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Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen./
Am 29ſten Abends 7 Uhr hat ein Hausknecht vor /ſeines Herrn Hauſe das Ungluͤck gehabt, von einer /Kutſche uͤbergefahren zu werden. Durch ſchnelles Fah/ren hat ſich der Fuͤhrer der Equipage, worauf ſich /auch noch Bediente befanden, der naͤhern Ausmittelung /entzogen./
Geſtern Morgen verließ eine Scheuerfrau ihre /Wohnung, im allgemeinen Militair⸗Lazareth, um an /ihr Geſchaͤft zu gehen, und ihre beiden Kinder von / 10 reſpekt. 8 Jahren und 3 Wochen, blieben darin zu/ruͤck. Das aͤltere von ihnen ergriff nicht lange nach/ her eine brennende Lampe, in der Abſicht, Etwas zu / ſuchen, und bei dieſer Gelegenheit fiel eine Schnup/pe auf die Bettgardine, welche anfing zu ſchwaͤlen. / Das Kind verſuchte, ſie zu loͤſchen, kam damit aber /nicht zu Stande und lief daher zu einer Bekannten im /Lazarethgebaͤude, um Huͤlfe zu ſuchen. Waͤhrend der /Zeit war auch die Mutter zuruͤckkommen, und es /wurde nun jeder weitere Schade verhuͤtet. Das Bette / 20 iſt indeß ſehr beſchaͤdigt, und der dabei erwachſene /Verluſt fuͤr die Beſitzerinn, um ſo empfindlicher, da ſie /arm iſt./
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter./
Aus Schweden, den 5. Dec./
Man ſieht zu Stockholm jetzt einen Brief Sr. Maj. /des Koͤnigs vom 24. Nov. an die Graͤfinn Piper, wo/rin Se. Maj. dieſer Dame ihr Beileid uͤber das ihr /und ihrem Bruder, dem Graf Axel von Ferſen, un/ſchuldig wiederfahrne Ungluͤck bezeugen. Dieſer Brief / 30 ſchließt folgendermaßen: „Da Ihre Unſchuld alſo in ge/ſetzlicher Ordnung an den Tag gelegt, da der Stempel / 2 des Verbrechens, welchen die Bosheit und Geſetzloſig/keit an Ihres Bruders Namen zu heften geſucht hat, /um eine abſcheuliche Mordthat zu bemaͤnteln und zu / rechtfertigen, vertilgt iſt, ſo eile ich, Ihnen meine auf/richtige Theilnahme an dem harten Schickſal und den /Leiden, welche durch Ihres Bruders Tod Ihr Loos /geworden, zu erkennen zu geben.“ — In der Antwort /zeigt die Graͤfinn Piper an, daß ſie beſchloſſen habe, / 40 ihre Tage fern von dem Ort, der ſie an ihre ſchreck/lichen Leiden erinnern wuͤrde, auf dem Lande zuzu/bringen. (Corr. f. Deutſchl.)/
Petersburg, d. 12ten Dec./
Unſere Zeitungen enthalten folgendes merkwuͤrdige /Factum, als ein Beiſpiel der Beſonnenheit und des /Muths eines Ruſſiſchen Seemanns:/
„Der Buͤrger Jeraſimov, aus Kola im Ruſſiſchen /Capland, ward im Monat Juli als Capitain eines /Kauffartheiſchiffes, dem Archangelſchen Handelshauſe / 50 Alexei Popovs Soͤhne gehoͤrig, mit einer Ladung / Roggen von Archangel nach Norwegen abgefertigt. / Am 19ten Auguſt, unfern der Hoͤhe des Nordkaps, /gerieth er in die Naͤhe eines Engliſchen bewaffneten /dreimaſtigen Schiffs, welches auf ihn zuſegelte, und /eine Schaluppe mit einem Officier und fuͤnf Mann auf /ſein Schiff ſandte, welche gleich nach ihrer Ankunft /auf dem Ruſſiſchen Schiffe daſſelbe als gute Priſe be/handelten, ſich mancherlei Sachen zueigneten und Geld /forderten. Jeraſimov wagte es nicht, ſich zu wider/ 60 ſetzen, da außer dem genannten Schiffe noch eine Eng/liſche Fregatte ſich in der Naͤhe befand. Auf ſeinem /Schiffe, von welchem vier Matroſen weggenommen /waren, blieb ein Engliſcher Officier mit ſieben Eng/liſchen Matroſen. Er mußte nun den Engliſchen Schif/ fen folgen. Am 23. Aug. trennte ihn ein Sturm von /denſelben. Jeraſimov faßte nun mit ſeinen Gefaͤhrten /den Entſchluß, ſich ſeines Schiffes wieder zu bemaͤch/tigen. Am 30. Aug. um 5 Uhr des Morgens, als der /Engl. Officier nebſt ſechs Matroſen in der Cajuͤte / 70 ſchlief, und nur einer der Engliſchen Matroſen auf /dem Verdeck Wache hielt, ſtuͤrzte Jeraſimov nebſt ſei/ nen Gefaͤhrten den wachthabenden Matroſen ins Meer, /und vernagelte die Thuͤre der Cajuͤte, in welcher der /Engl. Officier mit ſeinen ſechs Matroſen ſchlief. Nach/dem dieſe erwacht waren, tobten ſie auf alle moͤgliche / 3 Weiſe; allein vergeblich. Nach drei Tagen baten ſie /um Lebensmittel, die Jeraſimov ihnen auch reichte, /und darauf mit ſeinen Gefangenen grade nach der / Daͤniſchen Feſtung Wardohuus ſeegelte, wo er dieſel/ 80 den dem Commandanten uͤbergab, ſich von ihm ein /Atteſt uͤber den Vorfall ertheilen ließ, den Leck ſeines /Schiffes ausbeſſern ließ, und damit nach Kola zuruͤck/ſeegelte. (L. d. B.)/
