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Berliner Abendblaͤtter.
75tes Blatt. Den 28ten December 1810.
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.
Paris, den 18ten Dec.
Zufolge eines Dekrets Sr. Maj. des Kaiſers und Koͤnigs ſoll fuͤr die Departements der Ober⸗Ems, der Weſer⸗Muͤndungen und der Elb⸗Muͤndungen eine Regierungs⸗Commiſſion organiſirt werden, die am 1ſten Jan. 1811 in Kraft tritt.
Dieſe Commiſſion ſoll beſtehen, aus dem Marſchall, Prinzen v. Eckmuͤhl, der die Stelle als General⸗Gouverneur und Praͤſident bekleidet, und zwei Staatsraͤthen, deren Einer mit den Functionen des Innern und der Finanzen, der Andere mit der Organiſation der Tribunaͤle beauftragt iſt.
Alle Acten der Regierungs⸗Commiſſion ſollen von dem Gen. Gouverneur unterzeichnet, in ſeinem Namen und Befehl zur Ausfuͤhrung gebracht werden; alles was ſich auf das Commando der Truppen und auf die hohe Polizei bezieht, ausſchließlich fuͤr ihn gehoͤren und der Gen. Gouverneur nur dem KriegsMiniſter dafuͤr verantwortlich ſein.
Es ſollen vorbereitende Maßregeln zur Einfuͤhrung des Code Napoleon, des Code de Commerce, ſo wie aller anderen franz. Geſetzbuͤcher, getroffen werden. (L. d. B.)
Vom Mayn, 17ten Dec. Wie verlautet, werden naͤchſtens die Angelegenheiten des Rheinbundes eine naͤhere Beſtimmung erhalten; der Herr Graf Otto iſt, wie man vernimmt, zum Kanzler des Rheinbundes ernannt. (L. d. B.)
Erinnerungen aus der Krankheitsgeſchichte des Koͤnigs von England.
Der Koͤnig von England, deſſen Uebel im Jahr 1788 beinahe um die nemliche Jahreszeit, wie im jetzigen, angefangen hatte, war Ende Februars des folgen 296den Jahres wieder hergeſtellt. Die allgemeine Freude in England war graͤnzenlos. Dr. Willis, der Arzt, der den Koͤnig behandelt hatte, wurde wie ein andrer Aeskulap mit beynahe goͤttlichen Ehrenbezeugungen belohnt. Auf einer Reiſe nach Lincolnſhire laͤutete man in den Orten, wo er durchreiſete, die Glokken, ſpannte die Pferde von dem Wagen, um ihn zu ziehen, u. ſ. w. Die reichern Englaͤnder ließen die aͤrmern an der allgemeinen Freude dadurch Theil nehmen, daß man ſie allenthalben ſpeiſete. Der Koͤnig ſelbſt ließ 200 Arbeiter, deren Arbeiten in den Gaͤrten von Kew, (einem der Koͤnigl. Luſtſchloͤſſer,) waͤhrend der Krankheit eingeſtellet geweſen waren, ſpeiſen, und ihnen den ganzen Arbeitslohn auszahlen, als wenn ſie gearbeitet haͤtten.
Der Prinz von Wallis hatte waͤhrend der ſehr kritiſchen Periode der Krankheit, da gewiſſermaßen um ſein Regenten⸗Panier die beiden großen politiſchen Partheyen in wilden Stuͤrmen kaͤmpften, durch ſein Betragen die Achtung beider erworben. Wie einer der Koͤniglichen Leibaͤrzte, Dr. Warren, ihm die Wiederherſtellung des Koͤnigs beinahe in dem nemlichen Augenblicke verkuͤndigte, da eine Deputation von beiden Haͤuſern des damaligen Irlaͤndiſchen Parlaments ihm die uneingeſchraͤnkte Regierung uͤber Irland, (die er natuͤrlich ablehnte,) antrug, antwortete der Prinz dem Dr. Warren mit einem Haͤndedrucke und voll Freude: „Fuͤr dieſe Nachricht danke ich Ihnen aufrichtigſt. Sie iſt fuͤr mich die angenehmſte, die ich je in meinem Leben gehoͤrt habe.“
Am 18ten Maͤrz war eine allgemeine Erleuchtung in London. Die Koͤnigin und die Prinzeſſinnen fuhren durch die Straßen und ſoupirten hernach — eine in England ſehr ſeltene Auszeichnung, — bei dem alten Lord Bathurſt, dem nun verſtorbenen Vater eines der jetzigen Engliſchen Miniſter. Erſt zwiſchen 1 und 2 Uhr kehrten ſie zuruͤck. Der Koͤnig war nicht allein aufgeblieben, um ſie zu erwarten, ſondern er ging an den Wagen hinab, um der Koͤnigin beim Ausſteigen zu helfen. Ein ſeltenes Beiſpiel von Liebe, Achtung, Aufmerkſamkeit, nach einer Ehe von 26 Jahren mit 13 lebenden und einigen fruͤh verſtorbenen Kindern. — Allenthalben, nur nicht in Berlin, wuͤrde man hinzuſetzen: am ſeltenſten auf Thronen.
