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Berliner Abendblätter.
3tes Blatt. Den 3ten October 1810.
Freimüthige Gedanken bei Gelegenheit der neuerrichteten Universität in Berlin.
(Fortsetzung.)
Aber dann muß es auch höchster Zweck der Individuen dieses Standes werden, einen besondern Stand in diesem besonderen Staate zu bilden; die bisherige bloß cosmopolitische Richtung des Gelehrten, wobei dieser Stand zersplittert worden, und um seine Ehre gekommen, muß balancirt und regulirt werden durch eine vaterländische; man muß einsehn, daß die literarische Republik, so gut wie die politische, von Rechtswegen in besondere Gebiete zerfällt; daß es für die Wissenschaften so gut wie für das praktische Leben ein näheres und ein entfernteres, ein wichtigeres und ein unwichtigeres, und keine Liebe ohne Vorliebe giebt.
Bedeuten kann in dieser Welt nur, was das Gemeinwesen fördert, gleichviel auf dem sichtbaren oder unsichtbaren Wege. Wollen die Gelehrten in diesem bestimmten Preussischen Staate bedeuten, so müssen sie zunächst ihm dienen. Zu einem bloßen Gastmahl für die wissenschaftlichen Gourmands von Europa, wird die Universität nicht gestiftet; zuförderst sind die Zeiten nicht danach, und dann ist auch den Gelehrten wie den Layen, der frühere wissenschaftliche Luxus übel bekommen. Die Gelehrten zumal sind dem vaterländischen Boden untreu geworden, ein leerer, ewig unbefriedigter Eroberungsgeist hat sich ihrer bemeistert, sie haben sich alle Reiche und Zeiten der Welt vom Teufel aufbinden lassen, sind deshalb mit Recht um die Ehren ihres besondern Standes gekommen, und haben zuletzt Titel und Pensionen als Almosen von demselben Staate 12hinnehmen müssen, den sie hätten mit Stolz tragen helfen können.
Der nächste Zweck alles höheren Unterrichts ist die Bildung des Staatsbeamten und da nehme ich dieses Wort in dem umfassenden Sinn, wo jeder Bürger des Staats, und der Gelehrte ganz besonders, wie er es ja auch will oder wenigstens scheinen möchte, Staatsbeamter ist; und die höchste Verirrung der Erziehung ist, wenn sie bloß fürs Allgemeine, ins Blaue, Entfernte hin, erzieht, und vor aller Humanität und Philanthropie nicht zum Stehen und Wirken kommt. Wenn der christliche Glaube in seiner Glorie bestände, wie damals als Bologna, Paris und Prag blüheten, dann gäbe es ein großes Besonderes, Bestimmtes und Nächstes, welches dem Streben der Wissenschaften ins Allgemeine und Entfernte die Wage hielte: jetzt aber können die Wissenschaften nur Leben und Umriß erhalten, wenn sie sich in freier Dienstbarkeit dem Staate anschließen. Aufgespeichert, gesammelt, entdeckt, emendirt ist genug; überflüssig viel wissenswürdiges hat das letzte Säkulum zusammengeschleppt. Von keiner andern Seite ist den Wissenschaften mehr zu dienen, als dadurch, daß man ihnen die lebendigen Beziehungen, die praktische Kraft, das Fleisch und Blut wiedergebe, welches sie in der Barbarei der letzten Zeiten verlohren haben.
(Beschluß folgt.)
An unsern Iffland bei seiner Zurückkunft in Berlin den 30. September 1810.
Von einem Vaterländischen Dichter.
Franzosen-Billigkeit.
(werth in Erz gegraben zu werden.)
Zu dem französischen General Hulin kam, während des Kriegs, ein .... Bürger, und gab, Behufs einer kriegsrechtlichen Beschlagnehmung, zu des Feindes Besten, eine Anzahl, im Pontonhof liegender, Stämme an. Der General, der sich eben anzog, sagte: Nein, mein Freund; diese Stämme können wir nicht nehmen. — „Warum nicht?“ fragte der Bürger. „Es ist königliches Eigenthum.“ — Eben darum, sprach der General, indem er ihn flüchtig ansah. Der König von Preußen braucht dergleichen Stämme, um solche Schurken daran hängen zu lassen, wie er. —
14Polizei-Rapport.
Vom 3. October.
Der Schreiber Seidler, Friedrichsstraße Nr. 56, hat gestern in der letzten Straße einen sogenannten Brandbrief gefunden, nach dessen Inhalt Berlin binnen wenigen Tagen an 8 Ecken angezündet werden soll. Das Publikum braucht gleichwohl, bei der Wachsamkeit der obersten Polizei-Behörde, keinen unzweckmäßigen Besorgnissen Raum zu geben.
Die Dienstmagd Schleske, früherhin schon in Criminal-Untersuchung, wurde von Polizeiwegen recherchirt, und bei ihr und außer mehreren, ihrer jetzigen Herrschaft, dem Branntweinbrenner Stachow gehörigen Sachen, 127 Rthlr. baar Geld, wahrscheinlich an 14 verschiedenen Orten zusammengestohlen, aufgefunden.
Bei der Revision der Fleischergewichte und Waagen ereignete sich der sonderbare Fall, daß bei dem Schlächter Krause, in dem Poststraßen-Scharren, zwei Gewichte à 8 ℔. ℔ und 5 ℔. ℔ um ein Beträchtliches zu schwer waren.
Im vorigen Monat sind, durch die Wachsamkeit der Polizei-Commissarien 18 Concubinate in gesetzmäßige Ehen verwandelt worden.
Gegen den, nach dem Rapport vom 1sten dieses verhafteten Vagabonden wird die Untersuchung fortgesetzt, und dürfte ein für das Publicum beruhigendes Resultat geben. Er scheint danach wirklich bei den kürzlich so häufigen Feuersbrünsten thätig gewesen zu sein; jedoch sind die diesfälligen Unterhandlungen vor dem Schluß der Untersuchung nicht zur Publicität geeignet.