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Berliner Abendblaͤtter.
73tes Blatt. Den 24ten December 1810.
Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen.
Ein hieſiger Eigenthuͤmer hat ſich am 20ſten fruͤh um 9 Uhr mit einem Barbiermeſſer den Hals abgeſchnitten. Er iſt 20 Monate hindurch krank geweſen, und wahrſcheinlich haben ihn heftige Schmerzen zu dem Entſchluß gebracht, ſich zu entleiben.
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.
Wien, den 12ten Dec.
Der hieſige beruͤhmte Buchdrucker und Buchhaͤndler Jos. Vinc. Degen iſt von Sr. Maj. dem Kaiſer von Oeſtreich, unter dem Namen eines Edlen von Elſenau, in den Adelſtand des oͤſtreichiſchen Kaiſerreichs erhoben worden.
Es verbreitet ſich von Neuem das Geruͤcht von einer Einlieferung der ſilbernen Geraͤthſchaften, Loͤffel ⁊c. ſo wie auch des Goldes, zum Behuf der Finanzen. (L. d. B.)
Von der ſpaniſchen Graͤnze, d. 28. Nov.
Gen. Drouet und mehrere andere Corps ſind auf dem Marſch nach Caſtelbranco, wahrſcheinlich um auf das linke Ufer des Tajo uͤberzuſetzen, wo ſich eine franzoͤſiſche Armee bildet. Man ſcheint den Entſchluß gefaßt zu haben, von dieſer Seite her gegen Liſſabon zu operiren und ſich allenfalls ſelbſt des Ausfluſſes des Tajo zu bemaͤchtigen. Vermuthlich uͤbernimmt Gen. Mortier den Oberbefehl uͤber dieſe Armee, der jedoch, ſowie alle anderen fr. Befehlshaber in Portugall, unter Marſchall Maſſena ſtehen wird. Die Englaͤnder und Portugieſen haben in der Provinz Alentejo keinen Widerſtand entgegen zu ſetzen, da ſie alle ihre diſponiblen Streitmaſſen auf dem rechten Ufer concentrirt haben. (L. d. B.)
288Madras, den 24ten Maͤrz.
Aus Travancore meldet man folgende tragiſche Begebenheit: Am 2ten Maͤrz war des Nachts in daſiger Gegend ein Erdbeben. In einem benachbarten Bergſchloß ſtuͤrzten einige Haͤuſer ein. Zugleich brach eine Feuersbrunſt aus. Dieſe verbreitete ein ſo großes Schrecken unter den Bewohnern, daß viele Leute ſich auf’s Feld fluͤchteten. Unter den Fliehenden befanden ſich auch einige Frauenzimmer, die ſich in dem erſten Schrecken halb nackend aus dem Harem des Rahjah gefluͤchtet hatten. Geruͤhrt uͤber ihre Lage, nahmen die Einwohner ſie auf und fuͤhrten ſie am folgenden Tage nach dem Schloſſe zuruͤck. Kaum waren ſie daſelbſt wieder angekommen, ſo befahl ihr eiferſuͤchtiger Tyrann, acht derſelben enthaupten zu laſſen, unter dem Vorwande, daß ſie ſich den Blicken der Maͤnner ausgeſetzt haͤtten. Fuͤnf von ihren Fuͤhrern wurden die Augen ausgeſtochen, weil ſie ihre Blicke auf die ungluͤcklichen Schoͤnen geworfen hatten. (Mon.)
Zu Genf fiel ein 13jaͤhriges Maͤdchen von den Stadtwaͤllen, 30 Fuß hoch, herab in den Graben voll Schlamm, und blieb darin, bis faſt am Halſe, bei 24 Stunden, ſtecken, weil man ihr Geſchrei nicht hoͤrte. Zufaͤllig entdeckten ſie junge Leute, die dahin auf die Entenjagd kamen. (Corr. f. Deutſchl.)
Schreiben aus Berlin.
Geſtern fruͤh um 4 Uhr wurde der Leichnam Ihrer Majeſtaͤt der verewigten Koͤniginn, ganz in der Stille, aus dem hieſigen Dom, wo derſelbe Liest »der selbe«. bisher geſtanden, in die, zu dieſem Zweck erbaute, Kapelle nach Charlottenburg gebracht. Der Sarg, auf welchem ſich, wie an dem Tage der feierlichen Beiſetzung, die Krone befand, wurde, von einigen koͤniglichen Hausofficianten, durch eine Reihe von Garde du Corps, die in dem Dom aufgeſtellt war, auf den, vor dem Domportal haltenden und mit acht Pferden beſpannten, Leichenwagen gebracht. Se. Excellenz, der Herr Gouverneur, Graf v. Kalkreuth, die Kammerherren Ihrer Majeſtaͤt der verewigten Koͤniginn, und einige andere Herren, waren bei dieſer Feierlichkeit gegenwaͤrtig. Von hier aus ging der Zug, in einer 289finſteren, und gegen das Ende regnigten Nacht, unter Bedeckung einer Compagnie koͤniglicher Fußgarde, durch die Linden, fuͤr deren Erleuchtung von Neuem, auf beiden Seiten, geſorgt worden war, nach dem Brandenburger Thor; mehrere koͤnigliche Stallbediente mit Fackeln ritten nebenher. Der Zug kam, bei Anbruch des Tages, in Charlottenburg an, wo die hohe Leiche beigeſetzt wurde, und der Probſt Herr Ribbeck, in Gegenwart Sr. Maj. des Koͤnigs, der mit den Prinzen, ſeinen erlauchten Soͤhnen, von Potsdam heruͤbergekommen war, zur Einweihung der Ihrer Maj. der verewigten Koͤnigin zum Begraͤbnißort dienenden Kapelle, eine paſſende Rede hielt. Das Schauſpiel war an dieſem Tage in Berlin geſchloſſen, und der ganze Hof, ſo wie mehrere Andere, denen das Andenken an die beſte Landesmutter noch im Herzen lebte, gingen ſchwarz. — Dem Publiko werden, wie es heißt, Tage beſtimmt werden, an welchen ihm erlaubt ſein wird, jene, die theuren Reſte der koͤ niglichen Frau enthaltende, Kapelle zu Charlottenburg zu beſuchen.
