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Einleitung./
Gebet des Zoroaſter./
(Aus einer indiſchen Handſchrift, von einem Reiſenden in den /Ruinen von Palmyra gefunden.)/
Gott, mein Vater im Himmel! Du haſt dem /Menſchen ein ſo freies, herrliches und uͤppiges Le/ben beſtimmt. Kraͤfte unendlicher Art, goͤttliche und /thieriſche, ſpielen in ſeiner Bruſt zuſammen, um ihn /zum Koͤnig der Erde zu machen. Gleichwohl, von /unſichtbaren Geiſtern uͤberwaͤltigt, liegt er, auf ver/ 10 wundernswuͤrdige und unbegreifliche Weiſe, in Ket/ten und Banden; das Hoͤchſte, von Irrthum geblen/det, laͤßt er zur Seite liegen, und wandelt, wie /mit Blindheit geſchlagen, unter Jaͤmmerlichkeiten /und Nichtigkeiten umher. Ja, er gefaͤllt ſich in ſei/nem Zuſtand; und wenn die Vorwelt nicht waͤre /und die goͤttlichen Lieder, die von ihr Kunde ge/ben, ſo wuͤrden wir gar nicht mehr ahnden, von /welchen Gipfeln, o Herr! der Menſch um ſich /ſchauen kann. Nun laͤſſeſt du es, von Zeit zu Zeit, / 20 niederfallen, wie Schuppen, von dem Auge Ei/nes deiner Knechte, den du dir erwaͤhlt, daß er die/ Thorheiten und Irrthuͤmer ſeiner Gattung uͤber/ſchaue; ihn ruͤſteſt du mit dem Koͤcher der Rede, /daß er, furchtlos und liebreich, mitten unter ſie /trete, und ſie mit Pfeilen, bald ſchaͤrfer, bald lei/ſer, aus der wunderlichen Schlafſucht, in welcher /ſie befangen liegen, wecke. Auch mich, o Herr, /haſt du, in deiner Weisheit, mich wenig Wuͤrdigen, /2zu dieſem Geſchaͤft erkoren; und ich ſchicke mich zu/ 30 meinem Beruf an. Durchdringe mich ganz, vom /Scheitel zur Sohle, mit dem Gefuͤhl des Elends, /in welchem dies Zeitalter darnieder liegt, und mit /der Einſicht in alle Erbaͤrmlichkeiten, Halbheiten,/ Unwahrhaftigkeiten und Gleisnereien, von denen /es die Folge iſt. Staͤhle mich mit Kraft, den Bo/gen des Urtheils ruͤſtig zu ſpannen, und, in der /Wahl der Geſchoſſe, mit Beſonnenheit und Klug/heit, auf daß ich jedem, wie es ihm zukommt, be/gegne: den Verderblichen und Unheilbaren, dir / 40 zum Ruhm, niederwerfe, den Laſterhaften ſchrecke, /den Irrenden warne, den Thoren, mit dem bloßen /Geraͤuſch der Spitze uͤber ſein Haupt hin, necke. /Und einen Kranz auch lehre mich winden, womit /ich, auf meine Weiſe, den, der dir wohlgefaͤllig iſt, /kroͤne! Ueber Alles aber, o Herr, moͤge Liebe /wachen zu dir, ohne welche nichts, auch das Ge/ringfuͤgigſte nicht, gelingt: auf daß dein Reich ver/herrlicht und erweitert werde, durch alle Raͤume /und alle Zeiten, Amen! / 50
x.
