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1811. Nro. 6.
Berliner Abendblaͤtter.
Berlin, den 8ten Januar 1811.
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.
London, den 18. December.
Das Packetboot von Liſſabon hat die Briefe von daher bis zum 2. dieſes mitgebracht. Die Portugieſiſchen Zeitungen liefern Berichte von den Operationen waͤhrend 10 Tagen, die indeß nichts Wichtiges enthalten. Eine Depeſche des Lord Wellington an die Regentſchaft vom 25. November theilt derſelben das Reſultat der Demonſtration mit, welche die alliirten Truppen gegen die rechte Flanke der feindlichen Poſition zu Santarem machten. Dieſe Demonſtration ſchien ſo ernſthaft, daß die Franzoſen einen großen Theil der Truppen wieder an ſich zogen, welche ſie auf das linke Ufer des Zezere geſchickt hatten. Indeß fiel nichts Wichtiges vor. Nachdem ſich unſre Piquets zuruͤckgezogen hatten, bezog auch der Feind wieder ſeine Poſition zu Santarem.
Nach einem Schreiben aus Liſſabon ſcheint es, daß Drouet mit 22000 Mann ſeine Vereinigung mit Maſſena bewerkſtelligt hat. Die Zahl dieſer Macht iſt unſtreitig uͤbertrieben; die Sache aber iſt indeß ſicher. Am 27. kam die erſte Diviſion am Zezere an.
Ein Schreiben aus Silveira vom 16. November meldet einen wichtigen Vortheil, den eine feindliche, wahrſcheinlich zum Corps des Generals Gardanne gehoͤrende, Parthei erhalten habe.
Beim Abgange des Packetboots von Liſſabon, ging das Geruͤcht, daß 6000 Franzoſen Leyria von neuem beſetzt haͤtten.
General Mortier hatte ſich am 5. November von Sevilla nach Eſtremadura auf den Marſch begeben.
Einige Briefe von Liſſabon enthalten eine wichtige Nachricht. Sie verſichern naͤmlich, daß Lord Wellington auf den 1. December einen Kriegsrath 22 zuſammen berufen haͤtte, um zu entſcheiden, ob es beſſer waͤre, Maſſena anzugreifen oder die Armee wieder in die alte Poſition von Torres Vedras zuruͤckzuziehen. (L. d. B.)
Brixen, 26. Dec.
In der verfloſſenen Nacht verſpuͤrte man hier ein ziemlich ſtarkes Erdbeben. Die meiſten Perſonen wurden dadurch aus dem Schlafe aufgeweckt, und in manchen Haͤuſern war daſſelbe ſo fuͤhlbar, daß die Hausgeraͤthe von ihren Stellen verruͤckt wurden. Dieſe Erderſchuͤtterung trifft alſo mit dem gewaltigen Sturme zuſammen, der in Schwaben, Franken, am Rheine, in Frankreich ⁊c. verſpuͤrt wurde. Reiſende, die von Ulm herkommen, erzaͤhlen, daß, laͤngs der Landſtraße, in den Doͤrfern die meiſten Strohdaͤcher abgedeckt worden ſeien; die Ziegel⸗ und Plattendaͤcher haben ſehr gelitten. Die ſchoͤnſten Obſtbaͤume ſind durch die Gewalt des Sturms abgeſprengt worden. Auch in Franken ⁊c. geſchah dies hin und wieder.
Oeſterreich.
Der Offizier, welcher wegen Ausgabe falſcher Banknoten arretirt iſt, nahm 3 Tage keine Speiſen zu ſich; man band ihn, floͤßte ihm Nahrung ein und gab ihm naͤhrende Klyſtiere. Seine Mutter that dem Kaiſer einen Fußfall; dieſer antwortete aber, er koͤnne den Lauf der Gerechtigkeit nicht hemmen. Da ſie auf dem Ruͤckweg im Burghof großen Laͤrmen machte, in der Wuth von Grauſamkeit ſprach, und viel Volk ſich um ſie verſammelte, ſo wurde ſie arretirt und der Polizei uͤbergeben. Seine Geliebte hat ihren Verſtand verloren.
Paris, den 25. December.
Da Se. Kaiſerl. Majeſtaͤt verordnet haben, daß hundert junge Croaten unentgeltlich in der Kaiſerl. Schule der Kuͤnſte und Handwerke zu Chalons sur Marne ſollen unterrichtet und erhalten werden, ſo ſind bereits 67 derſelben angekommen. Obgleich ſie 23 eine Reiſe von 350 Meilen gemacht, ſo haben ſie doch bloß Einen Kranken zu Lyon zuruͤckgelaſſen. Als die jungen Croaten am 18. dieſes zu Chalons ankamen, wurden ſie von einer zahlreichen Abtheilung von Zoͤglingen dieſer Schule, die ihren neuen Cameraden entgegen gegangen waren, empfangen. Herr von Rochefoucault Liancourt, General⸗Inſpektor der Schule, war bei ihrer Ankunft zu Chalons. Hundert andre junge Croaten kommen nach der Kaiſerl. MilitaͤrSchule zu la Fleche.
