Prinz Friedrich von Homburg. Ein Schauspiel.
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Perſonen.
Friedrich Wilhelm, Kurfürſt von Brandenburg. Die Kurfürſtin. Prinzeſſin Natalie von Oranien, ſeine Nichte, Chefeines Dragonerregiments. Feldmarſchall Dörfling. Prinz Friedrich Arthur von Homburg, General der
Reiterei. Obriſt Kottwitz, vom Regiment der Prinzeſſin von Oranien.
Alters und Geſchlechts.
Erſter Akt.
Scene: Fehrbellin. Ein Garten im alt-franzöſiſchen Styl. Im Hintergrunde ein Schloß, von welchem eine Rampe herabführt. — Es iſt Nacht.Erſter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (ſitzt mit bloßem Haupt und offner Bruſt, halb wachend, halb ſchlafend, unter einer Eiche und windet ſich einen Kranz). — Der Kurfürſt, ſeine Gemahlin,Prinzeſſin Natalie, der Graf von Hohenzollern, Rittmeiſter Golz und Andere (treten heimlich aus dem Schloß und ſchauen vom Geländer der Rampe auf ihn nieder). — Pagen mit Fackeln. Der Graf von Hohenzollern. Der Prinz von Homburg, unſer tapfrer Vetter,/ Der, an der Reiter Spitze, ſeit drei Tagen/ Den flücht’gen Schweden munter nachgeſetzt,/ Und ſich erſt heute wieder athemlos,/ Im Hauptquartier zu Fehrbellin gezeigt:/ Befehl ward ihm von Dir, hier länger nicht,/ Als nur drei Füttrungsſtunden zu verweilen,/ Und gleich dem Wrangel wiederum entgegen,/ Der ſich am Rhyn verſucht hat einzuſchanzen,/ Bis an die Hackelberge vorzurücken?/ 10 4 Der Kurfürſt. So iſt’s! Hohenzollern. Die Chefs nun ſämmtlicher Schwadronen,/ Zum Aufbruch aus der Stadt, dem Plan gemäß,/ Glock zehn zu Nacht, gemeſſen inſtruirt,/ Wirft er erſchöpft, gleich einem Jagdhund lechzend,/ Sich auf das Stroh um für die Schlacht, die uns/ Bevor beim Strahl des Morgens ſteht, ein wenig/ Die Glieder, die erſchöpften, auszuruhn./ Der Kurfürſt. So hört’ ich! — Nun? Hohenzollern. Da nun die Stunde ſchlägt,/ Und aufgeſeſſen ſchon die ganze Reiterei/ Den Acker vor dem Thor zerſtampft,/ 20 Fehlt — wer? der Prinz von Homburg noch, ihr Führer./ Mit Fackeln wird und Lichtern und Laternen/ Der Held geſucht — und aufgefunden, wo?/ (er nimmt einem Pagen die Fackel aus der Hand.) Als ein Nachtwandler, ſchau, auf jener Bank,/ Wohin, im Schlaf, wie Du nie glauben wollteſt,/ Der Mondſchein ihn gelockt, beſchäftiget,/ Sich träumend, ſeiner eignen Nachwelt gleich,/ Den prächt’gen Kranz des Ruhmes einzuwinden./ Der Kurfürſt. Was! Hohenzollern. In der That! Schau hier herab: da ſitzt er!/ (er leuchtet von der Rampe auf ihn nieder.) Der Kurfürſt. Im Schlaf verſenkt? Unmöglich! 5 Hohenzollern. Feſt im Schlafe!/ 30 Ruf’ ihn bei Namen auf, ſo fällt er nieder./ (Pauſe.) Die Kurfürſtin. Der junge Mann iſt krank, ſo wahr ich lebe./ Prinzeſſin Natalie. Er braucht des Arztes —! Die Kurfürſtin. Man ſollt’ ihm helfen, dünkt mich,/ Nicht den Moment verbringen, ſein zu ſpotten!/ Hohenzollern (indem er die Fackel wieder weggiebt). Er iſt geſund, ihr mitleidsvollen Frauen,/ Bei Gott, ich bin’s nicht mehr! Der Schwede morgen,/ Wenn wir im Feld’ ihn treffen, wird’s empfinden!/ Es iſt nichts weiter, glaubt mir auf mein Wort,/ Als eine bloße Unart ſeines Geiſtes./ Der Kurfürſt. Fürwahr! Ein Mährchen glaubt ich’s! — Folgt mir, Freunde,/ 40 Und laßt uns näher ihn einmal betrachten./ (ſie ſteigen von der Rampe herab.) Ein Hofcavalier (zu den Pagen.) Zurück! Die Fackeln! Hohenzollern. Laßt ſie, laßt ſie, Freunde!/ Der ganze Flecken könnt’ in Feuer aufgehn,/ Daß ſein Gemüth davon nicht mehr empfände,/ Als der Demant, den er am Finger trägt./ (ſie umringen ihn; die Pagen leuchten.) Der Kurfürſt (über ihn gebeugt). Was für ein Laub denn flicht er? — Laub der Weide?/ Hohenzollern. Was! Laub der Weid’, o Herr! — Der Lorbeer iſt’s,/ 6 Wie er’s geſehn hat, an der Helden Bildern,/ Die zu Berlin im Rüſtſaal aufgehängt./ Der Kurfürſt. — Wo fand er den in meinem märkſchen Sand?/ 50 Hohenzollern. Das mögen die gerechten Götter wiſſen!/ Der Hofcavalier. Vielleicht im Garten hinten, wo der Gärtner/ Mehr noch der fremden Pflanzen auferzieht./ Der Kurfürſt. Seltſam beim Himmel! Doch, was gilt’s ich weiß,/ Was dieſes jungen Thoren Bruſt bewegt?/ Hohenzollern. O — was! Die Schlacht von morgen, mein Gebieter!/ Sterngucker ſieht er, wett’ ich, ſchon im Geiſt,/ Aus Sonnen einen Siegeskranz ihm winden./ (der Prinz beſieht den Kranz.) Der Hofcavalier. Jetzt iſt er fertig! Hohenzollern. Schade, ewig Schade,/ Daß hier kein Spiegel in der Nähe iſt!/ 60 Er würd’ ihm, eitel wie ein Mädchen, nahn,/ Und ſich den Kranz bald ſo, und wieder ſo,/ Wie eine florne Haube aufprobiren./ Der Kurfürſt. Bei Gott! ich muß doch ſehn, wie weit er’s treibt!/ (Der Kurfürſt nimmt ihm den Kranz aus der Hand; der Prinz er röthet und ſieht ihn an. Der Kurfürſt ſchlingt ſeine Halskette um den Kranz und giebt ihn der Prinzeſſin; der Prinz ſteht lebhaft auf. Der Kurfürſt weicht mit der Prinzeſſin, welche den Kranz erhebt, zurück; der Prinz mit ausgeſtreckten Armen folgt ihr.) Der Prinz von Homburg (flüſternd). Natalie! Mein Mädchen! Meine Braut!/ 7 Der Kurfürſt. Geſchwind! Hinweg! Hohenzollern. Was ſagt der Thor? Der Hofcavalier. Was ſprach er?/ (ſie beſteigen ſämmtlich die Rampe.) Der Prinz von Homburg. Friedrich! Mein Fürſt! Mein Vater! Hohenzollern. Höll und Teufel!/ Der Kurfürſt (rückwärts ausweichend). Oeffn’ mir die Pforte nur! Der Prinz von Homburg. O meine Mutter!/ Hohenzollern. Der Raſende! Er iſt — Die Kurfürſtin. Wen nennt er ſo?/ Der Prinz von Homburg (nach dem Kranz greifend). O! Liebſte! Was entweichſt du mir? Natalie!/ 70 (er erhaſcht einen Handſchuh von der Prinzeſſin Hand). Hohenzollern. Himmel und Erde! Was ergriff er da?/ Der Hofcavalier. Den Kranz? Natalie. Nein, nein! Hohenzollern (öffnet die Thür). Hier raſch herein, mein Fürſt!/ Auf daß das ganze Bild ihm wieder ſchwinde!/ Der Kurfürſt. In’s Nichts mit dir zurück, Herr Prinz von Homburg,/ In’s Nichts, in’s Nichts! In dem Gefild der Schlacht,/ 8 Sehn wir, wenn’s Dir gefällig iſt, uns wieder!/ Im Traum erringt man ſolche Dinge nicht!/ (Alle ab; die Thür fliegt raſſelnd vor dem Prinzen zu. Pauſe.)
Zweiter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (bleibt einen Augenblick, mit dem Ausdruck der Verwunderung, vor der Thür ſtehen; ſteigt dann ſinnend, die Hand, in welcher er den Handſchuh hält, vor die Stirn gelegt, von der Rampe herab; kehrt ſich, ſobald er unten iſt, um, und ſieht wieder nach der Thür hinauf).Dritter Auftritt.
Der Graf von Hohenzollern (tritt von unten, durch eine Gitterthür, auf. Ihm folgt) ein Page. — Der Prinzvon Homburg. Der Page (leiſe). Herr Graf, ſo hört doch! Gnädigſter Herr Graf!/ Hohenzollern (unwillig). Still! die Cicade! — Nun? Was giebts? Page. Mich ſchickt —!/ Hohenzollern. Weck’ ihn mit deinem Zirpen mir nicht auf!/ 80 — Wohlan! Was giebts? Page. Der Kurfürſt ſchickt mich her!/ Dem Prinzen möchtet Ihr, wenn er erwacht,/ Kein Wort, befiehlt er, von dem Scherz entdecken,/ Den er ſich eben jetzt mit ihm erlaubt!/ 9 Hohenzollern (leiſe). Ei, ſo leg’ Dich im Waizenfeld auf’s Ohr,/ Und ſchlaf Dich aus! Das wußt’ ich ſchon! Hinweg!/ (der Page ab.)
Vierter Auftritt.
Der Graf von Hohenzollern und der Prinz von Homburg. Hohenzollern. (indem er ſich in einiger Entfernung hinter den Prinzen ſtellt, der noch immer unverwandt die Rampe hinaufſieht.) Arthur!/ (der Prinz fällt um.) Da liegt er; eine Kugel trifft nicht beſſer!/ (er nähert ſich ihm.) Nun bin ich auf die Fabel nur begierig,/ Die er erſinnen wird, mir zu erklären,/ 90 Warum er hier ſich ſchlafen hat gelegt./ (er beugt ſich über ihn.) Arthur! He! Biſt des Teufels Du? Was machſt Du?/ Wie kommſt Du hier zu Nacht auf dieſen Platz?/ Der Prinz von Homburg. Je, Lieber! Hohenzollern. Nun, fürwahr, das muß ich ſagen!/ Die Reiterei iſt, die Du commandirſt,/ Auf eine Stunde ſchon im Marſch voraus,/ Und Du, Du liegſt im Garten hier und ſchläfſt./ Der Prinz von Homburg. Welch’ eine Reiterei? Hohenzollern. Die Mamelucken! —/ 10 So wahr ich Leben athm’, er weiß nicht mehr,/ Daß er der märkſchen Reiter Oberſt iſt?!/ 100 Der Prinz von Homburg (ſteht auf). Raſch! Meinen Helm! Die Rüſtung! Hohenzollern. Ja wo ſind ſie?/ Der Prinz von Homburg. Zur Rechten, Heinz, zur Rechten; auf dem Schemel?/ Hohenzollern. Wo? Auf dem Schemel? Der Prinz von Homburg. Ja, da legt’ ich, mein’ ich —!/ Hohenzollern (ſieht ihn an). So nimm ſie wieder von dem Schemel weg!/ Der Prinz von Homburg. — Was iſt dies für ein Handſchuh? (er betrachtet den Handſchuh, den er in der Hand hält.) Hohenzollern. Ja, was weiß ich? —/ (für ſich.) Verwünſcht! Den hat er der Prinzeſſin Nichte,/ Dort oben unbemerkt vom Arm geriſſen!/ (abbrechend.) Nun, raſch! Hinweg! Was ſäumſt Du? Fort! Der Prinz von Homburg. (wirft den Handſchuh wieder weg.) Gleich! gleich! —/ He, Franz! der Schurke, der mich wecken ſollte —/ Hohenzollern (betrachtet ihn). Er iſt ganz raſend toll! Der Prinz von Homburg. Bei meinem Eid!/ 110 Ich weiß nicht, liebſter Heinrich, wo ich bin./ 11 Hohenzollern. In Fehrbellin, Du ſinnverwirrter Träumer;/ In einem von des Gartens Seitengängen,/ Der ausgebreitet hinterm Schloße liegt!/ Der Prinz von Homburg (für ſich.) Daß mich die Nacht verſchläng’! Mir unbewußt/ Im Mondſchein bin ich wieder umgewandelt!/ (er faßt ſich.) Vergieb! Ich weiß nun ſchon. Es war, Du weißt vor Hitze,/ Im Bette geſtern faſt nicht auszuhalten;/ Ich ſchlich erſchöpft in dieſen Garten mich,/ Und weil die Nacht ſo lieblich mich umfing,/ 120 Mit blondem Haar, von Wohlgeruch ganz triefend,/ Ach! wie den Bräutgam eine Perſer-Braut,/ So legt’ ich hier in ihren Schooß mich nieder./ — Was iſt die Glocke jetzo? Hohenzollern. Halb auf Zwölf./ Der Prinz von Homburg. Und die Schwadronen, ſagſt Du, brachen auf?/ Hohenzollern. Verſteht ſich, ja! Glock zehn; dem Plan gemäß!/ Das Regiment Prinzeſſin von Oranien,/ Hat, wie kein Zweifel iſt, an ihrer Spitze/ Bereits die Höhn von Hackelwitz erreicht,/ Wo ſie des Heeres ſtillen Aufmarſch morgen,/ 130 Dem Wrangel gegenüber, decken ſollen./ Der Prinz von Homburg. Es iſt gleichviel! Der alte Kottwitz führt ſie,/ Der jede Abſicht dieſes Marſches kennt./ Zudem hätt’ ich zurück in’s Hauptquartier/ Um zwei Uhr Morgens wiederkehren müſſen,/ Weil hier Parol’ noch ſoll empfangen werden:/ 12 So blieb ich beſſer gleich im Ort zurück./ Komm; laß uns gehn! Der Kurfürſt weiß von nichts?/ Hohenzollern. Ei, was! Der liegt im Bette längſt und ſchläft./ (ſie wollen gehen; der Prinz ſtutzt, kehrt ſich um und nimmt den Handſchuh auf.) Der Prinz von Homburg. Welch’ einen ſonderbaren Traum träumt ich?! —/ 140 Mir war, als ob, von Gold und Silber ſtrahlend,/ Ein Königsſchloß ſich plötzlich öffnete,/ Und hoch von ſeiner Marmorramp’ herab,/ Der ganze Reigen zu mir niederſtiege,/ Der Menſchen, die mein Buſen liebt:/ Der Kurfürſt und die Fürſtin und die — dritte,/ — Wie heißt ſie ſchon? Hohenzollern. Wer? Der Prinz von Homburg (er ſcheint zu ſuchen). Jene — die ich meine!/ Ein Stummgeborner würd’ ſie nennen können!/ Hohenzollern. Die Platen? Der Prinz von Homburg. Nicht doch, Lieber! Hohenzollern. Die Ramin?/ Der Prinz von Homburg. Nicht, nicht doch, Freund! Hohenzollern. Die Bork? Die Winterfeld?/ 150 Der Prinz von Homburg. Nicht, nicht; ich bitte Dich! Du ſiehſt die Perle/ Nicht vor den Ring, der ſie in Faſſung hält./ 13 Hohenzollern. Zum Henker, ſprich! Läßt das Geſicht ſich rathen?/ — Welch eine Dame meineſt Du? Der Prinz von Homburg. Gleichviel! Gleichviel!/ Der Nam’ iſt mir, ſeit ich erwacht, entfallen,/ Und gilt zu dem Verſtändniß hier gleichviel./ Hohenzollern. Gut! So ſprich weiter! Der Prinz von Homburg. Aber ſtör’ mich nicht! —/ Und er, der Kurfürſt, mit der Stirn des Zevs,/ Hielt einen Kranz von Lorbeern in der Hand:/ Er ſtellt ſich dicht mir vor das Antlitz hin,/ 160 Und ſchlägt, mir ganz die Seele zu entzünden,/ Den Schmuck darum, der ihm vom Nacken hängt,/ Und reicht ihn, auf die Locken mir zu drücken/ — O Lieber! Hohenzollern. Wem? Der Prinz von Homburg. O Lieber! Hohenzollern. Nun, ſo ſprich!/ Der Prinz von Homburg. Es wird die Platen wohl geweſen ſein./ Hohenzollern. Die Platen? Was! — Die jetzt in Preußen iſt?/ Der Prinz von Homburg. Die Platen. Wirklich. Oder die Ramin?/ Hohenzollern. Ach, die Ramin! Was! Die, mit rothen Haaren! —/ Die Platen, mit den ſchelm’ſchen Veilchen-Augen!/ Die, weiß man, die gefällt Dir. 14 Der Prinz von Homburg. Die gefällt mir. —/ 170 Hohenzollern. Nun, und die, ſagſt Du, reichte Dir den Kranz?/ Der Prinz von Homburg. Hoch auf, gleich einem Genius des Ruhms,/ Hebt ſie den Kranz, an dem die Kette ſchwankte,/ Als ob ſie einen Helden krönen wollte./ Ich ſtreck’, in unausſprechlicher Bewegung,/ Die Hände ſtreck’ ich aus, ihn zu ergreifen:/ Zu Füßen will ich vor ihr niederſinken./ Doch, wie der Duft, der über Thäler ſchwebt,/ Vor eines Windes friſchem Hauch zerſtiebt,/ Weicht mir die Schaar, die Ramp’ erſteigend, aus./ 180 Die Rampe dehnt ſich, da ich ſie betrete,/ Endlos, bis an das Thor des Himmels aus,/ Ich greife rechts, ich greife links umher,/ Der Theuren Einen ängſtlich zu erhaſchen./ Umſonſt! Des Schloſſes Thor geht plötzlich auf;/ Ein Blitz der aus dem Innern zuckt, verſchlingt ſie,/ Das Thor fügt raſſelnd wieder ſich zuſammen:/ Nur einen Handſchuh, heftig, im Verfolgen,/ Streif ich der ſüßen Traumgeſtalt vom Arm:/ Und einen Handſchuh, ihr allmächt’gen Götter,/ 190 Da ich erwache, halt’ ich in der Hand!/ Hohenzollern. Bei meinem Eid! — Und nun meinſt Du, der Handſchuh,/ Der ſei der ihre? Der Prinz von Homburg. Weſſen? Hohenzollern. Nun, der Platen!/ Der Prinz von Homburg. Der Platen. Wirklich. Oder der Ramin? —/ 15 Hohenzollern (lacht). Schelm, der Du biſt, mit Deinen Viſionen!/ Wer weiß von welcher Schäferſtunde, traun,/ Mit Fleiſch und Bein hier wachend zugebracht,/ Dir noch der Handſchuh in den Händen klebt!/ Der Prinz von Homburg. Was! Mir? Bei meiner Liebe —! Hohenzollern. Ei ſo, zum Henker,/ Was kümmerts mich? Meinthalben ſei’s die Platen,/ 200 Sei’s die Ramin! Am Sonntag geht die Poſt nach Preußen,/ Da kannſt Du auf dem kürzſten Weg’ erfahren,/ Ob Deiner Schönen dieſer Handſchuh fehlt. —/ Fort! Es iſt Zwölf. Was ſtehen wir hier und plaudern./ Der Prinz von Homburg (träumt vor ſich nieder). — Da haſt Du Recht. Laß uns zu Bette gehn./ Doch was ich ſagen wollte, Lieber,/ Iſt die Kurfürſtin noch und ihre Nichte hier,/ Die liebliche Prinzeſſin von Oranien,/ Die jüngſt in unſer Lager eingetroffen?/ Hohenzollern. Warum? — Ich glaube gar der Thor —? Der Prinz von Homburg. Warum? —/ 210 Ich ſollte, weißt Du, dreißig Reiter ſtellen,/ Sie wieder von dem Kriegsplatz wegzuſchaffen./ Ramin hab’ ich deshalb beordern müſſen./ Hohenzollern. Ei, was! Die ſind längſt fort! Fort, oder reiſen gleich!/ Ramin, zum Aufbruch völlig fertig ſtand/ Die ganze Nacht durch mindſtens am Portal./ Doch fort! Zwölf iſt’s; und eh’ die Schlacht beginnt,/ Wünſch’ ich mich noch ein wenig auszuruhn./ (beide ab.) 16Fünfter Auftritt.