Fragment eines Schreibens aus Paris./
Den 6ten September./
Als des Kaiſers Maj. den 4ten d. 7 Uhr Mor/gens nach Paris kam, um das Monument auf dem /Platz Vendôme zu beſehen, traf ſich’s, daß mich die /Wanderungen, die ich bei Tagesanbruch gewoͤhnlich, /um mich zu beluſtigen und zu unterrichten, durch die /Stadt zu machen pflege, gerade auch auf dieſen Platz /gefuͤhrt hatten. Der Monarch, der ſo nahe an mir /vorbeiritt, daß ich den Hut vor ihm ruͤcken konnte, / 60 ſieht wohl und heiter aus; obſchon, wie mehrere be/merkt haben wollen, nicht mehr ganz ſo ſtark und /wohlbeleibt, als im Fruͤhjahr. Derſelbe hat auch noch, /3an dieſem Morgen, mehrere andere Monumente und /oͤffentliche Arbeiten, die ihrer Vollendung nahe ſind, /in Augenſchein genommen; beſonders hierunter ſind die /in der Rue Seine und am Hôtel Dieu, wo eine große /Anzahl von Haͤuſern demolirt wird, merkwuͤrdig; und ich /werde vielleicht in einem meiner naͤchſten Briefe, Ge/legenheit haben, Dich naͤher davon zu unterrichten. / 70
Wenn man in den Straßen von Paris, den Ver/kehr, den Kaufleute, Handwerker, Schenkwirthe, u. ſ. /w. treiben treiben, [emendiert] beobachtet: ſo zeigt ſich ein Charakter an /demſelben, der, auf die ſonderbarſte Weiſe, abſticht /gegen den Charakter unſers einfaͤltigen deutſchen Ver/kehrs. Zuvoͤrderſt muß man wiſſen, daß der Kaufmann /nicht wie bei uns eine Probe ſeiner Waare zur Schau /ſtellt: die Waare ſelbſt, das Beſte und Koſtbarſte, was /er beſitzt, wird an Riegeln und Haken, auf Tiſchen, /Stuͤhlen und Baͤnken, auf die wohlgefaͤlligſte und ruhm/ 80 redigſte Weiſe, ausgebreitet. Aushaͤngeſchilde, die von /beiden Seiten in die Straße hineinragen, geben, in /langen Tarifen, zudringliche und ſchmeichleriſche Aus/kunft uͤber die Wohlfeilheit ſowohl, als uͤber die Vor/trefflichkeit der Waaren; und bei der unuͤberwindlichen /Anlage der Nation, ſich dadurch taͤuſchen zu laſſen, /iſt nichts luſtiger, als das Spiel zu ſehen, das getrieben/ wird, um ſich damit zu uͤberbieten. In der That, man/ glaubt auf einem Theater zu ſein, auf welchem, von /hoͤherer Hand gedichtet, ein ſatyriſches Stuͤck, das den / 90 Charakter der Nation ſchildert, aufgefuͤhrt wird: ſo/ zweckmaͤßig, ich moͤchte ſagen, ſchalkhaft und durchtrie/ben, ſind die Zuͤge, aus denen er, in allen Umriſſen, /klar wird, zuſammengeſtellt und zur Anſchauung ge/bracht. Der Caffetier zum Beiſpiel, der am Eingang/ einer Straße wohnt, affichirt vielleicht, auf einem blo/ßen ſchwarzen Brett, mit weißen Lettern: Caffé; eini/ge Artikel fuͤhrt er, auf einfache Weiſe, mit ihren Prei/ſen an; er hat den Vortheil, er iſt der Erſte. Der /Zweite, um ihm den Rang abzulaufen, fuͤgt ſchon uͤber/ 100 all bei der Enumeration ſeiner Leckereien hinzu: du /plus exquis; de la meilleure qualité; und: le tout au /4plus modique prix; ſein Brett iſt bunt gefaͤrbt, es /ſei nun gelb, roth oder blau, und er ſchiebt es, um /die Aufmerkſamkeit damit zu fangen, noch tiefer in /die Straße hinein. Der Dritte ſchreibt: Caffé des Con/noiſſeurs, oder Caffé des Turcs; er hilft ſich noch, in/dem er ſein Schild, um noch einen oder zwei Fuß tie/fer in die Straße reckt; und ſeine Lettern, auf ſchwar/zem oder weißem Grunde, ſind, auf ſonderbare und / 110 bizarre Weiſe, bunt gefaͤrbt in ſich. Des Vierten Lage /ſcheint verzweifelt; gleichwohl durch die Verzweiflung /ſelbſt witzig gemacht, uͤberbietet er noch alle ſeine Vor/gaͤnger. Caffé au non plus ultra, ſchreibt er; ſeine /Lettern ſind von Mannsgroͤße, dergeſtalt, daß ſie in der /Naͤhe gar nicht geleſen werden koͤnnen; und ſein Schild, /das den ganzen Regenbogen ſpielt, ragt bis auf die /Mitte der Straße hinaus. Aber was ſoll der Fuͤnfte /machen? Hoffnungslos, durch Charlatanerie, Selbſtlob /und Uebertreibung etwas auszurichten, faͤllt er in die / 120 Ureinfalt der erſten Patriarchen zuruͤck. Caffé, ſchreibt /er, mit ganz gewoͤhnlichen (niedergeſchlagenen) Lettern, /und darunter: Entrés et puis jugés. /