Anfrage.
Es iſt unverkennbar, daß die franzoͤſiſche Gemeinde hieſiger Reſidenz ein Geiſt der Froͤmmigkeit und der Gottesdienſtlichkeit auszeichnet, den wir den deutſchen Gemeinden wohl wuͤnſchen moͤchten. — Daher zeigt ſich auch in den wohlthaͤtigen Anſtalten der franzoͤſiſchen Colonie, und uͤberhaupt in allen Gemeindeangelegenheiten, ein muſterhafter Wetteifer der Groͤßten und Geringſten fuͤr alles Foͤrdernde und Gute. — Und ſo hat es nicht fehlen koͤnnen, daß einerſeits das Beduͤrfniß dieſer Gemeinde nach ausgezeichneten Kanzelrednern immer befriedigt worden, und daß andrerſeits viele und diſtinguirte Glieder der deutſchen Gemeinden ſich in Ruͤckſicht auf den Sonntaͤglichen Gottesdienſt an die franzoͤſiſche angeſchloſſen haben.
Bei dieſer Gelegenheit moͤchten wir fragen, warum in den ſonntaͤglichen Kirchenliſten im Berliner Intelligenzblatte, die in den franzoͤſiſchen Kirchen predigenden nicht mehr wie vormals angezeigt werden, da doch in den Verzeichniſſen der Aufgebotenen deſſel290ben Blattes die franzoͤſiſchen Gemeinden nicht uͤbergangen werden. Mehrere freiwillige Glieder dieſer Gemeinde, die den Nachfolger des Herrn Staatsrath Ancillon, dieſes vortrefflichen Kanzelredners, zu hoͤren wuͤnſchten, haben nur mit Muͤhe erfahren koͤnnen, daß er am erſten Weihnachtsfeiertage Vormittags in der Werderſchen Kirche predigen wird.
Anzeige.
Da der vorige Herr Verleger der Berliner Abendblaͤtter nicht die Schicklichkeit gegen das Publikum beobachtet hat, die Blaͤtter bis zum Schluſſe des Jahres zu liefern: ſo haben wir uns fuͤr verpflichtet gehalten, dieſe Schuld abzutragen, und liefern deshalb die fehlenden Blaͤtter, den 24ſten, 27, 28, 29 und 31. Jeder, wer, der Auslieferungsliſte zufolge, bei Herrn Hitzig praͤnumerirt hat, erhaͤlt dieſe Blaͤtter gratis. Vom erſten Januar 1811 faͤngt das neue Abonnement an, das, wie bisher, vierteljaͤhrlich 18 gute Groſchen betraͤgt. Das einzelne Stuͤck koſtet 8 Pfennige gutes Geld. Die Blaͤtter werden regelmaͤßig in unſerm Buͤreau, Leipziger⸗ und Charlottenſtraßen⸗Ecke, Nro. 36., Punkt 5 Uhr des Abends, ausgegeben. Dienſtboten, und wer ſonſt zur Abholung geſchickt wird, brauchen in Zukunft keinen Augenblick laͤnger zu warten, als zur Empfangnahme der Blaͤtter noͤthig iſt. Berlin, den 22ſten Dec. 1810. Kunſt⸗ und Induſtrie⸗Comptoir.
Berichtigung.
Hr. Buchhaͤndler J. E. Hitzig hat (S. Beil. zum 72ten Stuͤck dieſer Blaͤtter) erklaͤrt, daß er an der Redaction der Berliner Abendblaͤtter keinen Theil genommen. Dieſem Umſtande ſehen wir uns genoͤthigt zu widerſprechen. Sowohl die Ankuͤndigung der Abendblaͤtter Anfang Octobers, incl. der an den Linden und Straßenecken angeſchlagenen Affichen, als auch mehrere, unter dem Strich befindliche, buchhaͤndleriſche Anzeigen, im Blatte ſelbſt, ruͤhren von ſeiner Hand her. (Die Red.)