Die Kurfürſtin und die Prinzeſſin Natalie (in Reiſekleidern, geführt von einem) Hofcavalier (treten auf und laſſen ſich zur Seite nieder) Hofdamen. (Hierauf) derKurfürſt, Feldmarſchall Dörfling, der
Prinz von Homburg (den Handſchuh im Collet), der
Graf von Hohenzollern, Graf Truchſeß,
Obriſt Hennings, Rittmeiſter von der Golz
und mehrere andere, Generale, Oberſten und
Officiere. Der Kurfürſt. Was iſt dies für ein Schießen? — Iſt das Götz?/ Feldmarſchall Dörfling. Das iſt der Oberſt Götz, mein Fürſt und Herr,/ 220 Der mit dem Vortrab geſtern vorgegangen./ Er hat ſchon einen Officier geſandt,/ Der im Voraus darüber Dich beruh’ge./ Ein ſchwed’ſcher Poſten iſt, von tauſend Mann,/ Bis auf die Hackelberge vorgerückt;/ Doch haftet Götz für dieſe Berge Dir,/ Und ſagt mir an, Du möchteſt nur verfahren,/ Als hätte ſie ſein Vortrab ſchon beſetzt./ Der Kurfürſt (zu den Officieren). Ihr Herrn, der Marſchall kennt den Schlachtentwurf;/ Nehmt euren Stift, bitt’ ich, und ſchreibt ihn auf./ 230 (die Officiere verſammeln ſich auf der andern Seite um den Feldmarſchall und nehmen ihre Schreibtafeln heraus.) Der Kurfürſt (wendet ſich zu dem Hofcavalier). Ramin iſt mit dem Wagen vorgefahren?/ 17 Ein Hofcavalier. Im Augenblick, mein Fürſt. — Man ſpannt ſchon an./ Der Kurfürſt. (läßt ſich auf einen Stuhl hinter der Kurfürſtin und der Prinzeſſin nieder). Ramin wird meine theur’ Eliſa führen,/ Und dreißig rüſt’ge Reiter folgen ihm./ Ihr geht auf Kalkhuhns, meines Kanzlers Schloß,/ Bei Havelberg, jenſeits des Havelſtroms,/ Wo ſich kein Schwede mehr erblicken läßt. —/ Die Kurfürſtin. Hat man die Fähre wieder hergeſtellt?/ Der Kurfürſt. Bei Havelberg? — Die Anſtalt iſt getroffen./ Zudem iſt’s Tag, bevor ihr ſie erreicht./ 240 (Pauſe.) Natalie iſt ſo ſtill, mein ſüßes Mädchen?/ — Was fehlt dem Kind’? Prinzeſſin Natalie. Mich ſchauert, lieber Onkel./ Der Kurfürſt. Und gleichwohl iſt mein Töchterchen ſo ſicher,/ In ihrer Mutter Schooß war ſie’s nicht mehr./ (Pauſe.) Die Kurfürſtin. Wann, denkſt Du, werden wir uns wiederſehen?/ Der Kurfürſt. Wenn Gott den Sieg mir ſchenkt, wie ich nicht zweifle,/ Vielleicht im Laufe dieſer Tage ſchon./ (Pagen kommen und ſerviren den Damen ein Frühſtück. — Feldmarſchall Dörfling dictirt. — Der Prinz von Homburg, Stift und Tafel in der Hand, fixirt die Damen.) Feldmarſchall. Der Plan der Schlacht, ihr Herren Oberſten,/ Den die Durchlaucht des Herrn erſann, bezweckt,/ Der Schweden flücht’ges Heer, zu gänzlicher/ 250 18 Zerſplittrung, von dem Brückenkopf zu trennen,/ Der an dem Rhynfluß ihren Rücken deckt./ Der Oberſt Hennings —! Oberſt Hennings. Hier! (er ſchreibt.) Feldmarſchall. Der, nach des Herren Willen, heut/ Des Heeres rechten Flügel commandirt,/ Soll, durch den Grund der Hackelbüſche, ſtill/ Des Feindes linken zu umgehen ſuchen,/ Sich muthig zwiſchen ihn und die drei Brücken werfen,/ Und mit dem Grafen Truchß vereint —/ Graf Truchß! Graf Truchſeß. Hier!/ (er ſchreibt.) Feldmarſchall. Und mit dem Grafen Truchß vereint —/ 260 (er hält inne.) Der, auf den Höhn indeß, dem Wrangel gegenüber,/ Mit den Kanonen Poſten hat gefaßt —/ Graf Truchſeß (ſchreibt). Kanonen Poſten hat gefaßt — Feldmarſchall. Habt ihr?/ (er fährt fort.) Die Schweden in den Sumpf zu jagen ſuchen,/ Der hinter ihrem rechten Flügel liegt./ Ein Heiduck (tritt auf). Der Wagen gnäd’ge Frau, iſt vorgefahren./ (die Damen ſtehen auf.) Feldmarſchall. Der Prinz von Homburg — 19 Der Kurfürſt (erhebt ſich gleichfalls.) — Iſt Ramin bereit?/ Der Heiduck. Er harrt zu Pferd’ ſchon unten am Portal./ (die Herrſchaften nehmen Abſchied von einander.) Graf Truchſeß (ſchreibt). Der hinter ihrem rechten Flügel liegt./ Feldmarſchall. Der Prinz von Homburg —/ 270 Wo iſt der Prinz von Homburg? Graf von Hohenzollern (heimlich). Arthur! Der Prinz von Homburg (fährt zuſammen.) Hier!/ Hohenzollern. Biſt Du bei Sinnen? Der Prinz von Homburg. Was befiehlt mein Marſchall?/ (er erröthet, ſtellt ſich mit Stift und Pergament und ſchreibt.) Feldmarſchall. Dem die Durchlaucht des Fürſten wiederum/ Die Führung ruhmvoll, wie bei Rathenow,/ Der ganzen märkſchen Reiterei vertraut —/ (er hält inne.) Dem Obriſt Kottwitz gleichwohl unbeſchadet,/ Der ihm mit ſeinem Rath zur Hand wird gehn —/ (halblaut zum Rittmeiſter Golz.) Iſt Kottwitz hier? Rittmeiſter von der Golz. Nein, mein General, Du ſiehſt,/ Mich hat er abgeſchickt, an ſeiner Statt,/ Aus Deinem Mund’ den Kriegsbefehl zu hören./ 280 (der Prinz ſieht wieder nach den Damen herüber.) Feldmarſchall (fährt fort). Stellt auf der Ebne ſich beim Dorfe Hackelwitz,/ 20 Des Feindes rechten Flügel gegenüber,/ Fern außer dem Kanonenſchuſſe auf./ Rittmeiſter von der Golz (ſchreibt). Fern außer dem Kanonenſchuſſe auf./ (die Kurfürſtin bindet der Prinzeſſin ein Tuch um den Hals. Die Prinzeſſin, indem ſie ſich die Handſchuh anziehen will, ſieht ſich um, als ob ſie etwas ſuchte.) Der Kurfürſt (tritt zu ihr). Mein Töchterchen, was fehlt Dir —? Die Kurfürſtin. Suchſt Du etwas?/ Prinzeſſin Natalie. Ich weiß nicht, liebe Tante, meinen Handſchuh —/ (ſie ſehen ſich alle um.) Der Kurfürſt (zu den Hofdamen). Ihr Schönen! Wollt ihr gütig euch bemühn?/ Die Kurfürſtin (zur Prinzeſſin). Du hältſt ihn, Kind. Natalie. Den rechten; doch den linken?/ Der Kurfürſt. Vielleicht daß er im Schlafgemach geblieben?/ Natalie. O liebe Bork! Der Kurfürſt (zu dieſem Fräulein). Raſch, raſch! Natalie. Auf dem Kamin!/ 290 (die Hofdame ab.) Der Prinz von Homburg (für ſich). Herr meines Lebens! Hab’ ich recht gehört?/ (er nimmt den Handſchuh aus dem Collet.) Feldmarſchall (ſieht in ein Papier, das er in der Hand hält). Fern außer dem Kanonenſchuſſe auf. —/ (er fährt fort.) Des Prinzen Durchlaucht wird — 21 Der Prinz von Homburg. Den Handſchuh ſucht ſie —!/ (er ſieht bald den Handſchuh, bald die Prinzeſſin an.) Feldmarſchall. Nach unſers Herrn ausdrücklichem Befehl —/ Rittmeiſter von der Golz (ſchreibt). Nach unſers Herrn ausdrücklichem Befehl —/ Feldmarſchall. Wie immer auch die Schlacht ſich wenden mag,/ Vom Platz nicht, der ihm angewieſen, weichen —/ Der Prinz von Homburg. — Raſch, daß ich jetzt erprüfe, ob er’s iſt!/ (er läßt, zugleich mit ſeinem Schnupftuch, den Handſchuh fallen; das Schnupftuch hebt er wieder auf, den Handſchuh läßt er ſo, daß ihn jedermann ſehen kann, liegen.) Feldmarſchall (befremdet). Was macht des Prinzen Durchlaucht? Graf von Hohenzollern (heimlich). Arthur! Der Prinz von Homburg. Hier! Hohenzollern. Ich glaub’/ Du biſt des Teufels?! Der Prinz von Homburg. Was befiehlt mein Marſchall?/ 300 (er nimmt wieder Stift und Tafel zur Hand. Der Feldmarſchall ſieht ihn einen Augenblick fragend an. — Pauſe.) Rittmeiſter von der Golz (nachdem er geſchrieben). Vom Platz nicht, der ihm angewieſen, weichen —/ Feldmarſchall (fährt fort). Als bis, gedrängt von Hennings und von Truchß —/ Der Prinz von Homburg. (zum Rittmeiſter Golz, heimlich, indem er in ſeine Schreibtafel ſieht.) Wer? Lieber Golz! Was? Ich? 22 Rittmeiſter von der Golz. Ihr, ja! Wer ſonſt?/ Der Prinz von Homburg. Vom Platz nicht ſoll ich —? Rittmeiſter von der Golz. Freilich! Feldmarſchall. Nun? Habt ihr?/ Der Prinz von Homburg (laut). Vom Platz nicht, der mir angewieſen, weichen —/ (er ſchreibt.) Feldmarſchall. Als bis, gedrängt von Hennings und von Truchß —/ (er hält inne.) Des Feindes linker Flügel aufgelöſ’t,/ Auf ſeinen rechten ſtürzt, und alle ſeine / Schlachthaufen wankend nach der Trift ſich drängen,/ In deren Sümpfen, oft durchkreuzt von Gräben,/ 310 Der Kriegsplan eben iſt, ihn aufzureiben./ Der Kurfürſt. Ihr Pagen, leuchtet! — Euren Arm, ihr Lieben!/ (er bricht mit der Kurfürſtin und der Prinzeſſin auf.) Feldmarſchall. Dann wird er die Fanfare blaſen laſſen./ Die Kurfürſtin (da einige Officiere ſie komplimentiren). Auf Wiederſehn, ihr Herrn! Laßt uns nicht ſtören./ (der Feldmarſchall komplimentirt ſie auch.) Der Kurfürſt (ſteht plötzlich ſtill). Sieh da! Des Fräuleins Handſchuh! Raſch! Dort liegt er!/ Ein Hofcavalier. Wo? Der Kurfürſt. Zu des Prinzen, unſers Vetters, Füßen!/ 23 Der Prinz von Homburg. Zu meinen —? Was! Iſt das der eurige?/ (er hebt ihn auf und bringt ihn der Prinzeſſin.) Natalie. Ich dank’ euch, edler Prinz. Der Prinz von Homburg (verwirrt). Iſt das der eure?/ Natalie. Der meinige; der, welchen ich vermißt./ (ſie empfängt ihn und zieht ihn an.) Die Kurfürſtin (zu dem Prinzen, im Abgehen). Lebt wohl! Lebt wohl! Viel Glück und Heil und Seegen!/ 320 Macht, daß wir bald und froh uns wiederſehn!/ (der Kurfürſt mit den Frauen ab. Hofdamen, Cavaliere und Pagen folgen.) Der Prinz von Homburg. (ſteht einen Augenblick, wie vom Blitz getroffen, da; dann wendet er ſich mit triumphirenden Schritten wieder in den Kreis der Officiere zurück.) Dann wird er die Fanfare blaſen laſſen!/ (er thut als ob er ſchriebe.) Feldmarſchall (ſieht in ſein Papier). Dann wird er die Fanfare blaſen laſſen. —/ Doch wird des Fürſten Durchlaucht ihm, damit,/ Durch Mißverſtand der Schlag zu früh nicht falle —/ (er hält inne.) Rittmeiſter von der Golz (ſchreibt). Durch Mißverſtand der Schlag zu früh nicht falle —/ Der Prinz von Homburg. (zum Graf Hohenzollern, heimlich, in großer Bewegung.) O Heinrich! Hohenzollern (unwillig). Nun! Was giebt’s? Was haſt Du vor?/ Der Prinz von Homburg. Was! Sahſt Du nichts? Hohenzollern. Nein, nichts! Sei ſtill, zum Henker!/ 24 Feldmarſchall (fährt fort). Ihm einen Officier aus ſeiner Suite ſenden,/ Der den Befehl, das merkt, ausdrücklich noch/ 330 Zum Angriff auf den Feind ihm überbringe./ Eh wird er nicht Fanfare blaſen laſſen./ (der Prinz ſteht und träumt vor ſich nieder.) — Habt ihr?/ Rittmeiſter von der Golz (ſchreibt). Eh wird er nicht Fanfare blaſen laſſen./ Feldmarſchall (mit erhöhter Stimme). Des Prinzen Durchlaucht, habt ihr? Der Prinz von Homburg. Mein Feldmarſchall!/ Feldmarſchall. Ob ihr geſchrieben habt? Der Prinz von Homburg. — Von der Fanfare?/ Hohenzollern (heimlich, unwillig, nachdrücklich). Fanfare! Sei verwünſcht! Nicht eh’, als bis der —/ Rittmeiſter von der Golz (eben ſo). Als bis er ſelbſt — Der Prinz von Homburg (unterbricht ſie). Ja, allerdings! Eh nicht — —/ Doch dann wird er Fanfare blaſen laſſen./ (er ſchreibt. — Pauſe.) Feldmarſchall. Den Obriſt Kottwitz, merkt das, Baron Golz,/ 340 Wünſch’ ich, wenn er es möglich machen kann,/ Noch vor Beginn des Treffens ſelbſt zu ſprechen./ Rittmeiſter von der Golz (mit Bedeutung). Beſtellen werd’ ich es. Verlaß’ Dich drauf./ (Pauſe.) Der Kurfürſt (kommt zurück). Nun, meine General’ und Oberſten,/ Der Morgenſtrahl ergraut! — Habt ihr geſchrieben?/ 25 Feldmarſchall. Es iſt vollbracht, mein Fürſt; Dein Kriegsplan iſt/ An Deine Feldherrn pünktlich ausgetheilt!/ Der Kurfürſt (indem er Hut und Handſchuh nimmt). Herr Prinz von Homburg, Dir empfehl’ ich Ruhe!/ Du haſt am Ufer, weißt Du, mir des Rheins/ Zwei Siege jüngſt verſcherzt; regier’ Dich wohl,/ 350 Und laß mich heut den dritten nicht entbehren,/ Der Mindres nicht, als Thron und Reich, mir gilt!/ (zu den Officieren.) Folgt mir! — He, Franz! Ein Reitknecht (tritt auf). Hier! Der Kurfürſt. Raſch! Den Schimmel vor!/ — Noch vor der Sonn’ im Schlachtfeld will ich ſein!/ (ab; die Generale, Oberſten und Officiere folgen ihm.)
Sechſter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (in den Vordergrund tretend). Nun denn, auf Deiner Kugel, Ungeheures,/ Du, der den Windeshauch den Schleier heut,/ Gleich einem Seegel, lüftet, roll’ heran!/ Du haſt mir, Glück, die Locken ſchon geſtreift:/ Ein Pfand ſchon warfſt Du, im Vorüberſchweben,/ Aus Deinem Füllhorn lächelnd mir herab:/ 360 Heut, Kind der Götter, ſuch’ ich, Flüchtiges,/ Ich haſche Dich im Feld der Schlacht und ſtürze/ Ganz Deinen Segen mir zu Füßen um:/ Wärſt Du auch ſiebenfach, mit Eiſenketten,/ Am ſchwed’ſchen Siegeswagen feſtgebunden!/ (ab.)Zweiter Akt.
Scene: Schlachtfeld bei Fehrbellin.Erſter Auftritt.
