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Warnung gegen weibliche
Jägerei.
Die Gräfin L . . . war kurzsichtig, aber sie
liebte
noch immer die Jagd, ungeachtet sie nie niemals gut
geschossen hatte. Ihre Jäger kannten ihre Art und
nahmen sich vor ihr in Acht; sie schoß dreist auf je¬5
den Fleck, wo sich etwas regte, es war ihr
einer¬
lei, was es sein
mogte. Abbé D . . . . .
., einer
der gelehrtesten Literatoren, mußte sie mit ihrem
vier¬
zehnjährigem
Sohne, dem Grafen Johann, auf einer
dieser Treibjagden begleiten, die
Jäger suchten ihnen 10
einen sichern Platz zum Anstand, hinter zwei
starken
Bäumen, aus; der Abbé nahm aus Langeweile ein
Buch aus seiner Tasche, das er vom Jagdschloß mit¬
genommen; es war von
Idstädt’s
Ickstatt’s
Jagdrecht. Der
junge Graf
lauerte aufmerksam auf einen Rehbock, 15
der herangetrieben wurde. In dem
Augenblicke, als
er losdrücken wollte, fiel ein Schuß der Gräfin, den
sie ungeschickt und übereilt auf denselben Rehbock
thun wollte, so
geschickt durch den schmalen Luftraum,
zwischen den beiden Bäumen, die
den Abbé und den 20
Grafen sicherten, daß sich beide zu gleicher Zeit
ver¬
wundet fühlten und
aufschrieen. Die Gräfin wurde
bei diesem
Geschrei ohnmächtig, die Jäger und die
übrige Gesellschaft, in der sich
auch ein Wundarzt
befand, eilten von allen Seiten herbei und theilten
25
ihre Sorge zwischen der Gräfin und dem jungen
Erbgrafen. Die Güte und Geduld des Abbé’s ist
jedem, der ihn gesehen, aus seinem Gesichte bekannt,
seine Bescheidenheit jedem, der mit ihm gesprochen;
[ 31 ] 124 hier erschien
aber alles Dreies auf einer merkwür¬30
digen Probe. Kein Mensch fragte ihn, was ihm
fehle, vielmehr drängte man ihn beiseite, und als
er
einem sagte: Er glaube zu sterben, der eine Reh¬
posten wäre ihm in der Gegend der Leber durch die
Rippen eingeschlagen; so antwortete ihm jener ver¬35
stört: der junge Graf sei durch beide
Schulterblät¬
ter
verletzt. Der Wundarzt sah nur auf den jun¬
gen Grafen, und der arme Abbé mußte sich
selbst
helfen, so gut er konnte, und suchte sich die Wunde
mit seinem Schnupftuche, das er mit dem Rock fest¬40
knöpfte, so gut als möglich zu
verschließen. Mit
Mühe wurde eine Kutsche
durch den steinigen hüg¬
ligten Wald, bis nahe an den Unglücksort, gebracht.
Die Gräfin hatte sich erholt, und empfahl mit vie¬
len Thränen, dem Wundarzte ihren
Sohn; der 45
Abbé wollte ihr mit Klagen, über seinen Schmerz,
keinen Kummer machen, und stieg sachte mit der
letzten
Anstrengung dem jungen Grafen in den
Wagen nach. Der Wundarzt hielt den Grafen im
Vorsitz, rückwärts
saß der Abbé. Der Wagen fuhr 50
sehr langsam,
aber der Weg war uneben und stieß
unvermeidlich; der Graf litt dabei
und seufzte leise,
aber der Abbé konnte, bei dem entsetzlichen Druck
der Kugel, sich heftiger Seufzer und einzelner Aus¬
rufungen nicht enthalten. Der Wundarzt hatte schon 55
ein paar Mal gesagt: Es
hätte nichts auf sich mit
der Wunde des Grafen, er könnte sich
beruhigen;
endlich sprach er ganz ernstlich: Ich ehre ihr Mit¬
leid Herr Abbé, aber ich traue
ihrem Verstande zu,
daß sie sich der Ausbrüche desselben erwehren
kön¬60
nen, wenn es dem
Gegenstande desselben gefährlich
werden könnte; ihre
Beileidsbezeigungen machen aber
den Kranken selbst besorgter, als das
Uebel ver¬
dient.
—
(Beschluß
folgt.)65
Fragmente aus den Papieren eines
Zuschauers
am Tage.
Im Gefolge Catharinens von Medici kamen aus
dem Asyle der geflüchteten Wissenschaften und Künste,
dem Mediceischen Florenz, die Blüthen und Früchte 70
der Poesie, der
schönen Wissenschaften, der Philosophie,
der Geschichte, — der
Mahlerei, der Bildhauerei, der
Architektur, — nach Frankreich. Zwar war bereits frü¬
her, unter Carl VIII., Ludwig XII. und Franz I., das
geistige und physische Italien in Reunion und Requi¬75
sition gesetzt. Aber die Ausbeuten von Neapel, May¬
land, Genua und Pavia waren nicht aufmunternd.
Das Gift, welches Franz des Ersten
Lebenskraft un¬
tergrub
und endlich vernichtete, hätte zu heilsamem
Nachdenken führen können.