Aus Portugal./
Es ſcheint, daß ſich an der Graͤnze Portugals eine /zweite Armee bildet, an Staͤrke beinahe der erſten /gleich, um die Operationen des Prinzen v. Eßling zu /unterſtuͤtzen. (Corr. f. Deutſchl.)/
Paris, den 21ten Dec./ 90
Das Journal de l’Empire enthaͤlt folgendes:/ Aus dem Hauptquartier vor Torto/ſa, den 28ten Nov./
Die Valencier, unter dem Befehl des Gen. Baße/court, haben am 26ten das von einer Diviſion des 3t. /Corps beſetzte Lager von Val de Cenar angegriffen; ſie /wurden in Schuſſesferne empfangen, und in voͤllige /Flucht geſchlagen. Wir haben ihnen 3000 Gefangene /abgenommen: mehr als 800 Mann ſind ertrunken. Auch /der Gen. Klopisky hat ihnen zu Alventoſa eine Com/ 100 pagnie reitende Artillerie und ſechs Kanonen abgenom/men. Dieſem Angriff vom 26t. waren ſchon einige an/dre entferntere Affairen vorangegangen, wo unſere /Truppen ſtets den Sieg davon trugen. Unter den /Gefangenen befindet ſich der Brigadier Garcias Na/varo. (L. d. B.)/
Ein Satz aus der hoͤheren Kritik./
An * * */
Es gehoͤrt mehr Genie dazu, ein mittelmaͤßiges /Kunſtwerk zu wuͤrdigen, als ein vortreffliches. Schoͤn/ 110 heit und Wahrheit leuchten der menſchlichen Natur in /der allererſten Inſtanz ein; und ſo wie die erhabenſten /Saͤtze am Leichteſten zu verſtehen ſind (nur das Minu/tioͤſe iſt ſchwer zu begreifen): ſo gefaͤllt das Schoͤne /leicht; nur das Mangelhafte und Manierirte genießt /ſich mit Muͤhe. In einem trefflichen Kunſtwerk iſt das /Schoͤne ſo rein enthalten, daß es jedem geſunden Auf/ 4 faſſungsvermoͤgen, als ſolchem, in die Sinne ſpringt; /im Mittelmaͤßigen hingegen iſt es mit ſoviel Zufaͤlli/gem oder wohl gar Widerſprechenden vermiſcht, daß / 120 ein weit ſchaͤrferes Urtheil, eine zartere Empfindung, /und eine geuͤbtere und lebhaftere Imagination, kurz /mehr Genie dazu gehoͤrt, um es davon zu ſaͤubern. / Daher ſind auch uͤber vorzuͤgliche Werke die Meinun/gen niemals getheilt (die Trennung, die die Leiden/ſchaft hineinbringt, erwaͤge ich hier nicht;) nur uͤber /ſolche, die es nicht ganz ſind, ſtreitet und zankt /man ſich. Wie ruͤhrend iſt die Erfindung in manchem /Gedicht: nur durch Sprache, Bilder und Wendungen /ſo entſtellt, daß man oft unfehlbares Senſorium haben / 130 muß, um es zu entdecken. Alles dies iſt ſo wahr, daß /der Gedanke zu unſern vollkommenſten Kunſtwerken (z. B. /eines großen Theils der Shakeſpearſchen) bei der Lek/tuͤre ſchlechter, der Vergeſſenheit ganz uͤbergebener Bro/ſchuͤren und Charteken entſtanden iſt. Wer alſo Schil/ler und Goͤthe lobt, der giebt mir dadurch noch gar /nicht, wie er glaubt, den Beweis eines vorzuͤglichen und /außerordentlichen Schoͤnheitsſinnes; wer aber mit Gellert /und Kronegck hie und da zufrieden iſt, der laͤßt mich, / wenn er nur ſonſt in einer Rede Recht hat, vermu/ 140 then, daß er Verſtand und Empfindungen, und zwar /beide in einem ſeltenen Grade beſitzt./ r y./
Miscellen./
Zu Montesquieu’s Zeiten waren die Friſuren ſo /hoch, daß es, wie er witzig bemerkt, ausſah, als ob die /Geſichter in der Mitte der menſchlichen Geſtalt ſtaͤnden; /bald nachher wurden die Hacken ſo hoch, daß es aus/ſah, als ob die Fuͤße dieſen ſonderbaren Platz einnaͤh/men. Auf eine aͤhnliche Art waren, mit Montesquieu / 150 zu reden, vor einer Handvoll Jahren, die Taillen ſo / duͤnn, daß es ausſah, als ob die Frauen gar keine Lei/ber haͤtten; jetzt im Gegentheil ſind die Arme ſo dick, /daß es ausſieht, als ob ſie deren drei haͤtten./