Obriſt Kottwitz, Graf Hohenzollern, Rittmeiſter von der Golz und andere Officiere,an der Spitze der Reuterei (treten auf). Obriſt Kottwitz (außerhalb der Scene). Halt hier die Reiterei, und abgeſeſſen!/ Hohenzollern und Golz (treten auf.) Halt! — halt! Obriſt Kottwitz. Wer hilft vom Pferde mir, ihr Freunde?/ Hohenzollern und Golz. Hier, Alter, hier! (ſie treten wieder zurück.) Obriſt Kottwitz (außerhalb). Habt Dank! — Ouf! Daß die Peſt mich!/ — Ein edler Sohn, für euren Dienſt, jedwedem,/ Der euch, wenn ihr zerfallt, ein Gleiches thut!/ 370 (er tritt auf; Hohenzollern, Golz und Andere, hinter ihm). Ja, auf dem Roß fühl’ ich voll Jugend mich;/ Doch ſitz’ ich ab, da hebt ein Strauß ſich an,/ 27 Als ob ſich Leib und Seele kämpfend trennten!/ (er ſieht ſich um.) Wo iſt des Prinzen, unſers Führers, Durchlaucht./ Hohenzollern. Der Prinz kehrt gleich zu Dir zurück! Obriſt Kottwitz. Wo iſt er?/ Hohenzollern. Er ritt ins Dorf, das Dir, verſteckt in Büſchen,/ Zur Seite blieb. Er wird gleich wiederkommen./ Ein Officier. Zur Nachtzeit, hör’ ich, fiel er mit dem Pferd?/ Hohenzollern. Ich glaube, ja! Obriſt Kottwitz. Er fiel? Hohenzollern (wendet ſich). Nichts von Bedeutung!/ Sein Rappe ſcheute an der Mühle ſich,/ 380 Jedoch, leichthin zur Seite niedergleitend,/ That er auch nicht den mindeſten Schaden ſich./ Es iſt den Odem keiner Sorge werth./ Obriſt Kottwitz (auf einen Hügel tretend). Ein ſchöner Tag, ſo wahr ich Leben athme!/ Ein Tag, von Gott, dem hohen Herrn der Welt,/ Gemacht zu ſüßerm Ding’, als ſich zu ſchlagen!/ Die Sonne ſchimmert röthlich durch die Wolken,/ Und die Gefühle flattern, mit der Lerche,/ Zum heitern Duft des Himmels jubelnd auf!/ Golz. Haſt du den Marſchall Dörfling aufgefunden?/ 390 Obriſt Kottwitz (kommt vorwärts). Zum Henker, nein! Was denkt die Excellenz?/ Bin ich ein Pfeil, ein Vogel, ein Gedanke,/ 28 Daß er mich durch das ganze Schlachtfeld ſprengt?/ Ich war beim Vortrab, auf den Hackelhöhn,/ Und in dem Hackelgrund, beim Hintertrab:/ Doch wen ich nicht gefunden, war der Marſchall!/ Drauf meine Reuter ſucht’ ich wieder auf./ Golz. Das wird ſehr leid ihm thun. Es ſchien er hatte/ Dir von Belang noch etwas zu vertrauen./ Der Offizier. Da kommt des Prinzen, unſers Führers, Durchlaucht!/ 400
Zweiter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (mit einem ſchwarzen Band um die linke Hand). Die Vorigen. Obriſt Kottwitz. Sei mir gegrüßt, mein junger, edler Prinz!/ Schau her, wie während Du im Dörfchen warſt,/ Die Reiter ich im Thalweg aufgeſtellt:/ Ich denk’, Du wirſt mit mir zufrieden ſeyn!/ Der Prinz von Homburg. Guten Morgen, Kottwitz! — Guten Morgen, Freunde!/ — Du weißt, ich lobe Alles, was Du thuſt./ Hohenzollern. Was machteſt, Arthur, in dem Dörfchen Du?/ — Du ſcheinſt ſo ernſt! Der Prinz von Homburg. Ich — war in der Kapelle,/ Die aus des Dörfchens ſtillen Büſchen blinkte./ Man läutete, da wir vorüberzogen,/ 410 Zur Andacht eben ein, da trieb mich’s an,/ Am Altar auch mich betend hinzuwerfen./ 29 Obriſt Kottwitz. Ein frommer junger Herr, das muß ich ſagen!/ Das Werk, glaubt mir, das mit Gebet beginnt,/ Das wird mit Heil und Ruhm und Sieg ſich krönen!/ Der Prinz von Homburg. Was ich Dir ſagen wollte, Heinrich —/ (er führt den Grafen ein wenig vor.) Was war’s ſchon, was der Dörfling, mich betreffend,/ Bei der Parol’ hat geſtern vorgebracht?/ Hohenzollern. — Du warſt zerſtreut. Ich hab’ es wohl geſehn./ Der Prinz von Homburg. Zerſtreut — getheilt; ich weiß nicht, was mir fehlte./ 420 Dictiren in die Feder macht mich irr. —/ Hohenzollern. — Zum Glück nicht diesmal eben viel für Dich./ Der Truchß und Hennings, die das Fußvolk führen,/ Die ſind zum Angriff auf den Feind beſtimmt,/ Und Dir iſt aufgegeben, hier zu halten/ Im Thal, ſchlagfertig mit der Reiterei,/ Bis man zum Angriff den Befehl dir ſchickt./ Der Prinz von Homburg. (nach einer Pauſe, in der er vor ſich niedergeträumt.) — Ein wunderlicher Vorfall! Hohenzollern. Welcher, Lieber?/ (er ſieht ihn an. — Ein Kanonenſchuß fällt). Oberſt Kottwitz. Holla, ihr Herrn, holla! Sitzt auf, ſitzt auf!/ Das iſt der Hennings und die Schlacht beginnt!/ 430 (ſie beſteigen ſämmtlich einen Hügel.) Der Prinz von Homburg. Wer iſt es? Was? Hohenzollern. Der Obriſt Hennings, Arthur,/ 30 Der ſich in Wrangels Rücken hat geſchlichen!/ Komm nur, dort kannſt Du Alles überſchaun./ Golz (auf dem Hügel). Seht, wie er furchtbar ſich am Rhyn entfaltet!/ Der Prinz von Homburg (hält ſich die Hand vor’s Auge). — Der Hennings dort auf unſerm rechten Flügel?/ Erſter Officier. Ja, mein erlauchter Prinz. Der Prinz von Homburg. Was auch, zum Henker!/ Der ſtand ja geſtern auf des Heeres Linken./ (Kanonenſchüſſe in der Ferne.) Obriſt Kottwitz. Blitzelement! Seht, aus zwölf Feuerſchlünden/ Wirkt jetzt der Wrangel auf den Hennings los!/ Erſter Officier. Das nenn’ ich Schanzen das, die ſchwediſchen!/ 440 Zweiter Officier. Bei Gott, gethürmt, bis an die Kirchthurmsſpitze,/ Des Dorfs, das hinter ihrem Rücken liegt!/ (Schüſſe in der Nähe.) Golz. Das iſt der Truchß! Der Prinz von Homburg. Der Truchß? Obriſt Kottwitz. Der Truchß, er, ja;/ Der Hennings jetzt von vorn zu Hülfe kommt./ Der Prinz von Homburg. Wie kommt der Truchß heut in die Mitte?/ (heftige Kanonade.) Golz. O Himmel, ſchaut, mich dünkt das Dorf fing Feuer!/ Dritter Officier. Es brennt, ſo wahr ich leb’! 31 Erſter Officier. Es brennt! Es brennt!/ Die Flamme zuckt ſchon an dem Thurm empor!/ Golz. Hui! Wie die Schwedenboten fliegen rechts und links!/ Zweiter Officier. Sie brechen auf! Obriſt Kottwitz. Wo? Erſter Officier. Auf dem rechten Flügel! —/ 450 Dritter Officier. Freilich! In Zügen! Mit drei Regimentern!/ Es ſcheint, den linken wollen ſie verſtärken./ Zweiter Officier. Bei meiner Treu! Und Reiterei rückt vor,/ Den Marſch des rechten Flügels zu bedecken!/ Hohenzollern (lacht). Ha! Wie das Feld die wieder räumen wird,/ Wenn ſie verſteckt uns hier im Thal erblickt!/ (Musketenfeuer.) Kottwitz. Schaut, Brüder, ſchaut! Zweiter Officier. Horcht! Erſter Officier. Feuer der Musketen!/ Dritter Officier. Jetzt ſind ſie bei den Schanzen aneinander! —/ Golz. Bei Gott! Solch einen Donner des Geſchützes/ Hab’ ich Zeit meines Lebens nicht gehört!/ 460 32 Hohenzollern. Schießt! Schießt! Und macht den Schooß der Erde berſten!/ Der Riß ſoll eurer Leichen Grabmal ſein!/ (Pauſe. — Ein Siegesgeſchrei in der Ferne.) Erſter Officier. Herr, Du, dort oben, der den Sieg verleiht:/ Der Wrangel kehrt den Rücken ſchon! Hohenzollern. Nein, ſprich!/ Golz. Beim Himmel, Freunde! Auf dem linken Flügel!/ Er räumt mit ſeinem Feldgeſchütz die Schanzen./ Alle. Triumph! Triumph! Triumph! Der Sieg iſt unſer!/ Der Prinz von Homburg (ſteigt vom Hügel herab). Auf, Kottwitz, folg’ mir! Obriſt Kottwitz. Ruhig, ruhig, Kinder!/ Der Prinz von Homburg. Auf! Laß Fanfare blaſen! Folge mir!/ Obriſt Kottwitz. Ich ſage, ruhig. Der Prinz von Homburg (wild). Himmel, Erd’ und Hölle!/ 470 Obriſt Kottwitz. Des Herrn Durchlaucht, bei der Parole geſtern,/ Befahl, daß wir auf Ordre warten ſollen./ Golz, lies den Herren die Parole vor./ Der Prinz von Homburg. Auf Ordr’? Ei, Kottwitz! Reiteſt Du ſo langſam?/ Haſt Du ſie noch vom Herzen nicht empfangen?/ Obriſt Kottwitz. Ordre? 33 Hohenzollern. Ich bitte Dich! Obriſt Kottwitz. Von meinem Herzen?/ Hohenzollern. Laß Dir bedeuten, Arthur! Golz. Hör’, mein Obriſt!/ Obriſt Kottwitz (beleidigt). Oho! Kömmſt Du mir ſo, mein junger Herr? —/ Den Gaul, den Du daher ſprengſt, ſchlepp’ ich noch/ Im Nothfall an dem Schwanz des meinen fort!/ 480 Marſch, Marſch, ihr Herrn! Trompeter, die Fanfare!/ Zum Kampf! Zum Kampf! Der Kottwitz iſt dabei!/ Golz (zu Kottwitz). Nein, nimmermehr, mein Obriſt! Nimmermehr!/ Zweiter Officier. Der Hennings hat den Rhyn noch nicht erreicht!/ Erſter Officier. Nimm ihm den Degen ab! Der Prinz von Homburg. Den Degen mir?/ (er ſtößt ihn zurück.) Ei, Du vorwitz’ger Knabe, der Du noch/ Nicht die zehn märkiſchen Gebote kennſt!/ Hier iſt der deinige, zuſammt der Scheide!/ (er reißt ihm das Schwerdt ſammt dem Gürtel ab.) Erſter Officier (taumelnd). Mein Prinz, die That, bei Gott —! Der Prinz von Homburg (auf ihn einſchreitend). Den Mund noch öffneſt —?/ Hohenzollern (zu dem Officier). Schweig! Biſt Du raſend? 34 Der Prinz von Homburg (indem er den Degen abgiebt). Ordonanzen! —/ 490 Führt ihn gefangen ab, ins Hauptquartier./ (zu Kottwitz und den übrigen Officieren.) Und jetzt iſt die Parol’, ihr Herrn: ein Schurke,/ Wer ſeinem General zur Schlacht nicht folgt!/ — Wer von euch bleibt? Obriſt Kottwitz. Du hörſt. Was eiferſt Du?/ Hohenzollern (beilegend). Es war ein Rath nur, den man Dir ertheilt./ Obriſt Kottwitz. Auf Deine Kappe nimm’s. Ich folge Dir./ Der Prinz von Homburg (beruhigt). Ich nehm’s auf meine Kappe. Folgt mir, Brüder!/ (Alle ab.)Dritter Auftritt.
Ein Hofcavalier (in Stiefeln und Sporen tritt auf). — Ein Bauer und ſeine Frau (ſitzen an einem Tiſch und arbeiten). Hofcavalier. Glück auf, ihr wackern Leute! Habt ihr Platz,/ In eurem Hauſe Gäſte aufzunehmen?/ Der Bauer. O ja! Von Herzen. Die Frau. Darf man wiſſen, wen?/ 500 Hofcavalier. Die hohe Landesmutter! Keine Schlechtere! —/ 35 Am Dorfthor brach die Axe ihres Wagens,/ Und weil wir hören, daß der Sieg erfochten,/ So braucht es weiter dieſer Reiſe nicht./ Beide (ſtehen auf). Der Sieg erfochten? — Himmel! Hofcavalier. Das wißt ihr nicht?/ Das Heer der Schweden iſt auf’s Haupt geſchlagen,/ Wenn nicht für immer, doch auf Jahresfriſt,/ 5ß7 Die Mark vor ihrem Schwerdt und Feuer ſicher!/ 5ß8 — Doch ſeht! Da kömmt die Landesfürſtin ſchon./Vierter Auftritt.
Die Kurfürſtin (bleich und verſtört), Prinzeſſin Natalie und mehrere Hofdamen (folgen). — Die Vorigen. Kurfürſtin (unter der Thür). Bork! Winterfeld! Kommt: gebt mir euren Arm!/ 510 Natalie (zu ihr eilend). O meine Mutter! Die Hofdamen. Gott! Sie bleicht! Sie fällt!/ (ſie unterſtützen ſie.) Kurfürſtin. Führt mich auf einen Stuhl, ich will mich ſetzen./ — Todt, ſagt er; todt? Natalie. O meine theure Mutter!/ Kurfürſtin. Ich will den Unglücksboten ſelber ſprechen./Fünfter Auftritt.
Rittmeiſter von Mörner (tritt verwundet auf, von zwei Reitern geführt). — Die Vorigen. Kurfürſtin. Was bringſt Du, Herold des Entſetzens, mir?/ Mörner. Was dieſe Augen, leider, theure Frau,/ Zu meinem ew’gen Jammer, ſelbſt geſehn./ Kurfürſtin. Wohlan! Erzähl’! Mörner. Der Kurfürſt iſt nicht mehr! Natalie. O Himmel!/ Soll ein ſo ungeheurer Schlag uns treffen?/ (ſie bedeckt ſich das Geſicht.) Kurfürſtin. Erſtatte mir Bericht, wie er geſunken./ 520 — Und wie der Blitzſtrahl, der den Wandrer trifft,/ Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet,/ So laß Dein Wort ſein; Nacht, wenn Du geſprochen,/ Mög’ über meinem Haupt zuſammenſchlagen./ Mörner (tritt, geführt von den beiden Reitern, vor ihr). Der Prinz von Homburg war, ſobald der Feind,/ Gedrängt von Truchß, in ſeiner Stellung wankte,/ Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt;/ Zwei Linien hatt’ er, mit der Reiterei,/ Durchbrochen ſchon, und auf der Flucht vernichtet,/ Als er auf eine Feldredoute ſtieß;/ 530 Hier ſchlug ſo mörderiſcher Eiſenregen/ Entgegen ihm, daß ſeine Reiterſchaar,/ Wie eine Saat, ſich knickend niederlegte:/ 37 Halt’ mußt’ er machen zwiſchen Buſch und Hügeln,/ Um ſein zerſtreutes Reitercorps zu ſammeln./ Natalie (zur Kurfürſtin). Geliebte! Faſſe Dich! Kurfürſtin. Laß, laß mich, Liebe!/ Mörner. In dieſem Augenblick, dem Staub’ entrückt,/ Bemerken wir den Herrn, der, bei den Fahnen/ Des Truchßſchen Corps, dem Feind entgegenreitet;/ Auf einem Schimmel herrlich ſaß er da,/ 540 Im Sonnenſtrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend./ Wir Alle ſammeln uns, bei dieſem Anblick,/ Auf eines Hügels Abhang, ſchwer beſorgt,/ In Mitten ihn des Feuers zu erblicken:/ Als plötzlich jetzt der Kurfürſt, Roß und Reiter,/ In Staub vor unſern Augen niederſinkt;/ Zwei Fahnenträger fielen über ihn,/ Und deckten ihn mit ihren Fahnen zu./ Natalie. O meine Mutter! Erſte Hofdame. Himmel! Kurfürſtin. Weiter! Weiter!/ Mörner. Drauf faßt, bei dieſem ſchreckenvollen Anblick,/ 550 Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz;/ Dem Bären gleich, von Wuth geſpornt und Rache,/ Bricht er mit uns auf die Verſchanzung los:/ Der Graben wird, der Erdwall, der ſie deckt,/ Im Anlauf überflogen, die Beſatzung/ Geworfen, auf das Feld zerſtreut, vernichtet,/ Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten,/ 38 Der Schweden ganzes Kriegsgepäck, erbeutet:/ Und hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn/ Im Würgen uns gehemmt, ſo wäre keiner,/ 560 Der, an dem Heerd der Väter, ſagen könnte:/ Bei Fehrbellin ſah ich den Helden fallen!/ Kurfürſtin. Ein Sieg, zu theu’r erkauft! Ich mag ihn nicht./ Gebt mir den Preis, den er gekoſtet wieder./ (ſie ſinkt in Ohnmacht.) Erſte Hofdame. Hilf, Gott im Himmel! Ihre Sinne ſchwinden./ (Natalie weint.)Sechſter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (tritt auf). — Die Vorigen. Der Prinz von Homburg. O meine theuerſte Natalie!/ (er legt ihre Hand gerührt an ſein Herz.) Natalie. So iſt es wahr? Der Prinz von Homburg. O! Könnt’ ich ſagen: nein!/ Könnt’ ich mit Blut, aus dieſem treuen Herzen,/ Das ſeinige zurück ins Daſein rufen! —/ Natalie (trocknet ſich die Thränen). Hat man denn ſchon die Leiche aufgefunden?/ 570 Der Prinz von Homburg. Ach, mein Geſchäft, bis dieſen Augenblick,/ War Rache nur an Wrangel; wie vermögt’ ich,/ Solch’ einer Sorge mich bis jetzt zu weihn?/ Doch eine Schaar von Männern ſandt’ ich aus,/ 39 Ihn, im Gefild des Todes, aufzuſuchen:/ Vor Nacht noch zweifelsohne trifft er ein./ Natalie. Wer wird, in dieſem ſchauderhaften Kampf,/ Jetzt dieſe Schweden niederhalten? Wer/ Vor dieſer Welt von Feinden uns beſchirmen,/ Die uns ſein Glück, die uns ſein Ruhm erworben?/ 580 Der Prinz von Homburg (nimmt ihre Hand). Ich, Fräulein, übernehme eure Sache!/ Ein Engel will ich, mit dem Flammenſchwerdt,/ An eures Throns verwaiſ’ten Stufen ſtehn!/ Der Kurfürſt wollte, eh das Jahr noch wechſelt,/ Befreit die Marken ſehn; wohlan! ich will der/ Vollſtrecker ſolchen letzten Willens ſein!/ Natalie. Mein lieber, theurer Vetter! (ſie zieht ihre Hand zurück.) Der Prinz von Homburg. O Natalie!/ (er hält einen Augenblick inne.) Wie denkt ihr über eure Zukunft jetzt?/ Natalie. Ja, was ſoll ich, nach dieſem Wetterſchlag,/ Der unter mir den Grund zerreißt, beginnen?/ 590 Mir ruht der Vater, mir die theure Mutter,/ Im Grab zu Amſterdam; in Schutt und Aſche/ Liegt Dortrecht, meines Hauſes Erbe, da;/ Gedrängt von Spaniens Tyrannenheeren,/ Weiß Moritz kaum, mein Vetter von Oranien,/ Wo er die eignen Kinder retten ſoll:/ Und jetzt ſinkt mir die letzte Stütze nieder,/ Die meines Glückes Rebe aufrecht hielt./ Ich ward zum zweitenmale heut verwaiſ’t!/ 40 Der Prinz von Homburg (ſchlägt einen Arm um ihren Leib). O meine Freundin! Wäre dieſe Stunde/ 600 Der Trauer nicht geweiht, ſo wollt’ ich ſagen:/ Schlingt eure Zweige hier um dieſe Bruſt,/ Um ſie, die ſchon ſeit Jahren, einſam blühend,/ Nach eurer Glocken holden Duft ſich ſehnt!/ Natalie. Mein lieber, guter Vetter! Der Prinz von Homburg. — Wollt ihr? Wollt ihr?/ Natalie. — Wenn ich ins innere Mark ihr wachſen darf?/ (ſie legt ſich an ſeine Bruſt.) Der Prinz von Homburg. Wie? Was war das? Natalie. Hinweg! Der Prinz von Homburg (hält ſie). In ihren Kern!/ In ihres Herzens Kern, Natalie!/ (er küßt ſie; ſie reißt ſich los.) O Gott, wär er jetzt da, den wir beweinen,/ Um dieſen Bund zu ſchauen! Könnten wir/ 610 Zu ihm aufſtammeln: Vater ſegne uns!/ (er bedeckt ſein Geſicht mit ſeinen Händen; Natalie wendet ſich wieder zur Kurfürſtin zurück.)Siebenter Auftritt.
Ein Wachtmeiſter (tritt eilig auf). — Die Vorigen. Wachtmeiſter. Mein Prinz, kaum wag’ ich, beim lebendigen Gott,/ Welch’ ein Gerücht ſich ausſtreut, euch zu melden!/ — Der Kurfürſt lebt! 41 Der Prinz von Homburg. Er lebt! Wachtmeiſter. Beim hohen Himmel!/ Graf Sparren bringt die Nachricht eben her./ Natalie. Herr meines Lebens! Mutter; hörteſt Du’s?/ (ſie ſtürzt vor der Kurfürſtin nieder und umfaßt ihren Leib.) Der Prinz von Homburg. Nein, ſag —! Wer bringt mir? Wachtmeiſter. Graf Georg von Sparren,/ Der ihn in Hackelwitz, beim Truchßſchen Corps,/ Mit eignem Aug’, geſund und wohl, geſehn!/ Der Prinz von Homburg. Geſchwind! Lauf, Alter! Bring’ ihn mir herein!/ 620 (Wachtmeiſter ab.)Achter Auftritt.
