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Berliner Abendblätter.
30tes Blatt. Den 3ten November 1810.
Eine Legende nach Hans Sachs.
Gleich und Ungleich.
Der Herr, als er auf Erden noch einherging,/ f_bh_yt Kam mit Sanct Peter einst an einen Scheideweg,/ f_bh_yt Und fragte, unbekannt des Landes,/ f_bh_yt Das er durchstreifte, einen Bauersknecht,/ f_bh_yt Der faul, da, wo der Rain sich spaltete, gestreckt/ f_bh_yt In eines Birnbaums Schatten lag:/ f_bh_yt Was für ein Weg nach Jericho ihn führe?/ f_bh_yt Der Kerl, die Männer nicht beachtend,/ f_bh_yt Verdrießlich, sich zu regen, hob ein Bein,/ f_bh_yt Zeigt’ auf ein Haus im Feld’, und gähnt’ und sprach: da unten!/ f_bh_yt Zerrt sich die Mütze über’s Ohr zurecht,/ f_bh_yt Kehrt sich, und schnarcht schon wieder ein./ f_bh_yt Die Männer drauf, wohin das Bein gewiesen,/ f_bh_yt Gehn ihre Straße fort; jedoch nicht lange währt’s,/ f_bh_yt Von Menschen leer, wie sie das Haus befinden,/ f_bh_yt Sind sie im Land’ schon wieder irr./ f_bh_yt Da steht, im heißen Strahl der Mittagssonne,/ f_bh_yt Bedeckt von Aehren, eine Magd,/ f_bh_yt Die schneidet, frisch und wacker, Korn,/ f_bh_yt Der Schweiß rollt ihr vom Angesicht herab./ f_bh_yt Der Herr, nachdem er sich gefällig drob ergangen,/ f_bh_yt Kehrt also sich mit Freundlichkeit zu ihr:/ f_bh_yt „Mein Töchterchen gehn wir auch recht,/ f_bh_yt So wie wir stehn, den Weg nach Jericho?“/ f_bh_yt Die Magd antwortet flink: „Ei, Herr!/ f_bh_yt Da seid ihr weit vom Wege irr gegangen;/ f_bh_yt Dort hinterm Walde liegt der Thurm von Jericho,/ f_bh_yt Kommt her, ich will den Weg euch zeigen.“/ f_bh_yt 120 Und legt die Sichel weg, und führt, geschickt und emsig,/ f_bh_yt Durch Aecker die der Rain durchschneidet,/ f_bh_yt Die Männer auf die rechte Straße hin,/ f_bh_yt Zeigt noch, wo schon der Thurm von Jericho erglänzet,/ f_bh_yt Grüßt sie und eilt zurücke wieder,/ f_bh_yt Auf daß sie schneid’, in Rüstigkeit, und raffe,/ f_bh_yt Von Schweiß betrieft, im Waizenfelde,/ f_bh_yt So nach wie vor./ f_bh_yt Sanct Peter spricht: „O Meister mein!/ f_bh_yt Ich bitte dich, um deiner Güte willen,/ f_bh_yt Du wollost dieser Maid die That der Liebe lohnen,/ f_bh_yt Und, flink und wacker, wie sie ist,/ f_bh_yt Ihr einen Mann, flink auch und wacker, schenken.“/ f_bh_yt „Die Maid,“ versetzt der Herr voll Ernst,/ f_bh_yt „Die soll den faulen Schelmen nehmen,/ f_bh_yt Den wir am Scheideweg im Birnbaumsschatten trafen;/ f_bh_yt Also beschloß ich’s gleich im Herzen,/ f_bh_yt Als ich im Waizenfeld sie sah.“/ f_bh_yt Sanct Peter spricht: „Nein Herr, das wolle Gott verhüten./ f_bh_yt Das wär ja ewig Schad um sie,/ f_bh_yt Müßt’ all ihr Schweiß und Müh’ verloren gehn./ f_bh_yt Laß einen Mann, ihr ähnlicher sie finden,/ f_bh_yt Auf daß sich, wie sie wünscht, hoch bis zum Giebel ihr/ f_bh_yt Der Reichthum in der Tenne fülle.“/ f_bh_yt Der Herr antwortet, mild den Sanctus strafend:/ f_bh_yt „O Petre, das verstehst du nicht./ f_bh_yt Der Schelm, der kann doch nicht zur Höllen fahren./ f_bh_yt Die Maid auch, frischen Lebens voll,/ f_bh_yt Die könnte leicht zu stolz und üppig werden./ f_bh_yt Drum, wo die Schwinge sich ihr allzuflüchtig regt,/ f_bh_yt Henk’ ich ihr ein Gewichtlein an,/ f_bh_yt Auf daß sie’s beide im Maaße treffen,/ f_bh_yt Und fröhlich, wenn es ruft, hinkommen, er wie sie,/ f_bh_yt Wo ich sie Alle gern versammeln mögte./ f_bh_ytTheater.
