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  • [058] F. Lose, 23.(27./29.)12.1801

[058] An Friedrich Lose, 23./27./29. Dezember 1801

Textwiedergabe  nach Handschrift.

  • Fassung Handschrift
    konstituiert
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    ohne orig. Zeilenfall
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    [+] ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ

Alle Textversionen sind inhaltlich identisch. Die Handschrift wird in konstituierter und emendierter Fassung dargestellt (eine textkritische Darstellung ist in Planung). Alle Emendationen sind im Anhang einzeln verzeichnet.
Die Fassung Handschrift zeigt die emendierte Wiedergabe der Handschrift. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Diese Fassung wird wegen der Zeilenlänge auf Smartphones nicht angezeigt.

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[1] [BKA IV/2 160] [DKV IV 288] [SE:1993 II 708] [Heimböckel:1999 (Reclam) 299] [MA II 788] Liechsthal]Liestal, d.]den 23 23 [und Bern, 27. und 29.] ]23. (–29.) Decmbr, ]Dezember 1801. 1801 ]1801

Mein lieber Lohse, Du empfängst durch einen Boten diesen ein⸗
geschloßnen]eingeschlossnen
Schlüssel, den ich nicht, wie ich gestern [DKV IV 289] ver[SE:1993 II 709] sprach, selbst
nach Basel bringen kann, weil ich mich krankhaft ermattet fühle
am Leibe u.]und an der Seele.
Sondre Dein Eigenthum]Eigentum von dem meinigen 5
ab, schicke den Schlüssel mir zurück, und bedeute unsre lieben Wirths⸗
leute]Wirtsleute,
daß sie meine [MA II 789] beiden Coffer]Koffer zurückbehalten sollen bis auf
weitere Nachricht.

Und weiter hätte ich Dir nichts zu sagen? O doch, noch etwas. Aber sei
unbesorgt.
Du sollst keine Vorwürfe von mir hören. Ich will Abschied 10
von Dir nehmen auf ewig, u.]und dabei fühle ich mich so friedliebend, so liebreich,
wie in der Nähe einer Todesstunde.

Ich bitte um Deine Verzeihung! Ich weiß, daß eine Schuld auch
auf meiner Seele haftet, keine häßliche zwar, aber doch eine,
diese, daß ich Dein Gutes nicht nach seiner Würde ehrte, weil es 15
nicht das Beßte]Beste war.
O verzeihe mir! Es ist mein thörigt]töricht überspanntes
Gemüth]Gemüt, das sich nie an dem, was ist, sondern nur an dem, was nicht
ist, erfreuen kann.
Sage nicht, daß Gott mir verzeihen solle. Thue]Tue
Du es, es wird Dir göttlich stehen.

Ich verzeihe Dir Alles]alles, o Alles]alles. Ich weiß jetzt nicht einmal,20
ja kaum weiß ich noch, was mich gestern so heftig gegen Dich
erzürnt hat, u.]und wenn ich mich in diesem öden Zimmer so traurig
einsam sehe, so kann ich mir gar nicht Rechenschaft geben, gar
nicht deutlich, warum Du nicht bei mir bist?

[Heimböckel:1999 (Reclam) 300]

Und ich sollte Dich nicht lieben? Ach, wie wirst Du jemals einen 25
Menschen überzeugen können, daß ich Dich nicht liebte!
— Du hast
wohl selten daran gedacht, was ich schon für Dich gethan]getan habe?

Und es war doch so viel, so viel, ich hätte für meinen Bruder nicht
mehr thun]tun können.
Denke nun zuweilen daran zurück, auch an
Metz,
ich muß Dich nur daran erinnern.
Ach es ist nicht möglich,30
nicht möglich, es muß Dich doch immer rühren, so oft Du
daran denkst.

Und doch konntest Du von mir scheiden? So schnell? So leicht — ?
Ach, Lohse, wenn Caroline Dich einst fragen wird, wie konntest Du
so schnell, so leicht von einem Menschen [DKV IV 290] scheiden, der Dir doch so viel 35
Liebes, so viel Gutes that]tat, wie wirst Du Dich getrauen können
zu antworten, es sei geschehen, weil er immer recht haben wollte — ?