Graf von Sparren und der Wachtmeiſter (treten auf). — Die Vorigen. Kurfürſtin. O ſtürzt mich zweimal nicht zum Abgrund nieder!/ Natalie. Nein, meine theure Mutter! Kurfürſtin. Friedrich lebt?/ Natalie (hält ſie, mit beiden Händen, aufrecht). Des Daſeins Gipfel nimmt euch wieder auf!/ Wachtmeiſter (auftretend). Hier iſt der Officier! 42 Der Prinz von Homburg. Herr Graf von Sparren!/ Des Herrn Durchlaucht habt ihr, friſch und wohlauf,/ Beim Truchßſchen Corps, in Hackelwitz geſehn?/ Graf Sparren. Ja, mein erlauchter Prinz, im Hof des Pfarrers,/ Wo er Befehle gab, vom Stab’ umringt,/ Die Todten beider Heere zu begraben!/ Die Hofdamen. O Gott! An Deine Bruſt — (ſie umarmen ſich.) Kurfürſtin. O meine Tochter!/ 630 Natalie. Nein, dieſe Seligkeit iſt faſt zu groß!/ (ſie drückt ihr Geſicht in der Tante Schooß.) Der Prinz von Homburg. Sah ich, von fern, an meiner Reiter Spitze,/ Ihn nicht zerſchmettert von Kanonenkugeln,/ In Staub, ſammt ſeinem Schimmel, niederſtürzen?/ Graf Sparren. Der Schimmel, allerdings, ſtürzt’, ſammt dem Reiter,/ Doch wer ihn ritt, mein Prinz, war nicht der Herr./ Der Prinz von Homburg. Nicht? Nicht der Herr? Natalie. O Jubel! (ſie ſteht auf, und ſtellt ſich an die Seite der Kurfürſtin.) Der Prinz von Homburg. Sprich! Erzähle!/ Dein Wort fällt ſchwer wie Gold in meine Bruſt!/ Graf Sparren. O laßt die rührendſte Begebenheit,/ Die je ein Ohr vernommen, euch berichten!/ 640 43 Der Landesherr, der, jeder Warnung taub,/ Den Schimmel wieder ritt, den ſtrahlend weißen,/ Den Froben jüngſt in England ihm erſtand,/ War wieder, wie bis heut noch ſtets geſchah,/ Das Ziel der feindlichen Kanonenkugeln./ Kaum konnte, wer zu ſeinem Troß gehörte,/ Auf einen Kreis von hundert Schritt ihm nahn;/ Granaten wälzten, Kugeln und Kartätſchen,/ Sich wie ein breiter Todesſtrom daher,/ Und Alles, was da lebte, wich an’s Ufer:/ 650 Nur er, der kühne Schwimmer, wankte nicht,/ Und, ſtets den Freunden winkend, rudert’ er/ Getroſt den Höh’n zu, wo die Quelle ſprang./ Der Prinz von Homburg. Beim Himmel, ja! Ein Grauſen war’s, zu ſehn./ Graf Sparren. Stallmeiſter Froben, der, beim Troß der Suite,/ Zunächſt ihm folgt, ruft dieſes Wort mir zu:/ „Verwünſcht ſei heut mir dieſes Schimmels Glanz,/ Mit ſchwerem Gold in London jüngſt erkauft!/ Wollt’ ich doch funfzig Stück Dukaten geben,/ Könnt’ ich ihn mit dem Grau der Mäuſe decken.“/ 660 Er naht, voll heißer Sorge, ihm und ſpricht:/ „Hoheit, Dein Pferd iſt ſcheu, Du mußt verſtatten,/ Daß ich’s noch einmal in die Schule nehme!“/ Mit dieſem Wort entſitzt er ſeinem Fuchs,/ Und fällt dem Thier des Herren in den Zaum./ Der Herr ſteigt ab, ſtill lächelnd, und verſetzt:/ „Die Kunſt, die Du ihn, Alter, lehren willſt,/ Wird er, ſo lang’ es Tag iſt, ſchwerlich lernen./ Nimm, bitt’ ich, fern ihn, hinter jenen Hügeln,/ Wo ſeines Fehls der Feind nicht achtet, vor!“/ 670 Dem Fuchs drauf ſitzt er auf, den Froben reitet,/ Und kehrt zurück, wohin ſein Amt ihn ruft./ 44 Doch Froben hat den Schimmel kaum beſtiegen,/ So reißt, entſendet aus der Feldredoute,/ Ihn ſchon ein Mordblei, Roß und Reiter, nieder:/ In Staub ſinkt er, ein Opfer ſeiner Treue,/ Und keinen Laut vernahm man mehr von ihm./ (kurze Pauſe.) Der Prinz von Homburg. Er iſt bezahlt! — Wenn ich zehn Leben hätte,/ Könnt’ ich ſie beſſer brauchen nicht, als ſo!/ Natalie. Der wackre Froben! Kurfürſtin. Der Vortreffliche!/ 680 Natalie. Ein Schlechtrer wäre noch der Thränen werth!/ (ſie weinen.) Der Prinz von Homburg. Genug! Zur Sache jetzt. Wo iſt der Kurfürſt?/ Nahm er in Hackelwitz ſein Hauptquartier?/ Graf Sparren. Vergieb! Der Herr iſt nach Berlin gegangen,/ Und die geſammte Generalität/ Iſt aufgefordert, ihm dahin zu folgen./ Der Prinz von Homburg. Wie? Nach Berlin! — Iſt denn der Feldzug aus?/ Graf Sparren. Fürwahr, ich ſtaune, daß Dir Alles fremd! —/ Graf Horn, der ſchwed’ſche General, traf ein;/ Es iſt im Lager, gleich nach ſeiner Ankunft,/ 690 Ein Waffenſtillſtand ausgerufen worden./ Wenn ich den Marſchall Dörfling recht verſtanden,/ Ward eine Unterhandlung angeknüpft:/ Leicht, daß der Frieden ſelbſt erfolgen kann./ 45 Kurfürſtin. O Gott, wie herrlich klärt ſich Alles auf!/ (ſie ſteht auf) Der Prinz von Homburg. Kommt, laßt ſogleich uns nach Berlin ihm folgen!/ — Räumſt Du, zu raſcherer Befördrung, wohl/ Mir einen Platz in Deinem Wagen ein?/ — Zwei Zeilen nur an Kottwitz ſchreib ich noch,/ Und ſteige augenblicklich mit Dir ein./ 700 (er ſetzt ſich nieder und ſchreibt) Kurfürſtin. Von ganzem Herzen gern! Der Prinz von Homburg. (legt den Brief zuſammen und übergiebt ihn dem Wachtmeiſter; indem er ſich wieder zur Kurfürſtin wendet, und den Arm ſanft um Nataliens Leib legt) Ich habe ſo/ Dir einen Wunſch noch ſchüchtern zu vertraun,/ Deſſ’ ich mich auf der Reiſ’ entlaſten will./ Natalie (macht ſich von ihm los). Bork! Raſch! Mein Halstuch, bitt’ ich! Kurfürſtin. Du? Einen Wunſch mir?/ Erſte Hofdame. Ihr tragt das Tuch, Prinzeſſin, um den Hals!/ Der Prinz von Homburg (zur Kurfürſtin). Was? Räthſt Du nichts? Kurfürſtin. Nein, nichts! Der Prinz von Homburg. Was? Keine Sylbe? —/ Kurfürſtin (abbrechend). Gleichviel! — Heut keinem Flehenden auf Erden/ Antwort’ ich: Nein! was es auch immer ſei;/ 46 Und Dir, Du Sieger in der Schlacht, zuletzt!/ — Hinweg! Der Prinz von Homburg. O Mutter! Welch ein Wort ſprachſt Du?/ 710 Darf ichs mir deuten, wie es mir gefällt?/ Kurfürſtin. Hinweg, ſag’ ich! Im Wagen mehr davon!/ Kommt, gebt mir euren Arm! Der Prinz von Homburg. O Cäſar Divus!/ Die Leiter ſetz’ ich an, an deinen Stern!/ (er führt die Damen ab; Alle folgen.)Frobens vorübertragen und auf einen prächtigen Katafalk niederſetzen.
Neunter Auftritt.
Der Kurfürſt, Feldmarſchall Dörfling, ObriſtHennings, Graf Truchß, und mehrere andere
Oberſten und Officiere (treten auf. Ihm gegenüber zeigen ſich einige) Officiere mit Depeſchen. — (In der Kirche ſowohl als auf dem Platz) Volk jedes Alters
und Geſchlechts. Der Kurfürſt. Wer immer auch die Reiterei geführt/ Am Tag der Schlacht, und, eh der Obriſt Hennings/ Des Feindes Brücken hat zerſtören können,/ Damit iſt aufgebrochen, eigenmächtig, / 47 Zur Flucht, bevor ich Ordre gab, ihn zwingend,/ Der iſt des Todes ſchuldig, das erklär’ ich,/ 720 Und vor ein Kriegsgericht beſtell’ ich ihn./ — Der Prinz von Homburg hat ſie nicht geführt?/ Graf Truchſeß. Nein, mein erlauchter Herr! Der Kurfürſt. Wer ſagt mir das?/ Graf Truchſeß. Das können Reiter Dir bekräftigen,/ Die mir’s verſichert, vor Beginn der Schlacht./ Der Prinz hat mit dem Pferd ſich überſchlagen,/ Man hat verwundet ſchwer, an Haupt und Schenkeln,/ In einer Kirche ihn verbinden ſehn./ Der Kurfürſt. Gleichviel. Der Sieg iſt glänzend dieſes Tages,/ Und vor dem Altar morgen dank’ ich Gott;/ 730 Doch wär er zehnmal größer, das entſchuldigt/ Den nicht, durch den der Zufall mir ihn ſchenkt:/ Mehr Schlachten noch, als die, hab’ ich zu kämpfen,/ Und will, daß dem Geſetz Gehorſam ſei./ Wer’s immer war, der ſie zur Schlacht geführt,/ Ich wiederhol’s, hat ſeinen Kopf verwirkt,/ Und vor ein Kriegsrecht hiemit lad’ ich ihn./ — Folgt, meine Freunde in die Kirche mir!/
Zehnter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (drei ſchwed’ſche Fahnen in der Hand), Obriſt Kottwitz (mit deren zwei), Graf Hohenzollern, Rittmeiſter Golz, Graf Reuß (jeder mit einer Fahne), mehrere andre Officiere,Corporale und Reuter (mit Fahnen, Pauken und Standarten treten auf). Feldmarſchall Dörfling (ſo wie er den Prinzen erblickt). Der Prinz von Homburg! — Truchß! Was machtet ihr?/ Der Kurfürſt (ſtutzt). Wo kommt ihr her, Prinz? Der Prinz von Homburg (einige Schritte vorſchreitend). Von Fehrbellin, mein Kurfürſt,/ 740 Und bringe dieſe Siegstrophäen Dir./ (er legt die drei Fahnen vor ihm nieder; die Officiere, Corporale und Reiter folgen, jeder mit der ihrigen.) Der Kurfürſt (betroffen). Du biſt verwundet, hör’ ich, und gefährlich?/ — Graf Truchß! Der Prinz von Homburg (heiter). Vergieb! Graf Truchß. Beim Himmel, ich erſtaune!/ Der Prinz von Homburg. Mein Goldfuchs fiel vor Anbeginn der Schlacht;/ Die Hand hier, die ein Feldarzt mir verband,/ Verdient nicht, daß Du ſie verwundet taufſt./ Der Kurfürſt. Mithin haſt Du die Reiterei geführt?/ Der Prinz von Homburg (ſieht ihn an). Ich? Allerdings! Mußt Du von mir das hören?/ — Hier legt ich den Beweis zu Füßen Dir./ 49 Der Kurfürſt. — Nehmt ihm den Degen ab. Er iſt gefangen./ 750 Feldmarſchall (erſchrocken). Wem? Der Kurfürſt (tritt unter die Fahnen). Kottwitz! Sei gegrüßt mir! Graf Truchß (für ſich). O verflucht!/ Obriſt Kottwitz. Bei Gott, ich bin aufs Aeußerſte —! Der Kurfürſt (ſieht ihn an). Was ſagſt Du? —/ Schau, welche Saat für unſern Ruhm gemäht!/ — Die Fahn’ iſt von der ſchwedſchen Leibwacht! Nicht?/ (er nimmt eine Fahne auf, entwickelt und betrachtet ſie.) Obriſt Kottwitz. Mein Kurfürſt? Feldmarſchall. Mein Gebieter? Der Kurfürſt. Allerdings!/ Und zwar aus König Guſtav Adolphs Zeiten!/ — Wie heißt die Inſchrift? Obriſt Kottwitz. Ich glaube — Feldmarſchall. Per aspera ad astra./ Der Kurfürſt. Das hat ſie nicht bei Fehrbellin gehalten —/ (Pauſe.) Obriſt Kottwitz (ſchüchtern). Mein Fürſt, vergönn ein Wort mir —! Der Kurfürſt. Was beliebt? —/ 50 Nehmt Alles, Fahnen Pauken und Standarten,/ 760 Und hängt ſie an der Kirche Pfeilern auf;/ Beim Siegsfeſt morgen denk’ ich ſie zu brauchen!/ (der Kurfürſt wendet ſich zu den Courieren, nimmt ihnen die De/ peſchen ab, erbricht und lieſ’t ſie.) Obriſt Kottwitz (für ſich). Das, beim lebend’gen Gott, iſt mir zu ſtark!/ (der Obriſt nimmt, nach einigem Zaudern, ſeine zwei Fahnen auf; die übrigen Officiere und Reiter folgen; zuletzt, da die drei Fahnen des Prinzen liegen bleiben, hebt Kottwitz auch dieſe auf, ſo daß er nun fünf trägt.) Ein Officier (tritt vor den Prinzen). Prinz, euren Degen, bitt’ ich. Hohenzollern (mit ſeiner Fahne ihm zur Seite). Ruhig, Freund!/ Der Prinz von Homburg. Träum ich? Wach’ ich? Leb’ ich? Bin ich bei Sinnen?/ Golz. Prinz, gieb den Degen, rath’ ich, hin und ſchweig!/ Der Prinz von Homburg. Ich, ein Gefangener? Hohenzollern. So iſt’s! Golz. Ihr hört’s!/ Der Prinz von Homburg. Darf man die Urſach wiſſen? Hohenzollern (mit Nachdruck). Jetzo nicht!/ — Du haſt zu zeitig, wie wir gleich geſagt,/ Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war,/ 770 Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen!/ Der Prinz von Homburg. Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt. 51 Golz (unterbrechend). Still! Still!/ Der Prinz von Homburg. Sind denn die Märkiſchen geſchlagen worden?/ Hohenzollern (ſtampft mit dem Fuß auf die Erde). Gleichviel! — Der Satzung ſoll Gehorſam ſein./ Der Prinz von Homburg (mit Bitterkeit). So — ſo, ſo, ſo! Hohenzollern (entfernt ſich von ihm). Es wird den Hals nicht koſten./ Golz (eben ſo). Vielleicht biſt Du ſchon morgen wieder los./ (der Kurfürſt legt die Briefe zuſammen, und kehrt wieder in den Kreis der Officiere zurück.) Der Prinz von Homburg. (nachdem er ſich den Degen abgeſchnallt.) Mein Vetter Friedrich will den Brutus ſpielen,/ Und ſieht, mit Kreid’ auf Leinwand verzeichnet,/ Sich ſchon auf dem curulſchen Stuhle ſitzen:/ Die ſchwed’ſchen Fahnen in dem Vordergrund,/ 780 Und auf dem Tiſch die märkſchen Kriegsartikel./ Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn,/ Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre./ Ein deutſches Herz, von altem Schrot und Korn,/ Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe,/ Und wenn er mir in dieſem Augenblick,/ Wie die Antike ſtarr entgegenkömmt,/ Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern!/ (er giebt den Degen an den Officier und geht ab.) Der Kurfürſt. Bringt ihn nach Fehrbellin, ins Hauptquartier,/ Und dort beſtellt das Kriegsrecht, das ihn richte./ 790 (ab in die Kirche. Die Fahnen folgen ihm, und werden, während er mit ſeinem Gefolge an dem Sarge Frobens niederkniet und betet, an den Pfeilern derſelben aufgehängt. Trauermuſik.)
Dritter Akt.
Erſter Auftritt.
Der Prinz von Homburg. — (Im Hintergrunde) zweiReiter, als Wache. — Der Graf von Hohenzollern (tritt auf). Der Prinz von Homburg. Sieh da! Freund Heinrich! Sei willkommen mir!/ — Nun, des Arreſtes bin ich wieder los?/ Hohenzollern (erſtaunt). Gott ſei Lob, in der Höh’! Der Prinz von Homburg. Was ſagſt Du? Hohenzollern. Los?/ Hat er den Degen Dir zurückgeſchickt?/ Der Prinz von Homburg. Mir? Nein. Hohenzollern. Nicht? Der Prinz von Homburg. Nein! 53 Hohenzollern. — Woher denn alſo los?/ Der Prinz von Homburg (nach einer Pauſe). Ich glaubte, Du, Du bringſt es mir. — Gleichviel!/ Hohenzollern. — Ich weiß von nichts. Der Prinz von Homburg. Gleichviel! Du hörſt: gleichviel!/ So ſchickt er einen Andern, der mir’s melde./ (er wendet ſich und holt Stühle.) Setz’ Dich! — Nun, ſag’ mir an, was giebt es Neues?/ — Der Kurfürſt kehrte von Berlin zurück?/ 800 Hohenzollern (zerſtreut). Ja. Geſtern Abend. Der Prinz von Homburg. Ward, beſchloßner Maaßen,/ Das Siegsfeſt dort gefeiert? — — Allerdings!/ — Der Kurfürſt war zugegen in der Kirche?/ Hohenzollern. Er, und die Fürſtin und Natalie. —/ Die Kirche war, auf würd’ge Art, erleuchtet;/ Battrien ließen ſich, vom Schloßplatz her,/ Mit ernſter Pracht bei dem Tedeum hören./ Die ſchwed’ſchen Fahnen wehten und Standarten,/ Trophäenartig, von den Pfeilern nieder,/ Und auf des Herrn ausdrücklichen Befehl,/ 810 Ward Deines, als des Siegers Namen —/ Erwähnung von der Kanzel her gethan./ Der Prinz von Homburg. Das hört’ ich! — — Nun, was giebt es ſonſt; was bringſt Du?/ — Dein Antlitz, dünkt mich, ſieht nicht heiter, Freund!/ Hohenzollern. — Sprachſt Du ſchon wen? 54 Der Prinz von Homburg. Golz, eben, auf dem Schloſſe,/ Wo ich, du weißt es, im Verhöre war./ (Pauſe.) Hohenzollern (ſieht ihn bedenklich an.) Was denkſt Du, Arthur, denn von Deiner Lage,/ Seit ſie ſo ſeltſam ſich verändert hat?/ Der Prinz von Homburg. Ich? Nun, was Du und Golz — die Richter ſelbſt!/ Der Kurfürſt hat gethan, was Pflicht erheiſchte,/ 820 Und nun wird er dem Herzen auch gehorchen./ Gefehlt haſt Du, ſo wird er ernſt mir ſagen,/ Vielleicht ein Wort von Tod und Feſtung ſprechen;/ Ich aber ſchenke Dir die Freiheit wieder —/ Und um das Schwert, das ihm den Sieg errang,/ Schlingt ſich vielleicht ein Schmuck der Gnade noch;/ — Wenn der nicht, gut; denn den verdient’ ich nicht!/ Hohenzollern. O Arthur! (er hält inne.) Der Prinz von Homburg. Nun? Hohenzollern. — Deſſ’ biſt Du ſo gewiß?/ Der Prinz von Homburg. Ich denk’s mir ſo! Ich bin ihm werth, das weiß ich,/ Werth wie ein Sohn; das hat ſeit früher Kindheit/ 830 Sein Herz, in tauſend Proben mir bewieſen./ Was für ein Zweifel iſt’s, der Dich bewegt?/ Schien er an Wachsthum meines jungen Ruhms/ Nicht mehr faſt, als ich ſelbſt, ſich zu erfreuen?/ Bin ich nicht Alles, was ich bin, durch ihn?/ Und er, er ſollte lieblos jetzt die Pflanze,/ Die er ſelbſt zog, bloß weil ſie ſich ein wenig/ 55 Zu raſch und üppig in die Blume warf,/ Mißgünſtig in den Staub daniedertreten?/ Das glaubt’ ich ſeinem ſchlimmſten Feinde nicht,/ 840 Vielweniger Dir, der Du ihn kennſt und liebſt./ Hohenzollern (bedeutend.) Du ſtandſt dem Kriegsrecht, Arthur, im Verhör;/ Und biſt des Glaubens noch? Der Prinz von Homburg. Weil ich ihm ſtand! —/ Bei dem lebend’gen Gott, ſo weit geht keiner,/ Der nicht geſonnen wäre zu begnad’gen!/ Dort eben, vor der Schranke des Gerichts,/ Dort war’s, wo mein Vertraun ſich wiederfand./ War’s denn ein todeswürdiges Verbrechen,/ Zwei Augenblicke früher, als befohlen/ Die ſchwed’ſche Macht in Staub gelegt zu haben?/ 850 Und welch’ ein Frevel ſonſt drückt meine Bruſt?/ Wie könnt’ er doch vor dieſen Tiſch mich laden,/ Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich,/ Stets von der Kugel mir das Grablied ſingen:/ Dächt’ er, mit einem heitern Herrſcherſpruch,/ Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten?/ Nein, Freund, er ſammelt dieſe Nacht von Wolken/ Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir,/ Durch ihren Dunſtkreis, ſtrahlend aufzugehn!/ Und dieſe Luſt, fürwahr, kann ich ihm gönnen!/ 860 Hohenzollern. Das Kriegsrecht gleichwohl, ſagt man, hat geſprochen?/ Der Prinz von Homburg. Ich höre, ja; auf Tod. Hohenzollern. (erſtaunt.) Du weißt es ſchon?/ 56 Der Prinz von Homburg. Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt,/ Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen./ Hohenzollern. Nun denn, bei Gott! — Der Umſtand rührt Dich nicht?/ Der Prinz von Homburg. Mich? Nicht im Mindeſten. Hohenzollern. Du Raſender!/ Und worauf ſtützt ſich deine Sicherheit!/ Der Prinz von Homburg. Auf mein Gefühl von ihm! (er ſteht auf.) Ich bitte, laß mich!/ Was ſoll ich mich mit falſchen Zweifeln quälen?/ (er beſinnt ſich und läßt ſich wieder nieder. — Pauſe.) Das Kriegsrecht mußte auf den Tod erkennen;/ 870 So lautet das Geſetz nach dem es richtet./ Doch eh’ er ſolch ein Urtheil läßt vollſtrecken,/ Eh’ er dies Herz hier, das getreu ihn liebt,/ Auf eines Tuches Wink, der Kugel preis giebt,/ Eh’ ſieh, eh’ öffnet er die eigne Bruſt ſich,/ Und ſprützt ſein Blut ſelbſt tropfenweis in Staub./ Hohenzollern. Nun, Arthur, ich verſichre Dich — Der Prinz von Homburg (unwillig). O Lieber!/ Hohenzollern. Der Marſchall — Der Prinz von Homburg (eben ſo). Laß mich, Freund! Hohenzollern. Zwei Worte hör’ noch!/ Wenn die Dir auch nichts gelten, ſchweig’ ich ſtill./ 57 Der Prinz von Homburg (wendet ſich wieder zu ihm). Du hörſt, ich weiß von Allem. — Nun? Was iſt’s?/ 880 Hohenzollern. Der Marſchall hat, höchſt ſeltſam iſt’s, ſo eben/ Das Todsurtheil im Schloſſ’ ihm überreicht:/ Und er, ſtatt wie das Urtheil frei ihm ſtellt,/ Dich zu begnadigen, er hat befohlen,/ Daß es zur Unterſchrift ihm kommen ſoll./ Der Prinz von Homburg. Gleichviel. Du hörſt. Hohenzollern. Gleichviel? Der Prinz von Homburg. Zur Unterſchrift?/ Hohenzollern. Bei meiner Ehr’! Ich kann es Dich verſichern./ Der Prinz von Homburg. Das Urtheil? — Nein! Die Schrift —? Hohenzollern. Das Todesurtheil./ Der Prinz von Homburg. — Wer hat Dir das geſagt? Hohenzollern. Er ſelbſt, der Marſchall!/ Der Prinz von Homburg. Wann? Hohenzollern. Eben jetzt. Der Prinz von Homburg. Als er vom Herrn zurück kam?/ 890 Hohenzollern. Als er vom Herrn die Treppe niederſtieg! —/ Er fügt’ hinzu, da er beſtürzt mich ſah,/ Verloren ſei noch nichts, und morgen ſei / 58 Auch noch ein Tag, Dich zu begnadigen;/ Doch ſeine bleiche Lippe widerlegte/ Ihr eignes Wort, und ſprach: ich fürchte, nein!/ Der Prinz von Homburg (ſteht auf). Er könnte — nein! ſo ungeheuere/ Entſchließungen in ſeinem Buſen wälzen?/ Um eines Fehls, der Brille kaum bemerkbar,/ In dem Demanten, den er jüngſt empfing,/ 900 In Staub den Geber treten? Eine That,/ Die weiß den Dey von Algier brennt, mit Flügeln,/ Nach Art der Cherubime, ſilberglänzig,/ Den Sardanapel ziert, und die geſammte/ Altrömiſche Tyrannenreihe, ſchuldlos,/ Wie Kinder, die am Mutterbuſen ſterben,/ Auf Gottes rechter Seit’ hinüberwirft?/ Hohenzollern (der gleichfalls aufgeſtanden). Du mußt, mein Freund, Dich davon überzeugen./ Der Prinz von Homburg. Und der Feldmarſchall ſchwieg und ſagte nichts?/ Hohenzollern. Was ſollt’ er ſagen? Der Prinz von Homburg. O Himmel! Meine Hoffnung!/ 910 Hohenzollern. Haſt Du vielleicht je einen Schritt gethan,/ Sei’s wiſſentlich, ſei’s unbewußt,/ Der ſeinem ſtolzen Geiſt zu nah getreten?/ Der Prinz von Homburg. Niemals! Hohenzollern. Beſinne Dich. Der Prinz von Homburg. Niemals, beim Himmel!/ Mir war der Schatten ſeines Hauptes heilig./ 59 Hohenzollern. Arthur, ſei mir nicht böſe, wenn ich zweifle./ Graf Horn traf, der Geſandte Schwedens, ein,/ Und ſein Geſchäft geht, wie man hier verſichert/ An die Prinzeſſin von Oranien./ Ein Wort, das die Kurfürſtin Tante ſprach,/ 920 Hat auf’s Empfindlichſte den Herrn getroffen;/ Man ſagt, das Fräulein habe ſchon gewählt./ Biſt Du auf keine Weiſe hier im Spiele?/ Der Prinz von Homburg. O Gott! Was ſagſt Du mir? Hohenzollern. Biſt Du’s? Biſt Du’s?/ Der Prinz von Homburg. Ich bin’s, mein Freund; jetzt iſt mir Alles klar;/ Es ſtürzt der Antrag ins Verderben mich:/ An ihrer Weigrung, wiſſe, bin ich Schuld,/ Weil mir ſich die Prinzeſſin anverlobt!/ Hohenzollern. Du unbeſonn’ner Thor! Was machteſt Du?/ Wie oft hat Dich mein treuer Mund gewarnt?/ 930 Der Prinz von Homburg. O Freund! Hilf, rette mich! Ich bin verloren./ Hohenzollern. Ja, welch’ ein Ausweg führt aus dieſer Noth? —/ Willſt Du vielleicht die Fürſtin Tante ſprechen?/ Der Prinz von Homburg (wendet ſich). — He, Wache! Reiter (im Hintergrund). Hier! Der Prinz von Homburg. Ruft euren Officier! —/ (er nimmt eilig einen Mantel um von der Wand und ſetzt einen Federhut auf, der auf dem Tiſch liegt.) 60 Hohenzollern (indem er ihm behülflich iſt). Der Schritt kann, klug gewandt, Dir Rettung bringen./ — Denn kann der Kurfürſt nur mit König Karl,/ Um den bewußten Preis, den Frieden ſchließen,/ So ſollſt Du ſehn, ſein Herz verſöhnt ſich Dir,/ Und gleich, in wenig Stunden, biſt Du frei./
Zweiter Auftritt.
