Alle Textversionen sind inhaltlich identisch und folgen dem angegebenen Textzeugen.
Die
Fassung Erstdruck/Textzeuge zeigt die zeichengenaue Wiedergabe des Textzeugen. Nur offensichtliche Fehler sind emendiert. Alle Emendationen sind im Apparat verzeichnet. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.
In der Textversion ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Ansonsten folgt sie der angegebenen Textquelle.
In der Textversion ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ sind zusätzlich das lange ſ und historische Umlautformen der heutigen Orthographie angepasst.
Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft.
Herrlich ist es, in einer
unendlichen Einsamkeit am
Meeresufer, unter trübem Himmel, auf eine
unbe¬
gränzte
Wasserwüste, hinauszuschauen. Dazu gehört
gleichwohl, daß man dahin gegangen sei, daß man zu¬5
rück muß, daß man hinüber mögte, daß man es nicht
kann, daß man Alles zum Leben vermißt, und die
Stimme des
Lebens dennoch im Rauschen der Fluth,
im Wehen der Luft, im Ziehen der
Wolken, dem ein¬
samen
Geschrei der Vögel, vernimmt. Dazu gehört 10
ein Anspruch, den das Herz
macht, und ein Abbruch,
um mich so auszudrücken, den Einem die Natur
thut.
Dies aber ist vor dem Bilde unmöglich,
und das, was
ich in dem Bilde selbst finden sollte, fand ich erst
zwi¬
schen mir und dem
Bilde, nehmlich einen Anspruch, 15
den mein Herz an das Bild machte, und
einen Ab¬
bruch, den mir
das Bild that; und so ward ich selbst
der Kapuziner, das Bild ward die
Düne, das aber,
wo hinaus ich mit Sehnsucht blicken sollte, die See,
fehlte ganz. Nichts kann trauriger und
unbehagli¬20
cher
sein, als diese Stellung in der Welt: der einzige
Lebensfunke im weiten
Reiche des Todes, der einsa¬
me Mittelpunct im einsamen Kreis. Das Bild
liegt,
mit seinen zwei oder drei geheimnißvollen Gegenständ¬
en, wie die Apokalypse da,
als ob es Joungs Nacht¬25
gedanken hätte, und da es, in seiner
Einförmigkeit
und Uferlosigkeit, nichts, als den Rahm, zum Vorder¬
grund hat, so ist es, wenn
man es betrachtet, als ob
Einem die Augenlieder weggeschnitten wären.
Gleich¬
wohl hat der Mahler Zweifels ohne eine ganz neue Bahn 30
im Felde seiner Kunst gebrochen; und ich bin über
[ 12 ]48zeugt, daß sich, mit
seinem Geiste, eine Quadratmeile
märkischen Sandes darstellen ließe,
mit einem Berbe¬
ritzenstrauch, worauf sich eine Krähe einsam plustert,
und daß dies Bild eine wahrhaft Ossiansche
oder Kose¬35
gartensche Wirkung thun müßte. Ja, wenn man diese
Landschaft mit ihrer eignen Kreide und mit ihrem ei¬
genen Wasser mahlte; so, glaube ich, man
könnte die
Füchse und Wölfe damit zum Heulen bringen: das
Stärkste, was man, ohne allen Zweifel, zum Lobe für 40
diese Art von Landschaftsmahlerei beibringen kann. —
Doch meine eigenen Empfindungen, über dies wunder¬
bare Gemählde, sind zu verworren; daher
habe ich
mir, ehe ich sie ganz auszusprechen wage, vorgenommen,
mich durch die Aeußerungen derer, die paarweise, von 45
Morgen bis Abend, daran vorübergehen, zu belehren.
cb.
Den 6ten
October: Selbstbeherrschung.
Die Persönlichkeit und das eigenthümliche Talent
Unzelmanns
in der Rolle des Oberhofmeisters 50
wurde sehr vermißt. Dergleichen ist den sonst glück¬
lichen komischen Gaben des
jungen Gern versagt.
Der Dichter Iffland portraitirt und das Fehlen
eines dieser Porträts aus dem Zusammenhang
der
Gallerie konnte der Schauspieler Iffland auch mit 55
der überschwenglich spaßhaftesten Laune nicht ver¬
gessen machen. Die ernsthafte Parthie des Stücks
wird selbst durch die tiefe
Gemüthlichkeit der Madame
Bethmann und die lieblichste Zartheit der Mlle. Maas
nicht immer in gleichem
Interesse erhalten. Erwäh¬60
nen müssen wir noch der überraschend angenehmen
Erscheinung des Herrn Rebenstein durch Wärme des
Vortrags, Anstand und Gewandheit
in den Bewegun¬
gen,
nur an Geschmeidigkeit und Fluß der Rede bleibt
noch viel zu wünschen
übrig. 65
fs.
