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Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.
Rio Janeiro, den 8ten Oct.
In dem Gouvernement von
Buenos⸗Ayres ſind
wichtige Veraͤnderungen vorgefallen. —
Die neue Re⸗
gierung
hat den Vicekoͤnig Cisneros gefangen neh⸗5
men und
nach Europa ſenden laſſen. Die alten Spa⸗
nier ſind der Junta von Buenos⸗Ayres zuwider,
aber nicht zahlreich genug, um etwas gegen ſie un⸗
ternehmen zu koͤnnen.
Die Stadt Cordova, in welcher ſich Don Santo⸗10
jago Liniers befand, wiederſetzte ſich gleichwohl der
Junta. Bald darauf wurde die Stadt durch ein
von
der Junta abgeſandtes Truppenkorps berennt,
und
zur Unterwerfung gezwungen. Liniers, und einige ſei⸗
ner Anhaͤnger, fluͤchteten ins Innere, wurden aber15
verfolgt, gefangen genommen, und ſaͤmmtlich fuͤſilirt.
Kaum war die Nachricht von dieſer tragiſchen
Begebenheit
nach Monte⸗Video gekommen, als die
Regierung dieſer Stadt
ihrer Seits wieder die Bela⸗
gerung von
Buenos⸗Ayres anfangen ließ. Man ſieht20
den Folgen aller dieſer anarchiſchen Bewegungen mit
Ungeduld und Betruͤbniß entgegen. Die engliſchen,
ſpaniſchen und
portugieſiſchen Eskadern unterſtuͤtzen
die Stadt
Monte⸗Video in der Belagerung von
Buenos⸗Ayres. (L. d. B.)25
Preßburg, den 18ten Nov.
Nach Briefen aus der Wallachei iſt der Reis⸗
Effendi, der wegen Friedensunterhandlungen daſelbſt
angekommen war, unverrichteter Sache wieder aus
dem Ruſſ.
Hauptquartier nach Conſtantinopel zuruͤck30
gekehrt. (L. d. B.)
Ueber die in Oeſtreich erſchienene neue
Cenſurverordnung.
Dem vergleichenden Beobachter der Zeitbegeben⸗
heiten wird eine in Oeſtreich neu erſchienene Cenſur⸗35
[ 77 ]
304verordnung merkwuͤrdig ſein,
die mit dem 1ſten Nov.
1810 in Wirkſamkeit treten ſoll.
Sie iſt von der Po⸗
lizei⸗ und Cenſur⸗Hofſtelle in Wien, an deren Spitze
jetzt der Frhr. v. ſteht, vorgeſchlagen, und von
Sr.
K. K. Majeſtaͤt, mit einigen Modificationen, ge⸗40
nehmigt worden. Nach einer, im Eingang
befindli⸗
chen Erklaͤrung, iſt die Abſicht des
Kaiſers: „Leſe⸗
und
Schreibefreiheit in dem Maaß zu beguͤnſtigen, daß
einerſeits kein Strahl nuͤtzlichen Lichtes verhindert
werde, in die Monarchie einzudringen, andrerſeits45
aber
auch alles Aergerniß und alle Verfuͤhrung der
Schwachen
und Unmuͤndigen vermieden werde. Aus
dieſem allgemeinen Grundſatz ſind folgende Special⸗
verfuͤgungen abgeleitet: 1) Wiſſenſchaftliche Werke
von
Werth muͤſſen nachſichtig behandelt
werden.
werde.
werde.
2)50
Werke, die uͤber die
verſchiedenen Zweige der inneren
Verwaltung erſcheinen,
ſollen nicht unterdruͤckt wer⸗
den, auch wenn die
Anſichten ihrer Vf. von jenen
der oͤffentlichen
Staatsverwaltung abweichen; wofern
nur ſonſt die
Beſcheidenheit nicht verletzt und keine55
Perſoͤnlichkeiten
eingemiſcht werden. 3) Strenger ſoll
die Cenſur bei Volksſchriften uͤberhaupt ſein, beſon⸗
ders bei Romanen, bei Producten des Witzes und
bei
Werken der Dichtkunſt. Anerkannte deutſche und ande⸗
re Klaſſiker aber, und alſo auch die, welche kuͤnftig60
die Ehre erlangen, zu dieſen gerechnet zu werden, ſol⸗
len gleichfalls mit Milde und Nachſicht
behandelt
werden. 4)
Kein Nachdruck hat Statt, ohne Erlaub⸗
niß eben
gedachter Cenſur⸗Hofſtelle. 5) Die Erlaub⸗
niß zum Kaufen abſolut verbotener Buͤcher
ertheilt65
die Polizeihofſtelle, und wird dieſelbe
Gelehrten und
Geſchaͤftsmaͤnnern auf keine Art
erſchweren. — Ueber⸗
haupt wird in dieſer Verordnung der großen Wahr⸗
heit gehuldigt: daß die vorzuͤglichſte Macht des
Staats
in der hoͤheren Bildung ſeiner Buͤrger liege.70
Was die Nachdrucke verſchiedener deutſcher Schrif⸗
ten, welche zur Zeit der franzoͤſiſchen Beſetzung von Wien
ſtatt hatten, anbetrifft, ſo iſt im Aug. 1810
folgendes
daruͤber
enſchieden
entſchieden
worden: 1) Wielands und Goͤ⸗
thes ſaͤmmtliche Werke ſind erlaubt. Die einzel⸗75
nen Werke beider, die vorher nur gegen
Erlaubniß⸗
zettel gekauft werden durften,
duͤrfen nur verkauft,
aber nicht angekuͤndigt werden.
