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Berliner Abendblätter.
58tes Blatt. Den 6ten Dezember 1810.
Des Journals für Kunst, Kunstsachen, Künsteleien und Moden 2ter Jahrgang 1ter Band, enthält unter mehreren andern interessanten Aufsätzen, eine Anzeige über eine veränderte Einrichtung der Klaviatur der Tasteninstrumente, von einem der scharfsinnigsten Mathematiker jetziger Zeit, Hr. Dr. K. Chr. F. Krause in Dresden. Da diese Erfindung ohne Zweifel, wegen ihrer in die Augen fallenden Zweckmäßigkeit, einen Abschnitt, sowohl in der Klavier⸗Spiel⸗ als Klavier⸗Baukunst, bilden wird: so wollen wir nicht unterlassen, zu ihrer Verbreitung das, was in unserm Kreise liegt, hiermit beizutragen.
Ueber eine wesentliche Verbesserung der Klaviatur der Tasteninstrumente.
Die verbesserte Klaviatur, berichtet Hr. Dr. Krause, enthält die sogenannten Semitonia nicht als Obertasten; sondern alle Tasten bilden eine ununterbrochene Fläche und sind vollkommen gleich breit; dennoch ist die Breite einer jeden noch um etwas größer, als ein Finger, und es läßt sich daher diese Klaviatur, da sie nicht weitgriffiger ist, eben so bequem, als die alte, spielen. Musiker und Instrumentenmacher, denen ich meinen Einfall mittheilte, zweifelten an dessen Ausführbarkeit; nachdem mir aber der hiesige geschickte Instrumentenmacher, Herr Rosenkranz, eine solche Klaviatur zu einem schon vorräthigen Instrumente gebaut hat, lehrt mich seit einigen Tagen der eigne Gebrauch, was diese Einrichtung leistet. Ich will ihre Vortheile kurz anzeigen, um Alle, welche Zeit sparen, und ein runderes Spiel auch durch die Klaviatur befördert wissen wollen, zur Nachahmung einzuladen.
228Bei dieser einfachen Klaviatur ist
1) Der Anschlag aller Töne gleich stark.
2) Es spielt sich in allen Tonarten gleich leicht, und zwar wenigstens eben so leicht, als auf der gewöhnlichen Klaviatur aus c dur.
3) Der Unterschied der Entfernung ganzer und halber Töne wird schon durch die verschiedene Lage der Finger dem Gedächtnisse eingeprägt und eingeübt.
4) Alle weichen Tonarten spielen sich eben so leicht, als die harten.
5) Das Transponiren einer Tonart in die andere, selbst prima vista, hat nicht die geringste Schwierigkeit, und fordert keine besondere Uebung.
6) Alle sogenannte Manieren oder Verzierungen der Melodie werden in allen Tonarten gleich leicht und rund hervorgebracht.
7) Sehr vieles wird, und in zwar jeder Tonart, spielbar, was zuvor wegen der Applikatur und der hindernden Obertasten gar nicht möglich, oder doch äußerst schwer zu executiren war.
8) Die Applikatur wird unendlich einfacher und sicherer.
Wie zeitkostend und wie lästig ist dem Genie die mechanische Uebung! Wer wird eine bloß mechanische Fertigkeit mit der ganzen Zeit lieber, als mit dem zehnten Theile erwerben wollen? — Man kennt wohl keinen Virtuosen, der aus allen Tonarten Alles gleich leicht und rund spielen und in allen Tonarten gleich gut Noten lesen könnte. Diese lernt aber ein jeder von selbst, der sich dieser einfachen Klaviatur bedient.
Alles, was Zeit spart und dem Genie einen weitern Wirkungskreis eröffnet, verdient Aufmerksamkeit, es sey an sich selbst so geringfügig, als es wolle. Das aufkeimende Genie des Virtuosen wird mit dieser einfachen Klaviatur Jahre sparen, und die Komponisten werden alle Tonarten gleich behandeln und einer gleichguten Execution ihrer Werke auf dem Tasteninstrumente sicher seyn können, in welcher Tonart sie auch gesetzt sein 229 mögen. — In wenig Monaten wird ein geübter Spieler auf dieser Klaviatur völlig eingewöhnen, und dadurch errungen haben, was ihm Jahre nicht gewährt hatten: — gleichfertiges Spiel in allen Tonarten.
Noch bemerke ich, daß durch diese Vereinfachung der Klaviatur ihre Vervollkommnung noch nicht beendigt ist. So werde ich mir, zum Beispiel, auf meinem Instrumente eine Vorrichtung anbringen lassen, wodurch ich mit demselben Finger, ohne die geringste Dehnung und Anstrengung, von jedem Tone seine Oktave, entweder allein oder mit ihm zugleich, anschlagen kann. Dadurch wird man spielen lernen, als wenn man mehr als zwei Hände hätte; man wird mit der einen Hand unisono in drei Oktaven spielen, Dezimen wie Terzien greifen, und auch weiter langen können, als auf der Harfe.
Auch steht die Verbesserung der Klaviatur mit noch viel wichtigern Dingen in Beziehung. Sollte unsere Melodie und Harmonie mit Zwischentönen bereichert werden, woran ich nicht zweifle; so würden sie sich bei dieser Klaviatur auf eine höchst einfache Art anbringen lassen. Sodann stimmt auch die Einrichtung derselben mit der nothwendigen Verbesserung unsrer musikalischen Zeichensprache, besonders der Noten-Tabulatur zusammen, worüber ich bald etwas mitzutheilen hoffe.
Anekdote.
Als man den Diogenes fragte, wo er nach seinem Tode begraben sein wolle? antwortete er: „mitten auf das Feld.“ Was, versetzte jemand, willst du von den Vögeln und wilden Thieren gefressen werden? „So lege man meinen Stab neben mich,“ antwortete er, „damit ich sie wegjagen könne.“ Wegjagen! rief der Andere; wenn du todt bist, hast du ja keine Empfindung! „Nun denn, was liegt mir daran,“ erwiderte er, „ob mich die Vögel fressen oder nicht?“ —
Helgoländisches Gottesgericht.
Die Helgoländer haben eine sonderbare Art, ihre Streitigkeiten in zweifelhaften Fällen, zu entscheiden; und wie die Partheyen, bei anderen Völkerschaften, zu den Waffen greifen, und das Blut entscheiden lassen, so werfen sie ihre Lootsenzeichen (Medaillen von Messing, mit einer Nummer, die einem jeden von ihnen zugehört) in einen Huth, und lassen durch einen Schiedsrichter, Eine derselben herausziehn. Der Eigenthümer der Nummer bekommt alsdann Recht.
Miscellen.
Herr Robertson hat am 28ten Okt. vor einer unzähligen Menge Volks, seine 37ste Luftreise, im Baumgarten zu Bubenetsch bei Prag gehalten. Er erhob sich gegen Nordost, über den Moldaustrom hinweg, zu solcher Höhe, daß kein menschliches Auge im Stande war, den Ballon am Horizont mehr wahrzunehmen, oder zu erkennen. (Oester. Beob.)
Im Torgauischen Amte in Sachsen, hat sich eine Art von Rindviehseuche (die Löserdürre) gezeigt, weshalb von mehrern Seiten der Verkehr mit Vieh in jener Gegend untersagt worden ist. (Hall. Wochenbl.)
Auflösung der im vorigen Stück enthaltenen Charade.
Das Wort: Ja.