(Die Fortſetzung folgt.)/
Tagesbegebenheiten./
Stadtgeruͤcht. Von dem Preußiſchen Eigenthum im Herz. /Warſchau, mit Ausſchluß der Bank, Seehandl. und Wittw. Caſſe, /iſt der Sequeſter aufgehoben worden. — Privatnachrichten. /Der Gr. Gottorp ſoll in Riga angekommen ſein./
Von dieſem Blatte erſcheint taͤglich, mit Ausſchluß des Sonn/ 130 tags, ein Viertelbogen, und wird in der Stunde von 5–6 Uhr Abends /in der Expedition desſelben, hinter der katholiſchen Kirche Nr. 3. zwei /Treppen hoch, ausgegeben. Das Abonnement betraͤgt vierteljaͤhrig, /alſo fuͤr 72 Stuͤck, achtzehn Groſchen klingendes Courant, das /einzelne Blatt dagegen, koſtet 8 Pf. Den Intereſſenten des Herrn /Buchalsky kann es durch diesen in’s Haus geſchickt werden; Aus/waͤrtige, die es mit den Zeitungen zugleich zu erhalten wuͤnſchen,/ belieben ſich an das hieſige Koͤnigl. Hof-Poſtamt zu wenden. Die /Spedition an die Buchhandlungen, jedoch nur in Monatsheften, hat /der hieſige Buchhaͤndler, J. E. Hitzig uͤbernommen./ 140
Berlin den 1. October 1810.Die Redaction./
Extrablatt/zum erſten Berliner Abendblatt./
Durch den Koͤnigl. Praͤſidenten der Polizei, Herrn /Gruner, der jedes Unternehmen gemeinnuͤtziger Art /mit ſo vieler Guͤte und Bereitwilligkeit unterſtuͤtzt, /ſind wir in den Stand geſetzt, in ſolchen Extrablaͤt/tern, als hier das Erſte erſcheint, uͤber Alles, was in/nerhalb der Stadt, und deren Gebiet, in polizeili/cher Hinſicht, Merkwuͤrdiges und Intereſſantes vor/ 150 faͤllt, ungeſaͤumten, ausfuͤhrlichen und glaubwuͤrdigen /Bericht abzuſtatten: dergeſtalt, daß die Reihe dieſer,/ dem Hauptblatt beigefuͤgten Blaͤtter, deren Inhalt /wir auch mit ſtatiſtiſchen Nachrichten aus den Provinzen /zu bereichern hoffen duͤrfen, eine fortlaufende Chronik,/ nicht nur der Stadt Berlin, ſondern des geſammten /Koͤnigreichs Preußen, bilden werden./
Folgende Extracte aus den Polizei-Rapporten ſind /uns bis heute 10 Uhr zugekommen./
Rapport vom 28. September./ 160
Am 27. in der Nacht iſt der Krug in Steglitz mit /allen Nebengebaͤuden abgebrannt, und zugleich ein mit /Zucker beladener Frachtwagen nebſt 4 Pferden./
Rapport vom 29. September. /
Am 28. Abends iſt das alte hoͤlzerne Wohnhaus/ des Zimmergeſellen Graſſow in der Dresdner Straße /Nr. 93. 93 93 abgebrannt. /
Rapport vom 30. September./
Geſtern Abend ſind im Dorfe Alt-Schoͤnberg 3/ Bauerhoͤfe mit ſaͤmmtlichen Nebengebaͤuden abgebrannt. / 170 Das Feuer iſt in der Scheune des Schulzen Willmann /ausgekommen, und zu gleicher Zeit iſt ein ziemlich ent/fernter, gegenuͤber ſtehender Ruͤſternbaum in Brand /gerathen, welches die Vermuthung begruͤndet, daß das /Feuer angelegt iſt. /
Rapport vom 1. October./
In dieſer Nacht iſt das Haus des Baͤckermeiſter /Lamprecht in der neuen Koͤnigsſtraße Nr. 71 abgebrannt. /Das Haus war ſehr baufaͤllig, und die Entſtehungs/art iſt noch nicht ausgemittelt. Auch außerhalb Ber/ 180 lin, angeblich in Friedrichsfelde, iſt in dieſer Nacht /Feuer geweſen. /
In Lichtenberg brennt in dieſen Augenblick (10 Uhr /Morgens) ein Bauerhof. Die Entſtehungsart iſt noch /unbekannt, und ſind alle Vorkehrungen gegen die wei/tre Verbreitung getroffen. /
Auch ſind in dieſer Nacht von den Stadtthuͤrmen /3 Braͤnde in verſchiedenen Gegenden, jedoch außerhalb /des Berliniſchen Polizei Bezirks, entdeckt worden. /
Zu bemerken iſt, daß bei einem, in Schoͤnberg ver/ 190 hafteten Vagabonden geſtohlne Sachen gefunden wor/den sind, welche dem abgebrannten Schulzen Willman /in Schoͤnberg und dem abgebrannten Kruͤger in Steg/litz gehoͤren. Dieſes giebt Hofnung den Brandſtiftern /auf die Spur zu kommen, deren Daſein die haͤufigen /Feuersbruͤnſte wahrſcheinlich machen. (Sobald die /Redaction, durch die Gefaͤlligkeit der hohen Polizeibe/hoͤrde, von dieſem gluͤcklichen Ereigniß unterrichtet ſein /wird, wird ſie dem Publico, zu ſeiner Beruhigung, /davon Nachricht geben.)/ 200