.)

Bülletin der öffentlichen Blätter. [11.01.1811];

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n356/mode/1up

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1811-09, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 18.05.2025

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Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 1811. No. 9. Berlin, den 11ten Januar 1811. Berlin: August Kuhn, 11.1.1811.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 33–36 (1811)

Editorische Anmerkungen

  • 137DiscusſionenDas Fugen-s ist in »Discussionen« als langes s gesetzt.

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Bülletin der öffentlichen Blätter. [11.01.1811]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Bülletin ›London‹: Redigierter Text aus ›Privilegirte Liste der Börsen-Halle‹ vom 4.1.1811, S. 2–4.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 33–36 (1811)

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/8 II 47–51

 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

[BKA:1989] [1 Abw.]
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