Der Officier (tritt auf). — Die Vorigen. Der Prinz von Homburg (zu dem Officier). Stranz, übergeben bin ich Deiner Wache!/ 940 Erlaub’, in einem dringenden Geſchäft,/ Daß ich auf eine Stunde mich entferne./ Der Officier. Mein Prinz, mir übergeben biſt Du nicht./ Die Ordre, die man mir ertheilt hat, lautet,/ Dich gehn zu laſſen frei, wohin Du willſt./ Der Prinz von Homburg. Seltſam! — So bin ich kein Gefangener?/ Der Officier. Vergieb! — Dein Wort iſt eine Feſſel auch./ Hohenzollern (bricht auf). Auch gut! Gleichviel! Der Prinz von Homburg. Wohlan! So leb’ denn wohl!/ Hohenzollern. Die Feſſel folgt dem Prinzen auf dem Fuße!/ Der Prinz von Homburg. Ich geh auf’s Schloß, zu meiner Tante nur,/ 950 Und bin in zwei Minuten wieder hier./ (Alle ab.)Dritter Auftritt.
Die Kurfürſtin und Natalie (treten auf). Kurfürſtin. Komm, meine Tochter; komm! Dir ſchlägt die Stunde!/ Graf Guſtav Horn, der ſchwed’ſche Geſandte,/ Und die Geſellſchaft hat das Schloß verlaſſen;/ Im Kabinet des Onkels ſeh’ ich Licht:/ Komm, leg’ das Tuch Dir um, und ſchleich Dich zu ihm,/ Und ſieh, ob Du den Freund Dir retten kannſt./ (ſie wollen gehen.)Vierter Auftritt.
Eine Hofdame (tritt auf). — Die Vorigen. Die Hofdame. Prinz Homburg, gnäd’ge Frau, iſt vor der Thüre!/ — Kaum weiß ich wahrlich, ob ich recht geſehn?/ Kurfürſtin (betroffen). O Gott! Natalie. Er ſelbſt? Kurfürſtin. Hat er denn nicht Arreſt?/ 960 Die Hofdame. Er ſteht in Federhut und Mantel draußen,/ Und fleht beſtürzt und dringend um Gehör./ Kurfürſtin (unwillig). Der Unbeſonnene! Sein Wort zu brechen!/ 62 Natalie. Wer weiß, was ihn bedrängt. Kurfürſtin (nach einigem Bedenken.) — Laßt ihn herein!/ (ſie ſetzt ſich auf einen Stuhl.)Fünfter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (tritt auf). — Die Vorigen. Der Prinz von Homburg. O meine Mutter! (er läßt ſich auf Knieen vor ihr nieder.) Kurfürſtin. Prinz! Was wollt ihr hier?/ Der Prinz von Homburg. O laß mich Deine Knie umfaſſen, Mutter!/ Kurfürſtin (mit unterdrückter Rührung). Gefangen ſeid ihr, Prinz, und kommt hierher!/ Was häuft ihr neue Schuld zu eurer alten?/ Der Prinz von Homburg (dringend) Weißt Du, was mir geſchehn? Kurfürſtin. Ich weiß um Alles!/ Was aber kann ich, Aermſte, für euch thun?/ 970 Der Prinz von Homburg. O meine Mutter, alſo ſprächſt Du nicht,/ Wenn Dich der Tod umſchauerte, wie mich!/ Du ſcheinſt mit Himmelskräften, rettenden,/ Du mir, das Fräulein, deine Frau’n, begabt,/ Mir Alles rings umher; dem Troßknecht könnt’ ich,/ Dem ſchlechteſten, der Deiner Pferde pflegt,/ Gehängt am Halſe flehen: rette mich!/ 63 Nur ich allein, auf Gottes weiter Erde,/ Bin hülflos, ein Verlaßner, und kann nichts!/ Kurfürſtin. Du biſt ganz außer Dir! Was iſt geſchehn?/ 980 Der Prinz von Homburg. Ach! Auf dem Wege der mich zu Dir führte,/ Sah ich das Grab, beim Schein der Fackeln, öffnen,/ Das morgen mein Gebein empfangen ſoll./ Sieh, dieſe Augen, Tante, die Dich anſchaun,/ Will man mit Nacht umſchatten, dieſen Buſen/ Mit mörderiſchen Kugeln mir durchbohren./ Beſtellt ſind auf dem Markte ſchon die Fenſter,/ Die auf das öde Schauſpiel niedergehn,/ Und der die Zukunft, auf des Lebens Gipfel,/ Heut, wie ein Feenreich, noch überſchaut,/ 990 Liegt in zwei engen Brettern duftend morgen,/ Und ein Geſtein ſagt Dir von ihm: er war!/ (die Prinzeſſin, welche bisher auf die Schultern der Hofdame gelehnt in der Ferne geſtanden hat, läßt ſich bei dieſen Worten, erſchüttert an einem Tiſch nieder und weint.) Kurfürſtin. Mein Sohn! Wenn’s ſo des Himmels Wille iſt,/ Wirſt Du mit Muth Dich und mit Faſſung rüſten!/ Der Prinz von Homburg. O Gottes Welt, o Mutter, iſt ſo ſchön!/ Laß mich nicht, fleh’ ich, eh’ die Stunde ſchlägt,/ Zu jenen ſchwarzen Schatten niederſteigen!/ Mag er doch ſonſt, wenn ich gefehlt, mich ſtrafen,/ Warum die Kugel eben muß es ſein?/ Mag er mich meiner Aemter doch entſetzen,/ 1000 Mit Caſſation, wenn’s das Geſetz ſo will,/ Mich aus dem Heer entfernen: Gott des Himmels!/ Seit ich mein Grab ſah, will ich nichts, als leben,/ Und frage nichts mehr, ob es rühmlich ſei!/ 64 Kurfürſtin. Steh’ auf, mein Sohn; ſteh auf! Was ſprichſt Du da?/ Du biſt zu ſehr erſchüttert. Faſſe dich!/ Der Prinz von Homburg. Nicht, Tante eh’r, als bis Du mir gelobt,/ Mit einem Fußfall, der mein Daſein rette,/ Fleh’nd ſeinem höchſten Angeſicht zu nahn!/ Dir übergab zu Homburg, als ſie ſtarb,/ 1010 Die Hedwig mich, und ſprach, die Jugendfreundin:/ Sei ihm die Mutter, wenn ich nicht mehr bin./ Du beugteſt tiefgerührt, am Bette knieend,/ Auf ihre Hand Dich und erwiderteſt:/ Er ſoll mir ſein, als hätt’ ich ihn erzeugt./ Nun, jetzt erinnr’ ich Dich an ſolch’ ein Wort!/ Geh hin, als hättſt du mich erzeugt, und ſprich:/ Um Gnade fleh’ ich, Gnade! Laß ihn frei!/ Ach, und komm mir zurück und ſprich: Du biſt’s!/ Kurfürſtin (weint). Mein theurer Sohn! Es iſt bereits geſchehen!/ 1020 Doch Alles, was ich flehte, war umſonſt!/ Der Prinz von Homburg. Ich gebe jeden Anſpruch auf an Glück./ Nataliens, das vergiſſ’ nicht, ihm zu melden,/ Begehr’ ich gar nicht mehr, in meinem Buſen/ Iſt alle Zärtlichkeit für ſie verlöſcht./ Frei iſt ſie, wie das Reh auf Haiden, wieder,/ Mit Hand und Mund, als wär’ ich nie geweſen./ Verſchenken kann ſie ſich, und wenn’s Karl Guſtav,/ Der Schweden König iſt, ſo lob’ ich ſie./ Ich will auf meine Güter gehn am Rhein,/ 1030 Da will ich bauen, will ich niederreißen,/ Daß mir der Schweiß herabtrieft, ſäen, erndten,/ Als wär’s für Weib und Kind, allein genießen,/ Und, wenn ich erndtete, von Neuem ſäen,/ 65 Und in den Kreis herum das Leben jagen,/ Bis es am Abend niederſinkt und ſtirbt./ Die Kurfürſtin. Wohlan! Kehr jetzt nur heim in dein Gefängniß,/ Das iſt die erſte Fordrung meiner Gunſt!/ Der Prinz von Homburg. (ſteht auf und wendet ſich zur Prinzeſſin.) Du armes Mädchen, weinſt! Die Sonne leuchtet/ Heut alle Deine Hoffnungen zu Grab!/ 1040 Entſchieden hat Dein erſt Gefühl für mich,/ Und Deine Miene ſagt mir, treu wie Gold,/ Du wirſt Dich nimmer einem Andern weihn./ Ja, was erſchwing’ ich, Aermſter, das Dich tröſte?/ Geh an den Main, rath’ ich, ins Stift der Jungfraun,/ Zu deiner Baſe Thurn, ſuch’ in den Bergen/ Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich,/ Kauf’ ihn mit Gold und Silber Dir, drück ihn/ An Deine Bruſt und lehr’ ihn: Mutter! ſtammeln,/ Und wenn er größer iſt, ſo unterweis’ ihn,/ 1050 Wie man den Sterbenden die Augen ſchließt. —/ Das iſt das ganze Glück, das vor Dir liegt!/ Natalie. (muthig und erhebend, indem ſie aufſteht und ihre Hand in die ſeinige legt.) Geh, junger Held, in Deines Kerkers Haft,/ Und, auf dem Rückweg, ſchau noch einmal ruhig/ Das Grab Dir an, das Dir geöffnet ward!/ Es iſt nichts finſterer und um nichts breiter,/ Als es Dir tauſendmal die Schlacht gezeigt!/ Inzwiſchen werd’ ich in dem Tod Dir treu/ Ein rettend Wort für Dich dem Oheim wagen:/ Vielleicht gelingt es mir, ſein Herz zu rühren,/ 1060 Und Dich von allem Kummer zu befrein!/ (Pauſe.) 66 Der Prinz von Homburg. (faltet, in ihrem Anſchauen verloren, die Hände.) Hättſt Du zwei Flügel, Jungfrau, an den Schultern,/ Für einen Engel wahrlich hielt ich Dich! —/ O Gott, hört’ ich auch recht? Du für mich ſprechen?/ — Wo ruhte denn der Köcher Dir der Rede/ Bis heute, liebes Kind, das Du willſt wagen,/ Den Herrn in ſolcher Sache anzugehn?/ — O Hoffnungslicht, das plötzlich mich erquickt!/ Natalie. Gott wird die Pfeile mir, die treffen, reichen! —/ Doch wenn der Kurfürſt des Geſetzes Spruch/ 1070 Nicht ändern kann, nicht kann: wohlan! ſo wirſt Du/ Dich tapfer ihm, der Tapfre, unterwerfen:/ Und der im Leben tauſendmal geſiegt,/ Er wird auch noch im Tod zu ſiegen wiſſen!/ Die Kurfürſtin. Hinweg! — Die Zeit verſtreicht, die günſtig iſt!/ Der Prinz von Homburg. Nun, alle Heil’gen mögen Dich beſchirmen!/ Leb’ wohl! Leb’ wohl! Und was Du auch erringſt,/ Vergönne mir ein Zeichen vom Erfolg!/ (Alle ab.)Vierter Akt.
Erſter Auftritt.