297Der 23te April, das Feſt des heiligen Georgs, welches alljaͤhrlich von einer ehrwuͤrdigen Geſellſchaft, die uͤber den ganzen Erdboden verbreitet iſt, gefeiert wird, war dasmal feſtgeſetzt, um das allgemeine Dankfeſt fuͤr die Wiederherſtellung des Koͤnigs im ganzen Brittiſchen Reiche zu feiern. Der Koͤnig ſelbſt fuhr in feierlicher Prozeſſion nach der praͤchtigen Cathedral⸗Kirche von St. Paul, welche nachher am Abend mit 60,000 Lampen erleuchtet wurde. Die Begierde, den koͤniglichen Zug zu ſehen, war ſo groß, daß einem Hauseigenthuͤmer in der Nachbarſchaft der St. Paulskirche 300 Pf. Sterl. angeboten wurden, um es fuͤr Zuſchauer einzuraͤumen, eine Summe, die der Eigenthuͤmer ausſchlug. In der Kirche ſelbſt wurden die entfernteſten Plaͤtze mit 5 Guineen bezahlt. 10,000 beſonders fuͤr dieſe Gelegenheit geſchlagene Medaillen wurden unter das Volk ausgeſtreuet. Da man ein Paar Tage vor der Prozeſſion beſorgte, daß durch eine Menge temporaͤrer Geruͤſte fuͤr Zuſchauer, welche bereits errichtet waren, Ungluͤcksfaͤlle entſtehen moͤgten, ſo beſchaͤftigten ſich ſofort beide Parlamentshaͤuſer mit dieſem Gegenſtande, verhoͤrten die beruͤhmteſten Baumeiſter, ernannten eine Comittée fuͤr den Zweck heilſamer Anordnungen, und alle Geruͤſte wurden ſofort niedergeriſſen. Alte Haͤuſer wieder, die der Steinkohlendampf geſchwaͤrzt hatte, wurden mit freundlichen Farben aufgefriſcht. Am Tage der Feierlichkeit Feierlickeit ſelbſt war das ruͤhrendſte der Anblick von 8000 neugekleideten Armenkindern auf 2 Amphitheatern in der weiten St. Paulskirche, die bei dem Anblicke des Monarchen ſich verbeugten und den 100ſten Pſalm ſangen. — Es laͤßt ſich zu dem Gemaͤhlde ſchwerlich etwas hinzuſetzen, als ein Wort des Koͤnigs ſelbſt. Man rieth ihm, ehe er nach der Kirche fuhr, ſich in dem kuͤhlen Gebaͤude warm zu halten. Seine Antwort war: Mir iſt niemals kalt in einer Kirche. †
Warnung.
Im Selbſtverlage des ungenannten Verfaſſers (Letzte Straße Nro. 22.) iſt ein — wie der Titel beſagt — „Allgemeines (Induſtrie) Adreßbuch fuͤr Berlin auf d. J. 1811“ erſchienen. Gegen dieſe Einſchal298tung haben wir zu bemerken, eben daß die Hauptſache eingeſchaltet ſei, und nur ein: Induſtrie⸗ oder allenfalls: Allgem. Induſtrie⸗, keinesweges aber ein Allgemeines Adreßbuch hier zu ſuchen iſt. Um ſo mehr haben wir die Anzeige deſſelben in Nro. 155 der Spenerſchen Zeitung zu ruͤgen, die das hier weſentliche: Induſtrie weglaͤßt, und ohne Weiteres ein Allgemeines Adreßbuch ankuͤndigt; wodurch man, wie dem Einſender begegnet iſt —, verleitet werden koͤnnte, einen unnuͤtzen Kauf zu machen, in ſo fern man die Wohnungen der Koͤnigl. Officianten und anderer oͤffentlichen Beamten, die ohne Zweifel in ein Allgemeines Adreßbuch gehoͤren, zu erfahren beabſichtigte. — Hiermit haben wir das Verdienſtliche der Unternehmung eines bloßen Induſtrie⸗Adreßbuches anerkennen, das Zweckmaͤßige der Einrichtung und den Werth der Ausfuͤhrung des Vorliegenden dahin geſtellt ſeyn laſſen, und nur gegen die Induſtrie dieſes InduſtrieAdreßbuches warnen wollen.
Miszellen.
Bei Hirchenhain biß am 30. Auguſt eine tolle Katze einen Knaben, eine Frau und einige Kuͤhe. Der Knabe ſtarb, trotz aller Mittel, und die Kuͤhe wurden todt geſchlagen. Die Frau befindet ſich geſund.
Oeffentliche Blaͤtter erzaͤhlen, daß in Duͤrrenſtein bei Krems, in einem finſtern Kerker, eine 12 Ellen lange Schlange gefangen wurde, nachdem ſie vorher einen Mann und ein Kalb gefreſſen hatte. Dieſe Geſchichte iſt wahrſcheinlich ein Seitenſtuͤck zu den fabelhaften Menſchenfreſſer⸗Ratzen in Torgau.
Anzeige.
Im Kunſt⸗ und Induſtrie⸗Comptoir, (Leipziger⸗ und Charlottenſtraßen⸗Ecke Nro. 36) iſt erſchienen:
Variations faciles p. l. Pianof. ſur la Marche de la Tragédie: Die Weihe der Kraft, par Wilh. Schneider. Oe. 14. Pr. 12 Gr.