O weg von dem verhaßten Gegenstande. Du fühlst gewiß
nicht einmal, was mich daran schmerzt.
Ich habe mich in den [SE:1993 II 710] ver⸗
[2] [BKA IV/2 163] gangnen
Tagen vergebens bemüht, auch mir diese Empfindlichkeit 40
zu stumpffen]stumpfen.
Aber noch die bloße Erinnerung erregt mir die
Leidenschaft.
— Was suchten wir wohl auf unserm schönen Wege?
War es nicht Ruhe vor der Leidenschaft? [MA II 790] Warum grade, grade Du — ? Es
war mir doch Alles]alles in der Welt so gleichgültig, selbst das Höchste so
gleichgültig; wie gieng]ging es zu, daß ich mich oft an das Nichtswürdige 45
setzen konnte, als gälte es Tod u.]und Leben?
Ach, es ist abscheulich, abscheulich,
ich fühle mich jetzt wieder so bitter, so feindseelig]feindselig, so häßlich —
Und
doch hättest Du alle holden Töne aus dem Instrumente locken
können, das Du nun bloß zerrissen hast —

Doch das ist geschehen — geschehen. geschehen – ]geschehen. Ich will kurz sein. Unsere Lebenswege 50
scheiden sich, lebe wohl —
Und wir sollten uns nicht wiedersehen — ? O
wenn Gott diesmal mein krankhaftes Gefühl nicht betrügen wollte,
wenn er mich sterben ließe!
Denn niemals, niemals hier werde
ich glücklich sein, auch nicht wenn Du wiederkehrst —
Und Du glaubst,
ich würde eine Geliebte finden?
Und kann mir nicht einmal [Heimböckel:1999 (Reclam) 301] einen 55
Freund erwerben?
O geht, geht, ihr habt alle keine Herzen —
— Wenn mir geholfen ist, wie ich es wünsche, so ist es auch Dir.
Ich weiß wohl noch etwas, worüber Du Thränen]Tränen
des Entzückens weinen sollst.
Dann wird auch Caroline
Dir etwas von mir erzählen —
O Gott, Caroline! — Wirst Du 60
sie denn auch glücklich machen?
— O verschmähe nicht eine Warnung.
Es ist die letzte, die pflegt aus reiner Quelle zu kommen. Traue
nicht dem Gefühl, das Dir sagt, an Dir sei nichts mehr zu ändern.

Vieles solltest Du ändern, manches auch könntest Du. Lerne
auch mit dem Zarten umzugehen.
— Wenn aber die Lebensreise 65
noch nicht am Ende wäre, dann weiß ich noch nichts Bestimmtes.
Bei
Heinrich Zschokke wirst Du aber immer erfahren können, wo ich
bin.
Schreibe [DKV IV 291] mir, in ein Paar]paar Monaten, wo Du bist, dann will ich
mein Versprechen halten, und Dir die Hälfte von Allem]allem überschicken,
was mein ist.
70

Und nun, was ich noch sagen wollte — es wird mir so schwer das
letzte Wort zu schreiben — wir waren uns doch in Paris so
gut, o so gut —
Bist Du nicht auch unsäglich traurig? Ach,
höre, willst Du mich nicht noch einmal umarmen?
Nichts,
nichts gedacht, frage Dein erstes Gefühl, dem folge — —
Und 75
wenn es doch das letzte Wort wäre —
O Gott, so sage ich Dir [SE:1993 II 711] u.]und
allen Freuden das Lebewohl Lebewohl Lebewohl Lebewohl. ]Lebewohl.
Heinrich Kleist.

[3] [BKA IV/2 164] [MA II 791]

Bern, d.]den 27t ]27. Decmbr]Dezember

Also Du bist nicht nach Basel gegangen? Ei der Tausend!
Wie man doch die dummen Leute anführen kann! Denn 80
ich habe Dich wirklich überall voll Betrübniß]Betrübnis gesucht,
und die ganze Scene]Szene von Metz wiederholt —
Also Du bist
frisch u.]und gesund in Bern?
Nun, das freut mich, freut mich doch
— Aber Gott weiß, ich habe jetzt einen innerlichen Widerwillen
vor Dir u.]und könnte Dich niemals wieder herzlich umarmen.
Ich 85
nehme also das Obengesagte zurück.
— Empfange Dein Eigenthum]Eigentum
in der Krone, schicke mir die Charte, Pantoffeln & &]etc. etc. u.]und lebe recht
wohl.