Der General Sarrazin, der bekanntlich vor einiger Zeit von der Armee bei Boulogne deſertirte, iſt durch einen Kriegsrath der 16. Militaͤr Diviſion zu Lille in contumaciam zum Tode verurtheilt und fuͤr ehrlos erklaͤrt worden, ſo daß er aufhoͤrt, Mitglied der Ehren⸗Legion zu ſeyn. (L. d. B.)
Beiſpiel einer unerhoͤrten Mordbrennerei.
Als vor einiger Zeit die Gegend von Berlin von jener beruͤchtigten Mordbrennerbande heimgeſucht ward, war jedem Gemuͤthe, das Ehrfurcht vor goͤttlicher und menſchlicher Ordnung hat, die entſetzliche Barbarei dieſer Graͤuel unbegreiflich; und doch war es noch wenigſtens nur, um zu ſtehlen. Was wird man nun zu einem Rechtsfall ſagen, der im Jahr 1808 bei dem Kriminalgericht zu Rouen Statt hatte? Daſelbſt ward die Todesſtrafe, der Mordbrennerei wegen, uͤber einen Mann verhaͤngt, der bis in ſein 60ſtes Jahr fuͤr einen rechtſchaffenen Mann gegolten und der Achtung aller ſeiner Mitbuͤrger genoſſen hatte. Johann Mauconduit, Bauer zu Hattenville, war ſein Name. Von bloßem Vergnuͤgen an Mordbrennerei geleitet, hatte er, ſeit laͤngerer Zeit, hie und da Gebaͤude in Brand geſteckt, ohne daß es jemand einfiel, ihn deshalb als den Thaͤter anzuſehn. Er hatte eine eigene Maſchine erfunden, die ſich vermittelſt einer Batterie entzuͤndete, und warf ſie auf die Haͤuſer, denen er den Brand zugedacht hatte. Innerhalb 8 Monaten hatte er nicht weniger als zehnmal dieſes Verbrechen begangen, und zuletzt ſeine eigene Wohnung in Brand geſteckt: er wußte wohl, daß der Beſitzer des Grundſtuͤcks verpflichtet war, ihm eine 24 neue zu bauen. Aber da fand man in einem ſeiner Schraͤnke dergleichen Zuͤndmaſchinen, wie man ſchon oͤfters, in Faͤllen, wo ſie nicht losgebrannt waren, auf den Daͤchern der Haͤuſer gefunden hatte; und ſo klaͤrten ſich eine Menge anderer Zeugniſſe gegen ihn auf, ſo, daß er ſich endlich zu alle den Feuersbruͤnſten als Urheber angeben mußte, welche in ſeiner Nachbarſchaft vorgefallen waren.
Merkwuͤrdige Prophezeihung.
In dem Werk: Paris, Versailles et les Provinces au 18me siecle, par un ancien officier aux gardes françaises, 2 Vol. in 8. 1809. wird die Erzaͤhlung einer ſonderbar eingetroffenen Vorherverkuͤndigung mit zuviel hiſtoriſchen Angaben belegt, als daß ſie nicht einiger Erwaͤgung werth waͤre. Herr von Apchon war in ſeiner fruͤheren Jugend Maltheſerritter, und von ſeiner Familie zum Seedienſt beſtimmt. Als er in dem Collegium zu Lyon war, wurde er einem ſpaniſchen Jeſuiten vorgeſtellt, der, unter ſeinen Mitbruͤdern, fuͤr einen Wahrſager galt. Dieſer, als er ihn ins Auge faßte, ſagte ihm, auf eine ſonderbare Weiſe, daß er einſt Eine der Stuͤtzen der Kirche, und der dritte Biſchof von Dijon werden wuͤrde. Man verſtand den Jeſuiten um ſo weniger, da es damals in Dijon keinen Biſchof gab, und Herr von Apchon ward, von dieſem Augenblick an, von ſeinen Mitſchuͤlern ſpottweiſe der Biſchof genannt: einen Zunamen, den er auch nachher als Seekadet beibehielt. Zehn Jahre darauf ward Herr von Apchon Biſchof von Dijon, und nachheriger Erzbiſchof von Auch. — Dieſe Begebenheit beſtaͤtigen alle Zeitgenoſſen; und der ehrwuͤrdige Praͤlat ſelbſt hat ſie, durch ſein ganzes Leben, erzaͤhlt.