Der Kurfürſt (ſteht mit Papieren an einem mit Lichtern beſetzten Tiſch). — Natalie (tritt durch die mittlere Thür auf und läßt ſich in einiger Entfernung vor ihm nieder). (Pauſe.) Natalie (knieend). Mein edler Oheim, Friedrich von der Mark!/ Der Kurfürſt (legt die Papiere weg). Natalie! (er will ſie erheben.) Natalie. Laß, Laß! Der Kurfürſt. Was willſt Du, Liebe?/ 1080 Natalie. Zu Deiner Füße Staub, wie’s mir gebührt,/ Für Vetter Homburg Dich um Gnade flehn!/ Ich will ihn nicht für mich erhalten wiſſen —/ Mein Herz begehrt ſein und geſteht es Dir;/ Ich will ihn nicht für mich erhalten wiſſen —/ Mag er ſich welchem Weib’ er will vermählen;/ 68 Ich will nur, daß er da ſei, lieber Oheim,/ Für ſich, ſelbſtändig, frei und unabhängig,/ Wie eine Blume, die mir wohlgefällt./ Dies fleh’ ich Dich, mein höchſter Herr und Freund,/ 1090 Und weiß, ſolch Flehen wirſt Du mir erhören./ Der Kurfürſt (erhebt ſie). Mein Töchterchen! Was für ein Wort entfiel Dir?/ — Weißt Du, was Vetter Homburg jüngſt verbrach?/ Natalie. O lieber Oheim! Der Kurfürſt. Nun? Verbrach er nichts?/ Natalie. O dieſer Fehltritt, blond mit blauen Augen,/ Den, eh’ er noch geſtammelt hat: ich bitte!/ Verzeihung ſchon vom Boden heben ſollte:/ Den wirſt Du nicht mit Füßen von Dir weiſen!/ Den drückſt Du um die Mutter ſchon an’s Herz,/ Die ihn gebahr, und rufſt: komm, weine nicht;/ 1100 Du biſt ſo werth mir, wie die Treue ſelbſt!/ War’s Eifer nicht, im Augenblick des Treffens,/ Für Deines Namens Ruhm, der ihn verführt,/ Die Schranke des Geſetzes zu durchbrechen:/ Und, ach! die Schranke jugendlich durchbrochen/ Trat er dem Lindwurm männlich nicht auf’s Haupt?/ Erſt, weil er ſiegt’, ihn kränzen, dann enthaupten,/ Das fordert die Geſchichte nicht von Dir;/ Das wäre ſo erhaben, lieber Ohm,/ Daß man es faſt unmenſchlich nennen könnte:/ 1110 Und Gott ſchuf noch nichts milderes, als Dich./ Der Kurfürſt. Mein ſüßes Kind! Sieh! Wär’ ich ein Tyrann,/ Dein Wort, das fühl ich lebhaft, hätte mir/ Das Herz ſchon in der ehrnen Bruſt geſchmelzt./ 69 Dich aber frag’ ich ſelbſt: darf ich den Spruch,/ Den das Gericht gefällt, wohl unterdrücken? —/ Was würde doch davon die Folge ſein?/ Natalie. Für wen? Für Dich? Der Kurfürſt. Für mich; nein! — Was? Für mich!/ Kennſt Du nichts höh’res, Jungfrau, als nur mich!/ Iſt Dir ein Heiligthum ganz unbekannt,/ 1120 Das, in dem Lager, Vaterland ſich nennt?/ Natalie. O Herr! Was ſorgſt Du doch? Dies Vaterland!/ Das wird, um dieſer Regung Deiner Gnade,/ Nicht gleich, zerſchellt in Trümmern, untergehn./ Vielmehr, was Du, im Lager auferzogen,/ Unordnung nennſt, die That, den Spruch der Richter,/ In dieſem Fall, willkührlich zu zerreißen,/ Erſcheint mir als die ſchönſte Ordnung erſt:/ Das Kriegsgeſetz, das weiß ich wohl, ſoll herrſchen,/ Jedoch die lieblichen Gefühle auch./ 1130 Das Vaterland, das Du uns gründeteſt,/ Steht, eine feſte Burg, mein edler Ohm:/ Das wird ganz andre Stürme noch ertragen,/ Fürwahr als dieſen unberufnen Sieg;/ Das wird ſich ausbaun herrlich, in der Zukunft,/ Erweitern unter Enkels Hand, verſchönern,/ Mit Zinnen, üppig, feenhaft, zur Wonne/ Der Freunde und zum Schrecken aller Feinde:/ Das braucht nicht dieſer Bindung, kalt und öd’,/ Aus eines Freundes Blut, um Oheims Herbſt,/ 1140 Den friedlich prächtigen, zu überleben./ Der Kurfürſt. Denkt Vetter Homburg auch ſo? 70 Natalie. Vetter Homburg?/ Der Kurfürſt. Meint er, dem Vaterlande gelt’ es gleich,/ Ob Willkühr drinn, ob drinn die Satzung herrſche?/ Natalie. Ach, dieſer Jüngling! Der Kurfürſt. Nun? Natalie. Ach, lieber Oheim! —/ Hierauf zur Antwort hab’ ich nichts, als Thränen./ Der Kurfürſt (betroffen). Warum, mein Töchterchen? Was iſt geſchehn?/ Natalie (zaudernd). Der denkt jetzt nichts, als nur dies Eine: Rettung!/ Den ſchaun die Röhren, an der Schützen Schultern,/ So gräßlich an, daß überraſcht und ſchwindelnd,/ 1150 Ihm jeder Wunſch, als nur zu leben, ſchweigt:/ Der könnte, unter Blitz und Donnerſchlag,/ Das ganze Reich der Mark verſinken ſehn,/ Daß er nicht fragen würde: was geſchieht?/ — Ach, welch’ ein Heldenherz haſt Du geknickt!/ (ſie wendet ſich und weint.) Der Kurfürſt (im äußerſten Erſtaunen). Nein, meine theuerſte Natalie,/ Unmöglich in der That?! — Er fleht um Gnade?/ Natalie. Ach, hätteſt Du nimmer, nimmer ihn verdammt!/ Der Kurfürſt. Nein, ſag: er fleht um Gnade? — Gott im Himmel,/ Was iſt geſchehn, mein liebes Kind? Was weinſt Du? —/ 1160 Du ſprachſt ihn? Thu mir Alles kund! Du ſprachſt ihn?/ 71 Natalie (an ſeine Bruſt gelehnt). In den Gemächern eben jetzt der Tante,/ Wohin, im Mantel, ſchau, und Federhut,/ Er, unterm Schutz der Dämm’rung, kam geſchlichen:/ Verſtört und ſchüchtern, heimlich, ganz unwürdig,/ Ein unerfreulich, jammernswürd’ger Anblick./ Zu ſolchem Elend, glaubt’ ich, ſänke keiner,/ Den die Geſchicht als ihren Helden preiſ’t./ Schau her, ein Weib bin ich, und ſchaudere/ Dem Wurm zurück, der meiner Ferſe naht:/ 1170 Doch ſo zermalmt, ſo faſſungslos, ſo ganz/ Unheldenmüthig träfe mich der Tod,/ In eines ſcheußlichen Leun Geſtalt nicht an!/ — Ach, was iſt Menſchengröße, Menſchenruhm!/ Der Kurfürſt (verwirrt). Nun denn, beim Gott des Himmels und der Erde,/ So faſſe Muth, mein Kind; ſo iſt er frei!/ Natalie. Wie, mein erlauchter Herr? Der Kurfürſt. Er iſt begnadigt! —/ Ich will ſogleich das Nöth’g’ an ihn erlaſſen./ Natalie. O Liebſter! Iſt es wirklich wahr? Der Kurfürſt. Du hörſt!/ Natalie. Ihm ſoll vergeben ſein? Er ſtirbt jetzt nicht?/ 1180 Der Kurfürſt. Bei meinem Eid! Ich ſchwör’s Dir zu! Wo werd’ ich/ Mich gegen ſolchen Kriegers Meinung ſetzen?/ Die höchſte Achtung, wie Dir wohl bekannt,/ Trag’ ich im Innerſten für ſein Gefühl:/ 72 Wenn er den Spruch für ungerecht kann halten/ Caſſir’ ich die Artikel: er iſt frei! —/ (er bringt ihr einen Stuhl.) Willſt Du, auf einen Augenblick, Dich ſetzen?/ (er geht an den Tiſch, ſetzt ſich und ſchreibt. — Pauſe.) Natalie (für ſich). Ach, Herz, was klopfſt Du alſo an Dein Haus?/ Der Kurfürſt (indem er ſchreibt). Der Prinz iſt drüben noch im Schloß? Natalie. Vergieb!/ Er iſt in ſeine Haft zurückgekehrt. —/ 1190 Der Kurfürſt. (endigt und ſiegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur Prinzeſſin zurück.) Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte!/ Und ich, dem ihre Freude anvertraut,/ Mußt’ ihrer holden Augen Himmel trüben!/ (er legt den Arm um ihren Leib.) Willſt Du den Brief ihm ſelber überbringen? —/ Natalie. In’s Stadthaus! Wie? Der Kurfürſt (drückt ihr den Brief in die Hand). Warum nicht? — He! Heiducken!/ (Heiducken treten auf.) Den Wagen vorgefahren! Die Prinzeſſin/ Hat ein Geſchäft beim Oberſten von Homburg!/ (die Heiducken treten wieder ab.) So kann er, für ſein Leben, gleich Dir danken./ (er umarmt ſie.) Mein liebes Kind! Biſt Du mir wieder gut?/ Natalie (nach einer Pauſe). Was Deine Huld, o Herr, ſo raſch erweckt,/ 1200 Ich weiß es nicht und unterſuch’ es nicht./ Das aber, ſieh, das fühl’ ich in der Bruſt,/ Unedel meiner ſpotten wirſt Du nicht:/ 73 Der Brief enthalte, was es immer ſei,/ Ich glaube Rettung — und ich danke Dir!/ (ſie küßt ihm die Hand.) Der Kurfürſt. Gewiß, mein Töchterchen, gewiß! So ſicher,/ Als ſie in Vetter Homburgs Wünſchen liegt./ (ab.)Zweiter Auftritt.
Prinzeſſin Natalie (tritt auf). — Zwei Hofdamen und der Rittmeiſter, Graf Reuß (folgen). Natalie (eilfertig). Was bringt ihr, Graf? — Von meinem Regiment?/ Iſt’s von Bedeutung? Kann ich’s morgen hören?/ Graf Reuß (überreicht ihr ein Schreiben). Ein Brief vom Obriſt Kottwitz, gnäd’ge Frau!/ 1210 Natalie. Geſchwind! Gebt! Was enthält er? (ſie eröffnet ihn.) Graf Reuß. Eine Bittſchrift,/ Freimüthig, wie ihr ſeht, doch ehrfurchtsvoll,/ An die Durchlaucht des Herrn, zu unſers Führers,/ Des Prinzen von Homburg, Gunſten aufgeſetzt./ Natalie (lieſ’t). „Supplik, in Unterwerfung eingereicht,/ Vom Regiment, Prinzeſſinn von Oranien.“ —/ (Pauſe.) Die Bittſchrift iſt von weſſen Hand verfaßt?/ 74 Graf Reuß. Wie ihrer Züg’ unſichre Bildung ſchon/ Errathen läßt, vom Obriſt Kottwitz ſelbſt. —/ Auch ſteht ſein edler Name obenan./ 1220 Natalie. Die dreißig Unterſchriften, welche folgen? —/ Graf Reuß. Der Officiere Namen, Gnädigſte,/ Wie ſie, dem Rang nach Glied für Glied, ſich folgen./ Natalie. Und mir, mir wird die Bittſchrift zugefertigt?/ Graf Reuß. Mein Fräulein, unterthänigſt euch zu fragen,/ Ob ihr, als Chef, den erſten Platz, der offen,/ Mit eurem Namen gleichfalls füllen wollt./ (Pauſe.) Natalie. Der Prinz zwar, hör’ ich, ſoll mein edler Vetter,/ Vom Herrn aus eignem Trieb, begnadigt werden,/ Und eines ſolchen Schritts bedarf es nicht./ 1230 Graf Reuß (vergnügt). Wie? Wirklich? Natalie. Gleichwohl will ich unter einem Blatte,/ Das, in des Herrn Entſcheidung, klug gebraucht,/ Als ein Gewicht kann in die Waage fallen,/ Das ihm vielleicht den Ausſchlag einzuleiten/ Sogar willkommen iſt, mich nicht verweigern —/ Und, eurem Wunſch gemäß, mit meinem Namen,/ Hiemit an eure Spitze ſetz’ ich mich./ (ſie geht und will ſchreiben.) Graf Reuß. Fürwahr, uns lebhaft werdet ihr verbinden!/ (Pauſe.) 75 Natalie (wendet ſich wieder zu ihm). Ich finde nur mein Regiment, Graf Reuß! —/ Warum vermiß’ ich Bomsdorf Cuiraſſiere,/ 1240 Und die Dragoner Götz und Anhalt-Pleß?/ Graf Reuß. Nicht, wie vielleicht ihr ſorgt, weil ihre Herzen/ Ihm lauer ſchlügen, als die unſrigen! —/ Es trifft ungünſtig ſich für die Supplik,/ Daß Kottwitz fern in Arnſtein cantonirt,/ Geſondert von den andern Regimentern,/ Die hier, bei dieſer Stadt, im Lager ſtehn./ Dem Blatt fehlt es an Freiheit, leicht und ſicher,/ Die Kraft nach jeder Richtung zu entfalten./ Natalie. Gleichwohl fällt, dünkt mich, ſo das Blatt nur leicht? —/ 1250 Seid ihr gewiß, Herr Graf, wärt ihr im Ort,/ Und ſprächt die Herrn, die hier verſammelt ſind,/ Sie ſchlöſſen gleichfalls dem Geſuch ſich an?/ Graf Reuß. Hier in der Stadt mein Fräulein? — Kopf für Kopf!/ Die ganze Reiterei verpfändete/ Mit ihren Namen ſich; bei Gott, ich glaube,/ Es ließe glücklich eine Subſcription,/ Beim ganzen Heer der Märker, ſich eröffnen!/ Natalie (nach einer Pauſe). Warum nicht ſchickt ihr Officiere ab,/ Die das Geſchäft im Lager hier betreiben?/ 1260 Graf Reuß. Vergebt! — Dem weigerte der Obriſt ſich!/ — Er wünſche, ſprach er, nichts zu thun, das man/ Mit einem übeln Namen taufen könnte./ Natalie. Der wunderliche Herr! Bald kühn, bald zaghaft! —/ Zum Glück trug mir der Kurfürſt, fällt mir ein,/ 76 Bedrängt von anderen Geſchäften, auf,/ An Kottwitz, dem die Stellung dort zu eng,/ Zum Marſch hierher die Ordre zu erlaſſen! —/ Ich ſetze gleich mich nieder es zu thun./ (ſie ſetzt ſich und ſchreibt.) Graf Reuß. Beim Himmel, trefflich Fräulein! Ein Ereigniß,/ 1270 Das günſt’ger ſich dem Blatt nicht fügen könnte!/ Natalie (während ſie ſchreibt). Gebrauchts, Herr Graf von Reuß, ſo gut ihr könnt;/ (ſie ſchließt, und ſiegelt, und ſteht wieder auf.) Inzwiſchen bleibt, verſteht! dies Schreiben noch,/ In eurem Portefeuille; ihr geht nicht eher/ Damit nach Arnſtein ab, und gebt’s dem Kottwitz:/ Bis ich beſtimmtern Auftrag euch ertheilt!/ (ſie giebt ihm das Schreiben.) Ein Heiduck (tritt auf). Der Wagen, Fräulein, auf des Herrn Befehl,/ Steht angeſchirrt im Hof und wartet eur!/ Natalie. So fahrt ihn vor! Ich komme gleich herab!/ (Pauſe, in welcher ſie gedankenvoll an den Tiſch tritt, und ihre Handſchuhe anzieht.) Wollt ihr zum Prinz von Homburg mich, Herr Graf,/ 1280 Den ich zu ſprechen willens bin, begleiten?/ Euch ſteht ein Platz in meinem Wagen offen./ Graf Reuß. Mein Fräulein, dieſe Ehre, in der That —!/ (er bietet ihr den Arm.) Natalie (zu den Hofdamen). Folgt, meine Freundinnen! — Vielleicht daß ich/ Gleich, Fehler in ED wird nicht moniert. dort des Briefes wegen, mich entſcheide!/ (Alle ab.)Dritter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (hängt ſeinen Hut an die Wand und läßt ſich nachläſſig auf ein auf der Erde ausgebreitetes Kiſſen nieder). Das Leben nennt der Derwiſch’ eine Reiſe,/ Und eine kurze. Freilich! Von zwei Spannen/ Diesſeits der Erde nach zwei Spannen drunter./ Ich will auf halbem Weg mich niederlaſſen!/ Wer heut ſein Haupt noch auf der Schulter trägt,/ 1290 Hängt es ſchon morgen zitternd auf den Leib,/ Und übermorgen liegt’s bei ſeiner Ferſe./ Zwar, eine Sonne, ſagt man, ſcheint dort auch,/ Und über buntre Felder noch, als hier:/ Ich glaub’s; nur Schade, daß das Auge modert,/ Das dieſe Herrlichkeit erblicken ſoll./Vierter Auftritt.
Prinzeſſin Natalie (tritt auf, geführt von dem) Rittmeiſter Graf Reuß. Hofdamen (folgen. Ihnen voran tritt) ein Läufer mit einer Fackel. — Der Prinzvon Homburg. Läufer. Durchlaucht, Prinzeſſin von Oranien!/ Der Prinz von Homburg (ſteht auf). Natalie! Läufer. Hier iſt ſie ſelber ſchon./ Natalie (verbeugt ſich gegen den Grafen). Laßt uns, auf einen Augenblick, allein!/ (Graf Reuß, und der Läufer ab.) 78 Der Prinz von Homburg. Mein theures Fräulein! Natalie. Lieber, guter Vetter!/ 1300 Der Prinz von Homburg (führt ſie vor). Nun ſagt, was bringt ihr? Sprecht! Wie ſteht’s mit mir?/ Natalie. Gut. Alles gut. Wie ich vorher euch ſagte./ Begnadigt ſeid ihr, frei; hier iſt ein Brief,/ Von ſeiner Hand, der es bekräftiget./ Der Prinz von Homburg. Es iſt nicht möglich! Nein! Es iſt ein Traum!/ Natalie. Leſ’t! Leſ’t den Brief! So werdet ihr’s erfahren./ Der Prinz von Homburg (lieſ’t). „Mein Prinz von Homburg, als ich euch gefangen ſetzte,/ Um eures Angriffs, allzufrüh vollbracht,/ Da glaubt’ ich nichts, als meine Pflicht zu thun;/ Auf euren eignen Beifall rechnet’ ich./ 1310 Meint ihr, ein Unrecht ſei euch widerfahren,/ So bitt’ ich, ſagt’s mir mit zwei Worten —/ Und gleich den Degen ſchick’ ich euch zurück.“/ (Natalie erblaßt. Pauſe. Der Prinz ſieht ſie fragend an.) Natalie (mit dem Ausdruck plötzlicher Freude). Nun denn, da ſteht’s! Zwei Worte nur bedarf’s —!/ O lieber, ſüßer Freund! (ſie drückt ſeine Hand.) Der Prinz von Homburg. Mein theures Fräulein!/ Natalie. O ſeel’ge Stunde, die mir aufgegangen! —/ Hier, nehmt, hier iſt die Feder; nehmt, und ſchreibt!/ Der Prinz von Homburg. Und hier die Unterſchrift? 79 Natalie. Das F; ſein Zeichen! —/ O Bork! O freut euch doch! — O ſeine Milde/ Iſt uferlos, ich wußt’ es, wie die See. —/ 1320 Schafft einen Stuhl nur her, er ſoll gleich ſchreiben./ Der Prinz von Homburg. Er ſagt, wenn ich der Meinung wäre —? Natalie (unterbricht ihn). Freilich!/ Geſchwind! Setzt euch! Ich will es euch dictiren./ (ſie ſetzt ihm einen Stuhl hin.) Der Prinz von Homburg. — Ich will den Brief noch einmal überleſen./ Natalie (reißt ihm den Brief aus der Hand). Wozu? — Saht ihr die Gruft nicht ſchon im Münſter,/ Mit offnem Rachen, euch entgegengähnen? —/ Der Augenblick iſt dringend. Sitzt und ſchreibt!/ Der Prinz von Homburg (lächelnd). Wahrhaftig, thut ihr doch, als würde ſie/ Mir, wie ein Panther, über’n Nacken kommen./ (er ſetzt ſich, und nimmt eine Feder.) Natalie (wendet ſich und weint). Schreibt, wenn ihr mich nicht böſe machen wollt!/ 1330 (der Prinz klingelt einem Bedienten; der Bediente tritt auf.) Der Prinz von Homburg. Papier und Feder, Wachs und Pettſchaft mir!/ (der Bediente, nachdem er dieſe Sachen zuſammengeſucht, geht wieder ab. Der Prinz ſchreibt. — Pauſe.) Der Prinz von Homburg. (indem er den Brief, den er angefangen hat, zerreißt und unter den Tiſch wirft.) Ein dummer Anfang. (er nimmt ein anderes Blatt.) Natalie (hebt den Brief auf). Wie? Was ſagtet ihr? —/ Mein Gott, das iſt ja gut; das iſt vortrefflich./ 80 Der Prinz von Homburg (in den Bart.) Pah! — Eines Schuftes Faſſung, keines Prinzen. —/ Ich denk’ mir eine andre Wendung aus./ (Pauſe. — Er greift nach des Kurfürſten Brief, den die Prinzeſſin in der Hand hält.) Was ſagt er eigentlich im Briefe denn?/ Natalie (ihn verweigernd). Nichts, gar nichts! Der Prinz von Homburg. Gebt! Natalie. Ihr laſ’t ihn ja! Der Prinz von Homburg (erhaſcht ihn). Wenn gleich!/ — Ich will nur ſehn, wie ich mich faſſen ſoll./ (er entfaltet und überlieſ’t ihn.) Natalie (für ſich). O Gott der Welt! Jetzt iſt’s um ihn geſchehn!/ Der Prinz von Homburg (betroffen). Sieh da! Höchſt wunderbar, ſo wahr ich lebe!/ 1340 — Du überſahſt die Stelle wohl? Natalie. Nein! — Welche?/ Der Prinz von Homburg. Mich ſelber ruft er zur Entſcheidung auf!/ Natalie. Nun ja! Der Prinz von Homburg. Recht wacker, in der That, recht würdig!/ Recht, wie ein großes Herz ſich faſſen muß!/ Natalie. O ſeine Großmuth, Freund, iſt ohne Gränzen!/ — Doch nun thu auch das Deine Du, und ſchreib,/ Wie er’s begehrt; Du ſiehſt, es iſt der Vorwand,/ 81 Die äußre Form nur, deren es bedarf:/ Sobald er die zwei Wort’ in Händen hat,/ Flugs iſt der ganze Streit vorbei! Der Prinz von Homburg (legt den Brief weg). Nein, Liebe!/ 1350 Ich will die Sach’ bis morgen überlegen./ Natalie. Du Unbegreiflicher! Welch eine Wendung? —/ Warum? Weshalb? Der Prinz von Homburg (erhebt ſich leidenſchaftlich vom Stuhl). Ich bitte, frag’ mich nicht!/ Du haſt des Briefes Inhalt nicht erwogen!/ Daß er mir Unrecht that, wie’s mir bedingt wird,/ Das kann ich ihm nicht ſchreiben; zwingſt Du mich,/ Antwort, in dieſer Stimmung, ihm zu geben,/ Bei Gott! ſo ſetz’ ich hin: Du thuſt mir Recht!/ (er läßt ſich wieder mit verſchränkten Armen an den Tiſch nieder und ſieht in den Brief.) Natalie (bleich). Du, Raſender! Was für ein Wort ſprachſt Du?/ (ſie beugt ſich gerührt über ihn.) Der Prinz von Homburg (drückt ihr die Hand). Laß, einen Augenblick! Mir ſcheint — (er ſinnt). sinnt.) Natalie. Was ſagſt Du!/ 1360 Der Prinz von Homburg. Gleich werd’ ich wiſſen wie ich ſchreiben ſoll./ Natalie (ſchmerzvoll). Homburg! Der Prinz von Homburg (nimmt die Feder). Ich hör’! Was giebt’s? Natalie. Mein ſüßer Freund!/ Die Regung lob’ ich, die Dein Herz ergriff;/ 82 Das aber ſchwör’ ich Dir: das Regiment/ Iſt commandirt, das, Dir Verſenktem morgen,/ Aus Carabinern, über’m Grabeshügel,/ Verſöhnt die Todtenfeier halten soll./ Kannſt Du dem Rechtsſpruch, edel wie Du biſt,/ Nicht widerſtreben, nicht, ihn aufzuheben,/ Thun, wie er’s hier in dieſem Brief verlangt:/ 1370 Nun ſo verſichr’ ich Dich, er faßt ſich Dir/ Erhaben, wie die Sache ſteht, und läßt/ Den Spruch mitleidlos morgen Dir vollſtrecken!/ Der Prinz von Homburg (ſchreibend). Gleichviel! Natalie. Gleichviel? Der Prinz von Homburg. Er handle, wie er darf;/ Mir ziemt’s hier zu verfahren, wie ich ſoll!/ Natalie (tritt erſchrocken näher). Du Ungeheuerſter, ich glaub’, Du ſchreibſt?/ Der Prinz von Homburg (ſchließt). „Homburg! gegeben, Fehrbellin, am zwölften — ;“/ Ich bin ſchon fertig. — Franz! (er couvertirt und ſiegelt den Brief.) Natalie. O Gott im Himmel!/ Der Prinz von Homburg (ſteht auf). Bring’ dieſen Brief auf’s Schloß, zu meinem Herrn!/ (Der Bediente ab.) Ich will ihm, der ſo würdig vor mir ſteht,/ 1380 Nicht, ein Unwürd’ger, gegenüber ſtehn!/ Schuld ruht, bedeutende, mir auf der Bruſt,/ Wie ich es wohl erkenne; kann er mir/ Vergeben nur, wenn ich mit ihm drum ſtreite,/ So mag ich nichts von ſeiner Gnade wiſſen./ 83 Natalie (küßt ihn). Nimm dieſen Kuß! — Und bohrten gleich zwölf Kugeln/ Dich jetzt in Staub, nicht halten könnt’ ich mich,/ Und jauchzt’ und weint’ und ſpräche: Du gefällſt mir;/ — Inzwiſchen, wenn Du Deinem Herzen folgſt,/ Iſt’s mir erlaubt, dem meinigen zu folgen./ 1390 — Graf Reuß. (Der Läufer öffnet die Thür; der Graf tritt auf) Graf Reuß. Hier! Natalie. Auf, mit eurem Brief,/ Nach Arnſtein hin, zum Oberſten von Kottwitz!/ Das Regiment bricht auf, der Herr befiehlt’s;/ Hier, noch vor Mitternacht, erwart’ ich es!/ (Alle ab.)