[Heimböckel:1999 (Reclam) 302]

d.]den 29t, ]29. Mittags. ]mittags

Mein lieber Lohse, ich muß Dir jetzt doch mein unver⸗90
ständliches
Betragen erklären!
— Ich schrieb diesen Brief in
Liechsthal]Liechstal u.]und empfieng]empfing ihn in Basel zurück.
— Als ich in Bern
erfuhr, daß Du hier hier hier seyst]seist, schrieb ich die Nachschrift.
Denn da⸗
mals
schien es mir noch süß, Dir wehe zu thun]tun.
— Am
andern Tage dachte ich wieder, es es [sei] es [sei] emendiert nicht emendiert nicht ]es [sei] so besser Dir das zu ersparen.
95
Darum schickte ich Dir bloß die Sachen ohne den Brief. — Heute
Morgen]morgen als ich Dich unter den Arkaden begegnete, Gott weiß,
ich hatte das Alles]alles vergessen u.]und mir war es wie vor 6 oder 8 Wochen.

Aber das war doch wohl nur bloß ein vorübergehendes Gefühl —
Prüfe selbst ruhig, ob wir wohl für einander passen — Du wirst 100
wie ich, die Unmöglichkeit einsehen —
Aber komm noch einmal zu
mir, wir wollen ohne Groll scheiden.

58
An Friedrich Lose, 23./27./29. Dezember 1801

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/briefe/058, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 07.08.2025

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Apparat

Textwiedergabe nach Kopie der Handschrift. Die Handschrift ist in Besitz von:
SBB-PK 2: Sammlung Autographa / Heinrich v. Kleist

Erstdruck: [Zolling:1883] 136f.

 Emendationen (insges. 1)
  • 95eses [sei]
Pagina Kleist-Ausgaben
  • [BKA] (057) IV/2 159–167
  • [MA] (057) II 788–791
  • [DKV] (061) IV 288–291
  • [SE:1993] (059) II 708–711
  • [Heimböckel:1999 (Reclam)] (057) 299–302
 Erwähnte Personen
  • []Lose, Friedrich (3)
  • []Schlieben (verh. Lose), Caroline von (3)
  • []Zschokke, Heinrich (1)
  • [»]Alle Personen anzeigen +/–
 Erwähnte Orte
  • []Basel (3)
  • []Bern (3)
  • []Bern ›Krone‹ (1)
  • []Liechsthal (2)
  • []Metz (2)
  • []Paris (1)
  • [»]Alle Orte anzeigen +/–
 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

[MP:1936] [3 Abw.]
  • 50geschehen — geschehen. geschehen – ]geschehen. ] geschehen.
  • 77Lebewohl Lebewohl. ]Lebewohl. ] Lebewohl.
  • 95es ] es [sei]
[BKA:1989] [1 Abw.]
  • 95es ] emendiert nicht
[MA:2010] [5 Abw.]
  • 123 23 [und Bern, 27. und 29.] ]23. (–29.) ] 23 [und Bern, 27. und 29.]
  • 11801. ] 1801
  • 50geschehen — geschehen. geschehen – ]geschehen. ] geschehen –
  • 93hier hier hier ] hier hier
  • 95es ] emendiert nicht
Stellenkommentar

50 geschehen Nach ›geschehen‹ erfolgt eine Streichung (›ich‹), die Kleist verlängert, um möglicherweise aus der Streichung einen seiner vielen Gedankenstriche zu machen.

87 Krone, Der alte Gasthof ›Zur Krone‹ existierte von 1495 bis 1923 in der Berner Gerechtigkeitsgasse 64. Zur Geschichte des Gasthofs: [http://www.kronebern.ch] u. [Durheim:1850, S. 408]

97 Arkaden Architektonische Bogengänge, in Basel ›Laubengänge‹ genannt. Die Ursprünge der Baseler ›Laubengänge‹ gehen auf einen Brand im 13. Jahrhundert zurück. [Durheim:1850 S. 2] Ab 1761 wurden die ›Laubengänge‹ mit Laternen beleuchtet. Die ›Laubengänge‹ haben in Basel (heute) eine Länge von 6 km.

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