2) Schillers ſaͤmmt⸗
liche Werke, wie ſie
Anton Doll geſammelt herausge⸗
305geben, ſind erlaubt. Das Theater von Schiller iſt80
auch
einzeln erlaubt, darf aber nicht mehr nachge⸗
druckt werden. Werke von Schiller, die man
vorher nur
gegen Erlaubnißzettel erhielt, ſind
freigegeben zum
Verkauf, jedoch ohne oͤffentliche
Ankuͤndigung. 3) Fol⸗
gende Nachdruͤcke ſind geduldet, aber der Nachdruck85
derſelben ſoll kuͤnftig nicht mehr ſtatt haben: der
Nachdruck der Gedichte von Seume, des Gei⸗
ſterſehers
von Schiller, Veit Webers Sa⸗
gen der Vorzeit,
heimlichen Ge⸗
richts ⁊c.. 4) Folgende Nachdruͤcke
ſind geduldet, fuͤr90
kuͤnftig aber nicht zu wiederholen,
und auch nicht, au⸗
ßer in Meßkatalogen,
anzukuͤndigen: Kotzebues
juͤngſte
Kinder meiner Laune, Pfeffels
poetiſche
Verſuche, mehrere Werke von Kramer,
Langbeins Schwaͤnke, Wielands Dſchini⸗95
ſtan, Klingers philoſophiſche Romane
⁊c..
5) Folgende Nachdruͤcke ſind nur gegen Meldung des
Namens der Kaͤufer abzulaſſen: Kramers Haſper
a Spada, Rouſſeaus Julie oder die neue He⸗
loiſe und Kotzebues
kleine geſammelte Schriften.100
6) Folgende Nachdruͤcke endlich ſind in Beſchlag ge⸗
nommen und ganz verboten: Thuͤmmels Reiſen in
die mittaͤglichen Provinzen von Frankreich und Oeu⸗
vres choisies de
Voltaire 1-9r Band, deutſch und
franzoͤſiſch,
worin die Contes und Romans enthalten105
ſind.
(Allg. Lit. Z.)
Duplik
(auf Hrn. Hitzigs Replik
in
im
letzten Stuͤck der Berliner
Zeitungen.)110
Wenn Hr. Buchhaͤndler J. E. Hitzig doch, der
Wahrheit
zu Ehren, geſtehen wollte, daß er Unrecht
hatte, die
Lieferung der Abendblaͤtter bei dem 72ſten
Stuͤck
abzubrechen: die unterzeichnete Buchhandlung
fordert ja
die Koſten der fuͤr ihn bis zum 1ſten Jan.115
1811
nachgelieferten Blaͤtter nicht zuruͤck. Der
Vier⸗
teljahrgang, den er verſprach, beſteht
nicht aus 12
Wochen, woraus er 12 x 6 = 72 Blaͤtter
heraus⸗
rechnet, ſondern aus 13 Wochen und 1
Tag, welches
306 79, oder wenigſtens, nach Abzug der beiden Stuͤcke120
fuͤr die Weihnachtsfeiertage, 77 Blaͤtter betraͤgt. Wuͤr⸗
de er, wenn der
Verlag der Abendblaͤtter bei ihm
geblieben waͤre, das
Abonnement fuͤr den naͤchſtfol⸗
genden
Vierteljahrgang, ſtatt am 1ſten Januar, wie
es ſich
gehoͤrt, am 24ſten December eingezogen und125
denſelben den
16ten Maͤrz (wiederum 8 Tage zu
fruͤh) geſchloſſen
haben? Erklaͤrungen, wie die von
ihm im letzten Stuͤck der Berliner Zeitungen erlaſ⸗
ſene, geben Stoff zu Randgloſſen, und koſten
ja
eben das Geld, um deſſen Erſparniß es ihm, bei
je⸗130
ner Maasregel, zu thun war. — Uebrigens beſagen ja
auch ſeine
Quittungen uͤber das Abonnements⸗Geld
deutlich genug:
daß er das erſte Quartal (nicht
72
Blaͤtter) bezahlt erhalten habe.
Kunſt⸗ und
Induſtrie⸗Comptoir135
zu Berlin.
Seufzer eines Ehemanns.
Seit uns des Prieſters Hand
Am Traualtar verband,
Hat meine Frau — was bin ich doch geplagt! —140
Nie wieder Ja geſagt.
Miscellen.
Fallſtaff bemerkt, in der Schenke von Eaſtſcheap,
daß
er nicht bloß ſelbſt witzig, ſondern auch Schuld
ſei,
daß andere Leute (auf ſeine Koſten) witzig waͤren.145
Mancher Gimpel, den ich hier nicht nennen mag,
ſtellt
dieſen Satz auf den Kopf. Denn er iſt nicht bloß
ſelbſt
albern, ſondern auch Schuld daran, daß andere
Leute,
ſeinem Geſicht und ſeinen Reden
gegenuͤber)
gegenuͤber,
al⸗
bern werden.150
tz.
Anzeige.
Das erſte Blatt des neuen Jahrganges wird (we⸗
gen des morgenden Feſtes) Mittwoch d. 2. Jan. aus⸗
gegeben.155