Fünfter Akt.
Erſter Auftritt.
Der Kurfürſt (kommt halb entkleidet aus dem Nebencabinet; ihm folgen) Graf Truchß, Graf Hohenzollern und der Rittmeiſter von der Golz. — Pagen mitLichtern. Der Kurfürſt. Kottwitz? Mit den Dragonern der Prinzeſſin?/ Hier in der Stadt? Graf Truchß (öffnet das Fenſter). Ja, mein erlauchter Herr!/ Hier ſteht er vor dem Schloſſe aufmarſchirt./ Der Kurfürſt. Nun? — Wollt ihr mir, ihr Herrn, dies Räthſel löſen?/ — Wer rief ihn her? Hohenzollern. Das weiß ich nicht, mein Kurfürſt./ Der Kurfürſt. Der Standort, den ich ihm beſtimmt, heißt Arnſtein! —/ 1400 Geſchwind! Geh Einer hin, und bring’ ihn her!/ Golz. Er wird ſogleich, o Herr, vor Dir erſcheinen!/ 85 Der Kurfürſt. Wo iſt er? Golz. Auf dem Rathhaus, wie ich höre,/ Wo die geſammte Generalität,/ Die Deinem Hauſe dient, verſammelt iſt./ Der Kurfürſt. Weshalb? Zu welchem Zweck? Hohenzollern. — Das weiß ich nicht./ Graf Truchß. Erlaubt mein Fürſt und Herr, daß wir uns gleichfalls,/ Auf einen Augenblick, dorthin verfügen?/ Der Kurfürſt. Wohin? Auf’s Rathhaus? Hohenzollern. In der Herrn Verſammlung!/ Wir gaben unſer Wort, uns einzufinden./ 1410 Der Kurfürſt (nach einer kurzen Pauſe). — Ihr ſeid entlaſſen! Golz. Kommt, ihr werthen Herrn!/ (die Officiere ab.)
Zweiter Auftritt.
Der Kurfürſt. — (Späterhin) zwei Bediente. Der Kurfürſt. Seltſam! — Wenn ich der Dey von Tunis wäre,/ Schlüg’ ich, bei ſo zweideut’gem Vorfall, Lärm;/ Die ſeidne Schnur, legt’ ich auf meinen Tiſch,/ Und vor das Thor, verrammt mit Palliſaden,/ 86 Führt ich Kanonen und Haubitzen auf./ Doch weil’s Hans Kottwitz aus der Priegnitz iſt,/ Der ſich mir naht, willkührlich, eigenmächtig,/ So will ich mich auf märkſche Weiſe faſſen:/ Von den drei Locken, die man, ſilberglänzig,/ 1420 Auf ſeinem Schädel ſieht, faſſ’ ich die Eine,/ Und führ’ ihn ſtill, mit ſeinen zwölf Schwadronen,/ Nach Arnſtein, in ſein Hauptquartier, zurück./ Wozu die Stadt aus ihrem Schlafe wecken?/ (nachdem er wieder einen Augenblick an’s Fenſter getreten, geht er an den Tiſch und klingelt; zwei Bediente treten auf.) Der Kurfürſt. Spring’ doch herab und frag’, als wär’s für dich,/ Was es im Stadthaus giebt. Erſter Bedienter. Gleich, mein Gebieter!/ Der Kurfürſt (zu dem Anderen). Du aber geh, und bring’ die Kleider mir!/ (der Bediente geht und bringt ſie; der Kurfürſt kleidet ſich an, und legt ſeinen fürſtlichen Schmuck an.)Dritter Auftritt.
Feldmarſchall Dörfling (tritt auf). — Die Vorigen. Feldmarſchall. Rebellion, mein Kurfürſt! Der Kurfürſt (noch im Ankleiden beſchäftigt). Ruhig, ruhig! —/ Es iſt verhaßt mir, wie Dir wohl bekannt,/ In mein Gemach zu treten, ungemeldet!/ 1430 — Was willſt Du? 87 Feldmarſchall. Herr, ein Vorfall — Du vergiebſt!/ Führt von beſonderem Gewicht mich her./ Der Obriſt Kottwitz rückte, unbeordert,/ Hier in die Stadt; an hundert Officiere/ Sind auf dem Ritterſaal um ihn verſammelt;/ Es geht ein Blatt in ihrem Kreis herum,/ Beſtimmt in Deine Rechte einzugreifen./ Der Kurfürſt. Es iſt mir ſchon bekannt! — Was wird es ſein,/ Als eine Regung zu des Prinzen Gunſten,/ Dem das Geſetz die Kugel zuerkannte./ 1440 Feldmarſchall. So iſt’s! Beim höchſten Gott! Du haſt’s getroffen!/ Der Kurfürſt. Nun gut! — So iſt mein Herz in ihrer Mitte./ Feldmarſchall. Man ſagt, ſie wollten heut, die Raſenden!/ Die Bittſchrift noch im Schloß Dir überreichen,/ Und falls, mit unverſöhnten Grimm, Du auf/ Den Spruch beharrſt — kaum wag’ ich’s Dir zu melden? —/ Aus ſeiner Haft ihn mit Gewalt befreien!/ Der Kurfürſt (finſter). Wer hat Dir das geſagt? Feldmarſchall. Wer mir das ſagte?/ Die Dame Retzow, der Du trauen kannſt,/ Die Baſe meiner Frau! Sie war heut Abend,/ 1450 In ihres Ohms, des Droſt von Retzow, Haus,/ Wo Officiere, die vom Lager kamen,/ Laut dieſen dreiſten Anſchlag äußerten./ Der Kurfürſt. Das muß ein Mann mir ſagen, eh’ ich’s glaube./ 88 Mit meinem Stiefel, vor ſein Haus geſetzt,/ Schütz’ ich vor dieſen jungen Helden ihn!/ Feldmarſchall. Herr, ich beſchwöre Dich, wenn’s überall/ Dein Wille iſt, den Prinzen zu begnadigen:/ Thu’s eh ein höchſtverhaßter Schritt geſchehn!/ Jedwedes Heer liebt, weißt Du, ſeinen Helden;/ 1460 Laß dieſen Funken nicht, der es durchglüht,/ Ein heillos freſſend Feuer um ſich greifen./ Kottwitz weiß und die Schaar, die er verſammelt,/ Noch nicht, daß Dich mein treues Wort gewarnt;/ Schick’, eh er noch erſcheint, das Schwerdt dem Prinzen,/ Schick’s ihm, wie er’s zuletzt verdient, zurück:/ Du giebſt der Zeitung eine Großthat mehr,/ Und eine Unthat weniger zu melden./ Der Kurfürſt. Da müßt’ ich noch den Prinzen erſt befragen,/ Den Willkühr nicht, wie Dir bekannt ſein wird,/ 1470 Gefangen nahm und nicht befreien kann. —/ Ich will die Herren, wenn ſie kommen, ſprechen./ Feldmarſchall (für ſich). Verwünſcht! — Er iſt jedweden Pfeil gepanzert./Vierter Auftritt.
Zwei Heiducken (treten auf; der Eine hält einen Brief in der Hand). — Die Vorigen. Erſter Heiduck. Der Obriſt Kottwitz, Hennings, Truchß und Andre,/ Erbitten ſich Gehör! Der Kurfürſt. (zu dem Anderen, indem er ihm den Brief aus der Hand nimmt.) Vom Prinz von Homburg?/ 89 Zweiter Heiduck. Ja, mein erlauchter Herr! Der Kurfürſt. Wer gab ihn Dir?/ Zweiter Heiduck. Der Schweizer, der am Thor die Wache hält,/ Dem ihn des Prinzen Jäger eingehändigt./ (der Kurfürſt ſtellt ſich an den Tiſch und lieſ’t; nachdem dies geſchehen iſt, wendet er ſich, und ruft einem Pagen.) Der Kurfürſt. Prittwitz! — Das Todesurtheil bring’ mir her!/ — Und auch den Paß, für Guſtav Graf von Horn,/ 1480 Den ſchwediſchen Geſandten, will ich haben!/ (der Page ab; zu dem erſten Heiducken.) Kottwitz, und ſein Gefolg’ — ſie ſollen kommen!/Fünfter Auftritt.
Obriſt Kottwitz und Obriſt Hennings, GrafTruchß, Graf Hohenzollern und Sparren,
Graf Reuß, Rittmeiſter von der Golz und
Stranz, und andre Obriſten und Officiere (treten auf). — Die Vorigen. Obriſt Kottwitz (mit der Bittſchrift). Vergönne, mein erhabner Kurfürſt, mir,/ Daß ich, im Namen des geſammten Heers,/ In Demuth dies Papier Dir überreiche!/ Der Kurfürſt. Kottwitz, bevor ich’s nehme, ſag’ mir an,/ Wer hat Dich her nach dieſer Stadt gerufen?/ Kottwitz (ſieht ihn an). Mit den Dragonern? 90 Der Kurfürſt. Mit dem Regiment! —/ Arnſtein hatt’ ich zum Sitz Dir angewieſen./ Kottwitz. Herr! Deine Ordre hat mich her gerufen./ 1490 Der Kurfürſt. Wie? — Zeig’ die Ordre mir. Kottwitz. Hier, mein Gebieter./ Der Kurfürſt (lieſ’t). „Natalie, gegeben Fehrbellin;/ In Auftrag meines höchſten Oheims Friedrich.“ —/ Kottwitz. Bei Gott, mein Fürſt und Herr, ich will nicht hoffen,/ Daß Dir die Ordre fremd? Der Kurfürſt. Nicht, nicht! Verſteh mich —/ Wer iſt’s, der Dir die Ordre überbracht?/ Kottwitz. Graf Reuß! Der Kurfürſt (nach einer augenblicklichen Pauſe). Vielmehr, ich heiße Dich willkommen! —/ Dem Obriſt Homburg, dem das Recht geſprochen,/ Biſt Du beſtimmt, mit Deinen zwölf Schwadronen,/ Die letzten Ehren morgen zu erweiſen./ 1500 Kottwitz (erſchrocken). Wie, mein erlauchter Herr?! Der Kurfürſt (indem er ihm die Ordre wiedergiebt). Das Regiment/ Steht noch, in Nacht und Nebel, vor dem Schloß?/ Kottwitz. Die Nacht, vergieb — Der Kurfürſt. Warum rückt es nicht ein?/ 91 Kottwitz. Mein Fürſt, es rückte ein; es hat Quartiere,/ Wie Du befahlſt, in dieſer Stadt bezogen./ Der Kurfürſt (mit einer Wendung gegen das Fenſter). Wie? Vor zwei Augenblicken — —? Nun, beim Himmel!/ So haſt Du Ställe raſch Dir ausgemittelt! —/ Um ſo viel beſſer denn! Gegrüßt noch einmal!/ Was führt Dich her, ſag’ an? Was bringſt Du Neues?/ Kottwitz. Herr, dieſe Bittſchrift Deines treuen Heers./ 1510 Der Kurfürſt. Gieb! Kottwitz. Doch das Wort, das Deiner Lipp’ entfiel,/ Schlägt alle meine Hoffnungen zu Boden./ Der Kurfürſt. So hebt ein Wort auch wiederum ſie auf,/ (er lieſ’t.) „Bittſchrift, die allerhöchſte Gnad’ erflehend,/ Für unſern Führer, peinlich angeklagt,/ Den General, Prinz Friedrich Heſſen-Homburg.“/ (zu den Officieren.) Ein edler Nam’, ihr Herrn! unwürdig nicht,/ Daß ihr, in ſolcher Zahl, euch ihm verwendet!/ (er ſieht wieder in das Blatt.) Die Bittſchrift iſt verfaßt von wem? Kottwitz. Von mir./ Der Kurfürſt. Der Prinz iſt von dem Inhalt unterrichtet?/ 1520 Kottwitz. Nicht auf die fernſte Weiſ’! In unſrer Mitte/ Iſt ſie empfangen und vollendet worden./ 92 Der Kurfürſt. Gebt mir auf einen Augenblick Geduld./ (er tritt an den Tiſch und durchſieht die Schrift. — Lange Pauſe.) Hm! Sonderbar! — Du nimmſt, Du alter Krieger,/ Des Prinzen That in Schutz? Rechtfertigſt ihn,/ Daß er auf Wrangel ſtürzte, unbeordert?/ Kottwitz. Ja, mein erlauchter Herr; das thut der Kottwitz!/ Der Kurfürſt. Der Meinung auf dem Schlachtfeld warſt Du nicht./ Kottwitz. Das hatt’ ich ſchlecht erwogen, mein Gebieter!/ Dem Prinzen, der den Krieg gar wohl verſteht,/ 1530 Hätt ich mich ruhig unterwerfen ſollen./ Die Schweden wankten, auf dem linken Flügel,/ Und auf dem rechten wirkten ſie Succurs;/ Hätt’ er auf Deine Ordre warten wollen,/ Sie faßten Poſten wieder, in den Schluchten,/ Und nimmermehr hätt’ſt Du den Sieg erkämpft./ Der Kurfürſt. So! — Das beliebt Dir ſo vorauszuſetzen!/ Den Obriſt Hennings hatt’ ich abgeſchickt,/ Wie Dir bekannt, den ſchwed’ſchen Brückenkopf,/ Der Wrangels Rücken deckt, hinwegzunehmen./ 1540 Wenn ihr die Ordre nicht gebrochen hättet,/ Dem Hennings wäre dieſer Schlag geglückt;/ Die Brücken hätt’ er, in zwei Stunden Friſt,/ In Brand geſteckt, am Rhyn ſich aufgepflanzt,/ Und Wrangel wäre ganz, mit Stumpf und Stiel,/ In Gräben und Moraſt, vernichtet worden./ Kottwitz. Es iſt der Stümper Sache, nicht die Deine,/ Des Schickſals höchſten Kranz erringen wollen;/ Du nahmſt, bis heut, noch ſtets, was es Dir bot./ 93 Der Drache ward, der Dir die Marken trotzig/ 1550 Verwüſtete, mit blut’gem Hirn verjagt:/ Was konnte mehr, an einem Tag, geſchehn?/ Was liegt Dir dran, ob er zwei Wochen noch/ Erſchöpft im Sand liegt, und die Wunden heilt?/ Die Kunſt jetzt lernten wir, ihn zu beſiegen,/ Und ſind voll Luſt, ſie fürder noch zu üben:/ Laß uns den Wrangel rüſtig, Bruſt an Bruſt,/ Noch einmal treffen, ſo vollendet ſich’s,/ Und in die Oſtſee ganz fliegt er hinab!/ Rom ward an einem Tage nicht erbaut./ 1560 Der Kurfürſt. Mit welchem Recht, Du Thor, erhoffſt Du das,/ Wenn auf dem Schlachtenwagen, eigenmächtig,/ Mir in die Zügel jeder greifen darf?/ Meinſt Du, das Glück werd’ immerdar, wie jüngſt,/ Mit einem Kranz den Ungehorſam lohnen?/ Den Sieg nicht mag ich, der, ein Kind des Zufalls,/ Mir von der Bank fällt; das Geſetz will ich,/ Die Mutter meiner Krone, aufrecht halten,/ Die ein Geſchlecht von Siegen mir erzeugt./ Kottwitz. Herr, das Geſetz, das höchſte, oberſte,/ 1570 Das wirken ſoll, in Deiner Feldherrn Bruſt,/ Das iſt der Buchſtab Deines Willens nicht;/ Das iſt das Vaterland, das iſt die Krone/ Das biſt Du ſelber, deſſen Haupt ſie trägt./ Was kümmert Dich, ich bitte Dich, die Regel,/ Nach der der Feind ſich ſchlägt: wenn er nur nieder/ Vor Dir, mit allen ſeinen Fahnen, ſinkt?/ Die Regel, die ihn ſchlägt, das iſt die höchſte!/ Willſt Du das Heer, das glühend an Dir hängt,/ Zu einem Werkzeug machen, gleich dem Schwerdte,/ 1580 Das todt in Deinem goldnen Gürtel ruht?/ 94 Der ärmſte Geiſt, der, in den Sternen fremd,/ Zuerſt ſolch’ eine Lehre gab! Die ſchlechte/ Kurzſicht’ge Staatskunſt, die, um eines Falles,/ Da die Empfindung ſich verderblich zeigt,/ Zehn andere vergißt, im Lauf der Dinge/ Da die Empfindung einzig retten kann!/ Schütt’ ich mein Blut Dir, an dem Tag der Schlacht,/ Für Sold, ſei’s Geld, ſei’s Ehre, in den Staub?/ Behüte Gott! Dazu iſt es zu gut!/ 1590 Was! Meine Luſt hab’ meine Freude ich,/ Frei und für mich, im Stillen, unabhängig,/ An Deiner Trefflichkeit und Herrlichkeit,/ Am Ruhm und Wachsthum Deines großen Namens!/ Das iſt der Lohn, dem ſich mein Herz verkauft!/ Geſetzt, um dieſes unberufnen Siegs,/ Brächſt Du dem Prinzen jetzt den Stab; und ich,/ Ich träfe morgen, gleichfalls unberufen,/ Den Sieg wo irgend zwiſchen Wald und Felſen/ Mit den Schwadronen, wie ein Schäfer, an:/ 1600 Bei Gott ein Schelm müßt’ ich doch ſein, wenn ich/ Des Prinzen That nicht munter wiederholte./ Und ſprächſt Du, das Geſetzbuch in der Hand:/ „Kottwitz, Du haſt den Kopf verwirkt!“ ſo ſagt ich:/ Das wußt’ ich, Herr; da nimm ihn hin, hier iſt er:/ Als mich ein Eid an Deine Krone band,/ Mit Haut und Haar, nahm ich den Kopf nicht aus,/ Und nichts Dir gäb’ ich, was nicht Dein gehörte!/ Der Kurfürſt. Mit Dir, Du alter, wunderlicher Herr,/ Werd’ ich nicht fertig! Es beſticht dein Wort/ 1610 Mich, mit argliſt’ger Rednerkunſt geſetzt,/ Mich, den Du weißt Dir zugethan, und einen/ Sachwalter ruf’ ich mir, den Streit zu enden,/ Der meine Sache führt! 95 (er klingelt, ein Bedienter tritt auf.) Der Prinz von Homburg —/ Man führ’ aus dem Gefängniß ihn hierher!/ (Der Bediente ab.) Der wird Dich lehren, das verſichr’ ich Dich,/ Was Kriegszucht und Gehorſam ſei! Ein Schreiben/ Schickt’ er mir mindſtens zu, das anders lautet,/ Als der ſpitzfünd’ge Lehrbegriff der Freiheit/ Den Du hier, wie ein Knabe mir entfaltet./ 1620 (er ſtellt ſich wieder an den Tiſch und lieſ’t.) Kottwitz (erſtaunt). Wen holt? — Wen ruft? — Oberſt Hennings. Ihn ſelber? Graf Truchß. Nein, unmöglich!/ (die Officiere treten unruhig zuſammen und ſprechen miteinander.) Der Kurfürſt. Von wem iſt dieſe zweite Zuſchrift hier?/ Hohenzollern. Von mir, mein Fürſt! Der Kurfürſt (lieſ’t). „Beweis, daß Kurfürſt Friedrich/ Des Prinzen That ſelbſt“ — — — Nun, beim Himmel!/ Das nenn’ ich keck!/ Was! Die Veranlaſſung, du wälzeſt ſie des Frevels,/ Den er ſich in der Schlacht erlaubt auf mich?/ Hohenzollern. Auf Dich, mein Kurfürſt; ja, ich, Hohenzollern!/ Der Kurfürſt. Nun denn, bei Gott, das überſteigt die Fabel!/ Der Eine zeigt mir, daß nicht ſchuldig er,/ 1630 Der Andre gar mir, daß der Schuld’ge ich! —/ Womit wirſt ſolchen Satz Du mir beweiſen?