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1811. No. 12.
Berliner Abendblaͤtter.
Berlin, den 15ten Januar 1811.
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.
Aus der Schweiz, vom 21. December.
Man ſpricht theils von einer beabſichtigten neuen Zuſammenberufung des großen Raths des Cantons Teſſin fuͤr verfaſſungsmaͤßige Geſchaͤfte, theils von ehrerbietigen Vorſtellungen und Bitten, welche die Regierung dieſes Cantons kuͤrzlich durch den Landammann der Schweiz an Se. Majeſtaͤt den Franzoͤſiſchen Kaiſer gelangen ließ. Außer dem Canton Zuͤrch ſind es, wie man verſichert, die Regierungen der Staͤnde Uri, Schwyz und Appenzell des aͤußern Rhoden, welche Wuͤnſche und Begehren fuͤr die Zuſammenberufung einer außerordentlichen Tagſatzung an das Bundeshaupt richteten. Inzwiſchen legt einem beſchleunigten Zuſammentritt derſelben ſchon der gegenwaͤrtig nahe bevorſtehende Wechſel des Directorialſtandes und der Uebergang des Directoriats von Bern auf Solothurn Schwierigkeiten in den Weg. (L. d. B.)
London, d. 31. December.
Folgendes iſt der woͤrtliche Inhalt der Proteſtation der Koͤnigl. Prinzen:
Mein Herr!
„Da der Prinz von Wallis alle maͤnnliche Zweige der Koͤnigl. Familie verſammelt, und ihnen den Plan mitgetheilt hat, den die vertrauten Diener des Koͤnigs geſonnen ſind, dem Hauſe der Gemeinen und der Pairs zur Einſetzung einer Regentſchaft vorzulegen, wenn die Fortdauer der Krankheit Sr. Majeſtaͤt ſolches erforderte, ſo glauben Wir, eine heilige Pflicht gegen den Koͤnig, Uns und das Vaterland zu erfuͤllen, indem Wir auf das feierlichſte gegen Maaßregeln proteſtiren, die Wir durchaus, als der Conſtitution zuwiderlaufend, als einen Angriff gegen Unſere Rechte, und einen Umſturz der Grundſaͤtze betrachten, die Un 46ſere Familie auf den Thron dieſes Reichs gebracht haben.
Unterzeichnet: der Herzog von York ⁊c. ⁊c.
Paris, vom 30. December.
Seit einigen Jahren ſchon hatte der Neujahrstag ſeine alte, verlorne Wuͤrde allmaͤhlig wieder zu erringen gewußt. Nie aber hat er ſich wol mit ſolchem Glanz und ſo großer Pracht angekuͤndigt, als eben heuer. Schwerlich kann man ſich einen Begriff von der Bewegung machen, die bei Annaͤherung dieſes Feſtes jetzt in der Hauptſtadt herrſcht. Wagen durchſtreifen Paris nach allen Richtungen; die Thuͤren, beſonders die der Pallaͤſte der Großen, ſind von fruͤhem Morgen an wie belagert; die Logen der Schweizer, der Thuͤrhuͤter, ſind mit Viſitenkarten tapezirt, u. ſ. w. (N. M.)
Paris, den 2. Januar.
Am 1. Januar empfingen Se. Kaiſerl. Majeſtaͤt in Ihrem gewoͤhnlichen Appartement die Prinzen, Prinzeſſinnen und Kinder der Kaiſerlichen Familie. Um zehn und ein halb Uhr empfingen Ihre Majeſtaͤt, die Kaiſerinn, die Gluͤckwuͤnſche der Prinzen und Prinzeſſinnen. Auch die Dames du Palais, die Gemahlinnen der Groß⸗Kronbeamten, der Miniſter und Groß⸗Offiziers des Reichs, die Damen der Prinzeſſinnen und die Beamten vom ordentlichen und außerordentlichen Dienſt wurden zugelaſſen, ihren Reſpekt zu bezeugen.
Des Mittags begab ſich der Kaiſer in den Thron⸗ Saal. Nachdem der Oberkammerherr die Befehle des Kaiſers eingeholt hatte, ließ er nach einander die Prinzen und Groß⸗Dignitarien, die Kardinaͤle, die Groß⸗ Kronbeamten, die Miniſter und Groß⸗Officiers des Reichs und die großen Adler der Ehrenlegion hereintreten.
Nachdem der Ober⸗Ceremonienmeiſter die Befehle des Kaiſers eingeholt hatte, ſo ließ er die Beamten des Kaiſerl. Hauſes vom ordentlichen und außerordentlichen Dienſt hereintreten, und introducirte liest »introducierte« das diplomatiſche Corps.
Bei dieſer Audienz wurden Sr. Kaiſerl. Majeſtaͤt 47 vorgeſtellt: durch Se. Excellenz den Ruſſiſchen Ambaſſadeur, Fuͤrſten Kurakin, der Graf v. Witt, Oberſt in Ruſſiſchen Dienſten; durch den Baierſchen Geſandten, Herrn v. Cetto, der Kammerherr, Baron v. Zweibruͤcken; durch den Schwediſchen Geſandten, Baron v. Lagerbjelcke, der Major, Chevalier v. Gyldenhall. Ueberdies wurden einige Perſonen durch den Koͤnigl. Saͤchſiſchen Geſandten, Grafen v. Einſiedel, durch den Heſſiſchen Geſandten, Baron v. Pappenheim, und durch den Helvetiſchen Geſandten v. Maillardoz vorgeſtellt.