Charité-Vorfall.
Der von einem Kutscher kürzlich übergefahrne
Mann, Namens Beyer, hat bereits
dreimal in sei¬
nem Leben
ein ähnliches Schicksal gehabt; dergestalt, 70
daß bei der Untersuchung,
die der Geheimerath
Hr. K., in der Charité mit ihm vornahm, die
lächerlichsten Mißverständnisse vorfielen. Der
Gehei¬
merath, der
zuvörderst
zuvorderst
zuvorderst
seine beiden Beine,
welche
krumm und schief und mit Blut bedeckt waren, be¬75
merkte, fragte ihn: ob er an
diesen Gliedern verletzt
wäre? worauf der Mann jedoch erwiederte: nein!
die
Beine wären ihm schon vor fünf Jahr, durch
einem
einen
andern Doktor, abgefahren worden. Hierauf bemerkte
ein Arzt, der dem Geheimenrath zur Seite stand, daß
80
sein linkes Auge geplatzt war; als man ihn jedoch
fragte: ob ihn das Rad hier getroffen hätte? antwor¬
tete er: nein! das Auge hätte ihm ein Doktor
bereits
vor 14 Jahren ausgefahren. Endlich,
zum Erstaunen
aller Anwesenden, fand sich, daß ihm die linke
Rippen¬85
hälfte, in
jämmerlicher Verstümmelung, ganz auf den
Rücken gedreht war; als aber
der Geheimerath ihn
fragte: ob ihn des Doktors Wagen hier beschädigt
hätte? antwortete er: nein! die Rippen wären ihm
schon vor 7 Jahren durch einen Doktorwagen zusam¬90
men gefahren worden. — Bis sich
endlich zeigte, daß
ihm durch die letztere Ueberfahrt der linke
Ohrknor¬
pel ins Gehörorgan hineingefahren
war. — Der
Berichterstatter hat den Mann
selbst über diesen
Vorfall vernommen, und selbst die Todtkranken, die
95
in dem Saale auf den Betten herumlagen, mußten,
über
die spaßhafte und indolente Weise, wie er dies
vorbrachte, lachen. —
Uebrigens bessert er sich; und
falls er sich
vor den Doktoren, wenn er auf der
Straße geht, in Acht nimmt, kann er
noch lange 100
leben.
Auflösung
des Räthsels im vorigen Blatt.
Durchblättere den Jason nur.
Fr. Sch.
105
Miscellen.
Der Commendant
der Französischen Truppen in
Eisenach soll den dasigen Einwohnern versprochen ha¬
ben, daß künftig alle Pulverwägen vorher
untersucht
werden, oder um die Stadt herumfahren sollen. Diese 110
Versicherung soll den Einwohnern zur großen
Beru¬
higung
gereichen.
Eine hiesige
Künstlerin, die sehr geschätzt wird, soll,
wie man sagt, eben darum
das Theater verlassen. Das
Nähere hierüber
in einem zukünftigen Blatt. 115
Der Gr. von St. Leu wird, heißt es, nach Voll¬
endung seiner Cur in Töplitz, wieder nach Frankreich
zurückkehren. —
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Auf dem Markte
ist einem fremden Müller eine 120
abgenutzte Metze zerschlagen und eine
ungestempelte
nach Erlegung von 2 Rthlr. Strafe konfiszirt.
Einem hiesigen
Einwohner, ist ein silberner Vor¬
legelöffel und Eßlöffel gestohlen.
Montag, den 15ten d. M.125
wird
bei J. E. Hitzig, hinter der katholischen Kirche
Nr. 3, und in der Expedition der
Berliner Abend¬
blätter, Jägerstraße Nr. 25, ausgegeben:
UNIVERSITATI LITTERARIAE.
Kantate
anf
auf
auf [emendiert, ohne Hinweis im Kommentar]
auf [emendiert, ohne Hinweis im Kommentar]
den 15ten Okt. 1810 von Clemens
Bretano.
Brentano.
130
Mit einer schönen Titelvignette,
das Universitäts¬
gebäude vorstellend.
4to splendid gedruckt und geh. 10 Gr. Cour.