/ 96 Hohenzollern. Du wirſt Dich jener Nacht, o Herr, erinnern,/ Da wir den Prinzen, tief verſenkt im Schlaf,/ Im Garten unter den Platanen fanden:/ Vom Sieg des nächſten Tages mögt’ er träumen,/ Und einen Lorbeer hielt er in der Hand./ Du, gleichſam um ſein tiefes Herz zu prüfen,/ Nahmſt ihm den Kranz hinweg, die Kette ſchlugſt Du,/ Die Dir vom Hals hängt, lächelnd um das Laub;/ 1640 Und reichteſt Kranz und Kette, ſo verſchlungen,/ Dem Fräulein, Deiner edlen Nichte, hin./ Der Prinz ſteht, bei ſo wunderbarem Anblick,/ Erröthend auf; ſo ſüße Dinge will er, / Und von ſo lieber Hand gereicht, ergreifen:/ Du aber, die Prinzeſſin rückwärts führend,/ Entziehſt Dich eilig ihm; die Thür empfängt Dich,/ Jungfrau und Kett’ und Lorbeerkranz verſchwinden,/ Und einſam — einen Handſchuh in der Hand,/ Den er, nicht weiß er ſelber, wem? entriſſen —/ 1650 Im Schooß der Mitternacht, bleibt er zurück./ Der Kurfürſt. Welch’ einen Handſchuh? Hohenzollern. Herr, laß mich vollenden! —/ Die Sache war ein Scherz; jedoch von welcher/ Bedeutung ihm, das lernt’ ich bald erkennen;/ Denn, da ich, durch des Gartens hintre Pforte,/ Jetzt zu ihm ſchleich’, als wär’s von ungefähr,/ Und ihn erweck’, und er die Sinne ſammelt:/ Gießt die Erinnrung Freude über ihn,/ Nichts Rührendes fürwahr, kannſt Du Dir denken!/ Den ganzen Vorfall, gleich, als wär’s ein Traum,/ 1660 Trägt er, bis auf den kleinſten Zug, mir vor;/ So lebhaft, meint’ er, hab er nie geträumt —:/ 97 Und feſter Glaube baut ſich in ihm auf,/ Der Himmel hab’ ein Zeichen ihm gegeben:/ Es werde Alles, was ſein Geiſt geſehn,/ Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenſchmuck,/ Gott, an dem Tag der nächſten Schlacht, ihm ſchenken./ Der Kurfürſt. Hm! Sonderbar! — Und jener Handſchuh? — Hohenzollern. Ja!/ Dies Stück des Traums, das ihm verkörpert ward,/ Zerſtört zugleich und kräftigt ſeinen Glauben./ 1670 Zuerſt, mit großem Aug’ ſieht er ihn an: —/ Weiß iſt die Farb’, er ſcheint, nach Art und Bildung,/ Von einer Dame Hand: — doch weil er keine/ Zu Nacht, der er entnommen könnte ſein,/ Im Garten ſprach, — durchkreuzt, in ſeinem Dichten,/ Von mir, der zur Parol auf’s Schloß ihn ruft,/ Vergißt er, was er nicht begreifen kann,/ Und ſteckt zerſtreut den Handſchuh in’s Collet./ Der Kurfürſt. Nun? Drauf? Hohenzollern. Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel,/ In’s Schloß, aus des Feldmarſchalls Mund, in frommer/ 1680 Aufmerkſamkeit den Schlachtbefehl zu hören;/ Die Fürſtin und Prinzeſſin, reiſefertig/ Befinden grad’ im Herrenſaal ſich auch./ Doch wer ermißt das ungeheure Staunen,/ Das ihn ergreift, da die Prinzeſſ’ den Handſchuh,/ Den er ſich ins Collet geſteckt, vermißt!/ Der Marſchall ruft, zu wiederholten Malen:/ Herr Prinz von Homburg! Was befiehlt, mein Marſchall?/ Entgegnet er, und will die Sinne ſammeln;/ Doch er, von Wundern ganz umringt — —: der Donner/ 1690 Des Himmels hätte niederfallen können — —! / (er hält inne.) 98 Der Kurfürſt. War’s der Prinzeſſin Handſchuh? Hohenzollern. Allerdings!/ (der Kurfürſt fällt in Gedanken.) Hohenzollern (fährt fort). Ein Stein iſt er; den Bleiſtift in der Hand,/ Steht er zwar da und ſcheint ein Lebender;/ Doch die Empfindung, wie durch Zauberſchläge,/ In ihm verlöſcht; und erſt am andern Morgen,/ Da das Geſchütz ſchon in den Reihen donnert,/ Kehrt er in’s Daſein wieder und befragt mich:/ Liebſter, was hat ſchon Dörfling, ſag’ mir’s, geſtern/ Beim Schlachtbefehl, mich treffend, vorgebracht?/ 1700 Feldmarſchall. Herr die Erzählung, wahrlich, unterſchreib ich!/ Der Prinz, erinn’r ich mich, von meiner Rede/ Vernahm kein Wort; zerſtreut ſah ich ihn oft,/ Jedoch in ſolchem Grad abweſend ganz/ Aus ſeiner Bruſt, noch nie, als dieſen Tag./ Der Kurfürſt. Und nun, wenn ich Dich anders recht verſtehe,/ Thürmſt Du, wie folgt, das Schlußgebäu mir auf:/ Hätt’ ich, mit dieſes jungen Träumers Zuſtand,/ Zweideutig nicht geſcherzt, ſo blieb er ſchuldlos:/ Bei der Parole wär’ er nicht zerſtreut,/ 1710 Nicht widerſpänſtig in der Schlacht geweſen./ Nicht? Nicht? Das iſt die Meinung? Hohenzollern. Mein Gebieter,/ Das überlaſſ’ ich jetzt Dir, zu ergänzen./ Der Kurfürſt. Thor, der Du biſt, Blödſinniger! Hätteſt Du/ Nicht in den Garten mich hinabgerufen,/ 99 So hätt’ ich, einem Trieb der Neugier folgend,/ Mit dieſem Träumer harmlos nicht geſcherzt./ Mithin behaupt’ ich, ganz mit gleichem Recht,/ Der ſein Verſehn veranlaßt hat, warſt Du! —/ Die delphſche Weisheit meiner Officiere!/ 1720 Hohenzollern. Es iſt genug, mein Kurfürſt! Ich bin ſicher,/ Mein Wort fiel, ein Gewicht, in Deine Bruſt! /
Sechſter Auftritt.
Ein Officier (tritt auf). — Die Vorigen. Der Officier. Der Prinz, o Herr, wird augenblicks erſcheinen!/ Der Kurfürſt. Wohlan! Laßt ihn herein. Officier. In zwei Minuten! —/ Er ließ nur flüchtig, im Vorübergehn,/ Durch einen Pförtner ſich den Kirchhoff öffnen./ Der Kurfürſt. Den Kirchhof? Officier. Ja, mein Fürſt und Herr! Der Kurfürſt. Weshalb?/ Officier. Die Wahrheit zu geſtehn, ich weiß es nicht;/ Es ſchien, das Grabgewölb wünſcht’ er zu ſehen,/ Das Dein Gebot ihm dort eröffnen ließ./ 1730 (die Oberſten treten zuſammen und ſprechen mit einander.) 100 Der Kurfürſt. Gleichviel! Sobald er kömmt, laßt ihn herein./ (er tritt wieder an den Tiſch und ſieht in die Papiere.) Graf Truchß. Da führt die Wache ſchon den Prinzen her./Siebenter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (tritt auf). Ein Officiermit Wache. — Die Vorigen. Der Kurfürſt. Mein junger Prinz, euch ruf’ ich mir zu Hülfe!/ Der Obriſt Kottwitz bringt, zu Gunſten eurer,/ Mir dieſes Blatt hier, ſchaut, in langer Reihe/ Von hundert Edelleuten unterzeichnet;/ Das Heer begehre, heißt es, eure Freiheit,/ Und billige den Spruch des Kriegsrechts nicht. —/ Leſ’t, bitt’ ich, ſelbſt, und unterrichtet euch!/ (er giebt ihm das Blatt.) Der Prinz von Homburg. (nachdem er einen Blick hineingethan, wendet er ſich und ſieht ſich im Kreis der Officiere um.) Kottwitz, gieb Deine Hand mir, alter Freund!/ 1740 Du thuſt mir mehr, als ich, am Tag der Schlacht/ Um Dich verdient! Doch jetzt geſchwind geh hin/ Nach Arnſtein wiederum, von wo Du kamſt,/ Und rühr’ Dich nicht; ich hab’s mir überlegt,/ Ich will den Tod, der mir erkannt, erdulden!/ (er übergiebt ihm die Schrift.) Kottwitz (betroffen). Nein, nimmermehr, mein Prinz! Was ſprichſt Du da?/ 101 Hohenzollern. Er will den Tod —? Graf Truchß. Er ſoll und darf nicht ſterben!/ Mehrere Offiziere (vordringend). Mein Herr und Kurfürſt! Mein Gebieter! Hör’ uns!/ Der Prinz von Homburg. Ruhig! Es iſt mein unbeugſamer Wille!/ Ich will das heilige Geſetz des Kriegs,/ 1750 Das ich verletzt’ im Angeſicht des Heers,/ Durch einen freien Tod verherrlichen!/ Was kann der Sieg euch, meine Brüder, gelten,/ Der eine, dürftige, den ich vielleicht/ Dem Wrangel noch entreiße, dem Triumph/ Verglichen, über den verderblichſten/ Der Feind’ in uns, dem Trotz, dem Uebermuth,/ Errungen glorreich morgen? Es erliege/ Der Fremdling, der uns unterjochen will,/ Und frei, auf mütterlichem Grund, behaupte/ 1760 Der Brandenburger ſich; denn ſein iſt er,/ Und ſeiner Fluren Pracht nur ihm erbaut!/ Kottwitz (gerührt). Mein Sohn! Mein liebſter Freund! Wie nenn’ ich Dich?/ Graf Truchß. O Gott der Welt! Kottwitz. Laß Deine Hand mich küſſen!/ (ſie drängen ſich um ihn.) Der Prinz von Homburg (wendet ſich zum Kurfürſten). Doch Dir, mein Fürſt, der einen ſüßern Namen/ Dereinſt mir führte, leider jetzt verſcherzt;/ Dir leg’ ich tiefbewegt zu Füßen mich!/ Vergieb, wenn ich, am Tage der Entſcheidung,/ 102 Mit übereiltem Eifer Dir gedient:/ Der Tod wäſcht jetzt von jeder Schuld mich rein./ 1770 Laß meinem Herzen, das verſöhnt und heiter/ Sich Deinem Rechtsſpruch unterwirft, den Troſt,/ Daß Deine Bruſt auch jedem Groll entſagt:/ Und in der Abſchiedsſtunde, deſſ’ zum Zeichen,/ Bewill’ge huldreich eine Gnade mir!/ Der Kurfürſt. Sprich, junger Held! Was iſt’s das Du begehrſt?/ Mein Wort verpfänd ich Dir und Ritterehre!/ Was es auch ſei, es iſt Dir zugeſtanden!/ Der Prinz von Homburg. Erkauf’ o Herr, mit Deiner Nichte Hand,/ Von Guſtav Karl den Frieden nicht! Hinweg/ 1780 Mit dieſem Unterhändler aus dem Lager,/ Der ſolchen Antrag ehrlos Dir gemacht:/ Mit Kettenkugeln ſchreib’ die Antwort ihm!/ Der Kurfürſt (küßt ſeine Stirn). Sei’s, wie Du ſagſt, mit dieſem Kuß, mein Sohn,/ Bewilligt ſei die letzte Bitte Dir!/ Was auch bedarf es dieſes Opfers noch,/ Vom Mißglück nur des Kriegs mir abgerungen;/ Blüht doch aus jedem Wort, das Du geſprochen,/ Jetzt mir ein Sieg auf, der zu Staub ihn malmt!/ Prinz Homburg’s Braut ſei ſie, werd’ ich ihm ſchreiben,/ 1790 Der Fehrbellins halb dem Geſetz verfiel,/ Und ſeinem Geiſt, todt vor den Fahnen ſchreitend,/ Kämpf er auf dem Gefild der Schlacht, ſie ab!/ (er küßt ihn noch einmal und erhebt ihn.) Der Prinz von Homburg. Nun ſieh, jetzt ſchenkteſt Du das Leben mir!/ Nun fleh’ ich jeden Seegen Dir herab/ Den von dem Thron der Wolken Seraphin’/ Auf Heldenhäupter jauchzend niederſchütten:/ 103 Geh und bekrieg’ o Herr, und überwinde/ Den Weltkreis, der Dir trotzt — denn Du biſt’s werth!/ Der Kurfürſt. Wache! Führt ihn zurück in ſein Gefängniß!/ 1800
Achter Auftritt.
Natalie und die Kurfürſtin (zeigen ſich unter der Thür), Hofdamen (folgen). — Die Vorigen. Natalie. O Mutter, laß! Was ſprichſt Du mir von Sitte?/ Die höchſt’, in ſolcher Stund’, iſt ihn zu lieben!/ — Mein theurer, unglückſeel’ger Freund! Der Prinz von Homburg (bricht auf). Hinweg!/ Graf Truchß (hält ihn). Nein, nimmermehr, mein Prinz! (mehrere Officiere treten ihm in den Weg.) Der Prinz von Homburg. Führt mich hinweg!/ Hohenzollern. Mein Kurfürſt, kann dein Herz —? Der Prinz von Homburg (reißt ſich los). Tyrannen, wollt ihr/ Hinaus an Ketten mich zum Richtplatz ſchleifen?/ Fort! — Mit der Welt ſchloß ich die Rechnung ab!/ (ab, mit Wache.) Natalie »Natalie.« nicht emendiert in »Natalie«. (indem ſie ſich an die Bruſt der Tante legt). O Erde, nimm in deinen Schooß mich auf!/ Wozu das Licht der Sonne länger ſchauen?/Neunter Auftritt.
Die Vorigen (ohne den Prinzen von Homburg). Feldmarſchall. O Gott der Welt! Mußt’ es bis dahin kommen!/ 1810 (der Kurfürſt ſpricht heimlich und angelegentlich mit einem Officier.) Kottwitz (kalt). Mein Fürſt und Herr, nach dem, was vorgefallen/ Sind wir entlaſſen? Der Kurfürſt. Nein! Zur Stund noch nicht!/ Dir ſag’ ich’s an, wenn Du entlaſſen biſt!/ (er fixirt ihn eine Weile mit den Augen; alsdann nimmt er die Papiere, die ihm der Page gebracht hat, vom Tiſch, und wendet ſich damit zum Feldmarſchall.) Hier dieſen Paß dem ſchwed’ſchen Grafen Horn!/ Es wär’ des Prinzen, meines Vetters Bitte,/ Die ich verpflichtet wäre, zu erfüllen;/ Der Krieg heb’ in drei Tagen wieder an!/ (Pauſe. — Er wirft einen Blick in das Todesurtheil.) Ja, urtheilt ſelbſt, ihr Herrn! Der Prinz von Homburg/ Hat im verfloßenen Jahr, durch Trotz und Leichtſinn,/ Um zwei der ſchönſten Siege mich gebracht;/ 1820 Den dritten auch hat er mir ſchwer gekränkt./ Die Schule dieſer Tage durchgegangen,/ Wollt ihr’s zum vierten Male mit ihm wagen?/ Kottwitz und Truchß (durcheinander). Wie, mein vergöttert — angebeteter? —/ Der Kurfürſt. Wollt ihr? Wollt ihr? Kottwitz. Bei dem lebend’gen Gott,/ Du könnteſt an Verderbens Abgrund ſtehn,/ 105 Daß er, um Dir zu helfen, dich zu retten,/ Auch nicht das Schwerdt mehr zückte, ungerufen!/ Der Kurfürſt (zerreißt das Todesurtheil). So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir!/ (Alle ab.)Zehnter Auftritt.
Der Prinz von Homburg (wird vom) RittmeiſterStranz (mit verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt). Officiere mit Wache. — (In der Ferne hört man) Trommeln des Todtenmarſches. Der Prinz von Homburg. Nun, o Unſterblichkeit, biſt Du ganz mein!/ 1830 Du ſtrahlſt mir durch die Binde meiner Augen,/ Mit Glanz der tauſendfachen Sonne zu!/ Es wachſen Flügel mir an beiden Schultern,/ Durch ſtille Aetherräume ſchwingt mein Geiſt;/ Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt,/ Die muntre Hafenſtadt verſinken ſieht,/ So geht mir dämmernd alles Leben unter:/ Jetzt’ unterſcheid’ ich Farben noch und Formen,/ Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir./ (Der Prinz ſetzt ſich auf die Bank, die in der Mitte des Platzes, um die Eiche aufgeſchlagen iſt, der Rittmeiſter Stranz entfernt ſich von ihm, und ſieht nach der Rampe hinauf.) Der Prinz von Homburg. Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet!/ 1840 — Spürſt Du es nicht? (Stranz kommt wieder zu ihm zurück.) 106 Stranz. Es ſind Levkoyn und Nelken./ Der Prinz von Homburg. Levkoyn? — Wie kommen die hierher? Stranz. Ich weiß nicht. —/ Es ſcheint, ein Mädchen hat ſie hier gepflanzt./ — Kann ich Dir eine Nelke reichen? Der Prinz von Homburg. Lieber! —/ Ich will zu Hauſe ſie in Waſſer ſetzen./
Elfter Auftritt.
Der Kurfürſt (mit dem Lorbeerkranz, um welchen die goldne Kette geſchlungen iſt), Kurfürſtin, Prinzeſſin Natalie,Feldmarſchall Dörfling, Obriſt Kottwitz,
Hohenzollern, Golz u.ſ.w. — Hofdamen,
Officiere und Fackeln (erſcheinen auf der Rampe des Schloſſes). — Hohenzollern (tritt, mit einem Tuch, an das Geländer und winkt dem) Rittmeiſter Stranz; (worauf dieſer den) Prinzen von Homburg (verläßt, und im Hintergrund mit der) Wache (ſpricht). Der Prinz von Homburg. Lieber, was für ein Glanz verbreitet ſich?/ Stranz (kehrt zu ihm zurück). Mein Prinz, willſt Du gefällig Dich erheben?/ Der Prinz von Homburg. Was giebt es? 107 Stranz. Nichts, das Dich erſchrecken dürfte! —/ Die Augen bloß will ich Dir wieder öffnen./ Der Prinz von Homburg. Schlug meiner Leiden letzte Stunde? Stranz. Ja! —/ 1850 Heil Dir und Segen, denn Du biſt es werth!/ (der Kurfürſt giebt den Kranz, an welchem die Kette hängt, der Prinzeſſin, nimmt ſie bei der Hand und führt ſie die Rampe hinab. Herren und Damen folgen. Die Prinzeſſin tritt, umgeben von Fackeln, vor den Prinzen, welcher erſtaunt aufſteht; ſetzt ihm den Kranz auf, hängt ihm die Kette um, und drückt ſeine Hand an ihr Herz. Der Prinz fällt in Ohnmacht.) Natalie. Himmel! Die Freude tödtet ihn! Hohenzollern (faßt ihn auf). Zu Hülfe!/ Der Kurfürſt. Laßt den Kanonendonner ihn erwecken!/ (Kanonenſchüſſe. Ein Marſch. Das Schloß erleuchtet ſich.) Kottwitz. Heil, Heil dem Prinz von Homburg! Die Officiere. Heil! Heil! Heil!/ Alle. Dem Sieger in der Schlacht bei Fehrbellin!/ (augenblickliches Stillſchweigen.) Der Prinz von Homburg. Nein, ſagt! Iſt es ein Traum? Kottwitz. Ein Traum, was ſonſt?/ Mehrere Officiere. Ins Feld! Ins Feld! 108 Graf Truchß. Zur Schlacht! Feldmarſchall. Zum Sieg! Zum Sieg!/ Alle. In Staub mit allen Feinden Brandenburgs!/