Nach dem Empfange des diplomatiſchen Corps begab ſich der Kaiſer in ſeinen Salon, wo er die Huldigungen der daſelbſt verſammelten Damen empfing.
Ihre Majeſtaͤten begaben ſich darauf in die Meſſe.
Bei der Ruͤckkehr aus der Meſſe fand der Kaiſer in dem Garden⸗Saal den Generalſtab und das Officier⸗Corps der Garniſon von Paris; in dem Marſchalls⸗Saal die Officier⸗Corps der Garde du Corps, und in den andern Saͤlen die Mitglieder des Senats, des Staatsraths, des Caſſations⸗Hofes, der Rechen⸗Kammer, des Univerſitaͤts⸗Conſeil, des Kaiſerl. Gerichtshofes, des Capitels von Paris, des Calviniſtiſchen und Lutheriſchen Conſiſtoriums, des Inſtituts und der vorgeſtellten Perſonen.
Alles war im groͤßten, voͤlligſten Coſtuͤm.
Nach der Meſſe empfing die Kaiſerinn das diplomatiſche Corps und alle Perſonen, welche die Ehre gehabt hatten, dem Kaiſer ihre Aufwartung zu machen.
Des Abends war Cercle und Spiel in den großen Appartements. (L. d. B.)
Ueber den Zuſtand der Schwarzen in Amerika.
(Fortſetzung.)
Der Verf. war jedesmal bei der Ankunft eines Fahrzeuges mit Negern und bei dem Verkauf derſelben gegenwaͤrtig. Gewoͤhnlich ſind auf Anſtiften der Herren die Schwarzen alsdann in dem ſogenannten Verkaufsſaal verſammelt; ſie tanzen und ſingen, und man giebt ihnen zu eſſen. Der Verf. bemerkte bei einer ſolchen Gelegenheit zwei Knaben unter den An 48gekommenen, die, ohne Theil an der Luſtbarkeit zu nehmen, traurig und nachdenkend in der Ferne ſtanden. Er naͤherte ſich ihnen freundlich, und ſprach mit ihnen; worauf der Aeltere von beiden, mehr durch Zeichen, als durch das ſchlechte Engliſch, das er, waͤhrend ſeiner Ueberfahrt, gelernt hatte, ihm zu verſtehen gab: ſein Camerad habe eine entſetzliche Furcht davor, verkauft zu werden, weil er meine, daß man ſie nur kaufe, um ſie zu eſſen. Herr B. nahm den Knaben bei der Hand, und fuͤhrte ihn auf den Hof; er gab ihm einen Hammer, und bemuͤhte ſich, ihm verſtaͤndlich zu machen, daß man ihn brauchen wuͤrde, Holz, zum Bau der Schiffe und Haͤuſer, zu bezimmern. Der Knabe that, mit einem fragenden Blick, mehrere Schlaͤge auf das Holz; und da er ſich uͤberzeugt hatte, daß er recht gehoͤrt habe, ſprang er und ſang, mit einer ausſchweifenden Freude; kehrte aber ploͤtzlich traurig zu Hrn. B. zuruͤck, und legte ihm ſeinen Finger auf den Mund, gleichſam, um ihn zu fragen, ob er auch ihn nicht eſſen wuͤrde. Hr. B. nahm darauf ein Brod und ein Stuͤck Fleiſch, und bedeutete ihm, daß dies die gewoͤhnliche Nahrung der Europaͤer ſei; er ergriff den Arm des Knaben, fuͤhrte ihn an ſeinen Mund, und ſtieß ihn, mit dem Ausdruck des Abſcheus und des Ekels, wieder von ſich. Der junge Afrikaner verſtand ihn vollkommen; er ſtuͤrzte ſich zu ſeinen Fuͤßen, und ſtand nur auf, um zu tanzen und zu ſingen, mit einer Ausgelaſſenheit und Froͤhlichkeit, die Hr. B. ein beſonderes Vergnuͤgen hatte, zu beobachten.
Ich komme noch einmal, ſagt der Verf. am Schluß, zu meinem Lieblingsgedanken zuruͤck, naͤmlich fuͤr die Erneuerung und den Wachsthum der ſchwarzen Bevoͤlkerung in den Colonien der Inſeln und des Continents von Amerika Sorge zu tragen. Man muͤßte Neger, welche waͤhrend zwanzig Jahre Beweiſe von Treue und Anhaͤnglichkeit in den europaͤiſchen Niederlaſſungen gegeben haben, nach den Kuͤſten von Afrika zuruͤckſchicken. Ich zweifle nicht, daß dieſe Emisſarien ganze Voͤlkerſchaften, die ihnen freiwillig folgten, mitbringen wuͤrden: ſo ertraͤglich iſt der Zuſtand der Neger in Amerika im Vergleich mit dem Elend, dem ſie unter der grimmigen Herrſchaft ihrer einheimiſchen Deſpoten ausgeſetzt ſind.“