Sonderbares Versehn.
Durch einen unerklärlichen Zufall sind neulich bei der Aufführung der unvergleichlichen Iphigenia in Tauris, der einzigen ernsten Oper in der Welt, ein Paar Tänze aus dem Ballette der Opernschneider am feierlichen Schlusse zwischen getreten, welches dem Publikum große Belustigung gewährt hat. Das Publikum erklärte sich nachher, daß es zwar dankbar wäre, für die Aufmerksamkeit, ihm Ballette zu geben, es bäte sich aber dergleichen, wenn es nirgends gut anzubringen wäre, lieber als Nachspiel aus; auch wäre es ihm lieb, wenn die Tänzer die drei oder vier Zusammenstellungen, die sich seit der Vigano noch immer wie alte abgenutzte Dekorationen herumtreiben, endlich einmal mit ein Paar neuen vertauschten, besonders in einer heroischen Oper; gern würde es auch im ersten Aufzuge, statt des Gespringes des einen Herrn, den Doppeltanz der beiden Krieger sehen, wie er in Paris aufgeführt wird, das Vollendetste in Wirkung und Zusammenhang (im Gegensatze der beiden Gefangenen die traurig und erschöpft nachgeführt werden,) was je die Tanzkunst hervorgebracht.
ava.
Guter Rath.
Lasse den Thoren daheim, und send’ ihn nimmer auf Reisen, Neue Thorheit allein bringt er aus jeglichem Land.
W.
Zeichen.
Hör und merk es wohl, woran du den Thoren erkennest. Er denkt dieses Geschlechts, denket der Thoren kein Mensch. 122 Ein Fuchs wittert den andern, besagt treuherzig das Sprichwort, Kein Thor, setz’ ich hinzu, der nicht den anderen merkt.
W.
Miscellen.
Mehreren Individuen in Tyrol sind Wohnorte in andern Theilen Baierns angewiesen. [liest ›angewiesen.‹] (Alt. Merk.)
In Paris ist die Gräfinn Montesquiou zur Hofmeisterinn der kaiserlichen Kinder (Gouvernante des enfans de France) ernannt worden.
Im Russischen Reiche wird nächstens eine außerordentliche Rekrutenaushebung statt finden. (L. d. B.)
In Wien hat man die traurige Nachricht erhalten, daß die Türken, die in so schönem Flor gestandene Russische Handelsstadt Odessa, am schwarzen Meer, bombardirt, und sehr beschädigt haben. Viele Waaren sind dabei zu Grunde gegangen.
Nach einem unverbürgten Gerücht soll auf einen Waffenstillstand zwischen der Pforte und Rußland angetragen sein, und die Russischen Truppen, welche nach der Donau beordert waren, Gegenbefehl erhalten haben. (L. d. B.)
Briefen aus Petersburg zufolge herrscht in dem dasigen Reichssenat und bei dem geheimen Conseil eine außerordentliche Thätigtigkeit. Ueber den Zweck der Sitzungen, die gehalten werden, herrscht das tiefste Geheimniß. Man sagt, es seien Unterhandlungen mit dem Divan eingetreten. (Rhein. Cor. d. 25. Oct.)
Laut Particularberichten aus Paris soll das Armee-Corps des Gen. Reynier, an den Portugiesischen Gränzen, von einer großen Uebermacht und mit ansehnlichem Verlust zurückgedrängt worden sein. Der Herzog von Abrantes soll dieses Corps zu spät oder gar nicht unterstützt haben, worauf er in Ungnade gefallen und zur Verantwortung gezogen sein soll. (Schweiz. N. d. 19. Oct.)
Der Moniteur vom 24. Oct. enthält zwei Briefe vom Div. Gen. Drouet und vom General-Intendanten der Portug. Armee, Lambert, über die glücklichen Fortschritte der französischen Truppen in Portugal.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Einem Huthfabrikanten sind gestern 1 Dutzend silberne Eßlöffel und noch mehreres Silbergeräth aus seinem Speisezimmer gestohlen; und
Einer Wittwe mehrere neue Kleidungsstücke.
Auf dem Neuen Markt ist ein abgenutztes Gemäß zerschlagen.