Allein damals, wie jetzt, 80
redete Erfahrung
umsonst. — Ein
Gegengift wäre
unter dem Eingebrachten zu finden gewesen — die
Geschichte. Aber selbst diese ward, in Macchiavel’s
falsch angewandten Präparaten, zerstöhrend, an¬
statt heilbringend zu
werden.85
Miscellen.
Ein französischer Courier, der vergangenen Donnerstag in Ber¬
lin angekommen, soll, dem
Vernehmen nach dem Gerücht, als ob
die französischen Waffen in Portugal
Nachtheile erlitten hätten,
widersprochen, und im Gegentheil von
Siegsnachrichten erzählt ha¬90
ben, die bei seinem Abgang aus Paris in dieser Stadt angekommen
wären.
Der Befehl, daß die in Oesterreichischen Militairdiensten ste¬
henden französischen
Unterthanen die besagten Dienste verlassen
müssen, soll ein
Separat-Artikel des Friedensschlusses vom Jahr 95
1809 sein.
Der König von Spanien hat am 18 September Alkala de
Henares und am 19 Guadalaxara besucht. In der ersten Stadt
hat er
sich mit Herstellung der alten berühmten Universität, in der
zweiten
mit Aufnahme der großen Tuchfabriken daselbst beschäftigt. 100
Sr Maj. reisen den 20 Sept. nach Madrid zurück.
Der Fürst Johann von Lichtenstein hat das Militair-Com¬
mando in Wien und im
Erzherzogthum Oesterreich, seiner geschwäch¬
ten Gesundheit wegen, niedergelegt, und der Kaiser
dasselbe dem
Feldmarschall, Herzog Ferd. von Würtemberg
übergeben.105
Der Graf von St. Leu wird sich dem Vernehmen nach, den
Winter über in Gräz aufhalten.
Der Uhrmacher Degen wird den 21 Okt. eine neue Luftfahrt
mit seiner Flugmaschiene verbunden mit einem Luftballon machen.
Der berühmte Balletmeister Noverre ist zu St. Germain en 110
Laye 82 Jahr alt gestorben.
In Rom beschäftigt sich eine Commission mit Urbarmachung
der Gegenden um die Stadt, und mit Austrocknung der pontini¬
schen Sümpfe.
Auch der Mönch Gil, gewesener Rathgeber von Palafox, An¬115
führer einer beträchtlichen
Räuberbande in Spanien ist gefangen.
Den holländischen Capitalisten ist das vortheilhafte Anerbieten
gemacht worden, daß wenn Einer z. B. eine Oesterreichische Obli¬
gation von 1000 Fl.
besitzt
[liest ›besitz‹ und emendiert in ›besitzt‹]
und noch 2000 Fl. Conv Geld zuschießt,
er nicht allein nach 15
Jahren sein Capital zurück erhält, sondern 120
ihm auch die Zinsen von
allen 3000 Fl. in Conv. Münze ausbezahlt
werden.
In Amsterdam und längs den holl. Küsten ist der Sieg der
Franzosen bei Coimbra gefeiert worden.
Der Kronprinz von Schweden ist den 23 Okt. zu Christianstadt 125
angekommen. (Hamb.
Zeit.)
Zu Dijon haben sich ein junger Mann und ein junges Mäd¬
chen, aus unglücklicher Liebe
(indem die Eltern nicht in die Heirath
willigen wollten)
erschossen.
Die neuesten Briefe aus Frankreich bestätigen, daß die Frau 130
von Staël nach Copet in der Schweiz zurückgegangen ist. Dieselbe
hatte durch ihren Sohn einen Aufschub von
8 Tagen erhalten; auch
ist ihr für ihr Werk Lettres sur l’Allemagne, ein neuer Censor,
Hr. Esmenard, gesetzt
worden, um die nöthigen Veränderungen und
Auslassungen zu
besorgen.135
Unter einem Artikel: London vom 20. Oct. meldet der Moni¬
teur, daß ein Kourier vom
Lord Wellington zu London angekom¬
men sei, mit folgender Nachricht: die alliirte Armee ziehe sich zurück,
um eine Position vorwärts Lissabon einzunehmen. Die franz. Ar¬
mee sei über den Mondego gegangen, und scheine die Alliirten ver¬140
folgen zu wollen.
Nichts ist ungegründeter, als das Gerücht, daß am 1sten bis
3ten eine allgemeine Schlacht Statt gefunden, in welcher Massena
gefangen und 27000 Mann verloren haben soll. (Mon.)
Polizeiliche
Tages-Mittheilungen.145
Einer Wildprethändlerin sind 106 verdorbene Leipziger Lerchen
konfiszirt;
konfisziert;
und
Einer andern Frauensperson
ein vorschriftswidriges Kohlenbe¬
hältniß.
Am 1sten November Nachmittags wurde in Charlottenburg 150
ein toller Hund erschossen. Er hatte bereits
ein Kaninchen zerrissen
und mehrere Personen, auch eine Katze, wüthend
angefallen. Ein
Dienstmädchen entging
ihm nur durch Geschwindigkeit, jedoch befin¬
det sich auf ihrer Hand ein kaum bemerkbarer Punkt, welcher
mög¬
licher Weise von
einem Bisse herrühren kann, und deshalb chirur¬155
gisch untersucht wird.